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Einsicht

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02.07.2019
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Einsicht

Ein weiterer Tag neigte sich dem Ende zu. Frank fühlte sich ambivalent, wie es sehr häufig der Fall war. Er wollte sich auf die Schulter klopfen, für die erneute Bewältigung seiner Aufgaben, für den erneuten Versuch, seine Fähigkeiten in einer gewinnbringenden Art und Weise einzusetzen. Ambivalent war dabei auch der Gewinn, für ihn und seine Kunden manchmal unterschiedlich ausgeprägt. Er klopfte sich nicht auf die Schulter, sondern stand von seinem teuer aussehenden, aber von seinen Eltern übernommenen Sessel auf und ging in die Teeküche. Seine Schritte hallten auf dem Parkett, da er sich seine Anzugschuhe mit Absatz angezogen hatte. Quietschende Sohlen konnte er nicht ausblenden. Man wirkte immer irgendwie unseriös und trottelig. Daher waren seine Sneakers für ihn im Moment keine Option, auch wenn sie ihm besser gefielen. Sie entsprachen seinem Wesen mehr, seiner nach Außen getragenen Kumpelhaftigkeit, seinem Gefühl nicht zu den Mittelalten zu gehören, die so wirkten, als wäre ihre Persönlichkeit komplett mit ihrer Steuerberatertätigkeit verschmolzen. „Wäre ich ein guter Steuerberater geworden?“, fragte er sich leise, als er den Wasserkocher auf 80 Grad stellte und nach dem losen Grüntee Ausschau hielt, den er angeschafft hatte, aber der ständig an einem anderen Ort wieder aufzutauchen schien. „Ich glaube in Kanzleien verschwindet noch mehr Tee. Viel zu viele Leute“, dachte er.

Die dampfende Tasse bedeutete Ablenkung und Vertrautheit. Nur noch ein Termin war heute angesetzt. Er schaute aus dem Fenster auf den Prinzipalmarkt und das noch immer geschäftige Treiben. Es war sehr glatt gelaufen. Eine Entscheidung griff in die nächste, wenig wurde revidiert, er hatte sich nicht verirrt, war nicht verloren gegangen. Ein Ziel zu haben war trivial, es über die Zeit zu behalten war der Schlüssel. Der Schlüssel zum Ankommen und der Schlüssel zu den Räumen mit dem wundervollen Blick und dem durchaus ansprechenden Ambiente inklusive eines Bodens aus Echtholz. Auf dem Weg zurück in sein Zimmer grüßte ihn sein Kollege nett. Vielleicht war er es, der immer den Tee verlegte. Unwichtige Details. Pedanterie passte auch nicht zu Lockerheit und legerem Gang.

Er ließ sich wieder auf den Sessel fallen und wartete. Wenn der Kunde kam konnte er ihn mit einer Fernbedienung hereinlassen. Das war sehr bequem und außerdem auch irgendwie futuristisch. Es gefiel ihm. Sein Leben gefiel ihm. Es war alles nicht so dramatisch. Viele Menschen in seinem Alter, auch viele Bekannte und Freunde stellten sich in seinem Alter die Frage, was denn im Leben noch kommen sollte. Frank war diesbezüglich ohne Illusionen und hatte auch eine Antwort auf die Currywurst-mit-Pommes der Midlife-Crisis-Zweifel: er würde so weiter machen wie bisher und versuchen, sein Geschenk so gut es geht einzusetzen. Wenn es dabei für mehr Kunden in die richtige Richtung ginge als vor die Wand war das schonmal eine positive Veränderung des Status Quo, sein Fußabdruck im Universum.

Es klingelte und Frank drückte den Knopf auf der Fernbedienung. Wenig später saß Marie Stolze vor ihm. Sie war bereits seit ein paar Wochen sein Kunde und sie hatten sich bereits ganz gut kennengelernt. „Frau Stolze, wie war ihre Woche?“, fragte Frank klischeehaft. „Was soll ich sagen? Ich fühle mich weiterhin blockiert, eingesperrt in meinem eigenen Leben. Es ist, als würde ich das Gefängnis nicht verlassen wollen, was ich selbst gebaut habe. Es frustriert mich, weil ich Zeit verschwende mit unsinnigen, langweiligen Trivialitäten um einfach irgendwas zu tun.“ Frank hörte aufmerksam zu. Marie Stolze erzählte nichts Neues. Dies war das Anliegen, mit dem sie zu ihm in die Praxis gekommen war. „Worüber sollen wir heute sprechen? Ist dies ihr Fokus, oder möchten sie etwas anderes thematisieren?“ „Ich mache das zwar nicht zum ersten Mal, aber eigentlich sollten sie doch der Gesprächsleiter sein, oder etwa nicht?“ Frank hatte dies erwartet. Es wurde schon in den ersten Wochen ersichtlich, dass Marie gerne die Verantwortung für die Dinge auf Andere abwälzte. „Haben sie die Gegenstände mitgebracht, um die ich sie gebeten habe?“, fragte Frank. Marie kramte in ihrer Tasche und stellte nacheinander ein Bild ihrer Familie, ein Bild ihrer Eltern, Ihr Studienzeugnis, ein Bild ihres liebsten Platzes in ihrer Wohnung und ihre letzte Gehaltsabrechnung auf den Tisch. „Ich finde es schon sehr merkwürdig, was sie hier machen. Sie werden aber schon von der Kasse übernommen, nicht wahr? Nicht, dass ich hier für irgendwelche Esoteriker den persönlichen Ruin riskiere.“ „Die Zeche wird gezahlt und es geht sozusagen um eine Aufstellung. Sie haben mir jetzt Dinge mitgebracht, die für sie eine hohe Relevanz in ihrem Leben haben. Und eine Aufstellung dieser Dinge kann uns bei der Therapie sehr helfen.“ Frank nutzte diese Lüge bereits seit ein paar Jahren. Die Gegenstände halfen bei der Therapie, aber nicht so, wie er es gerade erklärt hatte. „Was wir jetzt tun ist die Gegenstände zu sortieren. Ordnen sie sie an so wie sie möchten. Es gibt keine Regeln, seien sie völlig frei in dem was sie jetzt tun.“ Während er die vermeintliche Aufgabe erklärte und Marie wiederwillig anfing, sah er sich die Dinge auf dem Boden genau an. Leider wurde ihm schnell klar, dass die heutige Sitzung nicht den Durchbruch bringen würde. Die Bilder und die Dokumente waren alle klar, es gab keine Verzerrungen, keine dunklen wolkenähnliche Gebilde auf ihnen. Dies bedeutete, dass er weitersuchen musste.

Während der etwas quälenden Sitzung, die ja offensichtlich ineffektiv war, schweiften Franks Gedanken ab. Zunächst hatte er natürlich nicht verstanden, warum er auf einmal Dinge sah, die wie von Wolken verhangen wirkten. Es war ein Schock und er vermutete zunächst eine organische Ursache, sodass er die nächsten Monate die große Rundfahrt der Augenärzte und Neurologen machte. Allerdings hörten die Symptome nicht auf. Kinder von Freunden waren wie durch einen dicken Nebel verborgen, bei einigen Menschen, die ihm beim Einkaufen entgegen kamen war das Gesicht wolkenverhangen. Es gab Dinner bei Freunden, wo er die neue Freundin nicht erkennen konnte, und sich daher nur auf die Stimme verlassen konnte. Er war der Verzweiflung nahe, es gab keine Erklärung in der Fachliteratur, aber er weigerte sich, sich einfach pauschal Geisteskrankheit zu bescheinigen. Frank ging einfach zielstrebig weiter seinen Weg, machte seine Arbeit mit sichtbaren oder teilweise unsichtbaren Patienten und versuchte, eher wenig unter Menschen zu sein, wenn er nicht arbeitete. In ausgedehnten Spaziergängen durch Wälder sah er nur Wolken am Himmel, dort wo sie auch hingehörten.
Eines Tages, in einer Sitzung, kam ihm die Erkenntnis. Vor ihm saß Bettina Krange. Sie war bereits therapieerfahren und hatte immer wieder Rückschläge hinnehmen müssen. Sie war eine einzige Wolke. Nur die obere Hälfte ihres Gesichts war zu sehen. Es hätte eine merkwürdige, surrealistische Schönheit, wenn Frank nicht das Grauen unterdrücken müsste, dass er nicht wusste warum sich eine Wolkenfront in seinem Zimmer aufbaute. „Warum war sie jetzt wieder fast gar nicht sichtbar? Was war besonders an ihr? Warum sind Andere kristallklar?“ Manchmal hat man Erleuchtungen, auch wenn sie noch so absurd erschienen. Aber vielleicht sollte man für absurde Dinge auch absurde Erklärungen finden? Frank konnte es auf einmal verstehen. Frau Krange war seit Jahren Bulimikerin. Sie hatte erhebliche Schwierigkeiten, dauerhaft gesund zu werden und die Krankheit unter Kontrolle zu behalten. Und warum haben Bulimiker diese Krankheit entwickelt? Weil sie ein Problem mit ihrem Körper haben. Frank war alles auf einmal offensichtlich. „Als gäbe es nicht genug Mistwetter in meinem Leben. Cool.“

Diese Erkenntnis veränderte Vieles. Natürlich spürte er weiterhin eine gewaltige Panik, da er sich sehr sicher war, dass das bei ihm vorkommende Phänomen jeglichen wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprach und er sich nicht dem Paranormalen empfänglich zeigen wollte. Außerdem erzeugte es einen gewissen Druck. Warum hatte GottBuddhaAllah, der große Manitu oder das fliegende Spaghettimonster gerade ihn ausgewählt? Oder war es eine Mutation? Wie weit war das nächste Atomkraftwerk entfernt? Aß er zu viel Mikroplastik? Er wähnte sich manchmal wie in einem billigen Roman von der Stange. Ein Therapeut, der auf einmal Stressfaktoren sehen kann? Viel origineller wäre es doch gewesen, wenn ein Physiker mit Aspergersyndrom auf einmal Menschen verstehen könnte. Wobei ein Physiker mit Aspergersyndrom auch viel zu sehr nach dem Abendprogramm von ProSieben klang. Vielleicht ist jeder Mensch ein wenig ein Abziehbild von irgendetwas, unoriginell und platt, jeder auf seine eigene Weise? Aber Klischees kann man ja nutzen. Es wäre nur fair, die ihm zugedachte Gabe nun für sich und seine Patienten zu nutzen. Die Ambivalenz, die wohl jeder Therapeut in seinem Leben spürt könnte dadurch ja nur geringer werden. Zumindest ging er in den ersten Monaten mit dieser Hoffnung in die Gespräche mit immer herausfordernderen Patienten. Dabei wurde ihm bereits zu Beginn klar, dass er sein stürmisches Gehirn (oder Auge?) für sich behalten musste, wenn er als Therapeut weiterhin ernst genommen werden wollte. Er wollte es unbedingt verhindern in die Esoterik-Ecke gedrängt zu werden um anschließend der Held der Impfgegner, der Echsenmenschen oder sonstiger weit in die alternative Faktenlage abgedrifteten Menschen zu werden. Und es könnte noch schlimmer kommen. Sollten Menschen auf ihn aufmerksam werden, die nach einer spirituellen Heimat suchten würde er wohl bald in Sandalen auf Marktplätzen predigen müssen. Vielleicht könnte er weiterhin Sneakers tragen, aber vor lauter Gebeten und Handauflegen hätte er vermutlich keine Zeit mehr für Tee oder Kinogänge. Unter dem Radar, Hinter dem Rücken, Fern der Blicke bleiben, dann wird das Leben auch kein Kreuz.

Die Ambivalenz blieb. Es stellte sich heraus, dass es keinen Unterschied machte. Auch mit der Erleuchtung, die er stets über einen Zeitraum von mehreren Wochen sorgfältig narrativ vorbereitete, kam es immer auf den Patienten persönlich an. War er oder sie in der Lage, die Problematik anzuerkennen oder wurden Augen verschlossen, Wutanfälle bekommen und Türen zugeknallt? Gab es eine wirkliche Bereitschaft, sich zu ändern? Dies war etwas was Menschen grundsätzlich schwerfiel, egal ob man wusste, was einem mehr Erfüllung verschaffen würde oder nicht. Die Mauer, die viele Patienten aus Angst, Sorgen, zu Canyons gewordenen ausgetretenen Wegen und Ausreden aufgebaut hatten wurden auch nicht weniger bedrohlich, wenn man ihnen eine Spitzhacke bereitstellte. Die Armee der Unglücklichen war oftmals nicht bereit das Werkzeug in die Hand zu nehmen. Und so blieben seine Erfolge im Rahmen, hatten keine großartige statistische Anomalie und er hatte weiterhin Langzeitpatienten, die nicht vorwärts kamen.
Marie war gerade wieder an einem Punkt angekommen, wo sie offensichtlich die Möglichkeit der Flucht in Betracht zog. „Man könnte ja eine Weile weg von hier gehen, am Besten eine Rundreise durch China, Südostasien, die USA oder Südamerika. Damit ich endlich mal rauskomme hier, mich neu entdecken kann und frei bin von Allem.“ „Das haben sie bereits probiert. Ich erinnere sie an die Freiwilligenarbeit in Afrika. Dort haben sie die Erfahrung gemacht, dass sie sich selbst mitnehmen. Sie nehmen sich überall hin mit. Da haben sie glücklicherweise keine Wahl, ansonsten wären sie schizophren und das würde ich ihnen nicht wünschen.“ Wie so oft in den letzten Sitzungen setzte nun eine gewisse Verzweiflung ein. Wie sollte man denn diesem Unglück anders entkommen als zu fliehen? Ihre Dämonen holten sie immer wieder ein. Das Problem war allerdings, das Fliehen Kondition erforderte und diese ist endlich. Man kann nicht unendlich laufen, man muss irgendwann rasten. Frank schaute auf die Uhr an der Wand. Es war bereits wieder eine Stunde um, die letzte Stunde dieses Tages. „Frau Stolze, wir müssen noch etwas Organisatorisches besprechen. Es gab ein kleines Problem in meinem Computersystem, ich nenne es mal ganz aufregend einen Hackerangriff. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass ich manchmal falsche Knöpfe drücke. Geben sie mir kurz ihre Versichertenkarte? Ich gehe dann nach gegenüber zum Einlesen.“ Er stand auf und verließ das Zimmer. Er versuchte, ruhig zu bleiben und die Panik zu unterdrücken, die er verspürte. Er hatte etwas gesehen. Konnte es sein? Langsam, einen Fuß vor den anderen bewegte sich Frank vorwärts. Sein Inneres war ein Wirbelsturm. Seine Schritte hallten auf dem Parkett. Die Praxis war ruhig. Feierabendstimmung. Einen Fuß vor den anderen. Er war am Ziel. Langsam drehte er sich zum Spiegel um.

Er betrat wieder sein Zimmer. Die Karte hatte er nicht eingescannt. Aber das war jetzt unwichtig. Er blickte zu Marie Stolze. „Ich glaube, wir sind hier am Ende. Sie brauchen meine Hilfe nicht mehr. Ich wünsche ihnen alles Gute!“

 

Hallo @David Ritzmann,

damit willkommen bei den WK.

Ich habe den ersten Teil deiner Geschichte gelesen. Ich würde dir gerne einige Auffälligkeiten zeigen, die du ausbessern und abändern solltest.

Was mir sofort auffällt, ist das berichtartige Wesen deiner Geschichte, es wird erzählt, erzählt und mehr erzählt. In den ersten Abschnitten, die ich gelesen habe, ist nicht viel passiert. Ich weiß, dass er am Fenser steht und in Gedanken. Dass er mit der Fernbedienung die Tür öffnen kann, dass er auf Märkten spekuliert und damit recht erfolgreich ist.
Vom Setting her, würde ich gar nicht behaupten, dass es langweilig wirkt, doch die Technik führt dazu, dass es langweilig erscheint.

Ein weiterer Tag neigte sich dem Ende zu. Frank fühlte sich ambivalent, wie es sehr häufig der Fall war.
Deine Geschichte fängt so an. Um ehrlich zu sein, würde ich ab hier als Leser nicht mehr weiterlesen. Erweckt keine Neugier, und der fett markierte Satz ist -das ist jetzt aber subjektiv, ich weiß nicht, wie es andere empfinden- sehr unschön. Der Unterstrichene Satz ist wieder eine Behauptung, ein Bericht. So auch die oben genannten, kursiv gesetzten Punkte. Du solltest sie in die Geschichte einweben, es sollte sich szenenbezogen heraus kristallisieren.
Der Leser ist sonst sehr schnell gelangweilt, er ist mehr mit der Verarbeitung der Informationen beschäftigt, wie mit dem Plot.
Lass es in die Geschichte einfließen, im Allgemeinen wird das als: show, don't tell bezeichnet.
Müsste auf jeden Fall ein Begriff sein, wenn nicht, wird dir Google weiter helfen. Das muss aber auf jeden Fall sitzen, wenn man spannende Geschichten schreiben möchte.

Einige Beispiele habe ich mir rausgepickt:

Seine Schritte hallten auf dem Parkett, da er sich seine Anzugschuhe mit Absatz angezogen hatte.

Du erzeugst ein Bild, schön. Aber gleich darauf erklärst du uns, warum das so ist. Lass es doch auf uns wirken. Lass uns ein eigenes Bild erzeugen.
Und warum läuft er überhaupt mit Schuhen auf dem teuren Echtholz-Boden?


Er wollte sich auf die Schulter klopfen, für die erneute Bewältigung seiner Aufgaben, für den erneuten Versuch, seine Fähigkeiten in einer gewinnbringenden Art und Weise einzusetzen
Auch hier: lass es ein Dialog sein, ein Telefonat, ein Bericht, den er verfassen muss, irgendetwas, woraus wir als Leser herauslesen können, dass er ein erfolgreicher Mann ist, der einen großen Fisch gefangen hat.


Daher waren seine Sneakers für ihn im Moment keine Option, auch wenn sie ihm besser gefielen. Sie entsprachen seinem Wesen mehr, seiner nach Außen getragenen Kumpelhaftigkeit, seinem Gefühl nicht zu den Mittelalten zu gehören, die so wirkten, als wäre ihre Persönlichkeit komplett mit ihrer Steuerberatertätigkeit verschmolzen
Lass es uns fühlen. Zwinge uns den Charakter und die Persönlichkeit des Protas nicht auf. Lass uns selber ein Bild von ihm machen.
So wie du ihn beschrieben hast, ist es mir klar, dass er nicht in Nikes und Jogginghose rumspringt.

Er schaute aus dem Fenster auf den Prinzipalmarkt und das noch immer geschäftige Treiben. Es war sehr glatt gelaufen. Eine Entscheidung griff in die nächste, wenig wurde revidiert, er hatte sich nicht verirrt, war nicht verloren gegangen. Ein Ziel zu haben war trivial, es über die Zeit zu behalten war der Schlüssel. Der Schlüssel zum Ankommen und der Schlüssel zu den Räumen mit dem wundervollen Blick und dem durchaus ansprechenden Ambiente inklusive eines Bodens aus Echtholz.

Der kursive Satz: Das geschäftige Treiben kannst du ganz einfach beschreiben, anstatt zu erzählen, versuch mal folgendes (Sorry ist noch zu früh, um kreativ zu werden, aber ich versuch's): Er schaute aus dem Fenster. Wie Ameisen, bewegten sich noch unzählige auf dem Prinzipalmarkt, verschwanden in den offenen Türen der hohen Giebelhäuser oder saßen auf den Bänken und Tischen der Lokale.

Frag dich einfach selber: Du schaust dir ein Film an, Nahaufnahme Prota, wie er am Fenster steht. Willst du als Zuschauer sehen, was er sieht oder willst du, dass seine Gedanken laut ausgesprochen werden "Noch immer herrscht ein geschäftiges Treiben da unten"?
Easy, nicht?

Der fette Satz: Du ahnst es: ein Bericht :) Und eine Wiederholung dazu, wir drehen uns etwas im Kreis hier.
Der unterstrichene Satz: Den muss ich erst mal kauen. Sagt nichts über die Geschichte und auch nichts über den Charakter des Protas aus.


Sie war bereits seit ein paar Wochen sein Kunde und sie hatten sich bereits ganz gut kennengelernt.
Lass es ins Dialog einfließen und erkläre uns es nicht im voraus. Denke dich wieder in einen Film ein:

Es klingelt, er macht die Tür auf, dann Untertitel: Das ist Frau XYZ, sie ist seit einer Woche Kundin.
Nein! Der Leser soll es aus der Geschichte heraus erfahren.
Zum Beispiel kann sie ihm noch ein Formular mitgeben, mit dem Hinweis, dass sie leider noch die Woche benötigte, um den Antrag für die Aufnahme der Geschäftsbeziehungen mit ihrem Anwalt oder Steuerberater oder dem Zahnarzt what ever durchzugehen. Kannst du ausschmücken, wie du magst.

Zeichensetzung und Rechtschreibung hingegen sind soweit in Ordnung, zumindest bis zu dem Abschnitt.

Ich hoffe, ich konnte dir einige Anregungen mitgeben.
Es ist schön, dass du hier etwas veröffentlichst, so kannst du dich, dein Stil, und deine Fähigkeiten weiterentwickeln.
Ich empfehle dir, wenn es dir Ernst mit dem Schreiben ist, sich im Markt nach Ratgebern umzusehen. Diesen Weg bin auch ich gegangen. Ich habe Bücher über das Handwerk gelesen, über die Techniken und war 2 Jahre auf WK angemeldet und habe Kritiken und Anmerkungen gelesen, bis ich überhaupt mal eine Geschichte veröffentlicht habe.

Leider ist das jetzt eine eher nicht so schöne Kritik, aber aller Anfang ist schwer und nur so kann man sich weiterentwickeln. Deswegen hast du ja letztendlich deinen Text auch hier veröffentlicht. Für ehrliche und sinnvolle Kritik. Bleib dran!

Ich wünsche dir viel Erfolg.

Mit den besten Grüßen
Napier

 

Danke dir für die detaillierte Kritik! Einige Dinge klären sich auf, wenn man bis zum Ende liest. Er ist kein Steuerberater, sondern Therapeut. Teilweise haben die Sätze dann auch einen Sinn, weil sie seine Geradlinigkeit zeigen sollen, die dann am Ende erschüttert wird.

 

Hallo @David Ritzmann

leider ging es mir beim Lesen recht ähnlich wie @Napier , ich bin ab der Hälfte echt abgedriftet und den Rest hab ich dann nur noch überflogen. :( Das ist natürlich schade, aber ich versuche mal zu erklären, warum das so ist.

Ein weiterer Tag neigte sich dem Ende zu. Frank fühlte sich ambivalent, wie es sehr häufig der Fall war.

Der Anfang ist schon relativ langsam, finde ich. Anstatt das ich mich irgendwie in der Geschichte verorten kann und etwas passiert, gibt es erst einmal eine Rückschau. Mir wird lang und breit erklärt, was Frank genau denkt und wie er sich fühlt. Das ist nicht sehr spannend, denn weder kenne ich Frank zu dem Zeitpunkt, noch bringt es irgendwie die Geschichte voran.

Dann folgen einige Sätze bzw. ein ganzer Absatz darüber, dass Frank sich grünen Tee machen möchte, ob er nicht eher ein guter Steuerberater geworden wäre, wo denn der grüne Tee nun hin ist, wer ihn wohl gestohlen haben könnte, dass das Wasser 80° C hat und das Tee in Kanzleien wohl viel häufiger gestohlen werden würde. Okay, aber was hat das mit der Geschichte und den Wolkenvisionen zu tun, die der Protagonist sieht? ;)

Es war sehr glatt gelaufen. Eine Entscheidung griff in die nächste, wenig wurde revidiert, er hatte sich nicht verirrt, war nicht verloren gegangen. Ein Ziel zu haben war trivial, es über die Zeit zu behalten war der Schlüssel. Der Schlüssel zum Ankommen und der Schlüssel zu den Räumen mit dem wundervollen Blick und dem durchaus ansprechenden Ambiente inklusive eines Bodens aus Echtholz. Auf dem Weg zurück in sein Zimmer grüßte ihn sein Kollege nett. Vielleicht war er es, der immer den Tee verlegte. Unwichtige Details. Pedanterie passte auch nicht zu Lockerheit und legerem Gang.

Dann geht's so weiter: Ein Satz tatsächliche Aktion, dann wieder nur Gedanken, Rückschau, Überlegungen, Ausschweifungen. Er macht sich Gedanken über seine Außenwirkung und über die Wahl seiner Schuhe. Der Kollege grüßt nett. Okay, aber was hat das mit der eigentlichen Geschichte zu tun? :)

Es gefiel ihm. Sein Leben gefiel ihm. Es war alles nicht so dramatisch. Viele Menschen in seinem Alter, auch viele Bekannte und Freunde stellten sich in seinem Alter die Frage, was denn im Leben noch kommen sollte.

Und so geht es in einem fort in deiner Geschichte. Zwei Sätze in denen was passiert, fünfzehn Sätze, in denen dein Protagonist ausschweifend und langatmig erklärt, was er denkt und fühlt und empfindet. Und selbst wenn das an sich okay wäre, sagt es trotzdem immer noch nichts über seine Gabe, seine Arbeit oder sonst etwas über die Geschichte an sich aus. Ich sehe da den Zusammenhang einfach nicht, außer das er relativ schnöselig spricht und denkt und sich in der Rolle als Therapeut gefällt. Das ist natürlich keine böse gemeinte Kritik, nur Feststellungen, die ich beim Lesen hatte.

Es klingelte und Frank drückte den Knopf auf der Fernbedienung. Wenig später saß Marie Stolze vor ihm. Sie war bereits seit ein paar Wochen sein Kunde und sie hatten sich bereits ganz gut kennengelernt. „Frau Stolze, wie war ihre Woche?“, fragte Frank klischeehaft. „Was soll ich sagen? Ich fühle mich weiterhin blockiert, eingesperrt in meinem eigenen Leben. Es ist, als würde ich das Gefängnis nicht verlassen wollen, was ich selbst gebaut habe. Es frustriert mich, weil ich Zeit verschwende mit unsinnigen, langweiligen Trivialitäten um einfach irgendwas zu tun.“ Frank hörte aufmerksam zu. Marie Stolze erzählte nichts Neues.

Dann passiert endlich was, eine Kundin kommt. Aber zunächst beginnt auch alles erst einmal ziemlich typisch. Okay, typische Therapeutensitzung. Frau Stolze ist ganz schön schnippisch für eine, die professionelle Hilfe in Anspruch nimmt, aber okay. Mein größtes Problem hier ist, dass Frau Stolze genauso spricht, wie dein Protagonist. Auch sie benutzt diese überhöhte Sprache und darüberhinaus auch genau dieselben Wörter wie »ambivalent« und »trivial«. Ich würde die Patienten ganz anders sprechen lassen, dann kommt auch der Kontrast zum Prota viel deutlicher hervor.

Leider wurde ihm schnell klar, dass die heutige Sitzung nicht den Durchbruch bringen würde. Die Bilder und die Dokumente waren alle klar, es gab keine Verzerrungen, keine dunklen wolkenähnliche Gebilde auf ihnen.

Das ist das erste Mal in der Story, dass etwas ungewöhnliches passiert. Aber dann folgt ein riesiger Part Text, indem er wieder langatmig erklärt, wie es genau zu diesen Phänomenen kam und was sie bedeuten und was nicht und was er nun tun will und was nicht ... warum darf ich das als Leser nicht an einer konkreten Handlung erfahren? Es macht halt nicht besonders viel Spaß, es einfach erklärt zu bekommen. ;)

Ab da bin ich dann leider auch ausgestiegen, einfach weil mich die Geschichte mit diesem enormen Anteil an Innenleben des Protagonisten nicht gekriegt hat. Aber ich finde, du schreibst schön und humorvoll, kannst sich auch gut ausdrücken, also daran sollte es nicht scheitern. ;) Bin gespannt, was du noch so raushaust.

Viele liebe Grüße, PP

 
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Hola @David Ritzmann

‚Einsicht’ ohne den tag ‚Philosophisches’? Das macht neugierig.
Recht bald merke ich, dass Du ein geübter Schreiber bist. Deswegen erlaube ich mir, etwas kritischer zu sein als bei Anfängern. (Eben sehe ich den Komm von PP, und der schreibt das gleiche wie ich – trotzdem habe ich mich von seiner Meinung nicht beeinflussen lassen, weil ich meinen Kommentar schon letzte Nacht geschrieben habe).


Frank fühlte sich ambivalent, ...
Ein großartiges Wort! Leider auch sosolala / belanglos.
Ich frage Dich: ‚Na, wie geht’s?’ und Du antwortest: ‚Ich fühle mich ambivalent’ – Ende des Gesprächs. Statt dieses blumigen, allesumspannenden Wortes fände ich eine präzisere Beschreibung informativer, außerdem bekäme ich ein klareres Bild von Frank.
... stand von seinem teuer aussehenden, aber von seinen Eltern übernommenen Sessel auf ...
Ich vermute, der Sessel sieht nicht nur teuer aus, sondern war es auch. Dass er ihn für lau bekommt, mindert nicht seinen Wert. Vielleicht: ... teuren, von seinen Eltern übernommenen ...
Seine Schritte hallten auf dem Parkett, da er sich seine Anzugschuhe mit Absatz angezogen hatte.
Sehr umständlich‚' ... da er ...’ klingt altmodisch. Für eine KG bisschen knapper: ... seine Absätze hallten / knallten auf dem / das Parkett.
Quietschende Sohlen ...
Gibt’s die heutzutage noch? Kenn ich nur als ‚Alleinstellungsmerkmal’ von Gummischuhen, vor langer langer Zeit:dozey:.
... nicht zu den Mittelalten zu gehören, die so wirkten, als wäre ihre Persönlichkeit komplett mit ihrer Steuerberatertätigkeit verschmolzen. „Wäre ich ein guter Steuerberater geworden?“, fragte er
...
Wie kommt er denn auf die Steuerberater? Es gäbe ja auch mittelalte Hornisten und tausend andere Berufe.
„Ich glaube in Kanzleien verschwindet noch mehr Tee. Viel zu viele Leute“, dachte er.
Er dachte: ‚Ich glaube ...’:( - und wieso in Kanzleien? Das soll wohl in die Irre führen?

Die dampfende Tasse ...
Eher dampft der Tee ...
Übrigens:
... der ständig an einem anderen Ort wieder aufzutauchen schien. „Ich glaube in Kanzleien verschwindet noch mehr Tee.
Der verschwindet nicht, wenn er wieder auftaucht – oder?
Unwichtige Details. Pedanterie passte auch nicht zu Lockerheit und legerem Gang.
Natürlich nicht. Gefällt mir.

Er ließ sich wieder auf den Sessel fallen ...
‚in den Sessel’ hätte ich gesagt.
... hatte auch eine Antwort auf die Currywurst-mit-Pommes der Midlife-Crisis-Zweifel:
Umm – hier bin ich als Leser gescheitert. Immerhin prima die naheliegende Verbindung Currywurst – Fußabdruck im Universum:cool:!
„Frau Stolze, wie war ihre Woche?“, fragte Frank klischeehaft.
... das Anliegen, mit dem sie zu ihm in die Praxis gekommen war.
Praxis? Aber die Rede ist doch von Kunden? Außerdem war Parkett für mich eine Kanzlei.
Ist dies ihr Fokus, oder möchten sie ...
Anrede-Pronomen 3.Pers. Sing. immer groß.
auf Andere
wiederwillig
Nicht, dass ich hier für irgendwelche Esoteriker den persönlichen Ruin riskiere.“
Kann mir nicht vorstellen, das die Kundin / Patientin so spricht – auch wenn sie überspannt ist.

Beim Dialog wünschte ich mir bessere Lesbarkeit durch Absätze. Manchmal ist das ein ziemliches Gewusel.

...sah er sich die Dinge auf dem Boden genau an.
Sind wir jetzt auf dem Boden? Bislang war keine Rede davon.
Die Bilder und die Dokumente waren alle klar, es gab keine Verzerrungen, keine dunklen wolkenähnliche Gebilde auf ihnen.
Wolkenähnliche Gebilde auf der Gehaltsabrechnung? Doch Du lieferst die Aufklärung prompt. Trotzdem wird’s für mich unwahrscheinlich, wenn ich lese:
Frank ging einfach zielstrebig weiter seinen Weg, machte seine Arbeit mit sichtbaren oder teilweise unsichtbaren Patienten ...
Arbeiten mit unsichtbaren Patienten? Wie weit geht der Leser mit?
Ich für meinen Teil habe bald die Nase voll, es scheint, der Autor verstrickt sich in immer kühnere Konstruktionen, staunt wohl selbst, wohin ihn seine Fantasie führt – aber ich bin nicht bereit, diesen Unsinn zu lesen.
Doch, wie anfangs gesagt, bin ich neugierig und überfliege den Rest:
Frank war alles auf einmal offensichtlich. „Als gäbe es nicht genug Mistwetter in meinem Leben. Cool.“
Das überzeugt ganz und gar nicht.
Unter dem Radar, Hinter dem Rücken, Fern der Blicke bleiben, dann wird das Leben auch kein Kreuz.
Für mich ist eher der Text ein Kreuz: Du haust alles raus, was momentan durch die Medien geistert; nicht nur Franks Hirn ist Tohuwabohu, sondern auch Deine Geschichte.
Es gibt eine Menge fehlender Kommas. Weil Du gut schreiben kannst (und ich deshalb sauer bin, nicht genussvoll bis zum Ende lesen zu können), solltest Du schauen, Texte zu schreiben, denen ein exakt umrissener Plot zugrunde liegt und dann von Anfang bis Ende dem roten Faden folgen.
Allerdings ist es sauschwer – das mit dem guten Plot. Eine Rarität wie Glühwürmchen. Aber nur der lohnt den Aufwand, an einem Text so lange zu arbeiten, bis es Applaus gibt.

Tut mir leid für dieses Mal – auch wenn meine Meinung subjektiv ist, hätte ich viel lieber gelobt. Natürlich hoffe ich, dass ich Dir die Mitarbeit im Forum nicht gleich vergrault habe und sage deshalb: Willkommen bei uns!

José

 

Danke für euer Feedback und für den Willkommensgruß! Ich bin kein wirklich geübter Schreiber, aber ich werde mir entsprechende Gedanken machen.

 

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