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Ersehnter Schlaf
Ein Rütteln am Reich der Träume. Erst schwach, wird es immer stärker. Man kann ihm eine Beharrlichkeit zusprechen, die irgendwann keinen Widerspruch mehr duldet. Du kannst dich drehen und wenden, dadurch allein entkommst du ihm nicht. Dazu müsstest du laufen, weglaufen. Aber um wegzulaufen, musst du erst einmal aufstehen und dann hat es sein Ziel schon erfüllt, eine Spirale aus der kein Entkommen möglich scheint.
"Nur ein bisschen länger noch!"
Es rüttelt wieder, eine leise Stimme dringt an dein Ohr, noch ist sie weit entfernt.
"Bitte, ein wenig länger noch."
Du drehst dich um, ziehst die schützende Decke über den Kopf, sie wird weggezogen und das Rütteln beginnt von neuem. Die Stimme ist jetzt ganz dicht bei dir, sie als bloße Phantasie abzutun wäre unglaubwürdig.
Das Schwelgen in einem Reich, das jetzt wie ein Traum erscheint, ist vergangen. Die Augen mussten aufgemacht werden.
Zuerst blendet das Licht. Es schmerzt zwar, wirkt aber dennoch verführerisch.
Dann weicht es dem, was da ist, ernüchternd und problembehaftet.
Mit jedem Moment den du erblickst stellt sich eine Frage, mit jeder Antwort wirfst du viele neue auf.
"Kann ich nicht doch noch ein wenig hier verweilen?"
Du kennst die Antwort, dafür muss sie nicht ausgesprochen werden. Es bietet sich keine Fluchtmöglichkeit mehr, die schützende Decke, sie scheint verschwunden und die Lider weigern sich, deinem Befehl zu folgen. Starr bleiben sie dort, wo sie sind und zwingen dich, der Wirklichkeit von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten.
Es fällt schwer aufzustehen, das weiche Gefühl der Unbeschwertheit abzulegen. Auf dem sprichwörtlichen Boden der Tatsachen angekommen, bildet sich langsam ein Ziel vor Augen, oder hat es dir die Stimme zugeflüstert, welche dich weckte?
Du schreitest einen Pfad entlang, alleine, oder mit vielen anderen. Es liegt in deinem Ermessen. Doch jeder dieser Wege scheint ein Ziel zu haben, das dem nächsten ähnelt.
Immer weiter tragen die Schritte darauf hinzu. Bald muss es doch erreicht sein und trotzdem liegt es noch immer weit vor dir.
Du sehnst dich danach die Augen wieder zu verschließen. Du versuchst es einmal, vielleicht hast du ja Glück und alles war nur ein böser Traum, aber als du sie erneut öffnest, merkst du, dass du vom Weg abgekommen bist.
Was hast du auch anderes erwartet?
Träumer wirst du genannt. Wenn der Weg nicht so schmal wäre, dann hättest du vielleicht ein lauschiges Plätzchen entdeckt.
Du bist weit gegangen, doch immer nur geradeaus.
Man sagt, das sei besser als im Kreis.
Die Dunkelheit senkt sich wieder über das Land und du merkst, dass endlich der Schlaf zurückkehrt. Diesmal wird dich niemand wecken.
Das stimmt sogar, doch wird es eine traumlose Nacht.