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Es gibt ja Dich

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12.03.2004
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Es gibt ja Dich

Wenn ich mir Deine Stimme vorstelle, sagt sie: "Die Augenfarbe merkt man sich nie." Und meint: "Man lacht und weint, man herzt und tröstet sich, kurzum: Man kennt sich. Aber die Augenfarbe, die kennt man nicht. Die Augenfarbe merkt man sich nie."

Natürlich würdest Du nie "kurzum" sagen.
Viel eher sagst Du Dinge wie "nee" und lächelst dabei verschmitzt und Deine Nase kräuselt sich etwas, als müsstest Du niesen.
Wenn ich Dich zum Beispiel frage, ob Du mit mir ausgehst, kann ich dieses Kräuseln beobachten. Heute vielleicht? “Nee”.
Dein Lächeln nehme ich dann als Entschädigung und sehe ein, dass Du niemandem gehören kannst. Heute nicht.

Aber wenigstens in meinen Gedanken musst Du nun einmal fürs “kurzum” herhalten und für die Augenfarbenfrage, denn gerade darauf weiß ich eine wundervolle Antwort. Ich werde sie verraten.

Zunächst: Deine Augen wollen so garnicht zu Deinem restlichen
Erscheinungsbild passen. Deine Haare zum Beispiel schmiegen sich in einem dunklen Herbstblond um Dein Gesicht. Dein wohlgebräunter Teint scheint Bronze und reflektiert toutes les couleurs-!
Dein Mund deutet ein unschuldiges Rot an, das nur vom obligatorisch strahlenden Weiss Deiner Zähne übertrumpft wird… und nicht zuletzt wären da Deine aufreizenden Wimpern, die vornehm dunkel ebenjene Augen umrahmen: Deine Augen. Sie stechen hervor, scheinen sich dieser Rolle aber garnicht bewusst zu sein: Natürlich nicht, sie sind zu sehr damit beschäftigt, selbst zu beobachten. Da bleibt ihnen wenig Zeit, sich an ihrer eigenen Schönheit zu erfreuen.

Aber es ist nicht nur die Exotik Deiner Augen, die sie so interessant für mich macht. Es ist auch das, was ich in ihnen zu erkennen glaube, was ich zu erreichen hoffe.

Weißt Du: Wir sollten nächtelang beisammen sitzen und Kindheitserinnerungen austauschen. Die gemeinsame Vergangenheit zu einem Berg auftürmen, auf dessen Spitze wir uns treffen und dann-.
Ganz oben. Man fällt ziemlich tief von dort.

Wusstest Du zum Beispiel, dass ich früher unglaubliche Angst vor dem Tod hatte? Ja, Du auch. Jede Nacht. Wir dachten, vielleicht hat man mit dem Alter weniger Angst.
Und ob es etwas gibt, für das es sich zu sterben lohnt?
Denk dran, wir sind jung: “Vierunddreissig! Ich hoffe, so alt werde ich nie”, sagen wir noch spöttisch, doch schon mit einer schwachen Spur von Melancholie.
Denn wer nicht vierunddreissig Jahre alt werden möchte, dem bleibt nicht viel Zeit. Nicht einmal in unserem Alter!

Noch sind wir jung. Aus unserer Perspektive ist Spaß eine Phase, wie die Pubertät. Man wächst heraus. Danach ist alles grau in grau.

Also: "Die Augenfarbe merkt man sich nie", sagst Du.
Und ich warte erst, bis du wegsiehst. Will nicht schummeln.
Dann antworte ich:
"Deine Augen sind blau. Tiefseeblau. Ich schwimme durch sie hindurch und tauche tief in sie hinab. Immer weiter zieht es mich in diesen Ozean. Die Sonne, scheint, kennt meinen Weg, denn sie versucht, mir zu folgen:
Doch sie wird von den verspielten, flirtenden Wellen an der Wasseroberfläche empfangen und tausendfach gebrochen.
Gebrochen, hörst Du? Nur wenige der goldenen Strahlen überleben das.
Sie begleiten mich. Oh, Du merkst es nicht, aber als es immer dunkler wird, weiß ich, dass ich bald den Mittelpunkt Deines mir kostbaren Augapfels, den Höhepunkt der Tiefe, erreicht haben werde. Das Ziel. Auch weiß ich, dass es dann kein Zurück mehr gibt. Ich drehe mich also noch einmal um, verabschiede die letzten Sonnenstrahlen und warte, bis ich schwach werde. Schwach genug, das Blau Deiner Augen endlich zu atmen! Es rücksichtslos in meine Lungen zu pumpen, in mir aufzunehmen! Erst wenn ich nichts mehr spüre, bleibt nur noch jene blaue Vollkommenheit zurück, die sich endlich auch in meiner Haut spiegelt. Zum ersten und letzten Mal."

So wenigstens stelle ich es mir vor. Vielleicht sagst Du ja eines Tages zu mir: "Die Augenfarbe merkt man sich nie."
Ob es etwas gibt, für das es sich zu sterben lohnt?
Denk dran, wir sind jung. Und leichtsinnig.

 

Hello Eiffel,

ich rätsele ein wenig, aber eine richtige Geschichte ist dieser Quasi-Monolog nicht.

Das Kräuseln der Nase finde ich hübsch beschrieben, aber danach haust Du doch zu sehr auf die Tonne: 'schmiegen sich in einem dunklen Herbstblond', und 'wohlgebräunter Teint scheint Bronze...' - das empfinde ich doch sehr als ausgetretenen Kitsch, fehlt noch die 'entblätterte Lustgrotte' ;-)

Rot als Farbe der Unschuld scheint mir doch weit hergeholt, noch weiter, wenn es von 'obligatorischem Weiss übertrumpft wird'. Wimpern können lang sein, aber 'aufreizende' Wimpern blieben mir bislang verborgen.

Mir will auch nicht einleuchten, weshalb die Augen 'so gar nicht' zum restlichen Erscheinungsbild passen wollen, selbst wenn sie hervorstechen und ihnen 'wenig Zeit' bleibt, 'sich an ihrer eigenen Schönheit zu erfreuen'.
Exotische Augen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie blau sind?

Offen gesagt, wirkt das Ganze auf mich nicht romantisch/erotisch, sondern wie eine Aneinanderreihung kitschiger Versatzstücke. Aber über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten.

Viele Grüsse vom gox

 

Hallo gox,

Zunächst vielen Dank für deine Kritik. Ich werde einmal versuchen, angemessen zu antworten.

“aber danach haust Du doch zu sehr auf die Tonne: 'schmiegen sich in einem dunklen Herbstblond', und 'wohlgebräunter Teint scheint Bronze...' - das empfinde ich doch sehr als ausgetretenen Kitsch, fehlt noch die 'entblätterte Lustgrotte' ;-)”
Natürlich ist das ziemlicher Kitsch, den ich in diesem Fall aber durchaus für angebracht halte, schliesslich handelt es sich um blinde Schwärmerei. Und zur ‘entblätterten Lustgrotte’ hätte ich es übrigens nie kommen lassen, weil mir so etwas ehrlich gesagt dann wieder zu plump ist.

“Rot als Farbe der Unschuld scheint mir doch weit hergeholt”
Rot soll hier ja nicht Farbe der Unschuld sein, vielmehr ist dem Rot das Attribut ‘unschuldig’ zugeordnet. Ein zurückhaltendes Rot also etwa, das ja auch nur angedeutet wird.

“Wimpern können lang sein, aber 'aufreizende' Wimpern blieben mir bislang verborgen.”
Tatsächlich? ;)

“Exotische Augen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie blau sind?”
In diesem Fall finde ich schon. Wenigstens bin ich der Ansicht, dass blaue Augen bei einem eher dunkeln Typ ein gewisses Maß an Exotik erreichen. Hier kann ich allerdings auch vollkommen falsch liegen, müsste man mal in diversen Frauenzeitschriften nachlesen ;).

“Offen gesagt, wirkt das Ganze auf mich nicht romantisch/erotisch, sondern wie eine Aneinanderreihung kitschiger Versatzstücke. Aber über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten.”
Da kann ich leider nichts dran ändern. Sicher, erotisch ist die Geschichte wirklich nicht. Romantisch aber schon, worauf du leider nicht weiter eingegangen bist. Vielleicht überwiegen meine zugegebenermaßen kitschigen Ausführungen und ziehen so die ganze Aufmerksamkeit auf sich?

Ein Kritikpunkt hat mir dann doch wirklich zu denken gegeben: Du hast nämlich recht, wenn du sagst, dass es sich garnicht um eine tatsächliche Geschichte handelt.

Danke also und beste Grüsse,
Eiffel

 

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