Es waren nur kleine Gemeinheiten.....
Es war Mittwochmorgen, die Sonne schien, die Vögel zwitscherten und alles schien nahezu perfekt. Ein idealer Tag um die Freuden des Lebens zu genießen und die weniger freudvolle Schule zu besuchen. Am Ende blieb es eh ein Tag wie jeder andere auch.
Langsam stützte ich mich auf und versuchte die Verspannungen in meinem Nacken zu lösen.
Mein Kopfkissen war nass, nass von den Tränen der letzten Nacht. In wenigen Minuten würde meine Mutter kreischend ins Zimmer springen, mir einen Guten Morgen wünschen und mir sagen das ich mich anziehen solle. -Sie würde mich wecken- nuschelte ich langsam vor mir her und warf mich zurück ins Bett. – Wecken- wiederholte ich währenddessen mein Blick durchs Zimmer schweifte. Ich war müde und fühlte mich schwach.
Einen Moment grübelte ich ob ich zuhause bleiben könnte. Dieser Gedanke verflog jedoch als meine Mutter ins Zimmer stürmte. Sie sagte dieselben Sätze wie jeden morgen und ich schaute sie mit einem verschlafenen Dackelblick an und rieb mir dabei die Augen. Sie lächelte mich an, sie strahle förmlich, was mich störte. Dabei gab sie sich doch alle Mühe mich aufzumuntern. Aber alles brachte nichts. Ich fühlte das nasse Kissen auf dem ich lag, es war als würde ich jede Träne spüren. Das Kissen, das ich mir verkrampft vors Gesicht hielt damit man mein Schluchzen nicht hörte. Alles blieb leer in mir. Sie konnte mir nicht helfen, dass konnte wohl niemand. Denn ich war es, die an allem Schuld hatte. Wie meine Mitschüler jetzt wohl sagen würden, war es ein Fehler dass ich überhaupt geboren wurde. Sie würden mich fragen, wie meine Eltern das ihnen nur antun konnten, so ein fettes dummes Kind in die Welt zusetzen. Darauf würden Sätze wie -Ich muss kotzen, wenn ich dich sehe- folgen. Und das alles würden sie stotternd sagen. Sehr kreativ waren sie wirklich nicht, dieser Gedanke bereitete mir ein kleines Lächeln auf den Lippen. Ich lag immer noch in meinem Bett. Meine Augenglider fühlten sich schwer an. Ich hatte das Gefühl als hätte ich die ganze Nacht nicht geschlafen, was gar nicht so abwegig war.
Einmal kam meine Mutter in die Schule, da sie wusste dass ich arge Probleme mit meinen Mitschülern hatte. Sie glaubte, es läge allein an meinem Sprachfehler. Jedes Mal wenn ich aufgeregt war, begann ich zu stottern, was die meiste Zeit des Tages ausmachte. Ich erinnere mich ganz gut wie mir die Röte ins Gesicht schoss, als meine Mutter das Klassenzimmer betrat. Ich weiß nicht genau, was ich beschämender fand, die Tatsache das meine Mutter in die Schule kam um meinen Mitschülern meine Situation begreiflich zu machen oder das ich jetzt als Verräter galt. Sie hoffte wohl auf deren Verständnis und es schien zu wirken. In den darauf folgenden Wochen sagte niemand nur eine abfällige Bemerkung mehr zu mir, niemand versteckte meine Sachen, niemand spielte mir einen Streich, nichts. Doch ich merkte das Tuscheln und die stichelnden Blicke, bei Gruppenarbeiten blieb ich wie immer allein und niemand sprach auch nur ein Wort mit mir.
Somit war ich weiterhin ausgeschlossen. Ob es nun meine Situation großartig verbesserte wusste ich nicht.
Nachdem ich meine Sachen gepackt und mein Frühstück runtergewürgt hatte, da meine Mutter so viel Wert darauf legte, ging ich los zur Schule. Meine Schritte waren langsam, zu langsam um die Schule rechtzeitig zu erreichen. Doch es war mir egal. In meinem Kopf kreisten Bilder aus vergangener Zeit, Bilder, dessen Leben ich nicht leben konnte. In mir war alles leer und sinnlos.
Das Klassenziel würde ich wieder nicht erreichen, zum zweiten Mal. Es gab kein halt für mich und das Schlimmste, es gab kein Ziel. In einem Schaufenster, an dem ich vorbei kam, sah ich mein Spiegelbild. Starr schaute ich mich an. Meine Mitschüler hatten wohl Recht.
Ich war dumm und fett...
Als sich mein Blick wieder löste und ich mich umschaute, stellte ich fest, dass es nicht der Weg zur Schule war. Aber es war der Weg der mein Ziel beinhalten sollte. Nur noch wenige Meter und ich würde die Schienen erreichen. Es gab viele die so etwas taten und damit immer Zeitverzögerungen der Züge auslösten. Aber ein Grund mehr mich zu hassen. Einen Grund mehr einen dummen Kommentar über mich abzulassen. Es tat so weh, wussten sie das alle nicht? Aber ich würde jetzt nicht mehr weinen. Nur warten, warten auf den Zug der alles beendet. Es war nichts großes, das meine Seele zerfetzte, was mir meinen Lebensmut nahm.
Es waren nur kleine Gemeinheiten….
Viele kleine Gemeinheiten…..