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Feierabend

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08.03.2016
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Feierabend

Staub wirbelte durch das fensterlose Kabuff, als D. die letzte Akte zuschlug. Er packte alle Papiere in den Schrank. Nur noch den Computer runterfahren, fertig. Er stand auf, knipste das Licht aus und schloss ab. Feierabend.
Als er aus dem Bürogebäude eilte, kostete er von der lauen Abendluft und fand sie zu lieblich. Er hastete zu seinem Auto; der Blütenstaub machte den Rost unsichtbar. An der Supermarktkasse gähnte der Marktmitarbeiter neun Euro nochwas, bevor er sich geräuschvoll streckte und dann aufsprang, um die Ladentür zu verriegeln.
Als D. die Tür seiner Wohnung aufschloss, war es weit nach neun. Er verstaute seine Einkäufe. Ein Fertigsandwich mit Imitatschinken schmiss er als Abendessen ein und spülte mit Milch nach. Im Wohnzimmer war er für sich. Sie lag schon im Bett. Bevor er zu ihr ging, wollte er noch fernsehen. Diskussionen, Geballer, Gestöhne. Nachrichten? Ein Blick in den Videotext. Ernüchternder Fund: zig Tote. Da stand auch sein Horoskop für heute. Es kündete von Erfolg in Beruf und Liebe. Wie deutete man das? D. war schon froh, wenn ihm nichts Schlimmes zustieß. Er zappte bis zu den dreistelligen Programmplätzen. Nackte Haut, teure Ziffern, billige Gedanken. Fernseher aus. Halb zwölf. Zeit, ins Bett zu gehen!
Im Schlafzimmer war es dunkel, aber nicht stockfinster. Die Rollläden standen offen und würden es auch bleiben. Der klare Sternenhimmel reichte sanft ins Zimmer. D. horchte hinein, nichts. Das Licht blieb aus, sein Ziel fand er auch so. Drei Schritte und er war da. Er fühlte über den spröden Holzstuhl, der links von seiner Seite stand, und zog sich komplett aus. Dann glitt er unter die kühle Bettwäsche, rollte sich auf die Seite und tastete in ihre Richtung. Da lag sie, nur ihr Kopf ragte unter der Decke hervor.
Zärtlich ließ er eine Hand über ihre verhüllten Konturen gleiten und hielt an jeder Erhebung einen Moment lang inne. Sein Blut pulsierte, sein Herz trommelte, in ihm sprühten Funken. D. liebte sie dafür, dass sie ihn so fühlen ließ. Seine Augen hatten sich an das Dunkel gewöhnt. Er erkannte ihre feinen Gesichtskonturen, beugte sich über sie und küsste ihre Wangen. Sah sie wieder an und bedeckte ihren Mund mit Küssen. Unter der Decke wurde ihm zu warm. Als er seinen Körper freigelegt hatte, ließ die Nachtfrische ihn wohlig erschaudern. Für einen Moment spürte er Gänsehaut, die von der Hitze seines Verlangens sogleich vergessen gemacht wurde. Seine Finger fuhren über ihren geöffneten Mund. Ihren geliebten roten Mund. Er glaubte, ihren heißen Atem zu spüren, zusammen mit einem sanften Sog. Er rückte näher an sie heran, so dass sich seine Front an ihre Seite schmiegte. Nur ihr Bettzeug war noch dazwischen; hastig zog er es weg, türmte es am Fußende auf.
Ohne Kleidung lag sie nun da. Ihr Körper, nur für ihn. Im fahlen Sternenlicht wirkte sie wie eine Skulptur, unantastbar eigentlich. Doch sein Fleisch schrie nach ihr, wollte in sie dringen und auf ewig dort verweilen. Vorsichtig stieg er auf sie und presste seinen bebenden Leib an ihre zierliche Gestalt. Er drang mit der Zunge in ihren Mund und umklammerte ihre Schenkel mit seinen Beinen. Dann sah er sie an, blickte in ihre starren Augen und stöhnte heiser:
„Sag, dass Du mich willst!“
Der Sprachsensor erweckte sie zum Leben und ließ sie dieselben Sätze wie jede Nacht abspulen.

 

Hallo Alltagsschleife

also, ich weiß nicht, was ich von der Geschichte denken soll, kommt mir unfertig, undurchdacht vor, den Typ verstehe ich nicht, dem komme ich nicht näher...

Bisschen was aus dem Text:

Der klare Sternenhimmel reichte sanft ins Zimmer.
auf den erste Blick poetisch, aber wie soll das gehen? wer reicht wem die Sterne? reichen ist nichts das passende Verb...

Er erkannte ihre feinen Gesichtskonturen,
was für ein fürchterliches Wort und überhaupt, wie riecht sie eigentlich?

Als er seinen Körper freigelegt hatte,
ich dachte der ist schon nackig oder liegt er unter der Decke und schlägt diese zurück?

Gänsehaut, die von der Hitze seines Verlangens sogleich vergessen gemacht wurde.
ist unlogisch: wenn er erregt ist, will er doch die Gänsehaut nicht vergessen? das ist sinnlose Effekthascherei

so dass sich seine Front an ihre Seite schmiegte.
was ist seine Front : die Nase?

Ohne Kleidung lag sie nun da.
wusste nicht, dass die vorher bekleidet war...

Vorsichtig stieg er auf sie und presste seinen bebenden Leib an ihre zierliche Gestalt.
wenn er so auf sie steigt, hat er dann Fußabdrücke hinterlassen?

Der Sprachsensor erweckte sie zum Leben und ließ sie dieselben Sätze wie jede Nacht abspulen.
was sagt sie denn?

Könntest du vielleicht was draus machen, wenn du näher rangehst an den Typ, aber, so wie sie ist, hat sie mich nicht begeistert, die Geschichte.

viele Grüße
Isegrims

 

Hey Alltagsschleife

Leider kann ich der Geschichte absolut nichts abgewinnen. Es war schon ziemlich bald klar, dass der Text einzig und allein auf die Pointe hinausläuft. Ich kann auch dem "Empfehler" der Story, Auhan, nicht zustimmen. Ich habe beim Lesen absolut nicht den Eindruck, als würde sich hinter der Geschichte "eine weitere Ebene auftun". Die Worte erscheinen mir denn auch nicht mit Bedacht knapp und pragmatisch gewählt, sondern eher im Gegenteil mit dem Ziel des Effekts am Schluss hingeschrieben. Die Story ist für mich absolut nichtssagend, ein kleiner Ausschnitt aus einem Alltag – was erfahre ich über diesen Menschen, was erfahre ich über seine Situation, über irgendeinen Konflikt? Sorry, aber dass Jemand eine Puppe vögelt, das genügt einfach nicht als Kernelement, zumindest für mich nicht. Es ist natürlich legitim, wenn Auhan in die Geschichte Dinge interpretiert, welche für ihn zumindest vorhanden zu sein scheinen, das ist seine subjektive Sichteweise. Ich stimme jedoch jimmysalaryman absolut zu: Es kann nicht sein, dass jeder x-beliebige Text empfohlen wird (ja, dieser Text ist x-beliebig). Ich habe hier schon geniale Texte gelesen, die nicht empfohlen wurden. Dazu gehört diese Story in keiner Weise. Für mich persönlich auch ein No-Go, als Neuling Texte zu empfehlen, aber das nur am Rande...

nevermind

 
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Hallo mal an alle in die Runde,

jetzt bitte nicht alle "Einer empfiehlt einen Text und alle stürzen sich drauf" spielen.

Natürlich steht ein empfohlener Text im Fokus, mehr als andere Texte, und es steht jedem frei, sich zu der Empfehlung zu äußern, aber bitte auch die Kirche im Dorf lassen und in eine Empfehlung nicht mehr hineinlegen, als nötig.

Eine Empfehlung ist die sehr persönliche Vorliebe eines einzelnen oder im Idealfall mehrerer User für einen bestimmten Text. Er schlägt diesen Text vor und selbstverständlich durchläuft der Text danach eine Kontrolle. Er muss gewisse Mindestvoraussetzungen erfüllen. Die Empfehlung muss begründet sein. Das alles ist hier geschehen.

Es wird immer mal wieder vorkommen, dass ein Text empfohlen wird, den man selbst nicht gut findet, andere dagegen, die man für besser hält, gehen leer aus. Na und? Was soll denn daran so furchtbar schlimm sein? Beim persönlichen Empfinden wird das immer so sein.
Die Empfehlungsfunktion ist eine ganze Zeitlang sehr selten genutzt worden. Viel zu selten. Ich fand das immer schade.
Und warum nicht ein Neuuser empfehlen soll, erschließt sich mir auch nicht. Kann er schlechter beurteilen, ob ihm persönlich ein Text gefällt oder nicht, nur weil er neuer ist als andere?
Ich finde die Diskussion, die hier entsteht, soweit sie sich auf den Text bezieht, wunderbar.
Aber bitte nicht übertreiben. Ich seh sonst Scharen von Autoren, die eine Empfehlung ablehnen mit den Worten "Um Gottes Willen, her mit dem siebten Kreis der Hölle, lieber jedenfalls als eine Empfehlung!!!!" Aber vorher noch wird sich eh keiner mehr trauen, irgendwas zu empfehlen.

 

Das sehe ich vollkommen anders, Novak

Ein empfohlener Text sollte sich durch etwas auszeichnen. Meiner Meinung nach wären oder sind das Kriterien wie: Literarizität, Innovation, Sprache, Plot, Handwerkliche Ebene, Stil, Dialoge. Irgendetwas muss da sein, um den Text hervorzuheben, ihn ganz klar von anderen Werken abzugrenzen. Sonst ist der Sinn einer Empfehlung einfach nicht gegeben. Es ist eben so nicht die persönliche Vorliebe, sondern es ist vielmehr etwas Exemplarisches, ein Symbol. Die Wirkung einer empfohlenen Geschichte verwässert sonst einfach, bzw die Funktion der Empfehlung wird beliebig, wenn jeder alles empfehlen kann.

Für mich sind hier, bei diesem Text, keine Voraussetzung gegeben, um ihn zu empfehlen. Man lese sich mal hintereinander die empfohlenen Texte von Jo Black oder Peeperkorn durch, und dann diesen. Das sind doch zwei Universen. Sorry, dass ich das so deutlich sage!

 

Die Geschichte bzw. der Charakter, der da in "Feierabend" beschrieben wird ist jedoch so banal, dass man es mit banalen Worten zu keiner Geschichte machen würde, sondern eine mehr als flache trotz Aktionen aktionslose Zustandsbeschreibung.
Nein. Ein Text muss in der Wortwahl und in den erzählerischen Mitteln dem Sujet angemessen sein, doch dieser Text ist dem, wenn überhaupt, nur punktuell gerecht geworden.

Ich will jetzt nicht die Punkte erneuert aufzählen, die ich in dieser Geschichte als nicht passend fand, aber wenn du meine Argumente widerlegen kannst, dann tu das einfach - anstatt hier davon zu reden, dass man sich um die „Bilder“ bringt, wenn man den Text genau liest.


Es wird immer mal wieder vorkommen, dass ein Text empfohlen wird, den man selbst nicht gut findet, andere dagegen, die man für besser hält, gehen leer aus.
Es geht nicht um etwas gut finden, d.h. um den Geschmack, es geht um literarisch gute, fehlerfreie Texte. Dieser Text hat aber Mängel, auf die ich und andere hingewiesen haben, und niemand hat sie bisher als nicht wahr bezeichnet.

Ein Text mit Mängeln sollte besser nicht in der Liste der empfohlenen Geschichte stehen, es sei denn, man will in diesem Forum den Geschmack der Kritiker zum literarischen Kriterium erheben.

 
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Es ist befremdlich, wenn in diesem Forum keine Auseinandersetzung mit einem Text stattfindet, sondern es schon fast zum personenbezogenen bashing ausartet. Weiter war mir auch nicht bewusst, dass eine Stellungnahme wie auch eine Empfehlung nur bestimmten „verdienten“ Mitgliedern auf jeden Fall keinen „Neuen“ zugebilligt zu werden scheint – das halte ich für sehr intolerant.

Ebenso befremdlich finde ich, dass meine Hinweise zum Text als „Leseanweisung“ oder gar als „Dogma“ verhöhnt werden, während die eigene Leseweise als ein gespielter Witz mit Pointe einer Puppe das nicht sein soll. Sorry, aber um etwas „Anderes“ zu sehen, muss jeder die Perspektive, d.h. den Betrachtungspunkt verändern.
Was die Empfehlungsgründe für einen Text betrifft, stimme ich Jimmysalaryman voll zu. Er sagt dazu: „Ein empfohlener Text sollte sich durch etwas auszeichnen. Meiner Meinung nach wären oder sind das Kriterien wie: Literarizität, Innovation, Sprache, Plot, Handwerkliche Ebene, Stil, Dialoge. Irgendetwas muss da sein, um den Text hervorzuheben, ihn ganz klar von anderen Werken abzugrenzen. Sonst ist der Sinn einer Empfehlung einfach nicht gegeben. Es ist eben so nicht die persönliche Vorliebe, sondern es ist vielmehr etwas Exemplarisches, ein Symbol.“ (Ende Zitat)

Genau das ist in diesem Feierabend gegeben. Und Dion schreibt:
„ Ein Text muss in der Wortwahl und in den erzählerischen Mitteln dem Sujet angemessen sein, doch dieser Text ist dem, wenn überhaupt, nur punktuell gerecht geworden.“

Dion – es sollte bekannt sein, dass die Umkehrung dieses an sich logischen Prinzips ein literarisches Stilmittel ist – der Bruch der Form – um damit den Helden in jeder Art eigentlich noch schwächer zu machen als er bereits ist.
Dieser Text ist in keinem Punkt dem Sujet angemessen: D. schließt nicht die Akte, er schlägt sie zu – und Alles was D macht, oder tut ist Ausdruck einer Macht über etwas anderes, selbst, wenn er keinerlei Macht darüber hat, wie die Luft des Abends. Das ist die Pointe des Stücks – ein absolut unbedeutender Unmächtiger und wohl auch zu keinem Gefühl fähiger spielt konsequent die Rolle eines Machthabers, der jede Sekunde in diesem Machtbewusstsein auskostet wie die Täter aus Höxter.

Hätte Alltagsschleife dies nicht so konsequent vom ersten bis zu letzten Satz durchgehalten, wäre die Geschichte tatsächlich nicht erwähnenswert – da gebe ich Euch recht. Aber die Konsequenz, in der er dies Stilmittel (vermutlich sogar unbewusst) durchhält macht für mich den Text beachtenswert.

 

Das ist die Pointe des Stücks – ein absolut unbedeutender Unmächtiger und wohl auch zu keinem Gefühl fähiger spielt konsequent die Rolle eines Machthabers, der jede Sekunde in diesem Machtbewusstsein auskostet wie die Täter aus Höxter.

Sorry, aber das ist wieder so ein Geschwurbel von dir. Das ist ein naturalistischer Fehlschluss: Du möchtest das gerne so sehen, und jetzt alle anderen davon überzeugen, dass da eine zweite Ebene in der Geschichte ist. Diese Ebene ist vielleicht für dich da, ich sehe sie nicht. Und sehr viele andere auch nicht. Das ist eine Auseinandersetzung mit dem Text. Ich weiß nicht genau, was du möchtest.

 

Kein Geschwurbel - sondern abgeleitet aus den benutzten Ausdrücken des Schreibers - also nichts Besonderes
- denn niemand zwingt Dich, etwas zu sehen, was Du nicht siehst oder sehen willst oder sehen kannst.

Aber erklär mir bitte mal was ein "naturalistischer Fehlschluss" ist. Danke

 

Statt die von mir konkret als Mängel genannte Punkte durch Gegenargumente zu entkräften, wie ich vorgeschlagen habe, schreibst du, Auhan, wieder nur allgemeines Blabla hin.
Werde doch mal konkret, verdammt noch mal!

 

Ihr reißt euch jetzt alle mal gefälligst zusammen. Und ich hab das schon einmal gesagt, ich wiederhole mich ungern, daher hier letztmalig: Wenn ihr eine Empfehlung diskutieren wollt, dann macht das vernünftig unter der Empfehlung, nicht unter der Geschichte. Das ist nun echt nicht so schwierig zu behalten.

Im Übrigen stellen die Empfehlungen weder den Mehrheitsgeschmack noch eine Mehrheitsentscheidung dar, dafür gibt es die (theoretisch) jährliche Wahl zur Top-Story.

 

^^Dion -
Die Wahl der Sprache, des Stils der Form und deren Gestaltung im Widerspruch zum Sujet ist eine sehr wichtige künstlerische Form zur Überzeichnung oder Herabsetzung des Beschriebenen (vergleiche dazu auch "Satire")
Und zu Deinen Anmerkungen - die Anwendung würde die Geschichte zu der platten Bild-Hintern, Bauch, Busen-Geschichte machen, die Du da lesen wolltest.
Die Puppe ist in jeder Form "unwichtig" außer, dass der Protagonist darüber beliebig verfügen kann und wird, ohne eigene Fähigkeiten zu haben. Deshalb ist es völlig egal in der Geschichte, was sie antworten wird - ändert nichts an der Geschichte.
Wenn Du erkennt, dass nach Deiner Meinung der Begriff, er "kostet die Luft" Zeit erfordert, bestätigst Du den Widerspruch zu eilig und hastet - es muss dennoch nicht falsch sein, weil man durchaus auch im Eilen "schnuppern" kann.
Wenn der Autor den Begriff "einschmeißen" an Stelle von essen verwendet, ist das despektierlich gegenüber der Nahrung - aber rechtfertigt nicht den Schluss, ob es jugendsprachlich sein soll oder was auch sonst. Jugendsprache hätte im Textzusammenhang keine andere Stelle oder Ursache, und ist auch kein Begriff der Jugendsprache.
Die Listung "Nackte Haut, teure Ziffern und billige Gedanken" bezieht sich nicht auf Ds Aktivitäten, sondern ist das, was er da am Fernseher durchzappt- das geht klar aus dem Text hervor.
Und auch der Ausruck "das Schlafzimmer ist dunkel, aber nicht stockfinster" ist eine sprachlich sehr einfache, in sich logische Verfeinerung - dunkel, aber nicht stockdunkel und erklärt nur technisch, warum D etwas sehen werden kann.
Die weitere Darstellung der Erregung ist ebenfalls reiner terminus technicus und zieht doch den Leser in keiner Weise in das Erleben oder zum Mitfühlen mit ein.

ABER: ich bin nicht der Autor - ich versuche nur, fremde Texte erstmal ohne (m)eine eigene Erwartung zu lesen, sondern die Anreize ud Hinweise, die der Schreiber mir gibt, zu erkennen. Damit kann ich auch völlig falsch liegen - wenn es der Autor teilweise unbewusst so machte, nicht gezielt.

 

Die Wahl der Sprache, des Stils der Form und deren Gestaltung im Widerspruch zum Sujet ist eine sehr wichtige künstlerische Form zur Überzeichnung oder Herabsetzung des Beschriebenen (vergleiche dazu auch "Satire").
Das kann schon sein – wenn’s gut gemacht ist. Das ist aber bei dieser Geschichte nicht der Fall. Weil handwerklich nicht gut gemacht. Als Beweis für diese Behauptung, habe ich ein paar Beispiele gebracht:


Als er aus dem Bürogebäude eilte, kostete er von der lauen Abendluft und fand sie zu lieblich. Er hastete zu seinem Auto;
Unter etwas zu kosten, im Sinne von prüfen, was hier wohl gemeint ist, stelle ich mir ein Verweilen vor – zumindest einmal tief einatmen müsste drin sein. Dann kann er ja weiter zu seinem Auto hasten.
Wenn Du erkennt, dass nach Deiner Meinung der Begriff, er "kostet die Luft" Zeit erfordert, bestätigst Du den Widerspruch zu eilig und hastet - es muss dennoch nicht falsch sein, weil man durchaus auch im Eilen "schnuppern" kann.
Schnuppern ist was anderes als kosten, und selbst wenn man das als Alternative gelten ließe, stelle ich mir auch beim Schnuppern ein Verweilen, ein kurzes Innehalten vor. Schnuppern kann man nicht, während man in Eile ist und/oder irgendwohin hastet.


Ein Fertigsandwich mit Imitatschinken schmiss er als Abendessen ein und spülte mit Milch nach.
Dieses „schmiss“ anstelle von „aß“ sollte wohl schnoddrig oder jugendlich klingen, ist aber hier fehl besetzt. Nach allem, was davor und danach über D. gesagt wird, ist er ein biederer Mann, der sein Abendessen gewiss nicht einschmeißt.
Wenn der Autor den Begriff "einschmeißen" an Stelle von essen verwendet, ist das despektierlich gegenüber der Nahrung - aber rechtfertigt nicht den Schluss, ob es jugendsprachlich sein soll oder was auch sonst. Jugendsprache hätte im Textzusammenhang keine andere Stelle oder Ursache, und ist auch kein Begriff der Jugendsprache.
Wie ich bereits deutlich machte, entspricht der Begriff „schmiss“ anstelle von „aß“ nicht der Persönlichkeit des Protagonisten. Das ist keine „sehr wichtige künstlerische Form zur Überzeichnung oder Herabsetzung des Beschriebenen“, wie du es in der Einleitung sagst, sondern schlicht ein handwerklicher Fehler.


Nackte Haut, teure Ziffern, billige Gedanken.
Billige Gedanken? Unglaubwürdig. So etwas denkt vielleicht jemand, der eine echte Frau im Bett hat, aber nicht D.
Die Listung "Nackte Haut, teure Ziffern und billige Gedanken" bezieht sich nicht auf Ds Aktivitäten, sondern ist das, was er da am Fernseher durchzappt- das geht klar aus dem Text hervor.
Wenn du meinen Einwurf noch einmal liest, wirst du feststellen, dass ich in dieser Szene Ds Gedanken unglaubwürdig fand, nicht seine Aktivitäten.


Im Schlafzimmer war es dunkel, aber nicht stockfinster.
Kompliziert ausgedrückt. Besser wäre: „Im Schlafzimmer war nicht ganz dunkel, der klare Sternenhimmel reichte sanft ins Zimmer.“ Damit wäre auch der Satz über die offenen Rollläden entbehrlich.
Und auch der Ausruck "das Schlafzimmer ist dunkel, aber nicht stockfinster" ist eine sprachlich sehr einfache, in sich logische Verfeinerung - dunkel, aber nicht stockdunkel und erklärt nur technisch, warum D etwas sehen werden kann.
Wie aus meiner Bemerkung hervorgeht, habe ich den Sinn des Satzes verstanden. Aber dass in dem Satz, „eine sprachlich sehr einfache, in sich logische Verfeinerung“ stecken soll, diese Erkenntnis hast du wohl ganz für dich allein. Ich halte den Satz für unbeholfen – gelinde gesagt.


Sein Blut pulsierte, sein Herz trommelte, in ihm sprühten Funken.
Das ist Kitsch, reinste Groschenromanformulierung.
Doch sein Fleisch schrie nach ihr, wollte in sie dringen und auf ewig dort verweilen.
Dito.
Die weitere Darstellung der Erregung ist ebenfalls reiner terminus technicus und zieht doch den Leser in keiner Weise in das Erleben oder zum Mitfühlen mit ein.
Na, wenn du meinst. Ich halte es für Kitsch.


ABER: ich bin nicht der Autor - …
Das ist das Stichwort: Es wird langsam Zeit, dass sich der Autor mal bequemt und zu den Beiträgen äußert.

 

Hallo allerseits,

ich bin natürlich genauso in Rage wie alle anderen, die sich hier so empören. Ich hätte die Geschichte ebenfalls nicht empfohlen - dafür ist sie zu speziell und fragmentarisch.

Deshalb geht es mir auch auf den Senkel, dass man mir unterstellt, ich würde mich über diese Empfehlung "sicherlich" freuen. Nein, überhaupt nicht. Wie sollte ich?

Man verzeihe mir, dass ich nun nicht auf jede empörte Stimme einzeln eingehe. Letztendlich überschneidet sich die Kritik sowieso, so dass es darauf hinausläuft, dass Inhalt und Sprache (bzw. insbesondere die Wortwahl an bestimmten Stellen) kritisiert werden.

Es ist unter diesen Umständen etwas schwierig, den Spagat zwischen Verteidigung, Entkräftigung und Zustimmung zu finden. Denn: Ich halte die Geschichte inhaltlich selbst nicht für gänzlich gelungen - dafür ist sie zu kurz und nicht tiefgängig genug. Allerdings: DAS sollte sie auch nie sein! Ich hatte nicht vor, diesen seltsamen Prot. tiefschürfend zu durchleuchten. Nein, die Story war schon hauptsächlich für dieses "Umkippen" in der Nacht geschrieben. Sie sollte den langweiligen Alltag anritzen, dieses Gehetze vom Büro zum Einkaufen, vom Snackeinwerfen zum Fernseher und schlussendlich diese einzige helle Stelle im dunklen Schlafzimmer skizzieren. Und dann eben die Schlusspointe. Mehr nicht. Da KANN man nun natürlich schimpfen, dass das eine furchtbar flache Charakterdarstellung sei, dass es nicht reiche, anzudeuten, der Prot. habe null Bock auf seine Arbeit, sei nicht an frischer Luft oder normalen sozialen Kontakten interessiert und erdreiste sich auch noch, abends wie ein halbwegs gewöhnlicher Mensch über den Kommerz in den Kanälen zu grunzen, während er danach ins Bett steigt, um gezielt eine Puppe zu besteigen. Man KANN das kritisieren. Bitte.
Allerdings war es nie meine Idee, irgendetwas anderes zu zeigen. So sollte die Geschichte sein und so ist sie. Wie gesagt: Ich hätte sie auch nicht empfohlen, da ich sie für zu kurz und fragmentarisch halte.

So, nun bitte ich aber zu bedenken, dass ich die Geschichte nicht selbst empfohlen habe und dementsprechend ein wenig frustriert bin, erst aufgrund dieser leidigen Empfehlung überhaupt so offen Feedback zu bekommen. Nebenbei gefällt es mir überhaupt nicht, dass nun besonders spezifische Textkritik begangen wird, auf die ich doch bitte schnell, ganz schnell, zu reagieren habe. Ja, habe ich? Ich wundere mich nur gerade: Wäre diese Empfehlung nicht gekommen, würde diese tiefer gehende Kritik doch gar nicht da stehen. Dann hätte ich ruhig fernbleiben können?

Es geht nun hauptsächlich um vermeintlich schiefe Sätze. Es gefällt nicht, dass er die Luft "kostet" und dass sie ihm zu "lieblich" ist?
- Nun, das mag euch nicht schmecken. Mir aber eben doch. Das ist so gewählt, weil ich durchaus wollte, dass er die Luft eben im Hasten "probiert" und dass sie ihm zu gut, zu "lieblich" schmeckt. Diese Passage ist eine Andeutung auf den Schluss. Irgendwer forderte die Ebene "Geruch". Ich kann mit der Ebene "Geruch" wenig anfangen. Also ist da die Ebene "Geschmack". Allerdings ist die später nicht präsent, weil so ein Püppchen nicht nach viel schmeckt. Künstlich eben. Im Umkehrschluss schmeckt ihm das Natürliche, der süße Naturduft - meinetwegen auch weiter gefasst: die Liebe in ihrer natürlichen Form; unter Menschen - nicht. Versteht man nicht aus dem Text? Nun, dann ist das eben nicht die Ebene, die euch gefällt. Das ist kein Problem. Höchstens mein Problem, weil das letztlich niemand lesen mag. Aber immer im Hinterkopf behalten: ICH habe den Text nicht empfohlen!

Den Satz, dass Blütenstaub den Rost verdeckt, habe ich wieder entfernt. Einfach weil mir die Dopplung von Staub nicht mehr gefiel. Einerseits war es eine unschöne Dopplung, andererseits so ein hässlicher Widerspruch, weil der eine Staub aufgewirbelter Dreck und der andere duftendes Naturgut war. Gefiel mir nicht mehr. Flog raus. Ich denke noch jetzt demjenigen, der den Einwand gab.

Die Szene im Supermarkt soll vor allem zeigen, wie der Prot. andere Menschen empfindet. Er blickt eben nur drauf, interagiert nicht, glaubt auch nicht so recht daran, dass er das könnte, denn erst wirkt der Mitarbeiter so, als schlafe er gleich ein, dann geht er weg.

Der Prot. kommt spät nach Hause. Zu spät? Darüber kann man sich streiten. Wofür soll er früher kommen? Was sind die Vorteile, wenn man so spät nach Hause kommt?
Er "verstaut" seine paar Einkäufe. Ja, für ihn ist es ein "Verstauen". Weil für ihn so gut wie jede Aktion ein mühsames Unterfangen ist und sei es nur das Wegräumen von Schinkenimitat, etc. Dann "wirft" er dieses Essen ein. Ja, so im Vorbeigehen. Es ist ihm nicht wichtig, er macht es quasi so nebenbei, weil er muss - er will ja nicht sterben. Soll er sich neben die Puppe setzen und ihr auch etwas anbieten?

Dann setzt er sich vor den Fernseher. Und dort wirkt er fast etwas out of character, weil er so ziellos herumzappt? Was passt daran nicht? Es ist genau das, was zu erwarten ist, nachdem er den anderen Dingen, die er nicht mag, entkommen ist. So ist er nur ein Beobachter und kann mürrisch vor sich hinnörgeln. Im Verborgenen herummeckern. Und kritisiert unter anderem auch die seelenlose Sexindustrie.

Nun könnte man natürlich meinen, es sei kein bisschen besser, was er später tut - zugegeben, ich habe das zunächst so geschrieben, als läge da ein Mensch, so dass man meinen könnte, er habe einen Knall - gerade eben noch über Sexhotlines genölt, nun macht der sowas. Aber tja, es ist nur eine Puppe ... Was man davon halten mag, bleibt jedem selbst überlassen. Ich selbst habe mir dabei durchaus meine Gedanken gemacht, aber versucht, sie nicht so sehr hineinfließen zu lassen.

Das Schlafzimmer ist dunkel, damit er das Silikonding nicht mit offenen Augen und starrem Blick da liegen sieht, wenn er hineinkommt. Denn das will er nicht sehen. Er ist ja nicht beschlagen - er weiß schon, was da liegt. In dem Moment, wenn er ins Schlafzimmer kommt, versucht er sich, sich eine andere, träumerische Stimmung einzureden, achtet mehr auf den Lichteinfall, macht sich irgendwie selbst etwas zurecht, einfach weil er's so braucht, um seinen lahmen, tristen Alltag weiterführen zu können.

Natürlich ist das eine leidlich schwülstige Bettszene. Das war mir beim Schreiben durchaus bewusst. Und so soll es auch sein.

Ich habe das durchaus alles so geschrieben und formuliert, wie ich es schreiben wollte. Wenn das für den Leser schief wirkt, dann tut es mir leid. Aber es war tatsächlich so intendiert, dass an dieser und jener Stelle sehr unterschiedliche Stile zugange sind. Und auch dass er die Luft in der Hast "kostet". Meiner Meinung nach ist das eine Geschmacksfrage. Wenn ihr meint, das sei eine Sache der Qualität, dann ist das okay. Damit kann ich leben. Denn für mich funktioniert der Text. Und das ist alles, was ich wollte.

Und immer im Hinterkopf behalten: Ich habe den Text nicht empfohlen! Auch wenn ich nach wie vor von ihm überzeugt bin, hätte ich ihn auch nicht empfohlen - eben weil er recht fragmentiert ist. Und ja, sicher gibt es hier etliche Texte, die besser sind, vor allem thematisch mehr Tiefe haben. Aber es gibt auch schlechtere.

So, habt noch einen schönen Sonntag!

LG
Schleife

 

Ich habe das durchaus alles so geschrieben und formuliert, wie ich es schreiben wollte.
Das macht deine Geschichte leider nicht besser, Alltagsschleife.

Eine Kritik abzulehnen ist natürlich das ureigene Recht des Autor bzw. der Autorin. Aber wenn das mit dem Argument geschieht, das sei alles so beabsichtigt gewesen, bedeutet für mich auch, sich mit Texten des Autors oder der Autorin wegen der Sinnlosigkeit nicht mehr zu beschäftigen: Ich habe keine Zeit zum verschenken.

PS: Ich möchte betonen, dass ich mich in meinem ersten Beitrag ausschließlich mit dem Text beschäftigte, und dass das mit der Empfehlung erst hinterher kam, weil Auhan mir im Anschluss an meine Kritik vorgeworfen hat, ich hätte die Geschichte nicht „richtig“ gelesen.

 

Hallo Dion!

Eine Kritik abzulehnen ist natürlich das ureigene Recht des Autor bzw. der Autorin. Aber wenn das mit dem Argument geschieht, das sei alles so beabsichtigt gewesen, bedeutet für mich auch, sich mit Texten des Autors oder der Autorin wegen der Sinnlosigkeit nicht mehr zu beschäftigen: Ich habe keine Zeit zum verschenken.

Damit fasst Du im Grunde alles Essentielle zusammen.

Da waren anfangs ein paar unbeabsichtigte Holperer drin, die mir von den vorderen Rezensenten gezeigt wurden. Die habe ich geglättet. Nun ist die Geschichte erstmal okay - für mich.
Wenn die einzelnen Leser das anders sehen, dann ist das wohl eine Frage des Geschmacks. Die Geschichte ist m. E. sowieso zu kurz, als dass man da stilmäßig noch groß drin herumfuhrwerken könnte.

Ist doch alles kein Problem - mich nicht mehr lesen, und gut. :)

Allerdings möchte ich mich auch dagegen verwehren, als fortwährend beratungsresistent zu gelten. Ich habe mir hier bei jeder Geschichte eure Ratschläge, jeden einzelnen, sehr genau überlegt. Manche habe ich umgesetzt, manche nicht. Wenn ich tatsächlich sofort jede angefochtene Formulierung umstellen würde, müsste ich allerdings schon sehr wenig von dem Text überzeugt sein.

Wie gesagt: Danke für Deine Kritik. Und dann sehen wir uns hier wohl nicht mehr wieder.

LG

- - -

Hallo ThomasQu !

Mir fiel auf, dass du in “Feierabend“ im Gegensatz zu deinen Vorgängertexten keine so skurrilen Wortschöpfungen mehr verwendet hast. Es sind auch keine unnützen Adjektive mehr drin. Jeder Satz bringt die Geschichte weiter und der Schreibstil ist kurz und knapp, super!

Danke sehr. Freut mich dass es Dir gefällt. :-)

Ich liebe normalerweise jene skurrilen Wortschöpfungen, die Dich sonst wahrscheinlich eher irritieren. Manchmal muss man es wohl eher auf den Punkt bringen. Erst recht wenn der Platz so beschränkt ist.

Das ist sowieso etwas, das ich demnächst mal üben werde: Die Geschichten mehr auf den Punkt bringen und sie nicht mit irgendwelchen Wortgebilden verwässern lassen.

Danke Dir!

LG
Schleife

 

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