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Ferien Daheim
Ferien Daheim (Überarbeitung)
Benjamin ist sieben Jahre alt und hat schon ein ganzes Schuljahr hinter sich.
Alle seine Klassenkameraden freuen sich schon seit Wochen auf die Ferien und alle wollen wegfahren.
Thomas fährt an die Ostsee, Nadja will in den Alpen klettern und der Kleinste der Klasse, der Daniel, fliegt sogar zu seinem Papa nach Amerika.
Alle, wirklich alle Kinder seiner Klasse, werden die Ferien irgendwo, fern von dem kleinen Dorf, in dem Benjamin wohnt, verbringen. Nur der kleine blonde Benni muss die ganzen Ferientage zu Hause bleiben.
"Wir wollen bauen!", hatte Papa gesagt und: "Du darfst auch mithelfen!"
W i e , das wusste Benjamin zu genau. Immer würde es heißen: "Benjamin fass`das nicht an!" "Dafür bist du noch zu klein!" "Du könntest Dir einen Bruch heben!"
Nein, da ging Benjamin doch lieber seiner Wege.
Am ersten Ferientag verschwand er gleich nach dem Frühstück ungesehen in dem kleinen Wäldchen, gleich hinter dem Haus seiner Eltern.
Zuerst lief er lustlos umher, doch dann begann er alles Mögliche zu sammeln, ein bisschen Moos, ein paar kleine Stöckchen, eine schöne Wurzel und natürlich Heidelbeeren. Pilze darf er noch nicht mitnehmen, Papa will ihm erst beibringen, welche Pilze giftig sind.
"Papa! Wann wird der wohl Zeit dafür haben?"
"Erst muss die kleine Wohnung für Opa, die auf das Garagendach gebaut werden soll, fertig sein, dann sehen wir weiter!", hatte Papa gesagt.
Benni stöhnte und lief immer weiter, bis er an eine große Eiche kam. Hier war er ja noch nie gewesen.
Er streckte sich auf dem weichen Waldboden aus und beobachtete die Vögel in den Bäumen.
Was war denn das? War er noch wach, oder schlief er schon? Was bewegte sich denn da unter der großen hervorstehenden Wurzel?
Benni glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Da schaute doch ein winziges Männlein mit einer grünen, spitzen Mütze neugierig hervor und blinzelte Benni fröhlich an: "He, was tust du denn hier und wie ist dein Name?" Erstaunt antwortete der Junge:
"Ich bin der Benjamin, aber wer bist du?"
"Ich bin ein Grünzwerg und wohne schon seit über hundert Jahren unter diesem Baum. Aber sag, bist du denn ganz allein hier, hast du denn gar keine Freunde?"
Gleich rollten bei Benni die Tränen. Er erzählte dem Grünzwerg seine Geschichte vom verpatzten Urlaub und sah dabei schrecklich traurig aus.
Der kleine Kerl hatte ihm andächtig zugehört. Da er ein gutes Herz hatte, tat ihm der Junge sehr leid.
"Wenn du willst Benni, können wir uns morgen wieder treffen, da zeige ich dir unser Zwergenreich. Sei um zehn an der Eiche!"
Benni stotterte noch: "Ich bin doch viel zu groß dafür!"
Da war der kleine Wicht schon wieder unter den Wurzeln der knorrigen Eiche verschwunden.
Ganz aufgeregt, mit roten Wangen, kam Benjamin in den Garten zurück. Dort allerdings hatte noch keiner bemerkt, daß er überhaupt weggewesen war.
Am nächsten Morgen am Frühstückstisch fragte er alle fünf Minuten:
"Mama, wie spät ist es?" Er konnte immer noch nicht richtig die Uhr lesen. Jetzt merkte er, wie wichtig das sein konnte.
Viel zu früh war er an der Eiche und als er schon glaubte, es sei alles nur ein Traum gewesen, sah er ein kleines, spitzes, grünes Mützchen unter der gleichen Wurzel wie gestern hervorkommen.
"Genau zehn Uhr!", verkündete Grünzwerg.
"Ich bin aber froh, dass du gekommen bist!", meinte Benjamin.
"Aber sag, wie soll ich bloß in euer Zwergenreich kommen, ich bin doch viel größer als du?"
"Das wirst du gleich sehen!" Genau in diesem Augenblick lugte ein weiteres winziges Kerlchen unter einer Wurzel hervor.
"Ich bin der Zauberer der Waldzwerge!" Er sagte das so stolz, dass sein besonders spitzes, dunkelblaues Mützchen mit den goldenen Sternen ins Wanken geriet. "Wenn du möchtest, kann ich dich für zwei lange Stunden in so ein kleines Wesen verwandeln, wie wir es sind." "Willst du?"
Natürlich wollte Benni, Angst hatte er keine. Außerdem war ja sein neuer kleiner Freund, der Grünzwerg dabei und da konnte ihm absolut nichts passieren.
Der kleine Zauberer, mit dem viel zu großen blauen Umhang, berührte Benni mit dem Zauberstab und murmelte einen Spruch in seinen Bart und ehe sich Benni versah, war er auch schon so klein wie sein Freund.
Jetzt konnte er ohne Probleme unter der Wurzel des Eichenbaumes mit dem Grünzwerg verschwinden. Von dem kleinen Zauberer war nichts mehr zu sehen.
"Hoffentlich vergisst er nicht wiederzukommen!" dachte Benni noch kurz. Doch was er dann sah, ließ ihn alles andere vergessen.
Zuerst war dort ein langer Gang mit unzähligen Türchen, links und rechts.
Er lauschte, doch nicht ein einziges Lebewesen war zu sehen oder zu hören.
Grünzwerg bemerkte das Staunen von Benni und erklärte ihm:
"Hier ist das Reich der Grünzwerge. Am Tag sind alle in der Arbeit, nur die Alten und die Mütter mit den kleinen Kindern sind daheim."
Da kam gerade eine Mutter mit einem winzigen Zwillingskinderwagen und den noch winzigeren Zwergenbabys, um einen Waldspaziergang zu machen.
"Ach, sind die süß und so winzig!" Benni vergaß, dass er im Moment ja selbst ganz klein gezaubert war.
Ein paar Türen weiter hörte Benni ein lautes Schnarchen. Er schaute vorsichtig um die Ecke und sah zwei alte Zwergenopas in ihren kleinen Schaukelstühlen. Zwei Omas saßen auf einer Bank und strickten niedliche Babysachen.
Plötzlich kam Unruhe ins Zwergenreich. Durch verschiedene Eingänge kamen ganz viele der kleinen Kerlchen, allesamt mit grünen, spitzen Mützen. Alle Zwerge versammelten sich in einem Raum und setzten sich auf die winzigen Stühlchen, immer sechs an einen Tisch.
Grünzwerg erklärte dem immer noch staunenden Benni, dass die Zwerge jetzt Mittagspause hätten. Den staunenden Wichten verkündete er mit lauter Stimme:" Ich habe euch heute ein Menschenkind mitgebracht. Er heißt Benjamin und ist sieben Jahre alt. Er ist ein ganz netter Junge und er war so traurig als ich ihn fand. Da wollte ich ihm eine Freude machen."
"Eigentlich soll doch kein Menschenkind mehr in unser Reich!" meldete einer der älteren Zwerge seine Bedenken an. "Du weißt doch, dass schon einmal wilde Jungen einen Teil unserer unterirdischen Wohnung zerstört haben!"
"Ich werde ganz gewiß sehr vorsichtig sein!", versicherte Benni vor allen versammelten Zwergen.
Nachdem die Arbeiter mit ihren Werkzeugen und Schaufeln wieder in den Berg zurückgestapft waren, hatte Benni doch noch einige Fragen an seinen Lieblingszwerg: "Wo sind eigentlich die Schulkinder? Haben die auch gerade Ferien? Sind die auch alle weggefahren, so wie meine Freunde?"
Grünzwerg mußte lachen." Natürlich haben wir auch Schulklassen, und einen Kindergarten haben wir auch. Übrigens kennen wir Zwerge keine Ferien."
"W a s , Ihr habt k e i n e Ferien? Fahrt ihr denn überhaupt n i e m a l s in den Urlaub?"
"Nein!", sagte Grünzwerg und sah dabei nicht einmal traurig aus.
"Die einzigen freien Stunden haben wir am Sonntagnachmittag. Da besuchen wir immer die Familien der Blauzwerge oder der Rotzwerge. Wenn du Lust hast, kannst du uns am Sonntag begleiten. Aber für heute wird es Zeit, ich muss jetzt in den Berg zur Arbeit. Gleich ist es zwölf Uhr und der Zauberer wird schon auf dich warten."
"Ja, ja, ich komme sofort!", sagte Benjamin, der es mit der Zeit nie so genau nahm. Ich habe da hinten gerade noch so eine kleine süße Musikkapelle gesehen, die muss ich mir unbedingt noch genauer anschauen."
Und wirklich, da standen etwa zehn von den lustigen Männlein und alle versuchten auf einem kleinen Blatt zu blasen, dabei brachten sie tatsächlich ganz liebliche Melodien hervor.
Jetzt schob Grünzwerg seinen kleinen Freund in Richtung Ausgang und sagte zu ihm: "Du weißt, wenn du nicht bis zwölf zurück verwandelt bist, dann musst du für immer bei uns bleiben!"
Das aber wollte Benjamin auf keinen Fall. Deshalb rannte er das letzte Stück und rief schnell noch seinem Freund zu:
"Also dann bis Sonntag, Vorher lerne ich noch die Uhr. Und D a n k e für Alles!"
Benni konnte den Zauberer schon sehen, da stürzte durch ein Unwetter ein Ast am Ausgang genau zwischen den Zauberer und Benni, so dass eine Berührung mit dem Zauberstab unmöglich wurde.
Hätte Benni seine menschliche Größe gehabt, wäre es für ihn ein Leichtes gewesen, den Ast zur Seite zu schieben. Er versuchte es immer wieder, doch leider, seine Mühe war umsonst. Jetzt wurde es wirklich richtig knapp.
Der Zauberer konnte den Ast leider auch nicht wegzaubern. Für so eine Panne hatte er keinen Spruch parat.
Gleich würde es zwölf Uhr schlagen und er würde Mama, Papa und Opa nie mehr wiedersehen. Auf einmal packte ihn eine schreckliche Angst.
Er schrie, so laut er konnte, dass es durch das Zwergenreich hallte:
"H i l f e , H i l f e , ich kann nicht mehr raus!"
Zum Glück hatte ihn sein Freund gehört und kam sofort mit den vier stärksten Zwergen. In ganz kurzer Zeit schafften es die Wichte, den lästigen Ast zur Seite zu schieben. Benni war gerettet! Gerade als der Zauberer den Jungen wieder zurück gezaubert hatte, begannen die Glocken vom Kirchturm des Dorfes zwölf mal zu schlagen.
Draußen im Wald musste Benjamin erst einmal verschnaufen.
"Puh, das ist noch einmal gut gegangen!"
Ihm gingen noch einmal die letzten Erlebnisse durch den Kopf:
"War das alles wirklich passiert oder war es nur ein Traum gewesen?"
Wenn die Zwerge so gar keine Ferien hatten, dann war es ja eigentlich gar nicht so schlimm, wenn er nur ein einziges Mal zu Hause bleiben musste.
Fröhlich schlenderte er heimwärts. Als er sah, dass die Wohnung für Opa schon ein ganzes Stück gewachsen war, freute er sich auf einmal riesig darauf, dass Opa bald bei ihnen wohnen würde. Opa hatte immer Zeit für seinen kleinen Enkel und Benni wusste ganz genau, dass er nur seinem Opa die Zwergengeschichte erzählen würde, denn nur Opa würde ihm wirklich glauben, was er gerade erlebt hatte.