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Frédéric Lachmann

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12.09.2004
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Frédéric Lachmann

"Gestatten, Frédéric Lachmann.

Wissen Sie, ich lache viel. Früher mehr, jetzt weniger. Ich habe es nicht leicht. Pardon, wir. Ja, meine Frau Pamela und auch die Kinder: Moritz, Michael, Manuel und Doris, Deborah, Daniela. Unser Jüngstes kam bei einem Tauchunfall ums Leben. Deswegen habe ich früher mehr gelacht, müssen Sie wissen. Ich wollte immer sieben Meine nennen, jetzt hab ich drei: Moritz, Michael, Manuel. Die Mädchen sind nicht so meins. Da sag ich immer zu Pamela, meiner Frau, nimm, dass sind Deine. Sie watschelt dann immer mit den Dreien im Schlepptau zur Sonnenbank. Ich finde, damit verwöhnt sie die Mädchen. Meine Jungs dagegen entwickeln sich prächtig. Wir gehen immer tauchen zusammen, drehen dann noch ein paar Runden im Baggersee und fliegen am Wochenende in die Berge. Zum Jagen."

Nun muss ich doch schmunzeln. Frédéric Lachmann, soso.
In der Mittagssonne saß ich eine zeitlang am Teich. Er fiel mir sofort auf – ein prächtiger Typ, schimmernd irgenwie sein Äußeres, glänzend und strahlend. Seine drei Kleinen im Schlepptau, etwas abseits die aufgetakelten Frauen der Familie Lachmann. Er macht was her. Gibt konzentriert Anweisungen und sich Mühe, gut auszusehen. Seine Bewegungen sind geschmeidig, vorsichtig forschend. Ein aufmerksames Auge lässt er stets über die Familie schweifen.

"Frédéric, Sie jagen also. Wie kamen sie denn dazu?"
"Sehen Sie, meine Mutter war krank, schwer krank. So wuchs ich unter den Fittichen meines Vaters auf. Ein grimmiger, viel zu alter Herr, der noch dazu neben seinem Teichmeisterposten stets Waisenkinder aus ärmeren Anrainerstaaten adoptierte. Na, das tut wenig zur Sache. Allerdings, mich hat diese multikulturelle Jugend sehr offen gemacht, man könnte wohl behaupten, sie prägte mich.
Das Klima war in meinen Jugendtagen rauh. Mutter schrie ständig nach neuen Leckereien, wurde von allen verhätschelt. Hennes, Abdul und Süßer Moment (meine Adoptivbrüder) sangen Jugendverbandslieder. Kurz, meine Nerven lagen blank, offen für den feindlichen Angriff. Immer. Da sagte ich, nach einer feuchten Nacht, so kann es nicht weitergehen. Du krepierst, du schaffst es nicht über den Winter.
Ich begann meine Lebenseinstellung zu ändern. Ich begann, positiv zu denken. Beim plastischen Chirurgen habe ich mir Permanent Make Up machen lassen, obwohl die Jungs am Teich, wir haben hier so eine Art Treffpunkt, mich dafür ganz schön durch den Kakao zogen."

Ich durchforstete sein Gesicht und glaubte, in seinem festen Lächeln die eben gestandene Künstlichkeit ausmachen zu können. "Die feine Linie, dort?" Frédéric nickt zustimmend "Modell Delphin ...".

"Von da an, kamen nur selten negative Gedanken über mich. Ich lachte viel.
Damals traf ich Pamela zum ersten Mal. Im Winter darauf schlitterten wir über den zugefrorenen Teich und gingen zum Tanz unter die illuminierte Brücke. Wir verloren uns eine zeitlang aus dem Augen, als ich zum Kriegsdienst musste.
Bei der Armee langweilten mich die Trockenübungen. Zum Beispiel hier, an eben jener Stelle. Da haben wir Federn reinigen gelernt. Das fand ich immer furchtbar langweilig. Mein Vater hat mich geprägt, ich wollte nicht meiner Art entsprechend leben. Ich wollte kein stinknormales Leben. Beeindruckend fand ich immer wirkliche Kriegsübungen. Auch hier am Teich kann man die beobachten. Krieg zwischen Karpfen und Tauben zum Beispiel. Ist doch zugegebenermaßen spannender als Libellenpaare, oder?

Ich wollte fliegen. Und - jagen. Meinen Lebensstandard verbessern, aus diesem scheiß Loch. Raus. Aus die Maus.

Mein erstes Opfer war ein Marienkäfer. Ich schnabelte bei der Trockenübung durch mein Gefieder. Ich sah rot. Hör sofort auf, sagte ich mir und konzentrierte mich auf die extreme Mitte in mir. Dann sah ich grün und dort wieder rot. Es kann nicht so schwer sein. Er ist rot, den mach ich tot!
Millimeterweise schubste ich mich in seine Richtung. ‚Gestatten, Frédéric Lachmann‘, säuselte ich. Dabei neigte ich tief meinen Kopf herunter, ganz tief ins Gras hinein. Ich schiele, deswegen trage ich auch eine Brille seit Kindertagen. Ich sah aufgrund der extremen Nähe zum Feind meines Sehfehlers wegen zwei rote Punkte und entschied mich, einen höfischen Kopfschlenker einzulegen und dann zuzuschlagen. Mein Vorhaben kaschierte ich, indem ich vorgab, müde zu sein und lauthals gähnte. Schwubbs, der Käfer war in mir.
So bin ich Jagdente geworden."

Ich bin beeindruckt. Frédéric Lachmann, eine feine Ente.

 

Jaha, gebt den Enten eine Lobby, sie haben sie verdient...

Moin Zazie,

Ja, eine ziemlich nette Geschichte. Ein paar gute Ideen und Formulierungen sind drin und flüssig geschrieben ist sie auch. Richtig lachen mußte ich jetzt nicht, aber ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Als kleine Aufheiterung für Zwischendurch genau richtig.

Seit wann verstehe ich Enten?
Dieser Satz hat meiner Meinung nach überhaupt nicht in die Geschichte gepaßt, da du im folgenden auch nicht weiter drauf eingehst. Ich würde die Tatsache, daß dein Erzähler enten versteht, einfach unkommentiert stehen lassen und das überhaupt nicht extra erwähnen.


PS: Eigentlich mache ich keine Werbung für Geschichten (schon gar nicht für die Anderer :D), aber hier paßt es einfach wie Huf auf Ente: Das hier dürfte dir vielleicht gefallen...

 

Hi Zazie,

ich finde die Idee große Klasse.

Ich habe echt ne ganze Weile gebraucht, bis ich herausfand, daß es sich um ne Ente handelt.
Es paßte alles irgendwie. Er stellt sich korrekt vor, trennt die Geschlechter in seiner Familie, gibt Namen, die eine gewisse Systematik erkennen lassen und geht mit den Jungs das machen, was Jungs eben machen.
Und ich dachte:"Was ne krasse Familie! Da bin ich mal gespannt, was er noch so zu sagen hat."

Und dieser Wunsch war sogar stark, daß ich das Wort "Jagdente" als einen Begriff auffaßte, den er sich selber gegeben hat, wie "Kampfschwein" oder "Latinohengst".
Okay, sagte ich zu mir, Du olle Jagdente hast also genug Schotter, um mit den Jungs zur Jagd zu fliegen, während die Frau ins Solarium geht.

Naja und da kannste Dir vielleicht meine kleine Bruchlandung vorstellen, als ich erkennte, daß es wirklich ne Ente ist.

Und da dachte ich bei mir. Vielleicht kann man es wirklich so drehen, daß man es erst später merkt, ganz am Schluß und der Leser sich dann fragt: Habe ich jetzt wirklich die ganze Zeit geglaubt, das es um ne Familie geht. Das fände ich sehr spannend. Ist natürlich auch anstrengender, den Leser permanent zu verarschen ;)

Deine Idee ist natürlich auch nicht schlecht, wobei ich das Hinterfragen des Protagonisten, den Bezug zur Realität rauslassen würde.

Seit wann verstehe ich Enten?
Besorgt blicke ich auf die Uhr, nein es ist noch Zeit, im Teich springt eben ein fetter Fisch in die Luft.
Also nicht nur die Frage wie gnoebel schon meinte, sondern auch das Schauen zur Uhr.

Also ein Zwiegespräch zwischen Erzähler und Enten, als sei dies das normalste der Welt.

Folgendes:

Er ist rot, den mach ich tot!
:D
‚Gestatten, Frédéric Lachmann‘, säuselte ich.
Hier hatte ich ein richtiges Bild aus der Perspektive des Käfers, wie neben ihm plötzlich der große Schnabel einer Ente und ein Auge auftaucht.
Anspannung!!!
‚Gestatten, Frédéric Lachmann‘
Puh. Entspannung.
Und zack...

Fazit:
Entweder
a) nur Ente und am Ende Auflösung oder
b) Zwiegespräch, wo vielleicht der Erzähler ab und zu noch ein paar pfiffige Zwischenfragen stellt, ohne zu überlegen, was jetzt passiert

Bei der Lebensgeschichte evtl. noch ein bissle kürzen

z.B.

Beim plastischen Chirurgen habe ich mir Permanent Make Up machen lassen, obwohl die Jungs unter der Brücke mich dafür ganz schön durch den Kakao zogen.“

Ich durchforstete sein Gesicht und glaubte, in seinem Entenlächeln die eben gestandene Künstlichkeit ausmachen zu können. „Die feine Linie, dort, wo der Schnabel mit dem Kopf verwächst?“ Frédéric nickt zustimmend „Modell Delphin ...“.

Gehört eigentlich nicht zur Story "Wie wurde ich Kampfente."
Ich wollte jagen. Meinen Lebensstandard verbessern, aus diesem scheiß Teich. Raus. Aus die Maus.
Eigentlich reicht: Ich wollte jagen. Meinen Lebensstandard verbessern.
+ evtl. "Trophäen sammeln."

Der Abschlußsatz ist wirklich "fein", obwohl irgendwie rüberkommt, als würde der Erzähler martialische Enten mögen (Durch die nachwirkende Erzählung des ersten Opfers in Verbindung mit dem Abschlußsatz) . Vielleicht bekommt man das ja noch hin, daß man eher merkt
"Aha der Erzähler findet die Ente und deren Lebensgeschichte sympathisch bzw. interessant."

Viele Grüße

mac

P.S.
So, jetzt habe ich doch tatsächlich Lust, meine Geschichten über die "Ente Enton und die Biene Bla" hier reinzustellen, aber das ist purer Nonsens, überhaupt nicht ernst zu nehmen. Vielleicht sollte ich dem Moderator mal die ersten 3 Teile zur Einschätzung zukommen lassen...

 

Der Text konnte mich zwar nicht so ganz überzeugen, aber unterhaltsam zu lesen war er schon.

 

Hallo,
habe den Text nochmals ein wenig überarbeitet und dabei die Anregung Macsojas aufgegriffen, den Leser glauben zu lassen, es sei ein "normaler" Mann, der da erzählt.
Na, mal sehen, vielleicht verirrt sich nochmal jemand hierher.
Zazie :)

 

Hallo Zazie!

Erstmal ein kleiner Fehler:

Mutter schrie nach ständig nach neuen Leckereien
Das erste nach ist zuviel

Die Geschichte hat mir gefallen. ich mag Geschichten mit Überraschung am Schluß gerne. Am Anfang habe ich gedacht, die Geschichte muß ja in Nordamerika spielen. Wo fliegt man denn sonst zum Jagen in die Berge und wo sonst gibt es hypernervöse Mütter. Auf die Ente kam ich erst beim Gefieder, obwohl ich am dem Kriegsdienst doch ins Grübeln kam. Also gut aufgebaut und schön kurz (Sheep Wars ist immer so lang).

Lieben Gruß

Jo

 

Danke Jo :)
Fehler ist gleich weg. Ja, Klischee Nordamerika kommt so ein bisschen hin, aber Frédérics Vorbild ist schon hier in Dresden.
Lieber Gruß,
Zazie

 

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