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Frau in rosa
Es war ein normaler Montagabend. Ich saß im Zug, auf dem Weg zum Sporttraining, während ich darüber nachdachte, was für eine Frisur ich mir am nächsten Tag bei meinem Friseurtermin schneiden lassen sollte- meine Haare waren schon wieder zu lang um sie mit viel Gel und Haarspray in alle Richtungen vom Kopf abstehen zu lassen, wie ich es mochte, aber auch so wollte ich eine Veränderung. Der Zug hielt und riss mich aus meinen Gedanken. Als ich die Frau sah, die durch die mir nahegelegene Tür einstieg, musste ich unwillkürlich grinsen. Sie war schon alt, bestimmt über achtzig, und trug eine Stofftasche. Aber das war nicht das Lustige an ihr. Was mir zuerst aufgefallen war und mich zum Schmunzeln gebracht hatte, das waren ihre halblangen Haare, die- natürlicherweise weiss- eine rosa Färbung hatten. Ich lächelte die Frau an, was sie wohl zum Anlass nahm, mich als vertrauenswürdig einzustufen, sich zu mir in das Vierer-Abteil zu setzen und dabei höflich "Guten Tag" zu sagen. "Hallo" erwiderte ich, zwang mir das Grinsen vom Gesicht und wandte meinen Blick weg von ihr zum Fenster. Aber nicht für lange, ich musste doch noch wissen, ob diese rosa Haare getönt oder vielleicht nur eine Pigmentstörung waren!Getönt, stellte ich nach einem zweiten, längeren Blick fest, was mich erneut zum Grinsen brachte- eine Oma mit pink getönten Haaren hatte ich ja noch nie gesehen, und das bei uns auf dem Land!- aber mir fiel noch mehr auf; Nicht nur ihre Haare waren rosa, auch ihre Kleidung hatte diese Farbe! Zu ihrer lila Hose, die sehr künstlich aussah und auf meinem Rücken eine Gänsehaut hervorrief, trug sie einen Wildledermantel, der zum Glück nicht pink, sondern beige war, allerdings sah man darunter eine weiße Bluse mit rosanen und lilanen Blümchen hervorluken. Nach diesen interessanten Beobachtungen fand ich es wirklich sehr schade, dass ich ihre Schuhe nicht sehen konnte, ohne meine Position deutlich zu verändern, aber es waren bestimmt rote Pumps mit einer lila Schleife. Es tat mir fast leid, als ich aussteigen musste, wäre ich länger im Zug geblieben, hätte ich sie vielleicht dazu gebracht, mir zu verraten, wer ihr Farbberater ist. Denn den musste ich auch unbedingt einmal ausprobieren.