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Frau Schmidt
100 Kilo auf 1,65 verteilt. Die Augen hinter einer tief schwarzen Sonnenbrille verborgen sitzt sie auf ihrem Handtuch, eine Zigarette nach der anderen rauchend. Es ist der 25. Dezember 2003, Der erste Weihnachtsfeiertag. Fern ab von ihrer Heimat sitzt Frau Schmidt auf ihrem Handtuch, auf Gran Canaria, und schwitzt. Schaut auf das Meer, und schwitzt.
Ihre Hände, übersät mit billigen Ringen, die viel zu groß für ihre kurzen Finger sind, ihre Haare aubergine - rot gefärbt, schließt und öffnet sie ihre Augen im fünf minütigem Takt. Eigentlich öffnet sie diese bloß um sich etwas Süßes oder eine Zigarette aus ihrem Benetton Rucksack zu holen. Frau Schmidt sitzt da, wie eine Sphinx, starrt auf das Meer, und ihr sehr stark geschminktes Gesicht beginnt sich von eben dieser Maske zu befreien, denn sie schwitzt.
Ab und zu verzieht sie das Gesicht, ihr Doppelkinn beginnt zu beben, sie schaut unsicher um sich, dann schließt sie wieder die kleinen Augen, und lässt die Sonnenstrahlen auf ihrem runden Körper tanzen.
Frau Schmidt ist wohl um die 30, alleine, alleine im Leben und alleine im Urlaub, einsam, und das prägt auch ihr Antlitz. Ihre Brüste liegen auf ihrem Bauch, ihr Bauch auf ihren Beinen, und die Beine auf einem bunten, lebensfrohem Handtuch, was sie noch finsterer erscheinen lässt.
Wenn sie braun gebrannt aus den Weihnachtsferien zurückkehren wird, und wieder in die Arbeit geht, wird sie ihren Kollegen fantastische Geschichten erzählen können. Dass es sich gelohnt hat Weihnachten zu boykottieren, dass sie hier mehrere Male einen Mann mit aufs Zimmer genommen hat, dass sie viele Interessante Menschen getroffen hat, und das Meer genau die richtige Temperatur hatte.
Doch in Wirklichkeit hasst Frau Schmidt Weihnachten, weil es das Fest der Liebe, und sie alleine ist. Sie hat zu niemandem Kontakt gehabt, da sie zu schüchtern ist und immense Komplexe wegen ihrer Figur hat. Und die Temperatur des Meeres kann sie auch nicht beurteilen, denn sie war kein einziges mal im Wasser, da sie es hasst, wenn beim Trocknen das Salz auf der Haut zu jucken beginnt.
Im Grunde genommen hat sich Frau Schmidt für eine Woche in selbstgewählte Einsamkeit gestürzt, weil sie die heimatliche Einsamkeit nicht mehr ertagen hat. Sie starrt auf die Menschen um sich und redet sich ein, dass sie alleine glücklich ist, sie starrt auf das Meer und fühlt sich wie eine einsame Seefahrerin. Doch vor allem sitzt sie da, ziert den Strand mit einer weiteren leblosen Seele mehr, denkt nach, raucht ab und zu eine Zigarette, und schwitzt.