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Frau Schmidt

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30.08.2004
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Frau Schmidt

100 Kilo auf 1,65 verteilt. Die Augen hinter einer tief schwarzen Sonnenbrille verborgen sitzt sie auf ihrem Handtuch, eine Zigarette nach der anderen rauchend. Es ist der 25. Dezember 2003, Der erste Weihnachtsfeiertag. Fern ab von ihrer Heimat sitzt Frau Schmidt auf ihrem Handtuch, auf Gran Canaria, und schwitzt. Schaut auf das Meer, und schwitzt.
Ihre Hände, übersät mit billigen Ringen, die viel zu groß für ihre kurzen Finger sind, ihre Haare aubergine - rot gefärbt, schließt und öffnet sie ihre Augen im fünf minütigem Takt. Eigentlich öffnet sie diese bloß um sich etwas Süßes oder eine Zigarette aus ihrem Benetton Rucksack zu holen. Frau Schmidt sitzt da, wie eine Sphinx, starrt auf das Meer, und ihr sehr stark geschminktes Gesicht beginnt sich von eben dieser Maske zu befreien, denn sie schwitzt.
Ab und zu verzieht sie das Gesicht, ihr Doppelkinn beginnt zu beben, sie schaut unsicher um sich, dann schließt sie wieder die kleinen Augen, und lässt die Sonnenstrahlen auf ihrem runden Körper tanzen.
Frau Schmidt ist wohl um die 30, alleine, alleine im Leben und alleine im Urlaub, einsam, und das prägt auch ihr Antlitz. Ihre Brüste liegen auf ihrem Bauch, ihr Bauch auf ihren Beinen, und die Beine auf einem bunten, lebensfrohem Handtuch, was sie noch finsterer erscheinen lässt.
Wenn sie braun gebrannt aus den Weihnachtsferien zurückkehren wird, und wieder in die Arbeit geht, wird sie ihren Kollegen fantastische Geschichten erzählen können. Dass es sich gelohnt hat Weihnachten zu boykottieren, dass sie hier mehrere Male einen Mann mit aufs Zimmer genommen hat, dass sie viele Interessante Menschen getroffen hat, und das Meer genau die richtige Temperatur hatte.
Doch in Wirklichkeit hasst Frau Schmidt Weihnachten, weil es das Fest der Liebe, und sie alleine ist. Sie hat zu niemandem Kontakt gehabt, da sie zu schüchtern ist und immense Komplexe wegen ihrer Figur hat. Und die Temperatur des Meeres kann sie auch nicht beurteilen, denn sie war kein einziges mal im Wasser, da sie es hasst, wenn beim Trocknen das Salz auf der Haut zu jucken beginnt.
Im Grunde genommen hat sich Frau Schmidt für eine Woche in selbstgewählte Einsamkeit gestürzt, weil sie die heimatliche Einsamkeit nicht mehr ertagen hat. Sie starrt auf die Menschen um sich und redet sich ein, dass sie alleine glücklich ist, sie starrt auf das Meer und fühlt sich wie eine einsame Seefahrerin. Doch vor allem sitzt sie da, ziert den Strand mit einer weiteren leblosen Seele mehr, denkt nach, raucht ab und zu eine Zigarette, und schwitzt.

 

Also: erstmal willkommen auf kg.de!

Zum Text: die Verlorenheit eines Menschen, der seinem Leben keinen Sinn geben kann und sich deshalb durch Lügen die Anerkennung ihrer Umwelt erschließen will, hast Du in aller Kürze hier dargestellt.

Einige Wertungen, wie z.B. am Ende:

mit einer weiteren leblosen Seele mehr

halte ich für unnötig, auch kann ich mich nicht ganz gegen den Eindruck wehren, als würde die Frau, klein und dick, für ihre Ungestaltetheit auch noch verantwortlich gemacht.

Insgesamt entwickle ich ein sehr ambivalentes Verhältnis zum Text, gefallen hat mir der Bogen, der gespannt wird. Zigaretten rauchen und schwitzen am Anfang, Zigaretten rauchen und schwitzen am Ende. Ich kann gar nicht sagen, weshalb. Gefiel mir irgendwie.

Kleinigkeiten:

  • "lässt die Sonnenstrahlen auf ihren Runden" - 'ihrem runden'
  • "obergin" - aubergine
  • "und dass prägt auch ihr Antlitz" - 'das'; der Sinn dieses Satzes bleibt mir unklar
  • "Das es sich gelohnt hat Weihnachten zu boykottieren," - 'Dass'

 

erst ein mal danke für die korrekturvorschläge. was die kritik angeht, wie die überflüssigkeit der bemerkung "mit einer weiteren leblosen seele mehr":
das auge des betrachters soll bei dieser kurzgeschichte die gesellschaft sein, in der diese dame lebt, und tatsächlich verurteilt die gesellschaft diese person für ihr aussehen und macht sie dafür verantwortlich.
doch genau das ist der punkt: ist es denn richtig jemanden dafür zu verurteilen? jemand der diesen satz überliest und witzig findet ist wohl dieser meinung, wer ihn allerdings aus von dir angegeben gründen überflüssig findet, hat die geschichte meines achtens richtig verstanden. nur braucht es diesen satz in gewisser weise zur spaltung der meinungen und für die verdeutlichung des betrachtenden auges, der gesellschaft

 

hi le individu und herzlich willkommen!

schließe mich cbrucher an. Der ganze Text ist eine Betrachtung, ein Vorkauen von Gedanken. Besser wäre es, dem Leser zu ZEIGEN, und ihm die Möglichkeit zu geben, seine eigenen Gedanken einzubringen. Show, dont tell.
Das ist auch ein Schwachpunkt Deiner anderen Gerschichten, soweit ich gesehen habe. Du zwingst dem Leser Deine Intention auf, und das mag ich als Leser weniger.

Stilistisch ist die Geschichte ganz gut lesbar, recht flüssig, wenn sie auch insgesamt noch etwas ungeschliffen erscheint.

schöne Grüße
Anne

 

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