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Fristlose Kündigung

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11.10.2004
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Fristlose Kündigung

Einwurf-Anschreiben

T.I.E.F.S.E.E.
Schiff- und Bootsbau AG
Wasserpark 44

D- 30519 Hannover​

Herrn
Herbert Mayer
Schusterweg 13

D-31313 Sehnde

Montag, 20.09.04​

Fristlose Kündigung

Sehr geehrter Herr Mayer,

Sie haben am Montag, 13. September, morgens – nach Arbeitsbeginn – Herrn Scheffel informiert, dass Sie an diesem Tag nicht kommen können, weil Sie einen Termin bei Ihrem „Schuldenberater in Harsum“ wahrnehmen müssen. Seitdem sind Sie weder zur Arbeit erschienen, noch haben Sie sich bei uns gemeldet und sind auch telefonisch weder über Ihren Festnetzanschluss, noch über Ihr Handy erreichbar gewesen.
Unser Herr Hammerfest hat in unserem Auftrag seit Dienstag, 14. September, mehrmals täglich versucht, Sie in Ihrer Wohnung anzutreffen. Erst am Freitag, 17. September (beim 13. Versuch), haben Sie Herrn Hammerfest die Türe geöffnet; nach Einschätzung von Herrn Hammerfest waren Sie stark alkoholisiert.
Laut Herrn Hammerfest haben Sie zugesichert, diese Woche wieder am Arbeitsplatz zu erscheinen, doch auch heute sind Sie nicht zur Arbeit gekommen und haben sich auch nicht telefonisch gemeldet um Ihre Abwesenheit zu begründen.

Wir kündigen deshalb Ihr Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit fristlos zum

20. September 2004,
hilfsweise gilt auch die ordentliche Kündigung zum 04.10.04.

Bitte geben Sie den Firmen-Personalausweis, Lagerschlüssel und noch in Ihrem Besitz befindliches Firmeneigentum unverzüglich zurück. Dazu gehören auch die 20m Hanfseil, welche Sie am Wochenende unrechtmäßig aus dem Firmenlager entfernt haben.

Sie haben sich sofort bei Ihrem zuständigen Arbeitsamt zu melden. Wir weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass Meldepflicht gegenüber dem Arbeitsamt besteht.

Mit freundlichen Grüßen,

i.V. Eduard Scheffel

 

Hallo Kay!

Auch von mir herzlich willkommen auf kg.de! :)

Für mich klingt der Brief leider sehr unglaubwürdig. Ganz ehrlich gesagt wirkt er auf mich so, als hätte ihn jemand geschrieben, der noch nie mit so einem Schreiben etwas zu tun gehabt hatte. - Was nicht böse gemeint ist, aber rein vom Rechtlichen her scheint mir das nicht zu passen.
Ich bin zwar kein Profi im deutschen Arbeitsrecht, aber so grundverschieden ist es zum österreichischen bestimmt nicht, daß nicht auch in Deutschland eine Probezeit ohne Angabe von Gründen jederzeit von beiden Seiten gelöst werden kann. Gegangen ist Dein Protagonist. Selbst, wenn es keine Probezeit gewesen wäre, wäre er derjenige gewesen, der gegangen ist, bei uns heißt das "unbegründeter vorzeitiger Austritt", ist also praktisch das Gegenstück für den Dienstnehmer zur fristlosen Entlassung des Dienstgebers.
Demnach hätte da nur gestanden "Wir nehmen Ihre Lösung des Dienstverhältnisses während der Probezeit, per -Datum- zur Kenntnis", oder eben auf den unbegründeten Austritt (bzw. die deutsche Form davon) zurechtgeschnitten.

Auch, was die Meldepflicht beim Arbeitsamt angeht, kann ich mir nicht vorstellen, daß man dazu in Deutschland wirklich verpflichtet ist. Ja, wenn man Geld von ihnen will, natürlich, und um versichert zu sein. Aber zwingen kann einen niemand dazu. Und dem Dienstgeber ist das schon überhaupt egal, der verschwendet auf sowas keine Zeile.

Mein Tip für Dich wäre, die Geschichte als Geschichte zu erzählen. Laß ihn auf die Schuldnerberatung gehen, dann die Woche durchleben, da kannst Du seine Gedanken schildern, wenn es immer wieder an der Tür klopft oder klingelt, und dann bekommt er die Zur-Kenntnis-Nahme der Lösung der Probezeit mit der Aufforderung, das Seil zurückzubringen, da sie es ihm sonst von seiner Abrechnung abziehen. Und am Schluß kann man ja dann vielleicht noch erfahren, was er bei der Schuldnerberatung denn Schlimmes erfahren hat... Ist aber nur ein Vorschlag. ;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

@Angua# Danke für das warme Willkommen :)
Nein, das war natürlich keine Absicht :D Ursprung dieses Textes ist ein Kündigungsschreiben, welches mir durch Zufall mitten in der Nacht per Fax in die Hände gefallen ist. Allein die Formalität des Briefs hat mir einen ziemlichen Schauer über den Rücken gejagt und alles in allem empfand ich die Situation des betroffenen Gekündigten in diesen paar Sätzen ziemlich gut herausgehoben.
Eigentlich ist das praktisch schon eine Kurzgeschichte, habe ich mir gedacht, und deshalb bin ich jetzt hier. :D
Der Datumsfehler ist nur deshalb passiert, weil der ursprüngliche Brief auf Oktober datiert war und mir das Datum irgendwie durch die Lappen gegangen ist :P

 
Zuletzt bearbeitet:

@Häferl# Wie schon gesagt, der Text basiert auf einem tatsächlichen Brief an den (inzwischen) Gekündigten. Ich habe nur einige Sätze etwas abgeändert und zwei, drei Dinge hinzugetextet. Vom rechtlichen Standpunkt her habe ich ehrlich gesagt keine Ahnung :D Aber falls die Leute, die den Original-Brief geschrieben haben, etwas von ihrem Metier verstehen, dann sollten die rechtlichen Grundsätze in diesem Brief wohl stimmen.
Ich finde eigentlich gerade die Briefform des textes sehr beeindruckend, weil schon durch diese eigentlich sehr förmlichen Sätze das Elend des Gekündigten stark zum Ausdruck kommt...
Kann sein, dass das keine Kurzgeschichte ist, aber in welche Kategorie würde man diesen Text denn sonst stecken? :)

 

Aber falls die Leute, die den Original-Brief geschrieben haben, etwas von ihrem Metier verstehen, dann sollten die rechtlichen Grundsätze in diesem Brief wohl stimmen.

Nein, es gibt schon genug Firmen, wo keiner auch nur einen Tau von Ahnung hat, weil sie sich niemanden leisten, der sich auskennt. Die machen dann alles falsch, und wenn sie an einen Dienstnehmer geraten, der sich besser auskennt, zahlen sie am Schluß unnötig Länge mal Breite für die Rechtsanwälte...:lol:
Auf unserem Arbeitsgericht gibt es Fälle, wo Dienstgeber bis zu einem Jahresgehalt nachzahlen müssen, nur weil sie nicht ordnungsgemäß gekündigt haben, und die Kündigung deshalb hinfällig war...:D Ist ein lustiges Fach, wenn man sich da auskennt...

Aber trotzdem ist es so eigentlich keine Kurzgeschichte und es wäre viel schöner, wenn man sich mit ein, zwei interessant erzählten Seiten gemütlich hinsetzen könnte, statt rasch ein paar emotionslose Zeilen eines Briefes zu lesen. ;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

@Häferl# Naja... also emotionslos finde ich die Zeilen ja eigentlich nicht. Die Emotion versteckt sich nur (nicht mit sonderlich viel Erfolg, finde ich) hinter den förmlichen Sätzen.

 

Hi Kay,

wenn das Schreiben einfach so mal nachts aus dem Fax kam (und daran zweifle ich auch nicht), dann find ich das schon ziemlich krass, diese kleine Lebensgeschichte von Herbert, die du normalerweise niemals mitbekommen hättest.
Wie aber schon gesagt wurde, ist der Text keine KG. In mir hat er Gefühle ausgelöst, weil ich es so verstanden habe, dass Herbert sich schon längst aufgehängt hat, als der Postbote obigen Brief bei ihm eingeworfen hat. Man könnte aus dem Ganzen vielleicht eine "Mischform" aus Brief und KG machen. Ein paar Zeilen Brief, dann ein oder zwei Absätze KG.

Grüße

Dust

 

@Dust# Also bis auf die Stelle mit dem Hanfseil, ist der Brief sinngemäß der gleiche geblieben. Diesen Abschluss habe ich noch angehängt um die Szene etwas krasser werden zu lassen.
Vielleicht hänge ich in den nächsten Tagen noch eine Kurzgeschichte an; der Brief bietet sich ja eigentlich optimal als Einleitung an :) Allerdings tut mir der arme Kerl jetzt schon leid...

Viele Grüße,
Kc

 

@ Häferl und alle anderen Zweifler
@ Kay Cinmun

herzlich willkommen, Kay!

Der Brief ist juristisch betrachtet korrekt und gängige Praxis.

Innerhalb der Probezeit müssen ebenfalls Kündigungsfristen! eingehalten werden, der Arbeitgeber benötigt bloß keinen Kündigungsgrund für seine Kündigung. Das ist ein
Unterschied. Kündige ich also jemandem innerhalb der Probezeit fristgerecht, dann muss keine Begründung erfolgen.
Wenn ich, wie hier geschehen, fristlos kündigen will, muss ich einen Grund benennen, nichts anderes hat der Arbeitgeber hier getan.
Inwieweit die Gründe gerechtfertigt sind, kann ich nicht beurteilen, ist aber ja auch nicht Thema der Sache.
Des weiteren ist der Hinweis, den gekündigten Arbeitnehmer zum Arbeitsamt zu schicken korrekt und lediglich zu seinem Schutz gedacht, weil er nur vom Zeitpunkt seiner Antragstellung auf Arbeitslosengeld beim Arbeitsamt Geld erhalten kann.
Das gilt auch für die Frage einer eventuellen Sperrzeit, weil er unter Umständen den Arbeitsplatz selbstverschuldet verloren hat, wofür ansich der Sachverhalt spricht, wenn man die Version des Arbeitgebers als wahr unterstellte.
Der frühestmögliche Zeitpunkt der Antragstellung beim Arbeitsamt ist daher sehr wichtig, daher der Hinweis, der allerdings in einem höchst unfreundlichen Amtsdeutsch abgefasst ist.
Übrigens ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man mit Sprache Distanz erzeugen kann und Kälte.

Zum Text selbst, den ich nicht für eine Geschichte halte, vermag ich selbst nichts zu sagen, stattdessen möchte ich den Autor doch bitten, eine komplette Geschichte zu schreiben. Häferl hat dies doch schon gut umrissen, woraus die bestehen könnte. Der Brief kann ja als Eingangsschreiben durchaus bestehen bleiben, aber nun ist doch wirklich wichtig, was der Adressat macht und denkt.

Lieben Gruß
lakita

 

Innerhalb der Probezeit müssen ebenfalls Kündigungsfristen! eingehalten werden, der Arbeitgeber benötigt bloß keinen Kündigungsgrund für seine Kündigung.

Bei Euch in Deutschland müssen in der Probezeit Kündigungsfristen eingehalten werden? :eek:
Wozu heißt sie denn dann "Probezeit"? Ihr habt schon manchmal komische Gesetze. - Bei uns kann man während der Probezeit von einer Stunde auf die andere gehen oder gegangen werden.
Allerdings würde sich bei uns auch kein arbeitsrechtkundiger Jurist auf die gängige Praxis berufen (von der lebt er ja :lol: ).

Die Unterschiede zwischen deutschem und österreichischem Recht dürften da also doch Meilensteine voneinander entfernt sein - und gerade deshalb würde ich Dir, Kay, raten, die Geschichte als Geschichte zu schreiben, denn dann ist es egal, mit welchem Rechtswissen man sie liest. Jemand wie ich kann halt nur stirnrunzelnd vor Deinem Text sitzen...:shy:

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Nochmals speziell für alle Ösihoneys ;)

Grundsätzlich benötigt man einen Kündigungsgrund, es sei denn innerhalb der Probezeit, da benötigt man keinen !
Grundsätzlich muss fristgerecht gekündigt werden
Grundsätzlich benötigt man für eine fristlose Kündigung einen Grund!

 

Oh oh... :( Ich habe ja nicht gedacht, dass es wegen so einem kleinen bisschen Text so einen Wirbel geben kann. Also zunächst möchte ich mich bei allen entschuldigen, die meine "Literaturverstümmelung" als Beleidigung ihres poetischen Daseins betrachten. Das war nicht so gemeint.
Ich bin weder Literaturstudent, noch schreibe ich sonderlich viel. Die genaue Definition einer "Kurzgeschichte" kenne ich auch nicht; bisher habe ich angenommen, dass man unter dem Begriff "Geschichte" ein Stück Text versteht, welches dem Leser eine Handlung, eine Situation o.ä. beschreibt. Anscheinend liege ich damit meilenweit daneben, sonst würde der Text wohl ebenfalls in diese Kategorie passen. Diesen Brief wollte ich der Außenwelt dennoch nicht vorenthalten. Aber man lebt ja um zu lernen, darum danke ich euch für sämtliche konstruktive Kritik und Kommentare, die mein begrenztes Literaturwissen erweitern könnten :)
Also um mal damit anzufangen: Wie definiert sich eine Kurzgeschichte?

Gruß,
Kc

 

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