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Gandhi heißt Freiheit

Wortkrieger-Team
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09.12.2016
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Gandhi heißt Freiheit

Arjun kam mit Geld nach Hause. Achttausend Rupien drückte er mir in die Hand. Ungefähr hundert Euro. Ich zog die Augenbrauen hoch.
„Wo hast du das denn auf einmal her? Du arbeitest doch erst seit einer Woche.“
„Ich hab im Café gekündigt, ich ...“
„Ach, Arjun, bitte. Wir brauchen das Geld. Du hältst echt nix durch.“
„Ich hab' jetzt 'nen besseren Job, ehrlich.“
„Und was soll das bitte sein?“
„Ich sehe nicht mehr ein, sieben Tage die Woche von früh morgens bis Mitternacht zu arbeiten. Sechstausend Rupien im Monat.“ Arjun schlug sich mit dem Handballen an die Stirn. „Da würdet ihr Europäer euch nicht mal im Bett für umdrehen.“
Er setzte sich auf den wackeligen Holzstuhl, senkte den Kopf und vergrub die Hände im dichten, schwarzen Haar. Ich nagte an meiner Unterlippe, sah zu ihm hinüber, dann auf den Boden. Draußen hörte ich Laxmi, die Tochter der Vermieterin, lachen. Sie war sechzehn und lachte den ganzen Tag. Als wir vor einer Woche einzogen, hatte ich das amüsant gefunden, jetzt nervte es nur noch. Der Song Sweet sixteen fiel mir ein. Hätte ich einen Wunsch frei gehabt, wäre es bestimmt nicht der, nochmal sechzehn zu sein, aber auch nicht einen Freund, um den ich mich kümmern müsste.
Staubpartikel tanzten in dem langen Streifen Nachmittagssonne, der durch die vergitterte Fensterluke fiel. Arjun rührte sich nicht. Ich atmete ein und stieß die Luft durch die Nase wieder aus. Wenige Sekunden später zog ich seinen Kopf an meinen Bauch.
„Ich finde es ja gut, dass du dich mit einer größeren Summe am täglichen Leben beteiligst“, sagte ich und biss mir abermals auf die Lippe. „Und es macht mir auch nichts aus, die Miete alleine zu zahlen, ehrlich nicht. Aber von meinen Übersetzungen kann ich uns nicht beide durchbringen.“
„Ich weiß“, murmelte er und kuschelte den Kopf tiefer in mein geblümtes Sommerkleid. Dann sah er mich mit seinen großen, mandelförmigen Augen an. Ich seufzte.
„Diesmal ist es das Richtige!“ Er sprang auf und lief ins Bad. Ich hörte, wie er Wasser in den Eimer laufen ließ und sich wusch. „Ich kann so viel verdienen, das glaubst du gar nicht. Gerade hier in Goa. So viel Geld hast du in deinem Leben noch nicht gesehen.“
Mit einem Handtuch um die Hüften kam er ins Zimmer zurück, kramte sein dunkelblaues Jeanshemd aus dem Regal, zog es über den Kopf und schlüpfte in seine schwarze Hose.
„Gandhi heißt Freiheit“, sagte er, küsste dreimal seine linke Handfläche und fuhr sich damit durchs Haar. Ich sah ihn fragend an.
„Na auf den Scheinen ist doch überall Gandhis Kopf drauf. Seh ich gut aus?“ Er drehte sich einmal um die eigene Achse. „Wie ein Geschäftsmann?“
Ich warf ihm einen durchdringenden Blick zu. „Arjun, wenn du hier irgendwelche krummen Sachen machst und ich hab nachher die Bullen vor der Tür stehen, find ich das nicht mehr so lustig.“
„Ach was. Ich muss los.“ Er umarmte mich, verteilte Küsse auf meinem Gesicht. Ich musste lachen.

Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, nahm ich das gerollte Bündel Scheine vom Nachttisch und ordnete es nach Tausendern, Fünfhundertern und Hundertern. Es war bereits der Achte und die Miete noch nicht bezahlt. Ich legte siebentausend Rupien zurück auf den Tisch und den Rest unter die Matratze. Wenn Arjun kein Essen aus dem Café mehr heimbrächte, würden wir Gas zum Kochen brauchen, aber bis das käme, müssten wir in Restaurants essen. In der Vorsaison gab es davon nicht viele, und die, die geöffnet hatten, waren teuer.
Erst jetzt bemerkte ich, dass ich im Zimmer auf und ab lief. Vor dem Fenster glitt die Sonne langsam zwischen den Kokospalmen herab. Ich blieb stehen, atmete einmal tief durch und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Zeit, das Haus zu verlassen, denn draußen war es jetzt kühler als drinnen.
Während ich den Laptop in meine Umhängetasche packte, versuchte ich mich auf das Terrassenrestaurant schräg gegenüber zu freuen. Eingelullt von seichter Ambient-Musik würde ich mich Chai schlürfend in die Welt englischer Geschäftsbriefe vertiefen.
Draußen roch es nach frischer Wäsche. Lange Leinen mit weißen Laken durchzogen den sandigen Hof mit den drei verwitterten Bauernhäusern, deren schräge Ziegeldächer fast bis zum Boden reichten. Hühner stolzierten zeternd umher. Als mir eine leichte Brise über die Haut strich, schloss ich kurz die Augen. Trotz des Ventilators war es in dem engen Zimmer wie in der Sauna gewesen.
Laxmi hockte vor dem freistehenden Wasserhahn, wusch die nächste Ladung und summte ein Lied. Sie erblickte die Scheine in meiner Hand, wischte sich die Hände an der Pumphose ab, stand auf und sagte, dass ihre Mutter das Geld für ihr Studium spare. Sie solle es einmal besser haben.

Das Restaurant war voller Touristen. Ungewöhnlich für die Vorsaison. Ich ließ die Schultern hängen. Die Musik verlor sich im Stimmengewirr, der junge Kellner flitzte hin und her. Auf dem Tisch in der Ecke, von dem der Sonnenuntergang aus der ersten Reihe zu bewundern war, stand ein Messingschild mit der Aufschrift: Reserviert, auch sonst war nichts frei. Ich beschloss gerade, wieder zu gehen, da erhob sich eine Gruppe johlender Engländer vom Tisch dahinter. Schnell setzte ich mich auf einen der Rattanstühle und blickte auf den Felsen, der am Ende der Bucht aufs Meer hinausragte.
„Chai?“, fragte der Kellner und räumte die leeren Bier- und Schnapsgläser ab.
Ich nickte, packte den Laptop aus, klappte ihn auf und sah wieder aufs Meer. Es wehte kein Lüftchen. Ein weißblaues Holzboot glitt der untergehenden Sonne entgegen.
Gerade wollte ich mich in dem Bild verlieren, als eine Rentnerin an mir vorbei auf den reservierten Tisch zuschlurfte. Sie wirkte aufgebläht in ihrem kurzen Tigerkleid und stützte sich auf einen Stock. Vor dem Schild blieb sie stehen und sah sich suchend um.
„Wieso ist der Fernseher nicht an?“, rief sie dem Kellner in breitem Amerikanisch zu. Ich rollte innerlich mit den Augen und versuchte, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. „Heute sind Präsidentschaftswahlen in Amerika.“
Erneut blickte ich hoch. Das hatte ich völlig vergessen. Der Kellner setzte sein charmantestes Lächeln auf und steuerte mit der Karte auf sie zu.
„Guten Abend, die Dame“, sagte er in bemühtem Amerikanisch. „Setzen Sie sich doch bitte hierher.“ Er wies auf den Platz neben mir.
Die Frau hob kurz die Hand in meine Richtung. „Hi. Ich bin Dolly. Kann ich da sitzen?“
Ich seufzte. „Ja. Bitte. Ich bin Dana.“
Sie setzte sich umständlich, lehnte den Stock an meinen Stuhl. Den Blick auf den Laptop gerichtet, versteifte ich mich und rückte ein Stück von ihr ab.
„Der Fernseher wird gleich angemacht“, sagte der Kellner. „Übrigens sehen Sie heute Abend mal wieder ganz besonders bezaubernd aus.“ Ich wollte mich bedanken, aber er sah Dolly an. Sie schenkte ihm ein offenes, breites Lächeln und zog die Augenbrauen hoch. Mir fiel auf, dass sie ein hübsches Profil mit einer zart geschwungenen Nase hatte. Ihre blauen Augen blitzten, sie fuhr sich durch das kurze blondierte Haar. Ein goldener Ring mit rotem Stein umschloss den Mittelfinger. Der Kellner bemerkte ihn ebenfalls.
„Ein Rubin.“ Dolly lächelte noch breiter. Der Kellner schnalzte mit der Zunge. Einige Sekunden sahen die beiden sich an.
Ich sank tiefer in den Sitz, die Lippen aufeinandergepresst, um nicht loszuprusten. Aber dann verging mir das Lachen, und ich saß wieder aufrecht. Hatte Arjun das Geld vielleicht auch von irgendeiner reichen Tante, die er hinter meinem Rücken traf? Mein Magen zog sich zusammen. Kurz kam mir in den Sinn, dass ich ihn ja auch unterstützte, aber ich verwarf den Gedanken sofort wieder. Das war etwas ganz anderes.
Ich rutschte auf dem Stuhl herum und war kurz davor, loszurennen, um Arjun auf frischer Tat zu ertappen, bei was auch immer. In meinen Adern rauschte das Blut, als hätte ich das bereits getan. Aber dann fiel mir ein, dass ich ja gar nicht wusste, wo er war. Er hatte nur gesagt, dass er losmüsste, um eine Menge Geld zu verdienen. Dolly bestellte einen Cosmopolitan.
„Bei der Vorstellung, dass Trump heute Präsident werden könnte, würde ich am liebsten die ganze Bar leer saufen.“ Ihre Stimme nahm einen weinerlichen Ton an. „Ich schäme mich so für mein Land.“
Der Kellner lächelte immer noch, ging zurück zur Bar, machte die Musik aus und schaltete den großen Flachbildschirm ein, der an der Wand daneben hing.
„Ich will meinen Cosmo jetzt sofort!“, rief Dolly. Ich zuckte zusammen und vertippte mich. „Ohne überleb ich das nicht.“ Sie drehte sich zu mir. „Ich ertrag das nicht, das ist ...“
Eine Entschuldigung murmelnd machte ich mich auf den Weg zum Klo. Am Tresen bat ich um die Rechnung.
Während ich die Tür verriegelte, stieg draußen der Geräuschpegel. Hektische Stimmen mischten sich mit Fernsehnachrichten.

Als ich zurückkam, war Indiens Premier Narendra Modi auf dem Bildschirm zu sehen. Der Tumult hatte sich gelegt, alle verfolgten gebannt das Programm.
„Ab Mitternacht wird das Geld abgeschafft“, sagte Dolly.
„Was?“
„Kam eben in einer Sondermeldung.“
„Aha.“ Ich gackerte kurz auf. „Na dann zahl ich wohl besser mal. Schönen Abend noch.“

Der Kellner beachtete mich nicht, lief telefonierend hinter dem Tresen auf und ab und raufte sich die Haare.
„Was ist passiert?“, fragte ich, als er aufgelegt hatte.
„Ab Mitternacht werden alle Tausender und Fünfhunderter ungültig“, sagte er.
Ich runzelte die Stirn.
„Wegen dem Schwarzgeld. Ist alles nur noch Papier.“
„Hä? Aber ...“
Sein Handy klingelte. Er ging ran und verschwand in der Küche. Am Tisch neben dem Tresen hörte ich ein paar Althippies deutsch sprechen.
„Was ist denn los?“, fragte ich.
„Modi will alle großen Scheine erneuern, 'ne Lektion für alle, die ihr Geld unter der Matratze horten“, sagte eine Frau mit schlohweißem langen Haar und lächelte amüsiert. Mir blieb der Mund offen stehen.
„Endlich ist das Geld nichts mehr wert!“, rief der Typ neben ihr. Sie lachten. Gläser klackten aneinander.
Langsam kletterte ich auf den Barhocker, umklammerte seine Beine mit den Füßen, als wäre er mein einziger Verbündeter in dieser Misere. Den Kopf in die Hände gestützt starrte ich auf die Schnapsflaschen.
Ganz unrecht hatte der Typ nicht. Fünfhundert und tausend Rupien-Scheine waren die gängigsten Banknoten. Das bedeutete also auch, dass alle Bankautomaten leer waren. Nein, das konnte nicht sein. Nicht so schnell.
Der Kellner schrie ins Telefon. Jemand zupfte mich am Kleid. Ich fuhr zusammen.
„Komm“, sagte Dolly.
Ich rutschte vom Hocker. Dolly kramte in ihrer Handtasche, drückte eine Tablette aus einer halbleeren Packung, warf kurz den Kopf zurück und schluckte sie trocken hinunter.
„Was soll man dazu sagen?“, begann sie, als wir wieder auf den Rattanstühlen saßen. „Erst kürzlich habe ich eine große Summe für den Bau einer Schule in Südindien investiert. Hoffentlich nicht alles umsonst.“
„Das tut mir leid“, sagte ich.
„Ja, vor allem für die Kids. Bildung ist so wichtig, damit sich die Menschen endlich auf Augenhöhe begegnen können und …“ Sie schnipste nach dem Kellner, der telefonierend an uns vorbeilief. „Kann ich hier weiterhin anschreiben lassen?“
Die Falte auf seiner Stirn verschwand, er lächelte. „Aber selbstverständlich.“
Dolly schob mir die Cocktailkarte herüber. „Dann lad ich die junge Dame ein.“

Am nächsten Tag war Trump Präsident, und die Banken hatten geschlossen. Ich wachte mittags mit Kopfschmerzen auf. Arjun war gegen vier Uhr betrunken ins Zimmer gestolpert, und ich hatte den Rest der Nacht damit verbracht, ihm über den Rücken zu streichen, während er sich übergab. Jetzt lag er quer über dem Bett und schnarchte. Seine linke Hand war geschwollen. Ich streifte mein Kleid über und beschloss, mir das restliche Geld von meiner Travelcard in irgendeinem Reisebüro in Hundertern auszahlen zu lassen. Falls das noch möglich war.
Der Asphalt flimmerte. Das Dorf war so leer, als hätte die Hitze seine Bewohner versengt. Ich spannte meinen Regenschirm als Sonnenschutz auf und machte mich auf den Weg zur nächsten Bucht.
Der Typ im Reisebüro hatte einen ordentlichen Seitenscheitel und meinte, es gäbe nur alte Fünfhunderter, die Hunderter wären bereits weg. Die Scheine könne ich bei den Banken gegen neue eintauschen, allerdings wären noch nicht genug gedruckt worden. Ich kratzte mich hinterm Ohr.
„Sie können mit den alten noch bis Monatsende zahlen, Madam“, sagte der Mann. Ich forschte in seinem Gesicht nach Hinweisen, ihm vertrauen zu können, aber er sah mich so neutral an, als wäre ich ein Möbelstück. Zögernd reichte ich ihm die Karte, atmete einmal tief durch und bat ihn, mir viertausend Rupien auszuzahlen.
„Modi hat das Richtige getan“, sagte er, als er die Scheine auf den Ladentisch legte. „Er hat nur überstürzt gehandelt.“
Ich kaufte Brot und Milch, trank Chai in einer Teebude und sah mir mit den Angestellten die Nachrichten im Fernsehen an. Ein Reporter mit feistem Gesicht sprach von Massenpanik, die das ganze Land erfasst hätte, während vor mir auf der Straße alles seinen gewohnten Gang zu nehmen schien. Die neuen Scheine wären kleiner, sagte der Reporter, und die Automaten könnten nicht so schnell umgestellt werden. Bis zum Jahresende, knapp sechs Wochen später, könne das Geld noch umgetauscht werden, aber man benötige dafür einen Pass, den viele Menschen nicht hatten.
Draußen sah ich Arjun auf dem Parkplatz gegenüber an einem Pick-up lehnen. Als er mich erblickte, strahlte er und kam mit kurzen, schnellen Schritten über die Straße gelaufen.
„Was ist passiert?“, fragte ich und nickte seiner notdürftig bandagierten Hand zu.
„Keine Ahnung.“
„Warst du im Krankenhaus?“
Er spuckte auf den Boden. Ich sah den zerfledderten Verband an und musste grinsen. „Sieht ja nicht sehr professionell aus.“
„Hat 'ne Touristin gemacht.“
Wieder zog sich mein Magen zusammen. „Aber im Krankenhaus haben die doch …“
„Ich wurde wieder weggeschickt, weil ich nur alte Scheine hatte.“
„Aber das staatliche Krankenhaus ist doch umsonst. Und bis zum Jahresende kann man doch noch …“
„Ihr Touristen könnt noch mit dem alten Geld zahlen, ja. Ich als Inder hab da Schwierigkeiten. Und Medikamente und Verbandszeug muss ich selbst zahlen.“
Ich fuhr mir mit der Hand durchs Haar. „Das tut mir leid, ich …“
„Egal. Lass jetzt. Ich muss wieder rüber, ich treff gleich jemanden.“ Er machte sich auf den Weg zurück zum Parkplatz. „Lass uns heute Abend im Restaurant in der Bucht treffen“, rief er, während er sich umdrehte und ein paar Schritte rückwärts ging. „Da können wir anschreiben.“

„Ich hätte dir doch die Medikamente besorgen können“, sagte ich, als wir einige Stunden später in der ersten Reihe saßen. „Vielleicht ist die Hand auch gebrochen.“
„Nein, ist sie nicht“, sagte er und bewegte die Finger.
Mir fiel nichts Aufmunterndes mehr ein, was nicht gönnerhaft geklungen hätte, also konzentrierte ich mich auf die Sonne, die unbeeindruckt der Geschehnisse langsam dem Horizont entgegenrutschte.
„Wir kriegen das schon hin“, murmelte ich und drehte mich zum Eingang um, weil da eine laute Stimme ertönte. Dolly bestellte ihren Cosmo schon beim Betreten des Lokals und wackelte auf einen freien Platz zu. Als sie uns erblickte, erhellte sich ihr Gesicht. Sie kam an unseren Tisch und nickte Arjun mit einem verbindlichen Lächeln zu. Mein Blick flitzte zwischen den beiden hin und her.
„Ich kann immer noch nicht fassen, dass Trump Präsident geworden ist“, begann Dolly mit einem getragenen Unterton in der Stimme und stützte sich an Arjuns Stuhllehne ab. „Und diese Sache mit dem Geld, das kann doch kein Zu ...“
„Modi hat versprochen, dass er die Korruption stoppt. Deshalb haben ihn die meisten gewählt“, sagte Arjun.
Dolly winkte ab. „Und wen trifft das?“ Sie sah ihm fest in die Augen. „Komm mal eben mit.“
Arjun sprang auf, hakte sie unter und begleitete sie aus dem Lokal. Ich saß kerzengerade und sah ihnen nach. Dann wieder aufs Meer. Die Sonne verschwand im Dunst, der sich über dem Horizont erhob.
Nach fünf Minuten kamen die beiden zurück. Dolly schlurfte auf einen freien Tisch am anderen Ende der Terrasse zu.
„Schönen Abend noch“, rief sie mir mit einem anzüglichen Lächeln zu. Arjun lächelte ebenfalls, setzte sich neben mich und schnappte sich die Karte.
Ruhig bleiben. Jetzt bloß nichts Unüberlegtes sagen.
„Hast du was mit der?“
Sein Grinsen verschwand, und ein Schatten huschte durch seine Augen. „Sag mal, spinnst du jetzt völlig?“
„Irgendwas läuft doch da.“
Er knallte die Karte zurück auf den Tisch. „So einen Schwachsinn muss ich mir nicht anhören.“

Als ich nach Hause kam, war es bereits dunkel. Vor dem Hof stand ein weißer Maruti Suzuki mit laufendem Motor. Ein älterer Goaner saß am Steuer und rief der Vermieterin etwas auf Konkani zu. Sie stand mit Laxmi auf der Terrasse ihres Hauses, durch die offene Tür fiel spärliches Licht. Während ich auf die beiden zuging, setzte ich mein nettestes Lächeln auf, aber sie beachteten mich nicht, sondern fixierten den Mann mit bewegungslosen Gesichtern.
Mit gesenktem Kopf kramte ich nach dem Schlüssel. Drinnen war es stickig. Draußen klappten Wagentüren. Den Rest der Nacht blieb es still im Nachbarhaus. Als es dämmerte, war Arjun immer noch nicht zurück.

Ich musste kurz eingenickt sein und wachte vom Gurren eines Brainfever-Vogels wieder auf. Wie eine siebenstufige Tonleiter arbeitete sich sein Ruf von unten nach oben, während ich auf die Holzbanken unterm Dach starrte. Dann schlug ich die Decke zurück.
Im Hof sah ich ihn sofort. Er lag neben dem Wasserhahn auf dem Rücken, die Arme ausgebreitet, den Mund offen. Seine Jeans war völlig verdreckt, die Schuhe musste er irgendwo vergessen haben. Ich hockte mich neben ihn, wich kurz zurück, als mir Schnapsgestank entgegenschlug, und rüttelte ihn an der Schulter.
„Komm, ich bring dich ins Bett“, sagte ich. „Hier kannst du nicht bleiben.“

Erst zwei Wochen später fiel mir der Typ im weißen Maruti wieder ein. Arjun und ich fuhren mit dem Scooter eines Freundes zum Bankautomaten. Bis dahin waren die Schlangen so lang gewesen, dass wir den ganzen Tag hätten anstehen müssen.
Während die Reisfelder an uns vorbeizogen, blitzten Bilder aus den Nachrichten vor meinem inneren Auge auf. Bauern, die ihr Land verloren hatten, geschlossene Konzerne. Hier in Goa war nichts von alldem zu spüren. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Der Fahrtwind fegte mir ins Gesicht. Ich kniff die Augen zusammen. Dann dachte ich an Laxmi. Drei Tage hatte sie nicht gelacht. Danach war alles wie immer gewesen.
„Der Typ ist vorher schon regelmäßig gekommen“, sagte Arjun, als ich ihm davon erzählte. Ich stutzte. Sweet sixteen war wieder da und ein enges Gefühl in der Brust.
„Woher willst du das wissen?“, fragte ich.
„Der Ort ist klein.“ Er schaltete in den nächsten Gang und trat aufs Gaspedal. „Man muss nicht mehr ganz so lange warten, aber alle Automaten sind nur auf zweitausend Rupien am Tag beschränkt“, fuhr er fort. „Du kannst es mehrmals hintereinander versuchen, aber das kostet jedes Mal Gebühren. Und es hat nur die Staatsbank auf.“
Ich nickte.
„Hast du gehört?“ Er drehte sich zu mir um.
„Ja“, murmelte ich und sah uns bereits die halbe Nacht vor der Bank campieren.

In der Schlange warteten höchstens dreißig Leute.
„Das geht bestimmt schnell“, sagte ich. „In 'ner Viertelstunde sind wir damit durch.“
„Ich muss aber gleich wieder los, ich hab noch was zu erledigen“, sagte Arjun. Ich nickte knapp und reihte mich ein. Wenige Minuten später sah ich den Scooter im Verkehr verschwinden.
Nach einer Viertelstunde ging es endlich einen Schritt voran. Ich bekam Sweet sixteen nicht mehr aus dem Kopf. Auf der Straße fuhr eine Riksha vor. Der Fahrer stieg aus, öffnete die Hintertür und hob einen Plastikstuhl vom Rücksitz. Ein Stock kam zum Vorschein, gefolgt von einem plumpen Frauenkörper. Dolly. Sofort sah ich in die andere Richtung und konzentrierte mich auf das Werbeplakat einer Yogaschule.
„Hi Dana!“
„Ach hallo. Hab dich gar nicht gesehen.“
Dolly wies den Rikshafahrer an, den Stuhl neben mir abzustellen, setzte sich und hielt den Stock fest umklammert.
„Vor ein paar Tagen hab ich hier zwei Stunden umsonst gesessen“, sagte sie. „Ich bin kein Stück vorangekommen, weil die Arschlöcher mehrere Karten benutzen, oder einfach vier- oder fünfmal abheben. Dann war der Automat leer.“
Ich trat von einem Fuß auf den anderen und wurde das Gefühl nicht los, mich könne das gleiche Schicksal ereilen. Dumpfe Nachmittagshitze legte sich über den Ort. Mit dem Unterarm wischte ich mir den Schweiß von der Stirn und fragte mich, wann ich zuletzt so lange gestanden hatte. Die Waden schmerzten, das Kreuz tat weh und meine Wasserflasche war längst leer.
Wieder ein Schritt vorwärts. Ich bekam Angst, dass es irgendwann dunkel würde, der Automat leer wäre und ich nicht wüsste, wie ich zum Strand zurückkommen sollte. Guthaben, um Arjun anzurufen, hatte ich auch nicht mehr.
„Ey!“ Dolly riss mich aus meinen Gedanken und zeigte mit dem Stock auf einen Inder im weißen Oberhemd, der sich an der Schlange vorbei nach vorne gedrückt hatte. „Nicht vordrängeln!“
„Ich war vorher schon mal hier“, sagte der Mann. „Meine Familie ist grad drinnen.“
„Bullshit! Du drängelst dich einfach vor. Los! Hinten anstellen!“
Der Mann schlüpfte in das Häuschen.
„Das ist hier eine reine Männerwirtschaft“, tönte Dolly. „Auf Frauen hören die nicht.“

Endlich hievte Dolly ihren Hintern die drei Stufen hoch. Auch sie brauchte lange. Als sie wieder herauskam, blieb sie stehen und telefonierte. Ich quetschte mich an ihr vorbei, zog die quietschende Tür hinter mir zu und bekam kaum Luft. Die Klimaanlage war kaputt. Während ich die Karte aus dem Portmonee zog, raste mein Herz, als wollte ich die Bank überfallen.
Der Schlitz war zu eng. Die Karte passte nicht. Ich versuchte, sie mit Gewalt hineinzupressen, hatte aber Angst, dass sie dadurch kaputtginge. Mein Herz raste noch schneller. Jemand klopfte an die Scheibe. Kurz darauf riss Dolly die Tür auf.
„Meine Karte passt plötzlich nicht mehr“, jaulte ich.
„Du musst gegen den Automaten schlagen“, sagte Dolly.
Ich sah sie ungläubig an.
„Schlag gegen den Automaten“, sagte sie.
Ich holte aus und schlug so heftig gegen das Gerät, als hätte es mich zutiefst beleidigt. Auf dem Bildschirm erschienen bunte Streifen. Dann wurde er schwarz.
Vor meinen Augen verschwamm alles. Ich wischte mir mit dem T-Shirt den Schweiß ab und blinzelte. Es dauerte einige Sekunden, bis ich mich langsam umdrehte, das Häuschen verließ und nach Luft schnappte. Zwanzig Augenpaare starrten mich an. Ich räusperte mich.
„Der Automat ist kaputt“, sagte ich und wartete darauf, gelyncht zu werden. Niemand sagte etwas. Einheimische und Touristen starrten mich weiterhin an, als wären sie in einen kollektiven Schockzustand gefallen.
„Tut mir leid“, sagte ich. Auf der Straße kam eine Riksha knatternd zum Stehen.
„Komm“, sagte Dolly und winkte mich zu sich.
„Aber ich hab kein Geld.“
„Eben. Oder willst du zu Fuß zurücklaufen?“
Als ich an die Tür gequetscht aus dem Fenster sah, spürte ich den Kloß im Hals. Das alte Geld war längst aufgebraucht, und ich schämte mich, weiterhin anschreiben zu lassen. Auch Dolly war ungewöhnlich still. Sie öffnete erst den Mund, als die Riksha vor dem Haus hielt.
„Hoffentlich kann der Fahrer wechseln.“ Sie zog einen neuen Zweitausend Rupien-Schein aus dem Portmonee. Achtzig Rupien kostete die Fahrt. „Ich hab dem kleinen Verkäufer heute meine restlichen Dollar gegeben.“
„Dem kleinen Verkäufer?“
„Er war so nett und hat vor zwei Wochen eine Ratenzahlung akzeptiert, aber länger wollte ich den armen Jungen nicht mehr warten lassen.“
Ich sah sie verständnislos an. Dolly hielt mir die beringte Hand hin und legte die andere aufs Dekolletee. „Ich hab dafür ein kleines Vermögen bezahlt.“
Der Fahrer schaute sie im Rückspiegel an. Dann drehte er sich um, sah auf den Ring und rümpfte die Nase. Ich bedankte mich und stieg aus.
„Der ist nicht echt, Madam“, hörte ich den Fahrer. „Der Stein ist stumpf. Ein echter Rubin glänzt, der hier nicht. Wo haben Sie den denn her?“

Kaum war ich im Zimmer, klingelte mein Handy. Arjun.
„Hey, meine Liebste“, sagte er. „Bist du zu Hause?“
„Ja, grad zur Tür rein.“
„Hast du Geld bekommen?“
Ich schluckte. „Nein.“
„Aber ich. Dann mach dich mal hübsch, ich lad dich heut zum Essen ein. Und morgen fahren wir runter nach Kerala und machen mal schön Urlaub. Hab schon alles gebucht.“
Ich zögerte einen Moment.
„Okay“, sagte ich.

 

Hallo @Chai,

das wird kein langer Kommentar, aber ich wollte dich unbedingt wissen lassen, wie gerne ich das gelesen habe. Von Anfang bis Ende. Ich glaube, ich habe hier noch keinen Text so flüssig lesen können - das hat nichts mit mangelnder Qualität anderer Texte zu tun, aber ich weiß nicht, irgendwie stimmte hier einfach alles für mich, das war richtiges Romanmaterial, keine Kurzgeschichte, in die ich mich erst ein, zwei, drei Sekunden reinfuchsen muss, nee, das war so, als hätte ich nach kurzer Pinkelpause die Lektüre eines richtig dicken Wälzers fortgeführt, irgendwo auf Seite 632. Ich könnte jetzt alles aufzählen, was mir gefallen hat, das wäre viel fairer, als die paar Ministolperer rauszuziehen, die mir aufgefallen sind, würde aber auch viel länger dauern, weil ich halt ungefähr alles erwähnen müsste.

dass ich im Zimmer auf und ablief

auf und ab lief

in bemühtem Amerikanisch.

Englisch

'Ne Lektion

Trotz Satzanfang klein beginnen, also " 'ne " Lektion. Zu den Apostrophen noch: Die benutzt du auch bei " hab' ", " treff' ", usw., das braucht man aber gar nicht.

er sah mich so neutral an, als wäre ich ein Möbelstück.

Wunderbar

„Und diese Sache mit dem Geld, das kann doch kein Zu ...“

Zu...

Nachbaraus.

Nachbarhaus

In 'ner viertel Stunde sind wir damit durch

Viertelstunde, kurz darauf noch mal

Zum Abschluss noch eine Bitte: Schreib endlich einen Roman. Ich will nicht nach ein paar Minuten Indien wieder in Deutschland ausgespuckt werden, ich will spät nachts auf Seite 632 einschlafen und am nächsten Morgen mit Finger zwischen den Seiten wieder aufwachen und weiterlesen.

Bis bald,

Bas

 

Hallo @Chai,
gerne habe ich mich von dir wieder nach Indien entführen lassen.

Achttausend Rupien drückte er mir in die Hand. Ungefähr hundert Euro.
Einerseits kenne ich den Umrechnungsfaktor nicht. Andererseits würde ich auch sehr gut ohne die Umrechnung in Euro auskommen. Würde den Text flüssiger machen. Schließlich habe ich immer noch keine Vorstellung davon, was man sich in Indien dafür kaufen kann.
Du hältst echt nix durch.“
„Ich hab' jetzt 'nen besseren Job, ehrlich.“
„Und was soll das bitte sein?“
„Ich sehe echt nicht mehr ein,
Zweimal "echt" ziemlich dicht hintereinander. Vielleicht ließe sich eines davon streichen?
Hätte ich einen Wunsch frei gehabt, wäre es bestimmt nicht der, nochmal sechzehn zu sein, aber auch kein Freund, um den ich mich kümmern müsste.
Den letzten Teil kapiere ich nicht. Bezieht sich wohl auf den Song?
versuchte ich mich auf das Terrassenrestaurant schräg gegenüber zu freuen
:D
Ambient-Musik
Was ist das denn?
chaischlürfend
Chai-schlürfend?
Trotz des Ventilators war es in dem engen Zimmer wie in der Sauna gewesen.
Hier würde ich "gewesen" streichen.
in breitem Amerikanisch
Für mich okay. Ist schließlich nicht das Gleiche wie Britisch.
Ein goldener Ring mit rotem Stein umklammerte den Mittelfinger.
Hier wäre ich für "umschloss".
Eine Entschuldigung murmelnd, machte ich mich auf den Weg
Das Komma gehört da nicht hin. Ist nur ein Partizip.
Den Kopf in die Hände gestützt, starrte ich
Dito.
Der Typ im Reisebüro hatte einen ordentlichen Seitenscheitel und meinte, es gäbe nur alte Fünfhunderter, die Hunderter wären bereits weg.
:D
Lass uns heute Abend im Restaurant in der Bucht treffen
Es heißt "sich treffen" (reflexives Verb), aber das klänge doof ("Lass uns uns ... treffen"). Also vielleicht umformulieren? Treffen wir uns heute Abend im Restaurant? Oder so.
Brainfeverbirds
Was ist das denn? Sorry für die vielen blöden Fragen. :shy:
Mir gefällt die exotische Atmosphäre. Mir gefällt der trockene Humor, der ab und zu aufblitzt. Mir gefällt es, nahe an den Gedanken der Erzählerin dranzusein. Nur der Schluss, der plätschert irgendwie so aus. Willste da nicht die letzten beiden Zeilen streichen? (Das ist immer mein Standardtipp ... :lol:) Auch wenn es das Ende eines Romankapitels wäre, fände ich das Ende irgendwie nicht peppig genug.
Viele Grüße
Anne

 

Hey @Chai ,

habe deine Geschichte gerne gelesen. Nach ein paar Zeilen habe ich den Eindruck gewonnen, dass der Text gut recherchiert ist, habe so eine Authentizität wahrgenommen. Das gefiel mir und hat mich auch überredet weiterzulesen. Dazu kommt, dass mir deine schlichte, aber nahezu makellose Sprache gefällt. Da gibt es kaum Anlass innezuhalten und über komisch klingende Sätze nachzubrüten. Höchstens über die schönen. Der Konflikt um das Geld-Experiment Modis (musste ich nachschlagen – was so alles an mir vorbeigeht ...) hat sich kraftvoll auf die Erlebnisse deiner Protagonistin und auf ihr Umfeld ausgewirkt. Der Spannungsbogen hat mit den geheimnisvollen Geschäften Arjuns für mich angehoben. Dann ist der Konflikt mit dem Geld dazugekommen und kurz war ich mir ganz sicher, dass beides sich ineinander auflöst. Aber du hörst dann ja auf – ist das tatsächlich ein Auszug aus einer längeren Erzählung oder sogar einem Roman? Du hast mich jedenfalls sehr neugierig gemacht. Deinen Text habe ich genossen.

Wenn Arjun kein Essen aus dem Café mehr heimbrächte, würden wir Gas zum Kochen brauchen, aber bis das käme, müssten wir in Restaurants essen.

Den Satz habe ich noch zweimal durchgelesen und das »aber bis das käme« immer als »aber bis es soweit käme« verstanden. Der Satzteil bezieht sich aber auf das Gas, oder? Würde ich klarer machen.

Mir fiel auf, dass sie ein hübsches Profil mit einer zart geschwungenen Nase hatte. Ihre blauen Augen blitzten, sie fuhr sich durch das kurze blondierte Haar. Ein goldener Ring mit rotem Stein umklammerte den Mittelfinger.

Diese Beschreibung ist wirklich großartig. Ich erinnere mich an Klassiker-Romane meiner Jugend, die mich mit sowas umgehauen haben. Vielleicht auch, weil ich Edelsteine so liebe ... Ich musste an Flaubert denken, von dem ich nur Salambo, nicht aber Madame Bovary gelesen habe.

Dolly lächelte noch breiter. Der Kellner schnalzte mit der Zunge. Einige Sekunden sahen die beiden sich an.

Das ist auch einfach nur köstlich!

„Wegen dem Schwarzgeld. Ist alles nur noch Papier.“

Hier dachte ich, das hat doch sicher was mit Arjuns neuem Job zu tun.

„Egal. Lass jetzt. Ich muss wieder rüber

»Lass jetzt« klingt irgendwie komisch. Hab ich so noch nie gehört. Vielleicht einfach »Nicht jetzt.«


Die Frau hat mich zwischendurch sehr genervt (positiv!). Ich habe innerlich aufgestöhnt, wenn sie wieder neben deiner Protagonistin auftauchte und mir ihre anstrenge Art weggewünscht. Dabei ist sie eine gute Seele ...

Danke für den Ritt in der Rikscha. Es hat mir viel Freude bereitet!
Hab einen schönen Abend.
Carlo

 

„Gandhi heißt Freiheit“, sagte er, küsste dreimal seine linke Handfläche und fuhr sich damit durchs Haar. Ich sah ihn fragend an.
„Na auf den Scheinen ist doch überall Gandhis Kopf drauf. Seh ich gut aus?“

Seh ich das richtig,

liebe Chai,

dass zum ersten Mal in den Geschichten die Politik hineinspielt? Ja, und wie‘s darum steht, hab ich kürzlich erst unter der Rezension „Arundhati Roy - Das Ministerium des äußersten Glücks“ von Manuela K. Kurz abgerissen (p?threads/arundhati-roy-das-ministerium-des-äußersten-glücks.64320/#post-723210) dargestellt Das kann kein Zufall sein. Deine Geschichte kann unbescholten die Rubrik „Historik“ bereichern und dann noch die Trump Wahl, dass Modis “Make in India“ um einen amerikanischen Slogan ergänzt wird. Nur kein Europäer ruft "Make Europe ..." Und bleibt zu hofffen, dass unter allen zwoten Buonapartes keiner seinen Bismarck findet ...

Aber am meisten hat mich in meinen Quellen eine Parallele zu Europa erschreckt, nämlich dass der abendländischen Furcht vor den Flüchtlingen im Subkontinent die allgemeine Furcht vor der „Islamisierung Indiens“ mit Pakistan als dem Erzfeind breitmacht, was sich in wahrhaft absurden Ereignissen äußert, wenn etwa „im Februar dieses Jahres eine in orange – der Farbe des Hindu-Nationalismus – gekleidete Frau auf einem öffentlichen Platz die Hinrichtung einer Mahatma-Gandhi-Pappfigur [inszenierte]. Hämisch filmten die Umstehenden die mit einer Spielzeugpistole verübte Tat.“ (L. K. Sharma : „Indien: Die Wahl der Angst“ (in den Blättern für deutsche und internationale Politik 7‘19 , S. 65 ff.).

Gandhi

bedeutet also einigen Indern keineswegs Freiheit. Aber welche Abbildung findet sich auf den neuen Scheinen?

Aber zum Text

Schon der einleitende Dialog, mit seinen „echt“ und „ehrlich“ deutete es für mich an, dass was nicht stimmt. Denn wenn Adjektive wie „echt, ehrlich, wahr“ und Redewendungen wie „kannstu mir glauben“ fallen, sollte man vorsichtig sein. Was bedarf eine ehrliche Aussage des schmückenden und scheinbar verstärkenden Adjektivs?

Trotz des Ventilators war es in dem engen Zimmer wie in der Sauna gewesen.
Wurde schon vorgeschlagen: „Wegen“ kann weg

Sie erblickte die Scheine in meiner Hand, wischte sie sich die Hände an der Pumphose ab, …
"sie" kann weg, hättestu den Satz als Hauotsatz gedacht, stünde das "sie" an erster Stelle "sie wischte sich ..."

Ein goldener Ring mit rotem Stein umklammerte den Mittelfinger.
Hm, Ringer können sich umklammern (= packen + krampfhaft festhalten). Ein Ring kann von sich aus nix aktiv, ist immer passiv. Er wird getragen, angesteckt, getauscht usw.

'Ne Lektion für alle, die ihr Geld unter der Matratze horten“, …
Da hat ein Vorredner recht: ‘ne, die Majuskel ist ausgefallen ...

..., atmete einmal tief durch und bat ihn, mir viertausend Rupien ausszuzahlen.
Ein s zu viel!
Drinnen war es stickig. Draußen klappten Wagentüren.
klapperten

Gern gelesen vom

Friedel

 

Ach @Bas, du glaubst gar nicht, wie ich mich über deinen Kommentar gefreut habe. :herz: Wie schön, dass ich dich auch mit dieser Geschichte wieder begeistern konnte!

das wird kein langer Kommentar, aber ich wollte dich unbedingt wissen lassen, wie gerne ich das gelesen habe.
Das reicht mir vollkommen, lieber Bas.

Von Anfang bis Ende.
Das freut mich sehr, denn aus den folgenden Kommentaren habe ich herausgelesen, dass mein Ende offenbar nicht hingehauen hat. Zumindest nicht so, wie ich es wollte. Ein Happy End im klassischen Sinne sollte es nämlich nicht sein, auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick so wirkt.

auf und ab lief
ist geändert.

… in bemühtem Amerikanisch

Englisch
Hast du schon mal gehört wie es klingt, wenn jemand amerikanisch-cool klingen will, das aber nicht hinhaut? Das ist so ein ganz bestimmter Sound, der da kopiert wird, und das R wird natürlich besonders betont. Ein bemüht englischer Sound klingt anders. Ich werde es also so lassen. :)

Trotz Satzanfang klein beginnen, also " 'ne " Lektion. Zu den Apostrophen noch: Die benutzt du auch bei " hab' ", " treff' ", usw., das braucht man aber gar nicht.
Ja, die Apostrophe … So ganz kapiert hab (ohne Apostroph) ich immer noch nicht, wann denn nun und wann nicht. Aber ich vertrau dir da einfach mal.

Das kann doch kein Zu ...

Aber normalerweise ist da doch eine Leerzeile vor den Punkten. Oder ist es deshalb anders, weil mitten im Wort abgebrochen wird? Kommen dann die Punkte direkt ran? Ich bin mir nicht sicher und lass es erstmal so.

Nachbaraus

Nachbarhaus
Ja, blöd. Dank dir!

Viertelstunde, kurz darauf noch mal
Auch so ein Fehler, den ich immer wieder mache. Dafür also auch danke.

Zum Abschluss noch eine Bitte: Schreib endlich einen Roman.
Auch dafür ein fettes Dankeschön! Ja, das spukt mir schon seit einiger Zeit im Kopf rum. Nur ist mir bis jetzt noch kein so richtig guter Plot eingefallen, der
irgendwo auf Seite 632
(:eek:) immer noch spannend ist. Aber ich freue mich sehr sehr darüber, dass es offenbar Leute gibt, die gerne mehr lesen würden.

Hab vielen Dank für den schönen und motivierenden Kommentar. Der Tag fing für mich heute ziemlich Scheiße an, aber jetzt geht's mir schon besser!

Viele liebe Grüße von Chai


Hey @Anne49,
ich fühle mich sehr geehrt, dass du zu meinen Geschichten immer mal wieder kurz auftauchst. Aber es ist auch schade, dass man sonst gar nichts mehr von dir hört. Würde gerne mal wieder was von dir lesen. :deal:

Ja, das mit dem Ende, das beschäftigt mich schon. Carlo ging es offenbar ähnlich wie dir. Hm. Ich will jetzt noch nicht zu viel sagen, weil ich immer noch hoffe, dass andere Leser da vielleicht noch durchsteigen. Nur so viel: Es soll kein drangepapptes Happy End sein, wo plötzlich aus heiterem Himmel alles gut wird. Es bezieht sich auf jeden Fall auf den Rest der Geschichte. Habe einige Hinweise im Text eingestreut, wollte aber eben nicht zu viel verraten, damit der Leser nicht wieder das Gefühl hat, er bekommt alles vorgekaut, oder dass alles zu offensichtlich ist. Vielleicht sagen ja noch andere was dazu.

Einerseits kenne ich den Umrechnungsfaktor nicht. Andererseits würde ich auch sehr gut ohne die Umrechnung in Euro auskommen. Würde den Text flüssiger machen. Schließlich habe ich immer noch keine Vorstellung davon, was man sich in Indien dafür kaufen kann.
Ja, das ist in der Tat ein Problem. Und es würde auch nichts bringen, da großartig rumzuerklären, das haut nur raus. Ich grüble mal weiter ...

Zweimal "echt" ziemlich dicht hintereinander. Vielleicht ließe sich eines davon streichen?
Weil das im Dialog ist, fand ich das jetzt nicht so schlimm. Worüber ich allerdings stolper, ist, dass das zwei verschiedene Sprecher sind. Auch da überlege ich noch.

Den letzten Teil kapiere ich nicht. Bezieht sich wohl auf den Song?
Nee, das soll klarmachen, dass sie einerseits gut auf die Verwirrungen der Pubertät verzichten kann, andererseits aber im Erwachsenenleben eben auch nicht alles so einfach ist.

Ambient-Musik

Was ist das denn?
Fahrstuhlmusik. Musik, die im Hintergrund seicht dahinplätschert.

… war es wie in der Sauna gewesen.

Hier würde ich "gewesen" streichen.
Da sagste was. Allerdings steht sie ja jetzt draußen und ist erleichtert, dass es da kühler ist.

Ein goldener Ring mit rotem Stein umklammerte den Mittelfinger.

Hier wäre ich für "umschloss".
Yep. Dank dir. Habe ewig überegt hier, um das trug zu umgehen, aber darauf bin ich nicht gekommen.

Es heißt "sich treffen" (reflexives Verb), aber das klänge doof ("Lass uns uns ... treffen"). Also vielleicht umformulieren? Treffen wir uns heute Abend im Restaurant? Oder so.
Weil auch hier wieder wörtliche Rede, würde ich es ganz gern so lassen, aber wenn das natürlich für jeden zweiten Leser wie chinesisch daherkommt, muss ich mir wohl was überlegen. Fragen soll er aber nicht, is nich seine Art. :D
Ich hatte da einerseits das englische "Let's meet …" im Kopf, andererseits kenne ich lass ma treffen sowohl aus Norddeutschland als auch aus Berlin.

Brainfeverbirds

Was ist das denn? Sorry für die vielen blöden Fragen.
Nee, gar nicht blöd, is ja nun nich so'n geläufiger Ausdruck. Eine regionale Vogelart. Habe das bird mittlerweile durch Vogel ersetzt, damit es klarer wird.

Die Kommasachen und das Chai schlürfend habe ich übernommen. Dank dir.

Mir gefällt die exotische Atmosphäre. Mir gefällt der trockene Humor, der ab und zu aufblitzt. Mir gefällt es, nahe an den Gedanken der Erzählerin dranzusein.
Danke. Darüber freue ich mich sehr. Wie auch über den ganzen Kommentar.

Liebe Grüße von Chai

 

Liebe @Chai,

schon gang, ganz lange wollte ich dir einen Leseeindruck zu einer deiner Geschichten geben. Bisher hat es nicht gepasst.

Nun bin ich da und ich schließe mich erst mal dem Lob der anderen an, was die sprachliche Gestaltung der KG betrifft. Sauber und ausgewogen, sogar unaufgeregt würde ich behaupten. Da wirkt nichts bemüht oder verkrampft, man spürt, die Autorin will keine originellen Sprachbilder kreieren, sondern gelesen und verstanden werden. Ja, durch den Text flutscht man nur so durch.

Wenn man so will, ist die Geschichte ein Teil einer Serie und im Vergleich mit den vorangegangenen weist sie für mich ein sehr hohes Spannungspotential auf.
Ich wollte unbedingt aufgeklärt werden, was es denn nun mit der geheimnisvollen Beschäftigung von Arjun auf sich hat. Macht er krumme Geschäfte oder beglückt er als Gigolo reiche Ausländerinnen? Leicht machst du es dem Leser nicht, dieses Rätsel zu lösen. Du möchtest schon, dass sich die Lösung nicht so ohne weiters offenbart. Bei zweiten Lesen bin ich zu folgendem Schluss gekommen:

Der schlaue Arjun ist zum Kleinganoven mutiert, er ist der Verkäufer des falschen Rubinrings. Er hat Dolly betrogen – die Amerikanerin heißt wie das Klonschaf. Zufall?

Was mich kolossal nervt – und das ist keine negative Kritik, nur ein Ziehen in der Brust, eine Art Frauensolidarität – ist das passive Verhalten deiner weiblichen Hauptfigur. Sie ist in dieser ungleichen Beziehung Arjun gegenüber soooo verständnisvoll, dass ich sie am liebsten schütteln würde. Sie hat schon begriffen, dass es nicht mehr lange so weitergehen kann, und dass das Leben ein ständiger Balanceakt zwischen Verständnis und Verzeihen und dem Versuch, ihr eigenes Selbstwertgefühl nicht mit Füßen zu treten, sich selbst nicht ganz aufzugeben, ist. Warum auch immer, aber sie liebt diesen Kerl und will ihn (vorerst) nicht verlieren.
Magst du ihr Grüße von mir ausrichen und sagen, sie soll den Pascha zum Teufel jagen?
Natürlich weiß ich auch, dass deine Dana eine selbstständige, kluge Frau ist, die in ihrer privaten Beziehung den kulturellen, politischen und ökonomischen Hintergrund Arjuns nicht aus den Augen verliert.

Hätte ich einen Wunsch frei gehabt, wäre es bestimmt nicht der, nochmal sechzehn zu sein, aber auch kein Freund, um den ich mich kümmern müsste.
das meine ich, sie hat das Ungleichgewicht längst erkannt
Arjun rührte sich nicht. Ich atmete ein und stieß die Luft durch die Nase wieder aus. Wenige Sekunden später zog ich seinen Kopf an meinen Bauch.
sie ist Freundin, Geliebte und Mutter

„Gandhi heißt Freiheit“, sagte er, küsste dreimal seine linke Handfläche und fuhr sich damit durchs Haar. Ich sah ihn fragend an.
„Na auf den Scheinen ist doch überall Gandhis Kopf drauf. Seh ich gut aus?“
der Titel könnte auch bedeuten, wenn jeder der beiden über genug finanzielle Mittel verfügt, können sie sich loslassen

„Ach was. Ich muss los.“ Er umarmte mich, verteilte Küsse auf meinem Gesicht. Ich musste lachen.
in solchen Momenten fehlt mir das Verständnis für sein Vorgehen, keine Erklärung, nur Andeutungen, herrje, was ist denn das für ein Zusammenleben

Während ich den Laptop in meine Umhängetasche packte, versuchte ich mich auf das Terrassenrestaurant schräg gegenüber zu freuen.
zeigt schön ihre Zerrissenheit

Eingelullt von seichter Ambient-Musik würde ich mich Chai schlürfend in die Welt englischer Geschäftsbriefe vertiefen.
lustig, Chai schlürft Chai

Laxmi hockte vor dem freistehenden Wasserhahn, wusch die nächste Ladung und summte ein Lied. Sie erblickte die Scheine in meiner Hand, wischte sich die Hände an der Pumphose ab, stand auf und sagte, dass ihre Mutter das Geld für ihr Studium spare. Sie solle es einmal besser haben.
das ist hart, sicher auch eine Famile, die die Scheine unterm Kopfkissen hortet und eine Menge verliert

„Wieso ist der Fernseher nicht an?“, rief sie dem Kellner in breitem Amerikanisch zu. Ich rollte innerlich mit den Augen und versuchte, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. „Heute sind Präsidentschaftswahlen in Amerika.“
man benimmt sich immer noch wie zu Zeiten der Kolonialisierung?

Sie setzte sich umständlich, lehnte den Stock an meinen Stuhl.
genau, alles mir

„Übrigens sehen Sie heute Abend mal wieder ganz besonders bezaubernd aus.“ Ich wollte mich bedanken, aber er sah Dolly an. Sie schenkte ihm ein offenes, breites Lächeln und zog die Augenbrauen hoch.
Einige Sekunden sahen die beiden sich an.
schön die Fährte gelegt

„Bei der Vorstellung, dass Trump heute Präsident werden könnte, würde ich am liebsten die ganze Bar leer saufen.“ Ihre Stimme hatte einen weinerlichen Ton angenommen. „Ich schäme mich so für mein Land.“
versöhnt mich wieder etwas mit der alten Lady

„Modi will alle großen Scheine erneuern, 'ne Lektion für alle, die ihr Geld unter der Matratze horten“, sagte eine Frau mit schlohweißem langen Haar und lächelte amüsiert. Mir blieb der Mund offen stehen.
„Endlich ist das Geld nichts mehr wert!“, rief der Typ neben ihr. Sie lachten. Gläser klackten aneinander.
heftig, ist man wirklich so abgebrüht und ignorant

„Was soll man dazu sagen?“, begann sie, als wir wieder auf den Rattanstühlen saßen. „Erst kürzlich habe ich eine große Summe für den Bau einer Schule in Südindien investiert. Alles umsonst.“
das verstehe ich nicht, Dolly wird doch das Geld nicht in Bar gegeben haben

„Ja, vor allem für die Kids. Bildung ist so wichtig, damit sich die Menschen endlich auf Augenhöhe begegnen können und …“ Sie schnipste nach dem Kellner, ...
irgendwie hypokrit

„Modi hat versprochen, dass er die Korruption stoppt. Deshalb haben ihn die meisten gewählt“, sagte Arjun.
Dolly winkte ab. „Und wen trifft das?“ Sie sah ihm fest in die Augen. „Komm mal eben mit.“
Arjun sprang auf, hakte sie unter und begleitete sie aus dem Lokal.
hehe

Ruhig bleiben. Jetzt bloß nichts Unüberlegtes sagen.
„Hast du was mit der?“
Sein Grinsen verschwand, und ein Schatten huschte durch seine Augen. „Sag mal, spinnst du jetzt völlig?“
„Irgendwas läuft doch da.“
Er knallte die Karte zurück auf den Tisch. „So einen Schwachsinn muss ich mir nicht anhören.“
spätestens hier hätte ich ihn an Danas Stelle in die Wüste geschickt

Als ich nach Hause kam, war es bereits dunkel. Vor dem Hof stand ein weißer Maruti Suzuki mit laufendem Motor. Ein älterer Goaner saß am Steuer und rief der Vermieterin etwas auf Konkani zu. Sie stand mit Laxmi auf der Terrasse ihres Hauses, durch die offene Tür fiel spärliches Licht.
„Der Typ ist vorher schon regelmäßig gekommen“, sagte Arjun, als ich ihm davon erzählte. Ich stutzte. Sweet sixteen war wieder da und ein enges Gefühl in der Brust.
mit Recht, aus dem Studium wird wohl nix werden, das Geld des Maruti-Onkels reicht gerade für das Nötigste

„Das ist hier eine reine Männerwirtschaft“, tönte Dolly. „Auf Frauen hören die nicht.“
ist ihr auch schon aufgefallen, dabei weiß sie, sich durchzusetzen

„Dem kleinen Verkäufer?“
„Er war so nett und hat vor zwei Wochen eine Ratenzahlung akzeptiert, aber länger wollte ich den armen Jungen nicht mehr warten lassen.“
Ich sah sie verständnislos an. Dolly hielt mir die beringte Hand hin und legte die andere aufs Dekolletee. „Ich hab dafür ein kleines Vermögen bezahlt.“
„Der ist nicht echt, Madam“, hörte ich den Fahrer.
„Hast du Geld bekommen?“
Ich schluckte. „Nein.“
„Aber ich.
ohne Worte

Liebe Chai, es war mir ein Vergnügen, die Geschichte zu lesen, toll gemacht!
Herzliche Grüße aus NL nach Indien :thumbsup:

 

Hallo, liebe @Chai,

ich habe mich ja sehr gefreut, wieder was neues von dir zum lesen vorzufinden, und Dana und Arjun sind ja inzwischen alte Bekannte. Also, wirklich witzig, interessant und spannend zu lesen, wie es bei den beiden Lebenskünstlern weitergegangen ist.
Geändert hat sich da ja erstmal nix, obwohl:

Arjun kam mit Geld nach Hause
Ein klasse Einstieg, das Hervorheben dieser außergewöhnlichen Besonderheit.
Ich nagte an meiner Unterlippe, sah zu ihm hinüber, dann auf den Boden. Obwohl uns nur ein Schritt trennte, schien mir die Entfernung unüberbrückbar.
Das finde ich für den ja doch mehr saloppen und augenzwinkernden Stil der Geschichte etwas zu pathetisch.
Hätte ich einen Wunsch frei gehabt, wäre es bestimmt nicht der, nochmal sechzehn zu sein, aber auch kein Freund, um den ich mich kümmern müsste.
Das ist irgendwie ungelenk formuliert, oder empfinde ich das nur so? Besser fände ich jedenfalls: … aber auch nicht, einen Freund am Bein zu haben, um den ich mich kümmern musste
Vor dem Fenster glitt die Sonne langsam zwischen den Kokospalmen herab.
Geht auch schöner. Draußen ist schon vergeben, weil es dann gleich kommt, ich weiß, aber vllt. so irgendwie: Ich schaute aus dem Fenster, sah die Sonne zwischen den Kokospalmen ….
Das Restaurant war voller Touristen. Ich ließ die Schultern hängen.
Okay, was hatte sie denn erwartet?
Ich nickte, packte den Laptop aus, klappte ihn auf und sah wieder aufs Meer. Es wehte kein Lüftchen. Ein weißblaues Holzboot glitt der untergehenden Sonne entgegen.
Klingt nett, ich glaube, ich hätte dort auch keine Lust auf den Laptop ...
Sie wirkte aufgebläht in ihrem kurzen Tigerkleid und stützte sich auf einen Stock.
Da hast du ja eine feine Dame in deine Geschichte geschrieben! Dolly ist ja super vielschichtig: nervig, schrill und selbstgerecht, aber gleichzeitig auch aufmerksam, menschenfreundlich, hilfsbereit. Und naiv ...
„Übrigens sehen Sie heute Abend mal wieder ganz besonders bezaubernd aus.“ Ich wollte mich bedanken, aber er sah Dolly an.
Haha, so geht‘s manchmal…
Hatte Arjun das Geld vielleicht auch von irgendeiner reichen Tante, die er hinter meinem Rücken traf? Mein Magen zog sich zusammen. Kurz kam mir in den Sinn, dass ich ihn ja auch unterstützte, aber ich verwarf den Gedanken sofort wieder. Das war etwas ganz anderes.
Das machst du wirklich sehr geschickt! Wirklich spannend, obwohl ich es Arjun nicht wirklich zugetraut hätte ...
„Bei der Vorstellung, dass Trump heute Präsident werden könnte, würde ich am liebsten die ganze Bar leer saufen.“ Ihre Stimme hatte einen weinerlichen Ton angenommen. „Ich schäme mich so für mein Land.“
Ja, die ist ja gottseidank nur nervig, aber nicht doof. Der weinerliche Tonfall passt nicht so ganz zu dem ersten Satz, der klingt ja eher laut dahingegrölt. Vllt. den weinerlichen Tonfall ans Ende der wörtlichen Rede setzen?
„Ich hätte dir doch die Medikamente besorgen können“, sagte ich, als wir einige Stunden später in der ersten Reihe saßen.
Vllt. noch Restaurantterasse oder so, sonst klingt es nach Kino oder Theater
Dolly bestellte ihren Cosmo schon beim Betreten des Lokals und wackelte auf einen freien Platz zu. Als sie uns erblickte, erhellte sich ihr Gesicht. Sie kam an unseren Tisch und nickte Arjun mit einem verbindlichen Lächeln zu. Mein Blick flitzte zwischen den beiden hin und her.
Ruhig bleiben. Jetzt bloß nichts Unüberlegtes sagen.
„Hast du was mit der?“
Das finde ich ja sehr witzig, wie sie sich zur Besonnenheit mahnt und dann so plump mit ihrem Verdacht rausplatzt!
Dann dachte ich an Laxmi. Drei Tage hatte sie nicht gelacht. Danach war alles wie immer gewesen.
„Der Typ ist vorher schon regelmäßig gekommen“, sagte Arjun, als ich ihm davon erzählte. Ich stutzte. Sweet sixteen war wieder da und ein enges Gefühl in der Brust.
Den Teil mit dem Typen und Laxmi habe ich nicht ganz verstehen (oder verstehen wollen). Also prostituiert sie sich, Laxmi?
„Du musst gegen den Automaten schlagen“, sagte Dolly.
Ich sah sie ungläubig an.
„Schlag gegen den Automaten“, sagte sie.
Auch eine schön schräge Szene, die u.a. den Reiz deiner Geschichte ausmacht!
Dolly hielt mir die beringte Hand hin und legte die andere aufs Dekolletee. „Ich hab dafür ein kleines Vermögen bezahlt.“
Der Fahrer schaute sie im Rückspiegel an. Dann drehte er sich um, sah auf den Ring und rümpfte die Nase. Ich bedankte mich und stieg aus.
„Der ist nicht echt, Madam“, hörte ich den Fahrer. „Der Stein ist stumpf. Ein echter Rubin glänzt, der hier nicht. Wo haben Sie den denn her?“
Hier habe ich mir das schon gedacht, was ich mir denke. Also, dass Arjun der „kleine Verkäufer“ ist. Du sagst es ja auch am Schluss nicht wirklich, aber so wird es schon sein.
„Hast du Geld bekommen?“
Ich schluckte. „Nein.“
„Aber ich. Dann mach dich mal hübsch, ich lad dich heut zum Essen ein. Und morgen fahren wir runter nach Kerala und machen mal schön Urlaub. Hab schon alles gebucht.
Ja, also, wenn ich nicht alles falsch verstanden habe, hat Arjun da einen sehr lukrativen Job mit dem Verkauf von gefälschtem Schmuck gefunden. Aber eben auch nicht von langer Dauer, weil, nun „müssen“ sie ja erstmal wieder weg.
Ich zögerte einen Moment.
„Okay“, sagte ich.
Ja, klar, Dana ahnt es, aber sie fragt lieber nicht nach. Und mit Dolly trifft es ja auch keine Arme. Und ein schöner Urlaub zwischendurch ist sowieso nicht zu verachten.
Tolle Geschichte, liebe Chai, habe ich sehr gerne gelesen. Bin gespannt, wie es weitergeht!

Viele Grüße von Raindog

 

Hallo @Carlo Zwei,
auch dir lieben Dank fürs Lesen und Kommentieren.

Aber du hörst dann ja auf – ist das tatsächlich ein Auszug aus einer längeren Erzählung oder sogar einem Roman? Du hast mich jedenfalls sehr neugierig gemacht. Deinen Text habe ich genossen.
Erstmal danke für das Kompliment. Nein, das ist kein Auszug von etwas Längerem, das Ende loest das Geheimnis. Wahrscheinlich erschließt sich das nicht sofort, was ja irgendwo auch gut ist, aber zu verwirrend soll es natürlich auch nicht sein. Jedenfalls sind schon ein paar drauf gekommen. :)


Wenn Arjun kein Essen aus dem Cafe mehr heimbrächte, würden wir Gas zum Kochen brauchen, aber bis das käme, müssten wir in Restaurants essen.

Den Satz habe ich noch zweimal durchgelesen und das »aber bis das käme« immer als »aber bis es soweit käme« verstanden. Der Satzteil bezieht sich aber auf das Gas, oder? Würde ich klarer machen.
Ja, bezieht sich auf das Gas. Ich finde schon, dass das klar rauskommt. Vielleicht liegt es am aber, dass du da etwas anderes reinliest. Hatte erst und, das klingt sicher besser in dem Zusammenhang. Nur hab ich schon in fast jedem Satz ein und, deshalb dachte ich, ich probier mal was Neues aus. Weil sonst keiner drüber gestolpert ist, lass ich das erstmal so.

Diese Beschreibung ist wirklich großartig. Ich erinnere mich an Klassiker-Romane meiner Jugend, die mich mit sowas umgehauen haben. Vielleicht auch, weil ich Edelsteine so liebe ... Ich musste an Flaubert denken, von dem ich nur Salambo, nicht aber Madame Bovary gelesen habe.
Was für ein Kompliment! Danke! Danke! Danke! Ich hab nur Madame Bovary gelesen, und das, ehrlich gesagt, auch nur, weil es umsonst auf meinem E Reader war.

»Lass jetzt« klingt irgendwie komisch. Hab ich so noch nie gehört. Vielleicht einfach »Nicht jetzt.«
Nicht jetzt hieße ja, dass er es auf später vertagt. Es sollte aber sowas wie Lass gut sein heißen. Kann aber auch was Regionales sein.

Lieber Carlo,
nochmals vielen lieben Dank für den schoenen Kommentar. Habe mich sehr über deinen Besuch gefreut.

Liebe Grüße,
Chai

 

Lieber @Friedrichard,
habe mich wie immer sehr gefreut, dass du reingeschaut hast, und deine Frage:

Seh ich das richtig,

liebe Chai,

dass zum ersten Mal in den Geschichten die Politik hineinspielt?

kann ich getrost mit ja beantworten.

Das kann kein Zufall sein
Jein. Die Geschichte schmort schon seit einiger Zeit auf meiner Festplatte, genauer gesagt seit 2017. Kurz nachdem das Drama passiert ist, habe ich die Rohfassung geschrieben und immer mal wieder dran gearbeitet, aber irgendwie wollte es nicht so recht was werden. Deshalb wollte ich eigentlich eine andere Geschichte posten, die mir leichter von der Hand ging.
Aber dann wurde Modi im Juni wiedergewählt, der Kampf zwischen Hindus&Moslems ist gerade mal wieder richtig am Kochen und als ich dann noch deinen Kommentar zu Manuela K's Buchbesprechung (ist schon auf meiner Leseliste) gesehen hab, dachte ich: Nee. Ich werde jetzt diesen Scheißtext irgendwie zu Ende bringen. Passt grad.

„im Februar dieses Jahres eine in orange – der Farbe des Hindu-Nationalismus – gekleidete Frau auf einem öffentlichen Platz die Hinrichtung einer Mahatma-Gandhi-Pappfigur [inszenierte]. Hämisch filmten die Umstehenden die mit einer Spielzeugpistole verübte Tat.“ (L. K. Sharma : „Indien: Die Wahl der Angst“ (in den Blättern für deutsche und internationale Politik 7‘19 , S. 65 ff.).
Ja, das ist schlimm. Viele, mit denen ich gesprochen habe, mögen Gandhi nicht, weil sie ihm die Schuld am Pakistan-Konflikt geben. Als ein guter Freund von mir auch mal sowas fallen ließ, haben wir uns zusammen den Film Gandhi angesehen. Gut, ist'n Film, da wird natürlich auch einiges zurechtgerückt, und ich bin auch nicht mit allem einverstanden, was Gandhi so getrieben hat, aber seine Politik kommt rüber. Am Schluss hat mein Freund mich nur mit großen Augen angesehen und gesagt: "Das war ja eigentlich ein guter Typ." Da ist mir richtig das Herz aufgegangen.
Leider haben viele den Film aber nicht gesehen, bzw. sich näher mit dem Thema beschäftigt. (Das bringt mich auf eine Idee. Vielleicht sollte ich Missionarin werden und mit dem Ghandi-Film durch ganz Indien pilgern. :idee: ). Deshalb sind solche Szenarien leider keine Seltenheit. Und ja,wenn man sich die Welt so ansieht,
bleibt zu hofffen, dass unter allen zwoten Buonapartes keiner seinen Bismarck findet ...

Die indische Filmemacherin Deepa Mehta hat eine Trilogie herausgebracht, in der sie hinter die Maske der indischen Gesellschaft schaut. In Fire thematisiert sie die Ehe, in Water die Witwen und in Earth die Teilung Indiens. Die Filme sind in Indien verboten, in Deutschland müsstest du sie aber kriegen.

Aber welche Abbildung findet sich auf den neuen Scheinen?
Immer noch Gandhi. Zu irgendwas muss er ja gut sein.

Aber zum Text

Schon der einleitende Dialog, mit seinen „echt“ und „ehrlich“ deutete es für mich an, dass was nicht stimmt.

Ganz genau.

Trotz des Ventilators war es in dem engen Zimmer wie in der Sauna gewesen.

Wurde schon vorgeschlagen
Ich weiß, aber ich kann mich damit immer noch nicht so recht anfreunden. Wenn ich es weglasse klingt es doch, als wäre sie immer noch im Zimmer. Sie ist ja aber schon draußen. Ist gewesen grundsätzlich falsch?

Draußen klappten Wagentüren.

klapperten
Das hat schon mal jemand korrigiert, in einer anderen Geschichte von mir. Aber klappen
ist richtig. Eine Tür klappt zu. Klappern würde sie wenn sie nicht richtig zu wäre und während der Fahrt permanent vor sich hinklappert. Klappen ist aber nur ein Geräusch. Buff. Zu.

Die Flüchtigkeiten hab ich ausgemerzt. Dank dir sehr dafür und auch für den interessanten Kommentar. Ist immer schön von dir zu lesen, lieber Freatle.

Monsungrüße von Chai

 

Ach manno, mit dem Türe klappe(r)n hastu den notorischen Fußgänger und führer(schein)losen mit der Gnade des tauben Ohres selbstverständlich voll erwischt, aber was das Problem

Trotz des Ventilators war es in dem engen Zimmer wie in der Sauna
gewesen.
betrifft, kann Deine Frage
Ist gewesen grundsätzlich falsch?
verneint werden. Schulgrammatik kann (und darf, da ministerialbürokratisch abgesegnet und somit amtlich) gar nicht falsch sein. Aber sagen wir nicht i. d. R. schlicht "Ampel" für die amtliche "Wechselblinkanlage",

liebe Chai?

Schönen Restsonntag noch vom

Dante Friedchen

 

Liebes Dante Friedchen,
danke für deine erneute Rückmeldung. Hab ich's mir doch gedacht, dass gewesen nicht falsch sein kann, aber Schulgrammatik will man ja auch nicht. In diesem Fall denke ich aber watt mutt datt mutt, ansonsten fehlt mir da was inhaltlich. Bleibt also drin.

Erneute Grüße!


Liebe @peregrina,
ich habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut. Vor allem über das hier:

Da wirkt nichts bemüht oder verkrampft, man spürt, die Autorin will keine originellen Sprachbilder kreieren, sondern gelesen und verstanden werden.
Vielen lieben Dank und, ja, das stimmt. Es geht mir in erster Linie um's Erzählen.

Leicht machst du es dem Leser nicht, dieses Rätsel zu lösen.
:bounce: Weil es aber alles Sinn zu machen scheint am Ende und du auch erkannt hast, worauf ich hinauswollte, freue ich mich darüber ganz besonders. Vor allem, weil du eine leidenschaftliche Krimileserin bist.

Sie ist in dieser ungleichen Beziehung Arjun gegenüber soooo verständnisvoll, dass ich sie am liebsten schütteln würde.
Ich auch.
Natürlich weiß ich auch, dass deine Dana eine selbstständige, kluge Frau ist, die in ihrer privaten Beziehung den kulturellen, politischen und ökonomischen Hintergrund Arjuns nicht aus den Augen verliert.
Ja, genau dieses Ungleichgewicht wollte ich aufzeigen. Dass sie weiß, dass vieles ganz und gar nicht in Ordnung ist und das auch sagt:
Ich warf ihm einen durchdringenden Blick zu. „Arjun, wenn du hier irgendwelche krummen Sachen machst und ich hab nachher die Bullen vor der Tür stehen, find ich das nicht mehr so lustig.“
„Irgendwas läuft doch da.“
Soooo verständnisvoll ist sie also nicht. Aber dann kommt sie ständig in Situationen, die ihre Schuldgefühle herauskitzeln, ihren Zwiespalt zwischen Kopf und Herz immer weiter auseinanderreißen. Und wie beide damit umgehen/spielen.

Magst du ihr Grüße von mir ausrichen und sagen, sie soll den Pascha zum Teufel jagen?
Ich kann's ja mal versuchen. :lol: Aber wahrscheinlich bringt das nix. Weißt ja, wie es ist, Verliebte wollen sowas ja immer nicht hören, und nachher bin ich noch die Dumme. Nee, da halt ich mich lieber raus. Die Grüße werde ich aber trotzdem ausrichten. :)

der Titel könnte auch bedeuten, wenn jeder der beiden über genug finanzielle Mittel verfügt, können sie sich loslassen
Kann man so sehen, ja.

die Amerikanerin heißt wie das Klonschaf. Zufall?
:lol: Ja, das ist tatsächlich Zufall. Für mich hat Dolly als Name einfach zur Figur gepasst.

in solchen Momenten fehlt mir das Verständnis für sein Vorgehen, keine Erklärung, nur Andeutungen, herrje, was ist denn das für ein Zusammenleben
Dann wäre die Geschichte ja zu Ende gewesen. ;) Er sagt nichts, weil er keinen Bock auf Gezeter hat und auch, um sie nicht mit reinzuziehen. Er küsst sie dann lieber. Dass sie sich von ihm so abspeisen lässt … Tja, Verliebte sind manchmal aber auch zu blöd.

man benimmt sich immer noch wie zu Zeiten der Kolonialisierung?
Leider ja. Nicht alle natürlich, aber es gibt schon so einen bestimmten Menschenschlag, der immer noch glaubt, er sei der Nabel der Welt oder besser gesagt, dort sei er der Nabel der Welt, denn er hat Geld, das viel mehr Wert ist als in seinem eigenen Land und das gibt ihm die Macht, das auszunutzen. Aber weil es schick ist, links zu sein und man weiß, dass so ein Verhalten ja verachtenswert ist, labert man halt viel rum, verhält sich dann aber
irgendwie hypokrit
:thumbsup:
Dolly ist hier das extremste Beispiel, aber auch Dana hat diese Ebene. Auf eine andere Art zwar, aber sie hat sie, und das ist Teil ihres Zwiespalts.

"Endlich ist das Geld nichts mehr wert!"

heftig, ist man wirklich so abgebrüht und ignorant
Ich habe natürlich ein bisschen überzogen, auch um die allgemeine Lage zu verdeutlichen. Und ja, es sind schon einige ziemlich spirituell abgehoben und erträumen sich ihr Utopia in Indien. Die Umstände werden dabei gerne mal etwas aus den Augen gelassen.


das verstehe ich nicht, Dolly wird doch das Geld nicht in Bar gegeben haben
Nee … Hm … Hast recht. Da muss ich mir wohl was überlegen …

"Das ist hier eine reine Männerwirtschaft. Auf Frauen hören die nicht."

ist ihr auch schon aufgefallen, dabei weiß sie, sich durchzusetzen
Positiv betrachtet: ja. Sie weiß auf alle Fälle, wie man Befehle erteilt.

Dank dir für den tollen Kommentar, liebe peregrina, Grüße aus Indien nach NL und noch eine schöne Restwoche von Chai.

 

Hey @Raindog,
wie schön, dich wieder bei mir zu haben. Erstmal danke für das Lob, und dass du immer gespannt bist, wie es weitergeht. Das bedeutet mir sehr viel.

Mit deinen Vorschlägen hast du mich auch wieder kalt erwischt an einigen Stellen. Geht schon mit dem ersten Wackelkandidaten los:

Obwohl uns nur ein Schritt trennte, schien mir die Entfernung unüberbrückbar.

Das finde ich für den ja doch mehr saloppen und augenzwinkernden Stil der Geschichte etwas zu pathetisch
Aaaaargh - der Satz ist ewig rein und wieder raus geflogen, in verschiedenen Varianten zwar, aber er hat sich immer wieder reingemogelt. Ich war mir bis zum Schluss nicht sicher, und dachte, ich probier's mal, aber hast schon recht: Das klingt schon sehr pathetisch. Fliegt raus. Dank dir.


Hätte ich einen Wunsch frei gehabt, wäre es bestimmt nicht der, nochmal sechzehn zu sein, aber auch kein Freund, um den ich mich kümmern müsste.
Das ist irgendwie ungelenk formuliert, oder empfinde ich das nur so? Besser fände ich jedenfalls: … aber auch nicht, einen Freund am Bein zu haben, um den ich mich kümmern musste
Gibt schönere Sätze, das stimmt. Aber das mit dem Bein stört für mich irgendwie den Rhythmus. Ich lass es erstmal so.

Vor dem Fenster glitt die Sonne langsam zwischen den Kokospalmen herab.

Geht auch schöner. Draußen ist schon vergeben, weil es dann gleich kommt, ich weiß, aber vllt. so irgendwie: Ich schaute aus dem Fenster, sah die Sonne zwischen den Kokospalmen ….
Ich weiß. :lol: Ich ist aber auch schon vergeben, das kommt im nächsten Satz.

Das Restaurant war voller Touristen. Ich ließ die Schultern hängen.
Okay, was hatte sie denn erwartet?
Es ist ja noch Vorsaison. Aber vielleicht klemme ich da noch einen Satz zwischen.


„Bei der Vorstellung, dass Trump heute Präsident werden könnte, würde ich am liebsten die ganze Bar leer saufen.“ Ihre Stimme hatte einen weinerlichen Ton angenommen. „Ich schäme mich so für mein Land.“
Ja, die ist ja gottseidank nur nervig, aber nicht doof. Der weinerliche Tonfall passt nicht so ganz zu dem ersten Satz, der klingt ja eher laut dahingegrölt.
Wird umgestellt.

Den Teil mit dem Typen und Laxmi habe ich nicht ganz verstehen (oder verstehen wollen). Also prostituiert sie sich, Laxmi?
Was glaubst du?

„Ich hätte dir doch die Medikamente besorgen können“, sagte ich, als wir einige Stunden später in der ersten Reihe saßen.
Vllt. noch Restaurantterasse oder so, sonst klingt es nach Kino oder Theater
Hier überlege ich noch. Die erste Reihe wurde ja vorher schon mal erwähnt, und ich finde es eigentlich ganz gut so.

Ja, klar, Dana ahnt es, aber sie fragt lieber nicht nach.
:thumbsup:

War mir wie immer ein großes Vergnügen, liebe Raindog. Danke für deine wertvollen Tips und noch einen schönen Resttag.

Liebe Grüße,
Chai

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @Chai,

eine neue Geschichte über die großherzige Deutsche und ihr junges Schlitzohr. Das werde ich mir doch nicht entgehen lassen! Dank deiner Erzählungen ist mir Indien (hier Goa) nicht mehr ganz fremd, vor allem, wie ein kulturell "gemischtes" Paar miteinander zurechtkommt. Deine Prota muss schon einen gewaltigen Spagat machen. Die Rolle der Touristin hat sie ja längst abgelegt, solidarisiert sich eher mit den Einheimischen gegen laute anmaßende Amerikanerinnen, stolpert aber doch über gewisse indische Eigenheiten, vor allem in der Bargeld-Krise, die durch die Einführung der neuen Rupienscheine entstanden ist.

„Sie können mit den alten noch bis Monatsende zahlen, Madam“, sagte der Mann. Ich forschte in seinem Gesicht nach Hinweisen, ihm vertrauen zu können, aber er sah mich so neutral an, als wäre ich ein Möbelstück. Zögernd reichte ich ihm die Karte, atmete einmal tief durch und bat ihn, mir viertausend Rupien auszuzahlen.

Der (deutlich?) jüngere Arjun erhält einen ambivalenten Charakter. Dana muss immer wieder ihre Zweifel an der Beziehung überprüfen, ob es nun um den Altersunterschied oder seine undurchsichtigen Geschäfte geht.

Hatte Arjun das Geld vielleicht auch von irgendeiner reichen Tante, die er hinter meinem Rücken traf? Mein Magen zog sich zusammen. Kurz kam mir in den Sinn, dass ich ihn ja auch unterstützte, aber ich verwarf den Gedanken sofort wieder. Das war etwas ganz anderes.

Mir fiel nichts Aufmunterndes mehr ein, was nicht gönnerhaft geklungen hätte, also konzentrierte ich mich auf die Sonne,

Was den undurchsichtigen Schluss angeht, habe ich ihn so interpretiert:
Dana vermutet, dass Arjan der Verkäufer des unechten Rubinrings an Dolly ist. Aber sie findet nicht die Kraft, Arjun zu beschuldigen. Sie hängt sehr an ihm, fast wie eine Mutter. Da verbirgt sich natürlich ein gewaltiges Konfliktspotential. Schließlich gibt es ja auch noch die siebzehnjährige Laxmi ...
Ich denke, der große Indienroman wird kommen. Das wichtigste Personal hast du ja schon mit Konfliktlagen auf politischer wie persönlicher Ebene. Es fehlt nur noch ein ungeklärter Mord ... Dolly wäre ein passendes Opfer mit weitreichender Strahlkraft bis nach Washington:D...

Noch ein paar Stolpersteinchen:

... aber auch kein Freund, um den ich mich kümmern müsste.

Du kannst "kein" ersetzen durch "nicht einen“, dann passt die Syntax wieder.

Lass uns heute Abend im Restaurant in der Bucht treffen

"treffen" kannst du durch "essen" ersetzen". Dann ist der Satz gerettet, und außerdem ist es ja das, was Arjan vorhat.


Portmonee

Portemonnaie

Wie um Himmelswillen schreibt man korrekt Zweitausendrupienschein? @Friedrichard , du weißt das bestimmt.
Liebe Chai, weiter so, ein spannender Text, da gibt es nichts zu kürzen.

Herzliche Grüße
wieselmaus

 

Moin, moin @Chai, ich wollte ja schon immer mal Indien erkunden ...

gleich vorweg, ich mag Deine Geschichte sehr, so viele schöne Details, die mich mitnehmen und mir mit ganz vielen Kleinigkeiten eine Minieinblick in diese fremde Welt gewähren. Auch Deine Dialog finde ich super, oft klingt das ganz viel reales Leben durch. Ich habe jetzt beim erneuten Lesen des Textes trotzdem mal all den Kleinkram zitiert, der mir so auffiel, also nicht erschrecken

Gandhi heißt Freiheit
wobei der Titel mich gleich neugierig machte, in meiner Studienzeit habe ich viel von Gandhi gelesen, war wohl so eine Phase

Arjun kam mit Geld nach Hause. Achttausend Rupien drückte er mir in die Hand. Ungefähr hundert Euro. Ich zog die Augenbrauen hoch.
Ich stehe ja auf erste Sätze. Den oder die hier finde ich nicht verkehrt, nur der Rythmus, auf Grund ihrer ziemlich gleichen Länge ist gefühlt "langweilig", einfach zu normal. Aber weißt ja, sehr subjektiver Blickwinkel!

„Da würdet ihr Europäer euch nicht mal im Bett für umdrehen.“
schon seltsam die Situation. Hier wird immer über die Ausländer hergezogen, dort ist sie die Ausländerin., die aus einer völlig anderen Welt

Der Song Sweet sixteen fiel mir ein. Hätte ich einen Wunsch frei gehabt, wäre es bestimmt nicht der, nochmal sechzehn zu sein, aber auch kein Freund, um den ich mich kümmern müsste.
Ich glaube, dazu gab es anfangs schon mal eine Nachfrage. Also nur zur Info, ich hake hier auch, den Zusammenhang, von dem Titel auf den hilfsbedürftigen Freund finde ich nur schwer.

Wenige Sekunden später zog ich seinen Kopf an meinen Bauch.
Sehr schön gezeigt, die Beziehung der Beiden.

„Gandhi heißt Freiheit“, sagte er, küsste dreimal seine linke Handfläche und fuhr sich damit durchs Haar. Ich sah ihn fragend an.
wollte ich auch schon, aber dann ...
„Na auf den Scheinen ist doch überall Gandhis Kopf drauf. Seh ich gut aus?“
Das ist für mich so eine gute Dialogstelle. Erst verpasst Du mir ganz kurz mal die Erklärung für dne Titel und dann totaler Themenwechsel - ja, so reden Menschen.

„Arjun, wenn du hier irgendwelche krummen Sachen machst und ich hab nachher die Bullen vor der Tür stehen, find ich das nicht mehr so lustig.“
„Ach was. Ich muss los.“ Er umarmte mich, verteilte Küsse auf meinem Gesicht. Ich musste lachen.
Also ich habe vielleicht noch nicht alle Geschichten dieses Paares gelesen oder ich bin einfach doch ein reines Landei. Ist sie echt so abgeklärt, sieht sie krumme Dinge so gelassen? Interessante Prota, ich werde mich mal an Deine älteren Geschichten machen.

Es war bereits der Achte und die Miete noch nicht bezahlt.
Kleiner Stutzer. Sie sind vor einer Woche eingezogen, mussten sie da nicht gleich bezahlen? Man kennt sich ja nun mal noch nicht?

In der Vorsaison gab es davon nicht viele, und die, die geöffnet hatten, waren teuer.
Zeit, das Haus zu verlassen, denn draußen war es jetzt kühler als drinnen.
das sind so schöne, kleine Details, gefallen mir sehr

Ambient-Musik
:hmm: keine Ahnung, was das sein soll

blickte auf den Felsen, der am Ende der Bucht aufs Meer hinausragte.
Da ist mein Bild schief, kläre mich doch bitte auf. Bei mir ragen Felsen aus dem Wasser, oder sind Klippen, die Brandung schlägt daran. Aufs Meer ragen bei mir Stege, Brücken. Oder Moment? Ein überhängender Fels? Ich muss da dringend mal hin ...

als eine Rentnerin
Woran sieht man das, also das die alte Dame Rente kriegt? Ist mir als Wort einfach nicht sooo schön ...

kurzen Tigerkleid
Okay, ja, jetzt habe ich doch ein Bild. Davon sehe ich in letzter Zeit hie reinige, so nach dem Motto, oh toll, Tigerlook ist wieder in, so wie früher, als ich zwanzig war ... (die sehen sowas von albern darin aus, aber Erinnerung ist alles)

Ich wollte mich bedanken, aber er sah Dolly an.
:D

Kurz kam mir in den Sinn, dass ich ihn ja auch unterstützte, aber ich verwarf den Gedanken sofort wieder. Das war etwas ganz anderes.
genau!

Weg zum Klo. Am Tresen bat ich um die Rechnung.
okay, das ist jetzt echt Klugscheiß, aber mir kam sofort der Gedanke: und wo ist der Laptop?

„Na dann zahl ich wohl besser mal.
Warum, wenn das Geld abgeschafft wird, brauche ich doch gar nicht bezahlen. Die Erklärung mit den großen Scheinen und der Korruption kommt doch erst danach, oder?

„Erst kürzlich habe ich eine große Summe für den Bau einer Schule in Südindien investiert. Alles umsonst.“
Okay, vielleicht sollte ich schlafen gehen ... Warum ist das Geld weg, wenn sie es doch schon investiert hat?

ihm über den Rücken zu streichen, während er sich übergab.
muss Liebe schön sein

„Ihr Touristen könnt noch mit dem alten Geld zahlen, ja. Ich als Inder hab da Schwierigkeiten. Und Medikamente und Verbandszeug muss ich selbst zahlen.“
Auch wieder ein gutes Detail, was die Unterschiede für mich völlig unbeleckte Europäerin zeigt

Dann dachte ich an Laxmi. Drei Tage hatte sie nicht gelacht. Danach war alles wie immer gewesen.
Wie kommt sie jetzt auf Laxmi. Hört sie den Song im Radio? Wo ist der Auslöser, irgendwo fehlt mir da ein Zwischensatz und sei es ein "Mir fiel wieder ein, das ich Laxmi seit drei Tagen nicht Lachen gehört habe ..."

„Eben. Oder willst du zu Fuß zurücklaufen?“
Ginge der Satz auch ohne das "oder?"

„Aber ich. Dann mach dich mal hübsch, ich lad dich heut zum Essen ein. Und morgen fahren wir runter nach Kerala und machen mal schön Urlaub. Hab schon alles gebucht.“
Ja, schön aufgeklärt, ohne mir alles mit dem Holzhammer um die Ohren zu hauen. Ich würde den Satz mal ohne das theoretisch unnötige "mal" probieren.

Ich zögerte einen Moment.
„Okay“, sagte ich.
Wie gesagt, die Dame ist echt abgeklärt, Indien und die anscheinend dort herrschenden Bedingungen färben wohl ab. Ich schaue bei Gelegenheit mal in Deine älteren Geschichten rein, aber keine Sorge, ohne Kommentar.
Liebe Grüße nach Indien
witch

 

Wie um Himmelswillen schreibt man korrekt Zweitausendrupienschein? @Friedrichard , du weißt das bestimmt.

Liebe @wieselmaus ,

noch nie einen fünfhundertmarkschein oder -euroschein ausgeschrieben? Und genau wie er da im Zitat steht wird der 2.000er in Rupien geschrieben.

Tschüss

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @Chai,

mir kommt diese Geschichte ernsthafter und tiefgründiger vor, als deine bisherigen Indiengeschichten, was auch an der politischen Dimension liegt, die du diesmal stärker mit einbringst. Es gelingt dir, zu zeigen, wie gewisse gesellschaftliche Fakten die Beziehung zwischen Arjun und Dana prägen. Für mich ist da soviel Fremdheit spürbar, eine große Schwierigkeit, den anderen zu lesen. Arjun wirkt sehr kindlich, auch intellektuell der Dana eher unterlegen, das irritiert mich schon fast, weil es auch an das Cliché "Eingeborener"/Europäerin erinnert. Sehr interessant die Figur der Dolly. Ich finde sie gleichzeitig entsetzlich, (großartig, wie du ihr Benehmen zeigst) und dann doch wieder nicht so verkehrt. Obwohl Dana eigentlich nichts mit Dolly zu tun haben will, steht die ihr doch näher, als ihr lieb ist und sie nimmt ihre Hilfe an. Am Ende ist Dolly die Betrogene und Arjun der Betrüger, aber, ganz ehrlich, das hatte ich nicht kapiert, ich habs bei @peregrina gelesen. Vielleicht hatte ich gar nicht mit so einer Art Pointe am Ende der Geschichte gerechnet. Das ist alles so vielschichtig, auch viel Atmosphäre. Ich habe gedacht, das wird gar nicht aufgelöst, woher er das Geld hat und Dolly ist halt auf jemanden reingefallen.

„Ach, Arjun, bitte. Wir brauchen das Geld. Du hältst echt nix durch.“
„Ich hab' jetzt 'nen besseren Job, ehrlich.“
„Und was soll das bitte sein?“
„Ich sehe echt nicht mehr ein, sieben Tage die Woche von früh morgens bis Mitternacht zu arbeiten.
Schon recht dicht aufeinander, vielleicht nur pingelig von mir.

Draußen hörte ich Laxmi, die Tochter der Vermieterin, lachen. Sie war sechzehn und lachte den ganzen Tag. Als wir vor einer Woche einzogen, hatte ich das amüsant gefunden, jetzt nervte es nur noch. Der Song Sweet sixteen fiel mir ein. Hätte ich einen Wunsch frei gehabt, wäre es bestimmt nicht der, nochmal sechzehn zu sein, aber auch kein Freund, um den ich mich kümmern müsste.
Schöne Stelle. Den letzten Satz glaube ich ihr nicht so richtig. Sie wirkt eher so, als habe sie jemanden gesucht, um den sie sich kümmern kann. Für mich könnte der Satz auch weg, weil er den interessanten Satz davor so übertönt. Es sagt was über Dana, dass sie keine sechzehn mehr sein will.

Ich finde es ja gut, dass du dich mit einer größeren Summe am täglichen Leben beteiligst
Der Satz klingt gestelzt. Ist das Fettgedruckte als Info wichtig?

„Na auf den Scheinen ist doch überall Gandhis Kopf drauf. Seh ich gut aus?“ Er drehte sich einmal um die eigene Achse. „Wie ein Geschäftsmann?“
Da finde ich ihn zum Beispiel so kindlich, dass er als Mann schon fast gar nicht mehr ernstzunehmen ist. Aber sehr gut gemacht. Er will etwas vortäuschen, was er nicht ist. Sie hat allen Grund zum Mißtrauen.

„Ach was. Ich muss los.“ Er umarmte mich, verteilte Küsse auf meinem Gesicht. Ich musste lachen.
Dass sie sich da so abspeisen lässt!

Erst jetzt bemerkte ich, dass ich im Zimmer auf und ab lief.
Ist das wichtig, dass sie das erst jetzt bemerkt?

Zeit, das Haus zu verlassen, denn draußen war es jetzt kühler als drinnen.
schönes Detail

Draußen roch es nach frischer Wäsche. Lange Leinen mit weißen Laken durchzogen den sandigen Hof mit den drei verwitterten Bauernhäusern, deren schräge Ziegeldächer fast bis zum Boden reichten. Hühner stolzierten zeternd umher. Als mir eine leichte Brise über die Haut strich, schloss ich kurz die Augen. Trotz des Ventilators war es in dem engen Zimmer wie in der Sauna gewesen.
Auch hier finde es es großartig, wie du die Umgebung beschreibst.

Ich beschloss, wieder zu gehen, (doch?)da erhob sich eine Gruppe johlender Engländer vom Tisch dahinter.
Ich glaube hier fände ich es mit "Füllwort" geschmeidiger.


Es wehte kein Lüftchen. Ein weißblaues Holzboot glitt der untergehenden Sonne entgegen.
Gerade wollte ich mich in dem Bild verlieren, als eine Rentnerin an mir vorbei auf den reservierten Tisch zuschlurfte. Sie wirkte aufgebläht in ihrem kurzen Tigerkleid und stützte sich auf einen Stock. Vor dem Schild blieb sie stehen und sah sich suchend um.
„Wieso ist der Fernseher nicht an?“, rief sie dem Kellner in breitem Amerikanisch zu.
Super, wie du die Figur einführst!

Mir fiel auf, dass sie ein hübsches Profil mit einer zart geschwungenen Nase hatte. Ihre blauen Augen blitzten, sie fuhr sich durch das kurze blondierte Haar.
Und wie du ihr doch mehrere Seiten verleihst.

Dolly kramte in ihrer Handtasche, drückte eine Tablette aus einer halbleeren Packung, warf kurz den Kopf zurück und schluckte sie trocken hinunter.
wieder ein schönes Detail

„Sie können mit den alten noch bis Monatsende zahlen, Madam“, sagte der Mann. Ich forschte in seinem Gesicht nach Hinweisen, ihm vertrauen zu können, aber er sah mich so neutral an, als wäre ich ein Möbelstück. Zögernd reichte ich ihm die Karte, atmete einmal tief durch und bat ihn, mir viertausend Rupien auszuzahlen.
„Modi hat das Richtige getan“, sagte er, als er die Scheine auf den Ladentisch legte. „Er hat nur überstürzt gehandelt.“
Ein Reporter mit feistem Gesicht sprach von Massenpanik, die das ganze Land erfasst hätte, während vor mir auf der Straße alles seinen gewohnten Gang zu nehmen schien.
Das muss ja der Hammer gewesen sein, mit dieser Geldentwertung. Und offenbar mit erstaunlich viel Verständnis der indischen Bevölkerung, zunächst jedenfalls.

Ich sah den zerfledderten Verband an und musste grinsen.
Hier hat ihr Grinsen auch etwas Überhebliches

„Ihr Touristen könnt noch mit dem alten Geld zahlen, ja. Ich als Inder hab da Schwierigkeiten. Und Medikamente und Verbandszeug muss ich selbst zahlen.“
Etwas, was diese Beziehung sehr prägt, oder? Ihr Schuldgefühl als Privilegierte. Seine Verbitterung.

Arjun sprang auf, hakte sie unter und begleitete sie aus dem Lokal. Ich saß kerzengerade und sah ihnen nach. Dann wieder aufs Meer. Die Sonne verschwand im Dunst, der sich über dem Horizont erhob.
Warum sagt Dolly hier nicht, dass sie Arjun schon kennt? Warum so geheimnisvoll?

„Hast du was mit der?“
Sein Grinsen verschwand, und ein Schatten huschte durch seine Augen. „Sag mal, spinnst du jetzt völlig?“
„Irgendwas läuft doch da.“
Er knallte die Karte zurück auf den Tisch. „So einen Schwachsinn muss ich mir nicht anhören.“
Tja, ist jetzt nicht gerade die geballte Konfliktlösungskompetenz.


Dann dachte ich an Laxmi. Drei Tage hatte sie nicht gelacht. Danach war alles wie immer gewesen.
„Der Typ ist vorher schon regelmäßig gekommen“, sagte Arjun, als ich ihm davon erzählte. Ich stutzte. Sweet sixteen war wieder da und ein enges Gefühl in der Brust.
„Woher willst du das wissen?“, fragte ich.
„Der Ort ist klein.“
Auch etwas, was ich nicht so richtig kapiere. Ein Schutzgelderpresser? Will er Laxmi heiraten? Womit droht er? Ansonsten eine interessante Nebenhandlung.

Die Szene am Automaten wirkt sehr echt. Es ist einfach immer toll zu spüren, dass du weißt wovon du sprichst.

Der Fahrer schaute sie im Rückspiegel an. Dann drehte er sich um, sah auf den Ring und rümpfte die Nase. Ich bedankte mich und stieg aus.
„Der ist nicht echt, Madam“, hörte ich den Fahrer. „Der Stein ist stumpf. Ein echter Rubin glänzt, der hier nicht. Wo haben Sie den denn her?“
„Hast du Geld bekommen?“
Ich schluckte. „Nein.“
„Aber ich. Dann mach dich mal hübsch, ich lad dich heut zum Essen ein. Und morgen fahren wir runter nach Kerala und machen mal schön Urlaub. Hab schon alles gebucht.“
Eigentlich kann man es kaum noch klarer machen. Und jetzt wird das Geld auf den Kopf gehauen und sie sagt okay. Ob Dana ahnt, woher das Geld kommt? Sie selbst rückt damit in ein moralisch fragwürdiges Licht. Sie hat sich von Dolly einladen lassen und geht jetzt von dem ergaunerten Geld in Urlaub. Arjun fühlt sich sowieso den Europäern und Amerikanern gegenüber schlecht behandelt, der hat keine Skrupel. Aber sie hängt auf eine anstrengende Art dazwischen. Mich würde interessieren, was das genau an ihm ist, was sie dazu bringt, das alles auf sich zu nehmen. Er ist schön, er bringt sie zum Lachen, er ist Inder. Hm.

Eine sehr spannende, komplexe Geschichte ist das, liebe Chai, und ich habe es sehr genossen, sie zu lesen.

Herzliche Grüße von Chutney

 

Hey @wieselmaus,
auch dir herzlichen Dank, dass du wieder bei der großherzigen Deutschen und ihrem jungen Schlitzohr zu Besuch warst. Obwohl mir Danas Großherzigkeit mittlerweile etwas auf den Keks geht, muss ich zugeben. Zumal sie hier auch auf einiges Unverständnis - gerade von Frauen - gestoßen ist, das mich nachdenklich gemacht hat. Wie eine Marionette soll sie nämlich nur teilweise wirken, eher zwischen den Extremen schwanken. Diesen Spagat schreibtechnisch hinzukriegen, ist schon 'ne Herausforderung. Aber dafür bin ich ja hier. :D

Der (deutlich?) jüngere Arjun erhält einen ambivalenten Charakter. Dana muss immer wieder ihre Zweifel an der Beziehung überprüfen, ob es nun um den Altersunterschied oder seine undurchsichtigen Geschäfte geht.
Ja genau. Wobei er so viel jünger eigentlich nicht sein sollte. Ich dachte, sie so Mitte dreißig, er Ende zwanzig. Das ist zwar auch schon ein beträchtlicher Altersunterschied, aber nicht so extrem als wenn sie seine Mutter sein könnte. Ich weiß, dass die zwei altersmäßig sehr weit auseinander wirken, er ist sehr kindlich, wirkt fast wie ein Teenager, sie ist organisiert und kümmert sich um alles.
Und die Muttergefühle hat sie - ganz klar. Und so verhält sie sich auch. Und er verhält sich wie ein Sohn.
Gut, ist sicherlich nicht die einzige Beziehung auf der Welt, wo das so läuft, aber hier mag es extra befremdlich wirken, weil beide noch kultureller und sozialer Background trennt. Das nicht in ein totales Klischee abdriften zu lassen, ist ganz schön schwierig, merke ich. Teilweise sollen zwar Klischees bestätigt werden, dann aber auch wieder nicht.

Was den undurchsichtigen Schluss angeht, habe ich ihn so interpretiert:
Dana vermutet, dass Arjan der Verkäufer des unechten Rubinrings an Dolly ist.
Na da wäre ich aber auch enttäuscht gewesen, liebe wieselmaus, wenn du das nicht rausgefunden hättest.

Es fehlt nur noch ein ungeklärter Mord ... Dolly wäre ein passendes Opfer mit weitreichender Strahlkraft bis nach Washington:D...
:rotfl:

… aber auch kein Freund, um den ich mich kümmern müsste.

Du kannst "kein" ersetzen durch "nicht einen“, dann passt die Syntax wieder.
Jaaa - aber irgendwie ist der Satz so oder so verquast. Aber auch nicht einen Freund, um den ich mich kümmern müsste. Irgendwie klingt das holprig in meinen Ohren. Ich guck mal, wie und ob ich den Satz noch retten kann.

Portemonnaie
Mir wurde gesagt, das hätte sich mittlerweile eingedeutscht.

Liebe Chai, weiter so, ein spannender Text, da gibt es nichts zu kürzen.
:kuss:

War schön mit dir.

Liebe Grüße von Chai

 

Moin @greenwitch,

ich wollte ja schon immer mal Indien erkunden ...
Machen wir jetzt zusammen.
wobei der Titel mich gleich neugierig machte
Das ist ja schon mal ein guter Start. Aber dann:
Arjun kam mit Geld nach Hause. Achttausend Rupien drückte er mir in die Hand. Ungefähr hundert Euro. Ich zog die Augenbrauen hoch.
Ich stehe ja auf erste Sätze. Den oder die hier finde ich nicht verkehrt, nur der Rythmus, auf Grund ihrer ziemlich gleichen Länge ist gefühlt "langweilig", einfach zu normal.
Ich habe auch schon interessantere Anfänge gelesen, da stimme ich dir zu. Der Satzbau ist wenig glamourös, aber inhaltlich passt er für mich. Er sagt etwas über die Situation und deren Beziehung aus.

Hätte ich einen Wunsch frei gehabt, wäre es bestimmt nicht der, nochmal sechzehn zu sein, aber auch kein Freund, um den ich mich kümmern müsste.
Ich glaube, dazu gab es anfangs schon mal eine Nachfrage. Also nur zur Info, ich hake hier auch, den Zusammenhang, von dem Titel auf den hilfsbedürftigen Freund finde ich nur schwer.
Da ist so ziemlich jeder drüber gestolpert, inklusive mir selbst. :D Schon beim Schreiben dachte ich: Die beiden Aussagen passen in der Form überhaupt nicht zusammen. Hatte versucht, hier Infos über Dana einzustreuen, es vielleicht auch bisschen neidisch klingen zu lassen, denn sechzehn ist zwar ein schwieriges Alter, aber hat ja durchaus auch seine guten Seiten. Und wenn Laxmi den ganzen Tag lacht, heißt das ja, dass sie genau diese genießt, während die Prota sich mit alltäglichen Problemen rumschlagen muss. Aber ich merke schon, ich muss viel zu viel erklären. Dachte, ich komme damit durch :). Aber irgendwie haben die zwei Sätze zusammengewürfelt eine kryptische Aussage, das stimmt schon. Chutney hat vorgeschlagen, den zweiten Teil ganz wegzulassen. Ich guck mal, was ich da mache.

„Gandhi heißt Freiheit“, sagte er, küsste dreimal seine linke Handfläche und fuhr sich damit durchs Haar. Ich sah ihn fragend an.
„Na auf den Scheinen ist doch überall Gandhis Kopf drauf. Seh ich gut aus?“
Das ist für mich so eine gute Dialogstelle. Erst verpasst Du mir ganz kurz mal die Erklärung für dne Titel und dann totaler Themenwechsel - ja, so reden Menschen.
Danke schön. Das freut mich sehr!

Ich warf ihm einen durchdringenden Blick zu. „Arjun, wenn du hier irgendwelche krummen Sachen machst und ich hab nachher die Bullen vor der Tür stehen, find ich das nicht mehr so lustig.“
„Ach was. Ich muss los.“ Er umarmte mich, verteilte Küsse auf meinem Gesicht. Ich musste lachen.
Also ich habe vielleicht noch nicht alle Geschichten dieses Paares gelesen oder ich bin einfach doch ein reines Landei. Ist sie echt so abgeklärt, sieht sie krumme Dinge so gelassen?
Über die Szene sind einige gestolpert. Und aus unterschiedlichen Gründen, was ich echt interessant finde. Dem einen ist sie zu verständnisvoll, lässt sich abspeisen, du hältst sie für abgeklärt und gelassen. Mir ist klar, dass ihr Verhalten irritiert. Vor allem, als sie dann plötzlich anfängt zu lachen. Das ist peinlich. Aber ich denke, so sind Menschen manchmal. Sie wollen gar nicht so genau wissen. Und was hätte sie machen sollen? Er hat ja nicht gesagt: "Übrigens - ich hab 'nen Bankraub geplant - geht gleich los." Da könnte sie dann heftig reagieren. Aber er sagt ihr ja nicht, was er vor hat, sie ahnt es bloß und so warnt sie ihn einfach vor. Und als er sie "ablenkt" , fühlt sie sich geschmeichelt und denkt besser nicht mehr drüber nach.

Es war bereits der Achte und die Miete noch nicht bezahlt.

Kleiner Stutzer. Sie sind vor einer Woche eingezogen, mussten sie da nicht gleich bezahlen? Man kennt sich ja nun mal noch nicht?
Das wird oft recht gelassen gesehen, manchmal wird sogar erst am Monatsende gezahlt. Zumindest, wenn es sich um Europäer handelt. Da ist das Vertrauen sehr groß.

Ambient-Musik

:hmm: keine Ahnung, was das sein soll
Chill out-Musik

blickte auf den Felsen, der am Ende der Bucht aufs Meer hinausragte.

Da ist mein Bild schief, kläre mich doch bitte auf. Bei mir ragen Felsen aus dem Wasser, oder sind Klippen, die Brandung schlägt daran. Aufs Meer ragen bei mir Stege, Brücken.
Jetzt hast du mich aber total ins Schleudern gebracht. Ich brüte jetzt schon ewig über deiner Aussage. Also Felsen ragen aus dem Wasser, is klar. Aber das tut ein Steg ja auch. Der ist zwar auch mit dem Land verbunden, aber der Felsen … Ah! Jetzt kapier ich's. Ich hatte den Felsen verbunden mit dem Land vor Augen und du freistehend im Wasser. Nee, denn is klar. Das muss ich nochmal verdeutlichen. Dank dir!

Woran sieht man das, also das die alte Dame Rente kriegt? Ist mir als Wort einfach nicht sooo schön ...
Ich verstehe, was du meinst. Aber ich denke, das klärt sich dann ja auf. Man weiß dann zwar immer noch nicht, ob sie tatsächlich Rente kriegt, vielleicht hat sie ja nie gearbeitet, wer weiß. Aber ich denke, das geht trotzdem durch. Sag ich jetzt mal so. ;)

Am Tresen bat ich um die Rechnung.

okay, das ist jetzt echt Klugscheiß, aber mir kam sofort der Gedanke: und wo ist der Laptop?
Hahaha! Nee, gar nicht Klugscheiß, genau das hab ich auch gedacht beim Schreiben! Hatte sogar erst sowas wie packte den Laptop ein, aber dann dachte ich, ach wozu jedes Detail erwähnen, ist nicht wichtig und merkt eh keiner. :Pfeif:


"Na dann zahl ich wohl besser mal."

Warum, wenn das Geld abgeschafft wird, brauche ich doch gar nicht bezahlen. Die Erklärung mit den großen Scheinen und der Korruption kommt doch erst danach, oder?
Aber wenn das Geld nichts mehr wert ist, macht es ja auch keinen Sinn, es zu behalten.

„Erst kürzlich habe ich eine große Summe für den Bau einer Schule in Südindien investiert. Alles umsonst.“
Okay, vielleicht sollte ich schlafen gehen ... Warum ist das Geld weg, wenn sie es doch schon investiert hat?
Ich hätte wohl lieber schlafen gehen sollen … Das ist auch so eine heikle Stelle. Muss mir da noch was überlegen, das mehr Sinn macht.

Während die Reisfelder an uns vorbeizogen, blitzten Bilder aus den Nachrichten vor meinem inneren Auge auf. Bauern, die ihr Land verloren hatten, geschlossene Konzerne. Hier in Goa war nichts von alldem zu spüren. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Der Fahrtwind fegte mir ins Gesicht. Ich kniff die Augen zusammen. Dann dachte ich an Laxmi. Drei Tage hatte sie nicht gelacht. Danach war alles wie immer gewesen.
Wie kommt sie jetzt auf Laxmi. Hört sie den Song im Radio? Wo ist der Auslöser, irgendwo fehlt mir da ein Zwischensatz und sei es ein "Mir fiel wieder ein, das ich Laxmi seit drei Tagen nicht Lachen gehört habe ..."
Das Fette ist der Auslöser. Aber ich glaube, das Dann dachte ich wirkt so, als wäre ihr das ganz plötzlich eingefallen. Vielleicht sollte ich sowas wie aber dann fiel mir ein schreiben, dann ist der Bezug klarer.

"Eben. Oder willst du zu Fuß zurücklaufen?"

Ginge der Satz auch ohne das "oder?"
Ich finde es mit besser. Natürlich geht beides, aber ohne klingt es schnoddriger in meinen Ohren als sie es sagt. Sie sagt es eher mit einem Augenzwinkern.

und morgen fahren wir runter nach Kerala und machen mal schön Urlaub.

Ich würde den Satz mal ohne das theoretisch unnötige "mal" probieren.
Hier auch. Ich finde das mal mildert den Satz. Ich hab keine Ahnung, wie ich das erklären soll. Mag auch was total Subjektives sein. Oh! Weil der Dialog bei deinem nächsten post gleich kommt, seh ich grad, dass da ja zweimal mal drin ist in dem Satz. Nee, das geht natürlich nicht. Also: Vorschlag angenommen. Und hier isser:

„Hast du Geld bekommen?“
Ich schluckte. „Nein.“
„Aber ich. Dann mach dich mal hübsch, ich lad dich heut zum Essen ein. Und morgen fahren wir runter nach Kerala und machen mal schön Urlaub. Hab schon alles gebucht.“
Ich zögerte einen Moment.
„Okay“, sagte ich.
Wie gesagt, die Dame ist echt abgeklärt, Indien und die anscheinend dort herrschenden Bedingungen färben wohl ab.
Jein. Auch hier haben sich die Geister geschieden. Die einen sagen, ihr fehle die Kraft, etwas zu sagen, andere, sie nähme alles hin, was Arjun treibt bis hin zur moralischen Fragwürdigkeit, der nächste sieht es mit einem Augenzwinkern und sagt sich, mit Dolly träfe es ja keine Arme. Und von allem stimmt etwas. Natürlich wirkt sie moralisch fragwürdig, da gibt's nichts dran zu rütteln. Aber nicht aus Hörig- oder Abgeklärtheit, sondern weil sie merkt, wie sehr er sich darüber freut, sie einzuladen. Er hätte das Geld ja auch einfach auf den Kopf hauen können. Das macht es natürlich nicht besser. Man kann nur hoffen, dass ihr Dolly nie wieder über den Weg läuft. Aber ich habe vorher versucht zu zeigen, in welcher finanziellen Notlage auch sie sich befindet. Zwei Leute durchbringen. Miete zu spät bezahlt. Kein Geld gekriegt. Die Geschichte soll auch zeigen, wie Menschen sich verhalten können, wenn es ihnen an den Arsch geht. Und auch, dass die Beziehung der beiden doch mehr Substanz zu haben scheint als auf den ersten Blick sichtbar wird. Aber das muss ich wohl schon vorher besser verdeutlichen. Ja, da steckt noch Arbeit drin :bib:

Liebe greenwitch, vielen lieben Dank für die hilfreichen Anregungen, und dass du deine Gedanken mit mir geteilt hast.

Liebe Grüße,
Chai

 

Lieber @Friedrichard,
danke für die Zweitausend Rupien (Two Thousand Rupees steht hier auf dem Schein). Kann ich gut gebrauchen ;)

Einen schönen Abend dir!


Liebe @Chutney,
wie immer hat mich dein Kommentar zum Nachdenken angeregt, und dafür danke ich dir. Und natürlich auch dafür, dass du die Geschichte genossen hast. :) Du hast so eine Art, den Finger in die Wunden zu legen, wo ich lieber weggucken will. Das hilft mir sehr!

Es gelingt dir, zu zeigen, wie gewisse gesellschaftliche Fakten die Beziehung zwischen Arjun und Dana prägen. Für mich ist da soviel Fremdheit spürbar, eine große Schwierigkeit, den anderen zu lesen. Arjun wirkt sehr kindlich, auch intellektuell der Dana eher unterlegen, das irritiert mich schon fast, weil es auch an das Cliché "Eingeborener"/Europäerin erinnert.
Ja, das kann ich gut verstehen. Ich denke, es ist sehr schwer, hier das richtige Maß hinzubekommen. Ja, da ist eine große Fremdheit, aber auch Nähe, die ich aber so, wie ich die Story angelegt habe, nicht vermitteln konnte. Da kommt nur das rüber, was unausgesprochen bleibt, die Nähe ist auf Kosten des Plots im Sande verlaufen. Es scheint mir leider nicht gelungen zu sein, beides zu zeigen. Zum Teil wollte ich nämlich mit dem Klischee spielen, dann auch wieder nicht. Der Schluss sollte u.a. auch zeigen, dass er gegen das Klischee handelt, nämlich das Geld mit Dana teilt/sie auch als Verbündete sieht. Und ungebildet oder womöglich dümmlich sollte er eigentlich nicht wirken. Kindlich zwar, aber auch clever.

„Ach, Arjun, bitte. Wir brauchen das Geld. Du hältst echt nix durch.“
„Ich hab' jetzt 'nen besseren Job, ehrlich.“
„Und was soll das bitte sein?“
„Ich sehe echt nicht mehr ein, sieben Tage die Woche von früh morgens bis Mitternacht zu arbeiten.“
Schon recht dicht aufeinander, vielleicht nur pingelig von mir.
Das vermittelt doch Verbundenheit. Sie sprechen gleich! Nee, Scherz bei Seite, da bist du nicht die Erste. Werde das zweite "echt" streichen. Dank dir.

Draußen hörte ich Laxmi, die Tochter der Vermieterin, lachen. Sie war sechzehn und lachte den ganzen Tag. Als wir vor einer Woche einzogen, hatte ich das amüsant gefunden, jetzt nervte es nur noch. Der Song Sweet sixteen fiel mir ein. Hätte ich einen Wunsch frei gehabt, wäre es bestimmt nicht der, nochmal sechzehn zu sein, aber auch kein Freund, um den ich mich kümmern müsste.
Schöne Stelle. Den letzten Satz glaube ich ihr nicht so richtig. Sie wirkt eher so, als habe sie jemanden gesucht, um den sie sich kümmern kann. Für mich könnte der Satz auch weg, weil er den interessanten Satz davor so übertönt. Es sagt was über Dana, dass sie keine sechzehn mehr sein will.
Erstmal danke für das Lob. Dass du ihr den Satz nicht glaubst, finde ich interessant. Das eröffnet mir eine ganz neue Sichtweise über Dana. Aber du hast schon recht, würde sie das wirlich nicht wollen, täte sie es nich tun, nä. Dass der Satz weg kann, wurde auch schon öfter angemerkt, bzw. dass er keine Verbindung zum vorherigen schafft. Tja, ist schwierig. Wenn ich ihn weglasse, sagt das zwar über Dana, dass sie keine sechzehn mehr sein will, aber was hat das für Konsequenzen? Da fehlt dann ja irgendeine Erklärung, warum, denn im restlichen Text ist das ja kein Thema mehr.

"Ich finde es ja gut, dass du dich mit einer größeren Summe am täglichen Leben beteiligst."

Der Satz klingt gestelzt. Ist das Fettgedruckte als Info wichtig?
Ja, damit wollte ich zeigen, dass er sich sonst auch beteiligt, aber eben eher mit Kleinbeträgen. Ohne das Fette klänge es, als würde er nie etwas zahlen. (Was dann ja wieder sehr Klischee wäre).

"Ach was. Ich muss los." Er umarmte mich, verteilte Küsse auf meinem Gesicht.

Dass sie sich da so abspeisen lässt!
Ja, man fragt sich manchmal ...

Erst jetzt bemerkte ich, dass ich im Zimmer auf und ab lief.

Ist das wichtig, dass sie das erst jetzt bemerkt?
Wirklich wichtig ist es nicht, aber für mich trägt es zu ihrer verwirrten Stimmung bei.

Draußen roch es nach frischer Wäsche. Lange Leinen mit weißen Laken durchzogen den sandigen Hof mit den drei verwitterten Bauernhäusern, deren schräge Ziegeldächer fast bis zum Boden reichten. Hühner stolzierten zeternd umher. Als mir eine leichte Brise über die Haut strich, schloss ich kurz die Augen. Trotz des Ventilators war es in dem engen Zimmer wie in der Sauna gewesen.
Auch hier finde es es großartig, wie du die Umgebung beschreibst.
Das freut mich sehr, liebe Chutney. :herz:

Ich beschloss, wieder zu gehen, (doch?) da erhob sich eine Gruppe johlender Engländer vom Tisch dahinter.

Ich glaube hier fände ich es mit "Füllwort" geschmeidiger.
Ja, da hast du recht, es fehlt ein Wort, um im Rhythmus zu bleiben. Hatte erst: Ich beschloss gerade, wieder zu gehen … aber das gefiel mir nicht so. Problem ist, dass mir das Wörtchen doch oder auch jedoch nicht gefällt. Das klingt für mich altertümlich und passt nicht zum restlichen Stil.
P.S.
Habe jetzt gerade hinzugefügt. Da bin ich zwar, wie gesagt, auch nicht 100%ig zufrieden mit, aber der Satz klingt erstmal geschmeidiger.

Es wehte kein Lüftchen. Ein weißblaues Holzboot glitt der untergehenden Sonne entgegen.
Gerade wollte ich mich in dem Bild verlieren, als eine Rentnerin an mir vorbei auf den reservierten Tisch zuschlurfte. Sie wirkte aufgebläht in ihrem kurzen Tigerkleid und stützte sich auf einen Stock. Vor dem Schild blieb sie stehen und sah sich suchend um.
„Wieso ist der Fernseher nicht an?“, rief sie dem Kellner in breitem Amerikanisch zu.
Super, wie du die Figur einführst!
Danke!

Das muss ja der Hammer gewesen sein, mit dieser Geldentwertung. Und offenbar mit erstaunlich viel Verständnis der indischen Bevölkerung, zunächst jedenfalls.
Ja, das war schon ein ziemlicher Schock. Ich habe ja nur ein paar Andeutungen im Text unterbringen können, weil ich keinen riesen Infodump wollte. Gerade die Armen mussten natürlich besonders drunter leiden. Es gab aber auch generell große Verluste, vor allem in der Geschäftswelt. Modi schien verzweifelt und sagte in den Medien, er hätte nicht vorausgesehen, dass das so ein Chaos nach sich zöge. Das haben viele geglaubt.

Ich sah den zerfledderten Verband an und musste grinsen.

Hier hat ihr Grinsen auch etwas Überhebliches
Ja, das stimmt. Und ist für mich ein schöner Kontrast zu ihrer Unsicherheit danach, wenn er sagt, den habe eine Touristin gemacht.

"Ihr Touristen könnt noch mit dem alten Geld zahlen, ja. Ich als Inder hab da Schwierigkeiten. Und Medikamente und Verbandszeug muss ich selbst zahlen."

Etwas, was diese Beziehung sehr prägt, oder? Ihr Schuldgefühl als Privilegierte. Seine Verbitterun
Ja genau. Schön, dass das so bei dir ankam.

Arjun sprang auf, hakte sie unter und begleitete sie aus dem Lokal.

Warum sagt Dolly hier nicht, dass sie Arjun schon kennt? Warum so geheimnisvoll?
Ja, warum eigentlich? Wahrscheinlich, weil ich beim Schreiben noch nicht wusste, wie weit der Leser schon durchblickt und sich sagt: Ach neeee, wusst ich's doch!
Ich hab ja schon am Anfang bei dem Ring gedacht, das ist zu auffällig. Ist manchmal schwer abzuwägen, wann ich zu viel verrate und wann nicht, denn ich kenne die Geschichte ja. Da die meisten das Ende aber eh zweimal lesen mussten, ist das wahrscheinlich egal. Aber so geheimnisvoll tut sie eigentlich nicht, sie lächelt ihm ja verbindlich zu und will dann mit ihm vor die Tür, damit sie ihre Rate bezahlen kann, ohne, dass das jeder mitkriegt. Keine Ahnung, ob die Lösung offensichtlicher gewesen wäre, wenn sie das direkt am Tisch getan hätte. Bin da grad etwas betriebsblind.

„Hast du was mit der?“
Sein Grinsen verschwand, und ein Schatten huschte durch seine Augen. „Sag mal, spinnst du jetzt völlig?“
„Irgendwas läuft doch da.“
Er knallte die Karte zurück auf den Tisch. „So einen Schwachsinn muss ich mir nicht anhören.“
Tja, ist jetzt nicht gerade die geballte Konfliktlösungskompetenz.
Nee :lol:

Dann dachte ich an Laxmi. Drei Tage hatte sie nicht gelacht. Danach war alles wie immer gewesen.
„Der Typ ist vorher schon regelmäßig gekommen“, sagte Arjun, als ich ihm davon erzählte. Ich stutzte. Sweet sixteen war wieder da und ein enges Gefühl in der Brust.
„Woher willst du das wissen?“, fragte ich.
„Der Ort ist klein.“
Auch etwas, was ich nicht so richtig kapiere. Ein Schutzgelderpresser? Will er Laxmi heiraten? Womit droht er? Ansonsten eine interessante Nebenhandlung.
Ich hab ja lange überlegt, ob ich diese Nebenhandlung überhaupt drin lasse oder ob das dann nicht zu angerissen und/oder überladen wirkt. Aber es scheint niemanden gestört zu haben, außer, dass nicht so richtig klar wird, was da eigentlich passiert. Ich habe das bewusst im Unklaren gelassen, um dieser Nebenhandlung nicht zu viel Drama aufzubürden. Es gibt aber Andeutungen, z.B., dass Laxmi mit ihrer Mutter alleine lebt, sie kein Geld haben, und:
Draußen klappten Wagentüren. Den Rest der Nacht blieb es still im Nachbarhaus.
Wäre er ein Schutzgelderpresser oder wollte er sie heiraten, würden sie nicht zu ihm in den Wagen steigen. ;)

Ob Dana ahnt, woher das Geld kommt? Sie selbst rückt damit in ein moralisch fragwürdiges Licht. Sie hat sich von Dolly einladen lassen und geht jetzt von dem ergaunerten Geld in Urlaub. Arjun fühlt sich sowieso den Europäern und Amerikanern gegenüber schlecht behandelt, der hat keine Skrupel. Aber sie hängt auf eine anstrengende Art dazwischen. Mich würde interessieren, was das genau an ihm ist, was sie dazu bringt, das alles auf sich zu nehmen. Er ist schön, er bringt sie zum Lachen, er ist Inder. Hm.
Na, das ist doch schon mal was. :D Nee Quatsch, ich weiß natürlich genau, was du meinst, und du hast mich damit kalt erwischt. Kein Autor will hören, dass seine Figuren nicht so funktionieren, wie er sich das gedacht hat. Und wenn nur das bei dir ankam, hab ich defintiv was falsch gemacht. Das ist bitter. Aber momentan fällt mir auch nicht ein, wie ich das lösen könnte. Er nimmt ja - im Verhältnis zu Dolly - relativ wenig Raum ein in der Geschichte, taucht auf und wieder ab - da blieb mir nicht viel Zeit, das besser auf den Punkt zu bringen, bzw. komplexer zu gestalten. Wahrscheinlich müsste ich ihn nur in der einen oder anderen Szene anders handeln lassen, aber im Moment fällt mir da noch nichts Greifbares zu ein. Und ja, Dana ahnt, woher das Geld kommt, und natürlich rückt sie damit in ein moralisch fragwürdiges Licht. greenwitch fand die Dame total abgeklärt, du scheinst sie eher so zu sehen, als wäre sie Arjun hörig. Ich hatte das eher so gesehen, dass sie selbst total durch ist von dieser Geldgeschichte, sie hat ja nichts bekommen und rechnet fest damit, dass Arjun auch nichts hat. Nun lädt er sie aber plötzlich ein und scheint so stolz auf sich, es ihr auch mal Recht machen zu können, (und es holt ihn am Schluss auch aus dem Klischee Einheimischer nimmt Europäerin aus heraus.) Von daher verdrängt sie den Gedanken schnell wieder.

Liebe Chutney, ich danke dir sehr für deine Gedanken und Anregungen. Es war wie immer schön, dich bei mir zu haben.

Herzliche Grüße zurück von Chai

 

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