Was ist neu

Gespräch

Mitglied
Beitritt
17.08.2004
Beiträge
83
Zuletzt bearbeitet:

Gespräch

„Sieh dich doch nur mal an! Wie schaust du überhaupt aus? Meinst du irgendjemand will mit dir weggehen? Meinst du irgendjemand will dich haben? Mach dich doch nicht lächerlich! Mit all den Pickeln und den fettigen Haaren. Gott, du solltest dich in ein dunkles Loch verkriechen und dort bleiben, bis vielleicht ein Zirkus mal an dir Interesse zeigt.“
Er ließ seine Schultern hängen und den Kopf sinken. Er konnte dem anderen nicht mehr in die Augen blicken. Sagt dieser die Wahrheit? Stimmt es wirklich? Verdammt, was soll ich denn nur tun, wenn er wirklich Recht hat?

„Sieh mich an! Sieh mich an und sag mir doch mal, was du heute Abend machen wirst, hm? Heute ist Samstag, Wochenende, da werden normalerweise Partys gefeiert und man trifft sich mit seinen Freunden.
Aber halt, stimmt! Du hast ja keine Freunde – du hast ja niemanden, der sich mit dir abgeben will – hab’ ich das doch tatsächlich einen Moment lang vergessen.“
Er hatte keine Freunde. Sein Gegenüber hatte Recht, er würde heute Abend nicht weggehen, weil niemand da war, der mit ihm gegangen wäre. Wohin auch? Er traute sich ja kaum aus dem Haus. Wie sollte er es da schaffen, in eine Kneipe zu gehen, wo all die Menschen ihn sehen und anstarren würden.

„Geh wieder nach oben auf den Dachboden; dorthin verkriechst du dich doch immer, wenn dir jemand die Wahrheit ins Gesicht sagt, oder nicht? Geh dorthin und rede dir ein, du hättest keine Zeit – rede dir ein, dass du wichtige Dinge erledigen musst. Das dein Tun Sinn macht - Belüg’ dich ruhig weiter!“
„Und warum bist du überhaupt noch hier? Hast du dich das schon mal ernsthaft gefragt? Hast du irgendeinen Nutzen auf dieser Welt? Meinst du, dich braucht jemand? Was kannst du denn schon – was hast du schon je erreicht in deinem kümmerlichen Leben. Du fehlst niemanden – ich sag dir das. Kein Arsch wird auch nur eine einzelne Sekunde an dich denken, wenn du nicht mehr da bist.“
Er war durch die Schule gerasselt und das ohne einen Abschluss. Er wusste nicht, wie es weitergehen solle und ob es das überhaupt müsse. Er hatte Angst – Angst vor der Zukunft, Angst vor sich selbst.

„Du wärest gerne wie die anderen, nicht? Du würdest gerne so sprechen, so aussehen und dich so verhalten können? Jeden Tag fragst du dich aufs Neue, warum du nur so werden musstest, wie du geworden bist.
Aber du findest keine Antwort auf diese Fragen, stimmt’s? Und soll ich dir auch sagen warum? Scheiße Mann, sieh es endlich ein, es gibt darauf keine Antwort. Nicht für dich – nein, nicht für dich.“
Er konnte das nicht glauben. Er verbarg sein Gesicht in seinen Händen und heiße Tränen liefen zwischen den Fingern hervor. Rotz lief aus der Nase und er atmete stockend. Das durfte nicht wahr sein, es muss doch eine Antwort geben - auch für ihn.

„Meinst du deine Tränen helfen dir weiter? Meinst du, die machen einen anderen Menschen aus dir? Du denkst doch nicht etwa, die helfen dir oben am Dachboden auch nur einen Scheiß Schritt weiter. Wenn du das glaubst, dann bist du noch viel dümmer, als ich dachte.“
Natürlich hatte der andere Recht, aber was sollte er denn dagegen tun? Er konnte sie nicht zurück halten. Die Wahrheit schmerzt, diesen überflüssigen Spruch hört man allenthalben und verdammt, er ist nur zu wahr.

„Das einzige was du kannst ist hassen. Du hasst dich selbst und du hasst die Menschen um dich herum. Das allein kann dir angeblich helfen. Das schützt dich nämlich vor dir selbst – denn nur so musst du dich nicht mit dir selbst beschäftigen.
Aber auch das ist eine Lüge, mein Freund. Du hasst nämlich gar keinen – dass ist nur deine Fassade, hinter der du dich zu verstecken versuchst. Ich frage mich, wie lange das noch gut geht – wie lange du dich noch belügen kannst.“

Er hörte Schritte, die sich seinem Zimmer näherten. Schnell zog er seinen Pullover wieder an, streifte die Tränen und den Rotz an den Ärmeln ab. Seine Mutter klopfte an und betrat das Zimmer.
„Hey, Schatz. Ich habe gerade nach dir gerufen. Ich habe dich oben reden gehört. Hast du telefoniert? Ist alles in Ordnung?“
„Äh – ja. Ein – ein Kumpel aus der Schule hat angerufen. Er – hm – vielleicht gehen wir heute Abend noch weg, mal sehen.“
„Oh, ok. Hm - ich - ich wollte dir nur sagen, dass das Essen fertig ist. Du kannst ja runter kommen wenn du Hunger hast.“

Seine Mutter verließ das Zimmer wieder und schloss leise die Tür hinter sich. Er nahm das schwarze Tuch vom Bett, faltete es langsam auseinander und bevor es wieder den großen Spiegel verdeckte, sah er noch einmal hinein.

 

hi du!
finde die idee deiner geschichte echt gut! fehler kann ich dir leider nicht verbessern, da ich selber furchtbar schlecht in rechtschreibung bin und so:-)
allerdings muss ich sagen, dass ich mir bei deinem ende nicht sicher war, ob der junge sich zusammenreisst, und weggeht, oder sich weiter selbst belügt! vielleicht sehen das andere leser anders, aber für meinen geschmack müsste das besser hervorkommen, da es ja doch die "pointe" der geschichte ist!
also: würd mich freuen wenn du mir sagst, was mit dem jungen ist, oder es in deiner geschichte wie auch immer etwas deutlicher zum ausdruck bringen könntest!

liebe grüße,frotte

 

Na ja, er spricht ja mit sich selbst im Spiegel (ich hoffe, das wurde klar) - und dadurch, dass er seiner Mutter sagt, er habe mit jemandem telefoniert, was er ja gar nicht hat, belügt er sich weiterhin selbst ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Malachy,

Deine Geschichte hat mir gut gefallen. Verwirrt hat mich m Anfang nur das ständige "er", weil ich nicht wusste, auf wen sich der Satz gerade bezog. Aber ich wüsste jetzt auch nicht, wie Du das bei diesem "Selbstgespräch" anders machen könntest :shy:

Die Mutter kommt mir etwas naiv vor. Ich weiß nicht, ob das von Dir so beabsichtigt war. Natürlich wissen viele Eltern nicht, ob ihre Kinder sie anlügen, so wie hier, aber dass sie einfach nicht bemerkt, dass ihr Sohn geweint hat, ist schon sehr "blind". Und sie scheint sich auch nicht darüber zu wundern, dass der Spiegel im Zimmer ihres Sohnes meistens verdeckt ist. Auch wenn sie in Deiner Geschichte das Zimmer schon verlassen hat, da es wahrscheinlich meistens so ist, würde ich mich schon fragen, warum das so ist.

Aber ich hatte beim Lesen auch fast ein wenig das Gefühl, dass sie die Wahrheit einfach nicht sehen will. Denn die Art, mit der sie die Ausrede des Jungens hinnimmt, gibt einem ein Wenig das Gefühl, sie wüsste, dass es eine Lüge ist, dass sie sich aber nicht traut, weiter nach zu fragen.

Jetzt habe ich aber genug geschwafelt :D

Liebe Grüße,
gori

 

das mit dem spiegel war mir klar! wobei ich halt finde, man könte sich durch diesen blick in den spiegel und da zudecken des spiegels auch ein anderes ende vorstellen! aber auch das ist ja nicht schlimm!

liebe grüße und danke fpür die schnelle antwort
frotte

 

Mutter

@ gori
Ja, ich wollte die Mutter so gestalten, dass sie es nicht sehen will - das Zögern ihrerseits werde ich noch ein bisschen deutlicher machen und versuchen, sie anfangs nicht so naiv klingen zu lassen.
Mit dem "er" am Anfang habe ich selbst meine Probleme, aber ich hatte auch keine Idee, wie ich es hätte anders machen können. In der ersten Person schreibe ich nicht gerne.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Malachy,

hast du mich etwas bei meinem Spiegelgesprächen belauscht?

Grundsätzlich gefäällt mir dein "Gespräch" und ich denke, diese Art von Monologen ist erschreckend verbreitet.
Hier würde allerdings aucheine Kritk von mir ansetzen, denn gerade deshalb würde ich Wege in und aus diesem Dilemma natürlich genr zumindest diskutiert wissen.

Technisch empfinde ich deine Geschichte als etwas inkonsequent. Da hätte ich alle beschreibenden Passsagen weggelassen. Andererseits wäre es dann noch mehr ein reines Selbstmitleidsgejammer. Ist also schwierig, zumal ja auch wichtige Informationen darin stecken. In diesem Falle würde ich glaube ich schon zur besseren Trennnung zu einem Namen in den Passagen tendieren, die nicht das Selbstgespräch wiedergeben.

Dein Prot scheint ein schon fast erotisches Verhältnis zu seinem Selbsthass zu haben. Das schließe ich jedenfalls daraus, dass er sich den Pulli auszieht, während er sich im Spiegel beschimpft, ihn aber vor Scham schnell wieder anzieht, als die Mutter klopft.

Die "heißen" Tränen, die er weint sind ein Spur zu viel. Tränen würde reichen.

Er war durch die Schule gerasselt und das ohne einen Abschluss.
erstes hat bei mir zweites eh schon klar gemacht.
Er nahm das schwarze Tuch vom Bett, faltete es langsam auseinander und bevor es wieder den großen Spiegel verdeckte, sah er noch einmal hinein
so wie du es geschrieben hast, schaut er nicht in den Spiegel, sondern in das Tuch.

Soweit meine Gedanken.
Einen lieben Gruß, sim

 

Hallo nochmal,

hatte da doch noch eine Idee :) Nur ein kleiner Vorschlag meinerseits, ich weiß nicht, ob's Dir wirklich weiterhilft.

Eigentlich könntest Du ein paar "ers" durch "der andere" ersetzen oder ähnliches, dann wird's vielleicht einfacher.

Zum Beispiel hier:

Er ließ seine Schultern hängen und den Kopf sinken. Er konnte ihm nicht mehr in die Augen blicken.

Er ließ seine Schultern hängen und den Kopf sinken. Er konnte seinem Gegenüber nicht mehr in die Augen blicken.

 

Auf die enfachsten Sachen kommt man nie selber :)
Danke für den Tipp, ich werds gleich mal überarbeiten

 

Hi Malachy,


ich, als Mutter von zwei Söhnen, finde die Geschichte sehr traurig. :(

Du beschreibst einen Jungen, der Null Selbstbewußtsein hat.
Wir erfahren nicht warum.
Hat er Pickel, ist er Mißgebildet, oder von seinen Eltern zur Unselbstständigkeit erzogen? Haben sie ihm zu wenig, oder zu viel Liebe gegeben? Haben sie ihn zu wenig gelobt oder ermuntert? Oder liegt es einfach in seiner Natur?

Vielleicht spielt das aber auch für die Intention deiner Geschichte keine Rolle.

Er ist verzweifelt über seine Lage. Möchte so gerne anders sein, weiß aber nicht wie er es anstellen soll.
Also, stellt er sich vor den Spiegel, führt Gespräche mit sich selber. Versucht sein zweites Ich aus sich herauszulocken, in der Hoffnung es könne ihm die Antwort geben, ihn wachrütteln.
Er entblößt dabei seinen Oberkörper. Ich sehe darin nicht, wie Sim, Erotik.
Ich sehe darin das Symbol der "Nackten Tatsachen". Nackt wurde er geboren,
nackt will er sich seinem Problem stellen. Der Spiegel ist eine mystiche Verbindung zu seiner Seele. Er bejammert sich zwar selber, aber irgendwann, wird aus dem Jammern Wut (auf sich) neue Gedanken werden geboren.
Das Spiel mit dem Spiegel kommt letztendlich einer Selbsthypnose/Therapie gleich.
Vielleicht weiß er es noch nicht, aber sein Unterbewußtsein.
Darum verhängt er den Spiegel, wenn er sein Gespräch beendet hat.
Denn er ist für deinen Prot, nur zu diesem Zweck von Bedeutung.
Er "alleine" mag sich nicht darin sehn.

Seine Mutter sieht seinen Kummer nicht? Nein, das glaube ich nicht.
Dein Prot will es nur so sehen, weil er denkt, dass keiner ihn mag.
In einer solchen Situation, ist es sehr schwierig zu helfen, weil der Betroffene immer alles anders sieht.
Die Mutter schließt leise die Tür zu seinem Zimmer.
Für mich ein Zeichen, das sie mit ihrem Sohn leidet, den Weg zu ihm jedoch nicht findet. Vielleicht wartet sie darauf, dass er zu ihr kommt. Doch so weit ist er noch nicht. Darum erfindet er das Telefonat mit einem imaginerem Freund.

Marius sieht keine Intention in deiner Geschichte. Ich sehe sie darin, dass ein
Junge, auf dem schwierigen Weg ist, sich selbst zu finden.

Kann sein das du die Geschichte nur so, aus einem Gefühl heraus geschrieben hast. Aber alles kommt aus deiner Selle und nichts nur so.

Und darum finde ich deine Geschichte gut. :)
Die Fehler sind mir egal, die können ja andere kritisieren.
Ein Schriftsteller, lässt sein Buch auch lektorieren. ;)

lieben Gruß, coleratio

 

@ Sim
Einen Namen für meinen Protagonisten hatte ich schon, habe ihn aber absichtlich wieder herausgenommen, da für mich die Annonymität des Jungen eine große Rolle gespielt hat bzgl. der Identifikationsmöglichkeiten für den Leser. Der Junge soll halt nicht für sich stehen, sondern für alle, die wissen, warum er sich selbst im Spiegel beschimpft.
Die beschreibenden Passagen zwischen den Monologen habe ich so knapp wie möglich gehalten, aber weggelassen aus zwei Gründen für mich nicht ratsam:
Erstens zur Betonung des vorher, vom Spiegelbild Gesagten, und zweitens damit es (wie du auch angemerkt hast) kein endloser, langweiliger Monolog wird, bei dem man noch schwieriger zwischen Protagonist und Spiegelbild unterscheiden kann (wenn man das überhaupt kann).

Deine stilistischen Anmerkungen waren richtig :) Deswegen werde ich in der nächsten Woche eine zweite Fassung schreiben und dann nochmal online stellen (was ich sinnvoller finde, als hier alles zu verbessern :))

@ Marius
Ich hatte gedacht, dass die Intention deutlich genug zum Ausdruck gekommen wäre - zumal man eben anfangs nicht denken sollte, dass er in einen Spiegel guggt. Aber wie schon bei sim gesagt, werde ich das in der 2. Fassung berücksichtigen.

@ coleratio
Viele der Gedanken, die du zu meiner Geschichte hattest, waren auch die meinen. Der Text entstand aber nicht aus einer "Gemütslaune" heraus, sondern ich habe da schon einige Tage daran gesessen (hoffentlich trübt das jetzt nicht das Ergebnis :)). Natürlich ist es richtig, dass man sich einen solchen Text nicht ausdenken kann, ohne zumindest die Erfahrungen gemacht zu haben (sei es nun persönlich oder bei einem Freund).

Vielen Dank für eure zahlreichen Kritiken - ich versuche mal sie in der 2. Fassung zu beherzigen, die Intention deutlicher herauszuarbeiten und etwaige Fehler zu vermeiden.

Einen schönen Tag noch
mit lieben Grüßen
Malachy

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom