Was ist neu

Gilt show don’t tell für Sex nicht?

Seniors
Beitritt
10.11.2003
Beiträge
2.248

Gilt show don’t tell für Sex nicht?

Weil in den Threads zu einzelnen Geschichten eine Grundsatzdiskussion über was auch immer (zu Recht) nicht möglich ist, möchte ich hier ein Thema diskutieren, das in den letzten paar Tagen auf dieser Seite für Wirbel gesorgt hat und immer noch sorgt: Wie weit darf man bei Schilderungen der Sex-Szenen gehen?

Wenn es nach mir ginge, dürfte es in der Literatur auch bei diesem Thema keine Grenzen geben. Aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Kaum wird ein Sexakt beschrieben (und nicht umschrieben), schon kommt eine/r und sagt: Das ist pornografisch, das ist tierisch, das gehört sich nicht, hier lesen auch Kinder, hier werden die niederen Instinkte des Menschen angesprochen, man will damit nur Aufmerksamkeit erregen und/oder auf seine Geschichte lenken, man will provozieren, Frauen/Männer erniedrigen, mag sein, dass es das alles gibt, aber man muss das doch nicht schreiben, zumindest nicht in dieser Deutlichkeit, denn das ist etwas Intimes, das nicht in die Öffentlichkeit gehört, weil … siehe Anfang der Aufzählung.

Ich verstehe das nicht. Alles darf in den Geschichten in aller Deutlichkeit beschrieben werden, nur Sex wird trotz der seit nunmehr 40 Jahre dauernden Bemühungen um dessen Enttabuisierung immer noch als etwas Heiliges angesehen, vergleichbar nur noch mit Gott.

Wie ist eure Meinung dazu?

 

Hallo Dion,

mir ginge es nicht um die Ausführlichkeit an sich, sondern darum, wie das literarisch bewältigt würde, welche Formulierungen gewählt werden und in welchem (künstlerischen?) Zusammenhang die geschilderten Sexszenen zum Gesamttext stünden, wenn denn ein solcher Anspruch überhaupt erkennbar würde.

Blöd finde ich die rein spekulativen Texte zu diesem Thema, nach dem Motto "Schaut mal, was ich mich alles zu schreiben traue", wenn eine fragile Handlung nur notdürftiges Transportmittel wird, von einem Fick zum anderen.

Die Frage ist, was will ich, wenn ich mich diesem Thema intensiv widme, den Lesern eigentlich bieten:

Eine Wichsvorlage?
Knisternde, literarisch anspruchsvolle Erotik?
Provokationen?
Ausführliche Informationen über meinen Kenntnisstand in Sachen Sex, um vielleicht auch bestaunt zu werden, weil ich so viel darüber weiß?
Eine ausufernde Diskussionsgrundlage anzetteln?
Mich selbst in Situationen schreiben, die ich immer schon mal erleben wollte?
Einfach mal alles rauslassen, was sich so aufgestaut hat?

Gott, ja, Sex ist doch heutzutage nicht wirklich noch ein Tabuthema. Siehst du das echt so? Ich denke, wenn hier eine Story verfasst wird, und erntet 98% begeisterte Zustimmung, und 2% äußern sich kritisch, dann sehe ich die sexuelle Revolution ein keiner Weise irgendwie gefährdet.

Die Frage ist allerdings, ob man nicht auch beim Thema "Sex" die Toleranz haben muss, Äußerungen zu akzeptieren, die sich gegen eine zu ausführliche Darstellungen von sexuellen Handlungen wenden (aus welchen Gründen auch immer), ohne diese Meinungen gleich als mittelalterlich zu verurteilen. Auch das ist doch letztendlich Geschmacksache. Einige fahren eher auf erotische Darstellungen ab, einige auf die pornografische Variante.

Außerdem reden wir hier eh über Texte (ich gehe mal davon aus, dass wir dieselben Texte meinen), die ich von ihren Inhalten zum Thema Sex eher als harmlos einstufe, da werden ja nicht gerade sexuelle Grenzbereiche ausgelotet, oder?

Allerdings JEDE sexuelle Vorliebe hier in aller Ausführlichkeit zu beschreiben, hielte ich schon für bedenklich, weil es da doch die eine oder andere Richtung gibt, die sich meines Erachtens literarisch nur schwer in den Griff bekommen ließe, ohne nicht doch irgendwie als Sauerei rüberzukommen, nicht wahr? Ich kannte mal eine, die wollte immer ... aber lassen wir das :-)

Im übrigen bin ich ein Verfechter (und nicht nur beim Thema Sex) der Theorie, dass die wirklich große Kunst des Schreibens sein sollte, eben nicht alles ausführlich und deutlich zu sagen, sondern den Text so aufzubereiten, dass der Leser sich noch seinen Teil dazu denken kann. Das sehe ich aber nicht mit der Moralbrille, sondern eher mit der künstlerischen Brille.

Von mir aus kann einer einen Fick von A-Z beschreiben, das würde mich halt nicht interessieren, aber auch nicht aufregen. Die meisten Texte in dieser Richtung wirken auf mich jedenfalls unfreiwillig komisch. Und die Diskussionen zu diesen Thema auch oft.

Rick

 

mir ginge es nicht um die Ausführlichkeit an sich, sondern darum, wie das literarisch bewältigt würde, welche Formulierungen gewählt werden und in welchem (künstlerischen?) Zusammenhang die geschilderten Sexszenen zum Gesamttext stünden, wenn denn ein solcher Anspruch überhaupt erkennbar würde.
Klar, das ist Standard. Aber schon die Frage „welche Formulierungen gewählt werden“ zeigt, dass Sex anders behandelt werden soll. Ich meine, wenn eine Person vulgäre Wörter benutzt, dann muss man das auch hinschreiben, und zwar in aller Deutlichkeit.


Blöd finde ich die rein spekulativen Texte zu diesem Thema, nach dem Motto "Schaut mal, was ich mich alles zu schreiben traue", wenn eine fragile Handlung nur notdürftiges Transportmittel wird, von einem Fick zum anderen.
Dieser Einwand ist nicht sexspezifisch - man kann auch eine Geschichte schreiben, in der es um nichts als ums Essen/Fressen/Kotzen geht. :D


Die Frage ist, was will ich, wenn ich mich diesem Thema intensiv widme, den Lesern eigentlich bieten:

Eine Wichsvorlage?
Knisternde, literarisch anspruchsvolle Erotik?
Provokationen?
Ausführliche Informationen über meinen Kenntnisstand in Sachen Sex, um vielleicht auch bestaunt zu werden, weil ich so viel darüber weiß?
Eine ausufernde Diskussionsgrundlage anzetteln?
Mich selbst in Situationen schreiben, die ich immer schon mal erleben wollte?
Einfach mal alles rauslassen, was sich so aufgestaut hat?

Du hast hier eher negative Motivationen aufgeführt, es gibt aber auch positive:

Zum Beispiel das Leben schildern wie es ist, ohne den Bereich Sex auszuschließen oder zu umschreiben. Sage mir jetzt bitte nicht, dass man das nicht detailliert schreiben muss, wo doch jeder wisse, wie das Ficken geht! Es gibt Vieles, über das wir alle detailliertes Wissen haben und darüber auch schreiben, und doch wird nur bei Sex oft diese Einschränkung gemacht.


Gott, ja, Sex ist doch heutzutage nicht wirklich noch ein Tabuthema. Siehst du das echt so? Ich denke, wenn hier eine Story verfasst wird, und erntet 98% begeisterte Zustimmung, und 2% äußern sich kritisch, dann sehe ich die sexuelle Revolution ein keiner Weise irgendwie gefährdet.
Die Frage ist allerdings, ob man nicht auch beim Thema "Sex" die Toleranz haben muss, Äußerungen zu akzeptieren, die sich gegen eine zu ausführliche Darstellungen von sexuellen Handlungen wenden (aus welchen Gründen auch immer), ohne diese Meinungen gleich als mittelalterlich zu verurteilen.
Es geht nicht um Prozente, sondern um die Radikalität des Einspruchs. Wenn jemand in einer Geschichte nichts als tierische Aspekte sieht und eine Antwort auf die Bitte, seine Aussage doch zu begründen, kategorisch und ohne Angabe von Gründen abweist, dann sind seine, nichts als Verdächtigungen enthaltene Beiträge zu Recht gelöscht worden.


Auch das ist doch letztendlich Geschmacksache. Einige fahren eher auf erotische Darstellungen ab, einige auf die pornografische Variante.
Wie bei der Erotik ist es auch bei der Pornografie vorrangige Absicht, den Konsumenten sexuell zu erregen. – sagt Wikipedia. Doch Erotik wird für etwas Edleres gehalten als Pornografie. Wer dir jemand sagt, das ist nicht erotisch, sondern pornografisch, dann wertet er deine Geschichte ab, selbst wenn er dir gleichzeitig sagt, er wolle damit nicht werten.


Außerdem reden wir hier eh über Texte (ich gehe mal davon aus, dass wir dieselben Texte meinen), die ich von ihren Inhalten zum Thema Sex eher als harmlos einstufe, da werden ja nicht gerade sexuelle Grenzbereiche ausgelotet, oder?
Ja, wir sprechen über denselben Text. Aber interessant finde ich deine Bemerkung über die Grenzbereiche: Würden da, wie du sagst, sexuelle Grenzbereiche ausgelotet, hätte das dann Konsequenzen für dein Urteil über den literarischen Wert der Geschichte?


Allerdings JEDE sexuelle Vorliebe hier in aller Ausführlichkeit zu beschreiben, hielte ich schon für bedenklich, weil es da doch die eine oder andere Richtung gibt, die sich meines Erachtens literarisch nur schwer in den Griff bekommen ließe, ohne nicht doch irgendwie als Sauerei rüberzukommen, nicht wahr?
Im Grunde hast du damit meine eben gestellte Frage schon beantwortet: Sauereien sind mit Literatur nur schwer vereinbar. Oder mit anderen Worten: Das Thema beeinflusst negativ dein literarisches Urteilsvermögen. Habe ich das richtig interpretiert?


Im übrigen bin ich ein Verfechter (und nicht nur beim Thema Sex) der Theorie, dass die wirklich große Kunst des Schreibens sein sollte, eben nicht alles ausführlich und deutlich zu sagen, sondern den Text so aufzubereiten, dass der Leser sich noch seinen Teil dazu denken kann.
Das widerspricht ein bisschen dem vorher Gesagtem – ich meine, von wegen Grenzbereiche und so. Oder bist du der Ansicht, dass auch sexuelle Grenzbereiche beschrieben werden und literarische Höhen erreichen könnten, wenn das nicht zu detailliert geschieht?

Von mir aus kann einer einen Fick von A-Z beschreiben, das würde mich halt nicht interessieren, aber auch nicht aufregen. Die meisten Texte in dieser Richtung wirken auf mich jedenfalls unfreiwillig komisch. Und die Diskussionen zu diesen Thema auch oft.
Das sehen andere – wie man auch an (Selbst-)Löschungen der Kommentare sehen konnte – total anders. Und ich bin überzeugt, dass dieses Thema nur deswegen so kontrovers diskutiert wird, weil wir Menschen unsere Sexualität als etwas – ich sagte es bereits – Heiliges ansehen.

Vielen Dank für deinen Beitrag.

Dion

 

Hallo zusammen!

@ Dion

Interessante Fragestellung, die in schärferer Form schon einmal von einem User angestoßen wurde. Leider wollte dieser nur seine Meinung bestätigt wissen und war für Gegenargumente überhaupt nicht offen.

Anmerkung: Was ich nachfolgend schreiben werde bezieht sich auf keinen spezifischen, hier veröffentlichten Text!

1. Doch, "Show, don't tell" kann meiner Meinung nach auch für Sex gelten, ohne dass das in irgendeiner Art und Weise anstößig wäre. Aber gerade bei dem Thema setzen die meisten Leser härtere Richtlinien.

Das heißt, der Autor muss sich hier besonders über die Wirkung dessen, was er schreibt, bewusst sein. Nicht, um es anderen durch eine Umformulierung recht zu machen, sondern um sich selbst zu schützen.
Denn meiner Meinung nach gilt, was ich in einer anderen Diskussion sinngemäß schrieb: Ein guter Text ist einer ohne Kompromisse, er ist sich selbst treu und nicht darum bemüht etwas anderers zu sein, als er ist.

2. Manchmal ist die Beschreibung sexueller Praktiken nichts anderes als Pornographie. Das ist auch nicht Schlimmes. Ich persönlich rege mich dann auf, wenn Pornographie zu etwas besonderem hochstilisiert werden soll, nur weil sich jemand traut, explizit sexuelle Praktiken zu beschreiben.

Für mich grenzt sich die Erotik von der Pornographie durch den künstlerischen Anspruch ab. In der bildenden Kunst lässt sich das, meines Erachtens nach, sehr schön verdeutlichen, weil man hier sehr leicht den Vergleich zur Pornographie herstellen kann...man muss nur in den Kiosk gehen oder entsprechende Webseiten aufrufen.;-)

3. Ich gebe Rick recht, wenn er sagt, dass viele detaillierte Beschreibungen sexueller Praktiken unfreiwillig komisch sind.

Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass wirklich gute Erotik (ausgehend vom künstlerischen Anspruch) sehr selten ist und den meisten Autoren schwerfällt. Vielleicht ist für den jeweiligen Autor, der sich an so einer Szene versucht, doch mehr dran, als er sich selbst eingestehen möchte. Das fängt ja schon damit an, dass zwangsläufig persönliche Erfahrungen in die Beschreibungen einfließen (und das sollte man nicht außer acht lassen).

4. Du bemängelst, dass Sexualität als etwas besonderes, ja sogar heiliges dargestellt werde. Ich verstehe nicht, was Dich daran so stört.

Zum Einen kann man durch eine relativ kurze Phase der sexuellen Freizügigkeit nicht die Jahrhunderte verschiedenster religiöser Einflüsse und gesellschaftlicher/kultureller Einflüsse einfach wegwischen. Zum Anderen ist es Mitnichten so, dass einzig und allein der Sexualakt als etwas bedeutsames dargestellt wird (wobei ich auch die Dinge, die als unheilig gelten, hier mit hinzu nehmen möchte).

Im Gegenteil, der Mensch möchte glauben, dass das, was er tut, bedeutsam ist. Und das ist vollkommen legitim!
Sogar normalen Alltagserlebnissen wird bisweilen eine Tiefgründigkeit aufgebürdet, ohne dass es ins Absurde abgleiten würde. Im Gegenteil...oftmals führt eine solche Betrachtungsweise zu einem ganz neuen Verständnis dessen, was uns Menschen verbindet.

Ganz ehrlich: Mir geht dieser zunehmende Trend, alles banalisieren und auf einen einfachsten gemeinsamen Nenner herunterbrechen zu wollen, ziemlich auf den Sack (das ist eine generelle Aussage und nicht auf Dich, Dion, oder Deine Fragestellung bezogen).

Banalisieren ist einfach...unverbindlich...neutral. Wer banalisiert, sucht nicht selten einen Effekt in der Effektlosigkeit. Das kann, geschickt eingesetzt, funktionieren, aber meistens wirkt es nur billig und, im schlimmsten Falle, anbiedernd, weil man gerade an solchen Textstellen den Eindruck hat, der Autor wolle uns zeigen, wie stolz er auf seine coole oder liberale Einstellung ist und wie erhaben er über all jene ist, die "verbohrt" sind und "bieder" und "im Mittelalter stecken geblieben".

5. Grenzenlosigkeit ist ebenso ein unsinniges Extrem, wie Freiheitslosigkeit. Es muss Grenzen geben und es wird immer Grenzen geben. Ebenso wird es immer solche geben, die diese Grenzen bewusst überschreiten.

Es muss immer diejenigen geben, die die Grenzen versuchen aufrecht zu erhalten. Sie sind das Standbein während des nächsten Schritts, den eine Gesellschaft bereit ist zu machen.
Diejenigen, die diese Grenzen überschreiten, sind das Bein, das sich anschickt, den Schritt nach vorne zu machen.
Ohne das Bein, das stehen bleibt, fällt man auf die Schnauze. Ohne dass eines der Beine einen Schritt nach vorne macht, gibt es keine Entwicklung in welche Richtung auch immer.

Was ich mit diesem Gedankenfragment sagen will: Grenzen, Tabus, Intimitäten usw. sind ebenso normal und notwendig, wie Sex.

Es macht keinen Sinn, sich über diese Grenzen zu beschweren, man kann aber sehr wohl mit seinen Texten und Geschichten dazu beitragen, einen Schritt nach vorne zu machen. Mit seiner Rolle als potentieller Grenzgänger muss man eben fertig werden.:-)

Auf bald!

Theryn

P.S. Ich entschuldige mich dafür, dass der Text bisweilen wirr erscheint. Ich habe ihn schnell und spontan heruntergeschrieben. Bei Mißverständnissen bitte ich um Rückfrage.:-)

 

1. Doch, "Show, don't tell" kann meiner Meinung nach auch für Sex gelten, ohne dass das in irgendeiner Art und Weise anstößig wäre. Aber gerade bei dem Thema setzen die meisten Leser härtere Richtlinien.
Ganz meine Meinung, Theryn.


Das heißt, der Autor muss sich hier besonders über die Wirkung dessen, was er schreibt, bewusst sein. Nicht, um es anderen durch eine Umformulierung recht zu machen, sondern um sich selbst zu schützen.
Das verstehe ich nicht: Wovor soll sich der Autor schützen?


Ein guter Text ist einer ohne Kompromisse, er ist sich selbst treu und nicht darum bemüht etwas anderers zu sein, als er ist.
Dem stimme ich zu.


2. Manchmal ist die Beschreibung sexueller Praktiken nichts anderes als Pornographie. Das ist auch nicht Schlimmes.
Nicht Schlimmes? Viele, wenn nicht sogar sehr viele, sehen das ganz anders – deswegen gibt es extra einen Paragraphen im Strafgesetzbuch. :D


Für mich grenzt sich die Erotik von der Pornographie durch den künstlerischen Anspruch ab. In der bildenden Kunst lässt sich das, meines Erachtens nach, sehr schön verdeutlichen, weil man hier sehr leicht den Vergleich zur Pornographie herstellen kann...man muss nur in den Kiosk gehen oder entsprechende Webseiten aufrufen.;-)
Na, du scheinst einer der wenigen zu sein, die ganz klar und leicht zwischen Erotik und Pornografie unterscheiden können. Könntest du mir bitte ein paar Kriterien nennen, nach denen du entscheidest?


Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass wirklich gute Erotik (ausgehend vom künstlerischen Anspruch) sehr selten ist und den meisten Autoren schwerfällt. Vielleicht ist für den jeweiligen Autor, der sich an so einer Szene versucht, doch mehr dran, als er sich selbst eingestehen möchte. Das fängt ja schon damit an, dass zwangsläufig persönliche Erfahrungen in die Beschreibungen einfließen (und das sollte man nicht außer acht lassen).
Also diese Zwangsläufigkeit möchte ich bezweifeln, denn das würde bedeuten, dass man authentisch nur noch über Dinge schreiben könnte, die man selbst erlebt hat. Bedenke, was dies für die Krimizunft bedeutete: erst morden, dann darüber schreiben. :D


4. Du bemängelst, dass Sexualität als etwas besonderes, ja sogar heiliges dargestellt werde. Ich verstehe nicht, was Dich daran so stört.
Mich stört das nicht – es ist eine Feststellung.


Zum Einen kann man durch eine relativ kurze Phase der sexuellen Freizügigkeit nicht die Jahrhunderte verschiedenster religiöser Einflüsse und gesellschaftlicher/kultureller Einflüsse einfach wegwischen.
Ja, absolut korrekt.


Zum Anderen ist es Mitnichten so, dass einzig und allein der Sexualakt als etwas bedeutsames dargestellt wird (wobei ich auch die Dinge, die als unheilig gelten, hier mit hinzu nehmen möchte).
Dass die Darstellung des Sexualakts etwas Bedeutsames ist, sagt diese Gesellschaft. Es gibt aber sicher auch andere bedeutsame Dinge – allerdings weiß ich nicht, welche davon du als „unheilig“ betrachtest.


Banalisieren ist einfach...unverbindlich...neutral. Wer banalisiert, sucht nicht selten einen Effekt in der Effektlosigkeit. Das kann, geschickt eingesetzt, funktionieren, aber meistens wirkt es nur billig und, im schlimmsten Falle, anbiedernd, weil man gerade an solchen Textstellen den Eindruck hat, der Autor wolle uns zeigen, wie stolz er auf seine coole oder liberale Einstellung ist und wie erhaben er über all jene ist, die "verbohrt" sind und "bieder" und "im Mittelalter stecken geblieben".
Ich verstehe nicht, was du damit – im Zusammenhang mit der Fragestellung - sagen willst.


5. Grenzenlosigkeit ist ebenso ein unsinniges Extrem, wie Freiheitslosigkeit. Es muss Grenzen geben und es wird immer Grenzen geben. Ebenso wird es immer solche geben, die diese Grenzen bewusst überschreiten.
Ich fürchte, du bringst mit Grenzenlosigkeit und Freiheitslosigkeit was durcheinander. Warum muss es Grenzen – in diesem Zusammenhang – geben? Reinhard May hat mal gesungen: Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein ...


Es muss immer diejenigen geben, die die Grenzen versuchen aufrecht zu erhalten. Sie sind das Standbein während des nächsten Schritts, den eine Gesellschaft bereit ist zu machen.
Diejenigen, die diese Grenzen überschreiten, sind das Bein, das sich anschickt, den Schritt nach vorne zu machen.
Ohne das Bein, das stehen bleibt, fällt man auf die Schnauze. Ohne dass eines der Beine einen Schritt nach vorne macht, gibt es keine Entwicklung in welche Richtung auch immer.
Schönes Bild. Das aber leider nicht funktioniert bzw. von falschen Voraussetzungen ausgeht: Das Gehen auf zwei Beinen ist dauerndes Fallen, das jedoch mit dem jeweils voranschreitenden Bein aufgefangen wird – entgegen deiner Annahme verhindert das voranschreitende Bein, dass wir auf die Schnauze fallen.


Was ich mit diesem Gedankenfragment sagen will: Grenzen, Tabus, Intimitäten usw. sind ebenso normal und notwendig, wie Sex.
Das verstehe ich nicht: Warum sind Grenzen und Tabus – in dieser Fragestellung – notwendig?


Es macht keinen Sinn, sich über diese Grenzen zu beschweren, man kann aber sehr wohl mit seinen Texten und Geschichten dazu beitragen, einen Schritt nach vorne zu machen. Mit seiner Rolle als potentieller Grenzgänger muss man eben fertig werden.:-)
Du meinst damit, gäbe es viele Grenzgänger, die bereit wären, für ihre Grenzübertretungen in irgendwelcher Art zu bezahlen, würde die Grenze einmal obsolet bzw. woanders verschoben werden?

 
Zuletzt bearbeitet:

Rick schrieb:
Gott, ja, Sex ist doch heutzutage nicht wirklich noch ein Tabuthema. Siehst du das echt so? Ich denke, wenn hier eine Story verfasst wird, und erntet 98% begeisterte Zustimmung, und 2% äußern sich kritisch, dann sehe ich die sexuelle Revolution ein keiner Weise irgendwie gefährdet.
Fakt ist, dass Sex leider immer mehr aus dem Alltagsleben ausgeschlossen wird. Der KulturSpiegel hat das letztens in einer seiner Monatsausgaben deutlich gemacht: Schauen wir uns mal die Kinofilme an - besonders die aus den USA.

Da liegen die Damen mit Unterhemdchen im Bett und werden gleich darauf unter der Decke gevögelt. Wer hat in einem Mainstreamfilm in den letzten Jahren noch eine barbusige Frau oder einen nackten Mann gesehen? Wo wurde noch eine Szene gezeigt, in der jemand z.B. aus der Dusche steigt, sich umzieht, auszieht ...?

Da waren die 70-er und 80-er Jahre um einiges freizügiger! Das prägt sich im Unterbewußten doch in die Köpfe ein. Nackt und Sex ist ... hmm... also da möchte ich doch nicht so genau ...

Dann kommt noch die Hemmschwelle des Autors dazu. Soll ich euch mal was sagen? Als ich mich vor einem halben Jahr auf eine Stelle beworben habe, habe ich eine freizügige Kurzgeschichte hier mal für ein paar Wochen rausgenommen, mit dem Gedanken, dass es mir nicht recht wäre, wenn das die Personalentscheider lesen könnten. Transparentes Internet etc. - ihr wißt ja, was ich meine.

Die Rubrik Romantik/Erotik ist auch eine schwierige Schublade. Wenn jemand unter Horror was postet, ist das immer akzeptabel, da es ja Horror ist. Aber was ist Erotik? Wo beginnt die Pornografie? Das sieht jeder anders, da jeder eine andere Hemmschwelle zur ausgelebten Sexualität hat. Ich jedenfalls würde mich für die Rubrik R/E freuen, wenn es immer wieder mal knackige Sexgeschichten gäbe, wenn der Hintergrund der Geschichte das tragen kann.

 
Zuletzt bearbeitet:

Deine Ausführungen, Renate,

zu ferngesteuerten Autos, zu der Werbung mit Sex und dem Beiseiteschieben des Selbsterhaltungstriebs durch Worte etc., schiebe ich einfach beiseite – weil die für mich ein ziemliches Kokolores darstellen. ;)

Betrachten wir den Sex in der angesprochenen Geschichte von einer anderen Seite.
Du hast dich hier offenbar im Thread geirrt – dies ist nicht der Thread zur Geschichte Miraculum. Allerdings sehe ich gerade, dass du dort nicht diskutieren, sondern lieber per PNs kommunizieren willst – warum tust du das nicht?


Ist dieser Sex guter Sex?
Gut, im Sinne von nachahmenswert? Wer so noch keinen Sex gehabt hat, der ist ein schlechter Mensch?
Gut, im Sinne von Sex zwischen liebenden Menschen? Wer noch nie solche Praktiken angewendet hat, der liebt nicht?
Gut, im Sinne von notwendig für die Gesellschaft? Solange nicht die Mehrheit der Bevölkerung ähnliche Erlebnisse gehabt hat, ist es mit der Gesellschaft schlecht bestellt?
Gut, im Sinne von aufklärungsbedürftig? Ein richtiger Orgasmus kommt erst, wenn die Mutter oder Tochter zuschaut?
Gut, im Sinne von beispielgebend? Die Protagonisten sind uns alle Vorbilder!
Mit Ausnahme des letzten Satzes, hast du hier nur Fragen gestellt, obwohl du oben angekündigt hast, Sex von einer „anderen“ Seite zu betrachten - ich vermisse hier schlicht Ergebnisse deiner Betrachtung. Und zu dem einzigen nicht fragenden Satz sage ich: Wir sind hier nicht in der Schule, sondern auf einer Literaturseite, auf welcher man sich bemüht, dem Leben und der Fantasie auf den Zahn zu fühlen. Mit anderen Worten: Wenn du meinst, die Protagonisten haben in der Literatur eine Vorbildfunktion zu erfüllen, dann irrst du, dann bist du hier falsch.


Nein, natürlich nicht
Ah, da ist doch noch eine Antwort auf die Frage: Ist dieser Sex guter Sex? Natürlich lautet deine Antwort auf deine Fragen nein – wer so fragt wie du, der kann die Antwort natürlich auch gleich mitliefern.


aber das Schlechte sollte schon genau dargestellt werden, da es ja in unserer Gesellschaft vorhanden ist.
Das Schlechte? Wie kommst du dazu, der Sex in der Geschichte wäre schlecht bzw. das Schlechte überhaupt gewesen?


Aber warum dann nur Handlungen, wie sie auch in jedem Pornofilm zu sehen sind und keine Darstellungen der Charaktere?
Bei mir lief beim Lesen kein Pornofilm im Kopf ab, aber offensichtlich war das bei dir anders. Wird wohl an der Erziehung liegen. :)


Liegt es vielleicht daran, dass eine Kurzgeschichte Charaktere in dieser Komplexität gar nicht aufzeigen kann und man sich mit simplen Handlungen begnügen muss?
Sex ist nicht simpel und ihn darzustellen auch nicht.

Was du sonst noch schreibst, Renate, kannst du im Miraculus-Thread ausdiskutieren – wir wollen hier nicht über das Vermögen oder Unvermögen einzelner Autoren sprechen.

Ach ja, noch was: Die Sprache ist mehr als eine Ansammlung von Symbolen.

 

Fakt ist, dass Sex leider immer mehr aus dem Alltagsleben ausgeschlossen wird.
Das ist auch meine Beobachtung seit langem – siehe den Thread Ende einer Bewegung?.


Da liegen die Damen mit Unterhemdchen im Bett und werden gleich darauf unter der Decke gevögelt. Wer hat in einem Mainstraimfilm in den letzten Jahren noch eine barbuse Frau oder einen nackten Mann gesehen? Wo wurde noch eine Szene gezeigt, in der jemand z.B. aus der Dusche steigt, sich umzieht, auszieht ...?
Ja, Eyes Wide Shut war so der letzte Film, der etwas mehr zeigte und prompt in Amerika für Aufregung sorgte.


Da waren die 70-er und 80-er Jahre um einiges freizügiger! Das prägt sich im Unterbewußten doch in die Köpfe ein. Nackt und Sex ist ... hmm... also da möchte ich doch nicht so genau ...
So ist das.


Dann kommt noch die Hemmschwelle des Autors dazu.
Ja, die Schere im Kopf ist viel schlimmer als die des Zensors.


Als ich mich vor einem halben Jahr auf eine Stelle beworben habe, habe ich eine freizügige Kurzgeschichte hier mal für ein paar Wochen rausgenommen, mit dem Gedanken, dass es mir nicht recht wäre, wenn das die Personalentscheider lesen könnten. Transparentes Internet etc. - ihr wißt ja, was ich meine.
Da bist du nicht die einzige, die so handeln musste.


Die Rubrik Romantik/Erotik ist auch eine schwierige Schublade. Wenn jemand unter Horror was postet, ist das immer akzeptabel, da es ja Horror ist. Aber was ist Erotik? Wo beginnt die Pornografie? Das sieht jeder anders, da jeder eine andere Hemmschwelle zur ausgelebten Sexualität hat. Ich jedenfalls würde mich für die Rubrik R/E freuen, wenn es immer wieder mal knackige Sexgeschichten gäbe, wenn der Hintergrund der Geschichte das tragen kann.
Ja, das mit Erotik-Rubrik ist wirklich schwer. Während bei Horror die vorrangige Absicht ist, den Leser sich gruseln zu lassen (und deswegen jegliche darin enthaltene Erotik oder Pornografie automatisch nur noch Staffage ist), ist die vorrangige Absicht bei Erotik wie bei Pornografie die gleiche: Den Leser sexuell zu erregen. Und da greifen automatisch subjektiven Kriterien, die einem zudem gar nicht alle bewusst sind. Deswegen wird mit schwammigen Begriffen - wie in meinem Eingangsposting genannt – argumentiert, wenn nicht gleich gesagt, das sei Geschmacksache.

Ich bin immer mehr der Ansicht, dass eine Grenze zwischen Erotik und Pornografie nicht feststellbar ist – jedenfalls solange nicht, bis sich jemand fände, dafür vernünftige und nachvollziehbare Kriterien aufzustellen.

 

Wenn Du schon Sprachfehler beseitigst, warum dann nur halbe Arbeit, wo doch die Sprache für Dich mehr als nur eine Ansammlung von Symbolen ist? Für mich ist die Sprache nur eine Sammlung von Symbolen. Auch wenn es Deine Definition nicht ist, meine ist es und das ist in Deutschland zulässig!
„Kokolores“ ist männlich und nicht sächlich, aber da es nur ein Symbol ist, habe ich Dich trotzdem verstanden.
Ist das alles, was du in diesem Thread zu sagen hast? Über Flüchtigkeitsfehler beim Abfassen von Beiträgen zu reden, dafür habe ich keine Zeit. Falls du es noch nicht gemerkt hast: Hier sprechen wird darüber, ob die in der Literatur gerne erteilte Empfehlung show don't tell auch für Sexdarstellungen gilt, und wenn nicht, warum nicht. Äußere dich zu diesem Thema, sonst schweige!

 

Für mich ist die Sprache nur eine Sammlung von Symbolen. Auch wenn es Deine Definition nicht ist, meine ist es und das ist in Deutschland zulässig!
Die Argumentation läuft nach diesem Muster:
Für mich ist schwarz weiß. Und wenn ich der einzige bin für den schwarz weiß ist, bin ich einzigartig. Ich verstoße gegen Konventionen. Alle großen Geister haben gegen Konventionen verstoßen.
Warum sagst du denn, dass schwarz schwarz ist? Das kannst du vielleicht so sehen. Ich sehe es anders. Ist deins deshalb richtig? Oder nur anders? Ist anders immer falsch? Das hatten wir doch schon mal. Vor 60 Jahren!
Also für mich ist schwarz weiß. Das ist in Deutschland zulässig!

 

Hallo zusammen!

@ Dion

Das verstehe ich nicht: Wovor soll sich der Autor schützen?

Vor der Reaktion der anderen. Davon ausgehend, dass er seine Geschichte tatsächlich ohne Kompromisse schreibt und veröffentlicht, muss er mit Reaktionen rechnen, die auch routinierte Autoren und Kritikempfänger belasten können.
Was ich damit also nur meinte war, dass der Autor sich (natürlich je nachdem, was er schreibt) gegen teilweise barsche Kritik schützen sollte.


Nicht Schlimmes? Viele, wenn nicht sogar sehr viele, sehen das ganz anders – deswegen gibt es extra einen Paragraphen im Strafgesetzbuch. :D

lol, naja, ich hab mich mit der Aussage nun nicht direkt auf das geltende Recht bezogen.:-) Pornographie an sich ist meiner Meinung nach nicht verwerflich, das ist aber etwas, was jeder mit sich selbst ausmachen muss. Womit ich ein Problem habe, ist, wenn Pornographie ungefragt an einen herangetragen wird. Und das passiert leider viel zu selbstverständlich.

Macht das geltende Recht eigentlich einen Unterschied zwischen Porno und Erotik?:-)


Na, du scheinst einer der wenigen zu sein, die ganz klar und leicht zwischen Erotik und Pornografie unterscheiden können. Könntest du mir bitte ein paar Kriterien nennen, nach denen du entscheidest?

Na, ich bilde mir nicht ein, das allgemeingültig formulieren zu können. Die Grenze muss da jeder für sich ziehen.

Aber für mich beginnt Erotik eigentlich an der Stelle, an der Du einen Teil Deiner Kritik angebracht hast.

Warum schreibe ich einen literarischen Text? Weil ich etwas zu sagen oder zu erzählen habe. Der Unterschied zum Sachbuch ist der, dass ich eben nicht lediglich Fakten herunterschreibe...ich versuche den Menschen zu berühren, nicht nur seinen Verstand zu bedienen, sondern auch seine Emotionalität.

Dazu bediene ich mich einer der Geschichte angemessenen Sprache, konstruiere Sachverhalte, die der Leser dank seiner Phantasie nachvollziehen und verfolgen kann. Dazu gehört für mich aber auch, den Schleier des Alltäglichen beiseite zu schieben und die Möglichkeit einer nachvollziehbaren Tiefgründigkeit dahinter einzuräumen.

Dazu gehört für mich dann natürlich auch Sex. Den Sexualakt lediglich detailliert zu beschreiben, passt dann aber nicht in das o.g. Schema. Um diesem zu genügen, müsste ich also, wenn ich die Sexszene einbaue, es tun, um etwas damit auszudrücken oder zu symbolisieren.

Nachvollziehbar wird das Ganze, wenn eine Sexszene benutzt wird, um zu zeigen, wie ein Mann seiner Frau bspw. Gewalt antut. Mit einem solchen Bild fällt es verhältnismäßig leicht, die Brisanz der Situation zu verdeutlichen. Man hat schnell einen Eindruck von der gewaltsamen Unterdrückung der Frau, von der Skrupellosigkeit des Mannes. Jedes Detail des Sexualaktes kann diesen, für den Leser (hoffentlich) unangenehmen Eindruck, verstärken. Natürlich hat das nichts mehr mit Erotik zu tun, aber für die Gedanken, die wir hier austauschen, halte ich das Beispiel für relevant.

Schwierig wird es aber, wenn ich eine Sexszene benutzen möchte, um die aufrichtige Liebe zweier Menschen zueinander zu verdeutlichen. Erstens muss man fragen, wofür eine Sexszene in dieser Sache überhaupt relevant ist. Hat man sich aber dafür entschieden, kommen andere Probleme auf einen zu.

Der mit Liebe assoziierte Sexualakt impliziert eine gewisse Länge, das beiderseitige Genießen der Nähe zum jeweils anderen, die Abgrenzung zum Sex aus purer Lust, all das braucht Zeit.
Man muss ein gutes Timing haben und obendrein dafür Sorgen, dass diese Passage keine Längen hat. Nichts kann so langweilig in geschriebener Form sein, wie ein in die Länge gezogener Beischlaf. Ich lese ja auch keine Bedienungsanleitungen aus purem Vergnügen.;-D
Das heißt aber, man muss eine solche Passage durchgängig so berührend schreiben, dass der Leser davon gefesselt wird.

Und dann kommt dazu auch noch die Schwierigkeit der Formulierung, denn eine unglückliche Formulierung reicht, um diese Einstimmung auf den Text sofort zu zerschlagen. Ich glaube, das ist vergleichbar mit einem hauchdünnen Spannungsbogen, den es sehr leicht zerreissen kann.

Ähnliches gilt auch bei allen Sexszenen, mit denen man etwas anderes verdeutlichen möchte, ohne dass es um Liebe geht. Da hüpfen Mann und Frau in die Kiste, weil sie trauern, verzweifelt sind, glauben, einander zu lieben aber herausfinden, dass dem nicht so ist, weil sie beide grad geil sind oder was auch immer. Für die Geschichte kann in all diesen Fällen interessant sein, dass die beiden miteinander schlafen und was sie dabei oder danach empfinden.
Es stellt sich also auch hier immer die Frage der Relevanz der expliziten Darstellung des Sexualaktes und ob es sich lohnt, die damit verbundenen Risiken (Timing, Länge, Formulierungen usw.) einzugehen.

Ich glaube, dass das, was ich oben schrieb, für viele Leute eine grundlegende Erwartungshaltung ist. Effekthascherei durch Sexszenen ist, meines Erachtens nach, zurecht verpöhnt. Man braucht es nicht und will offenkundig nur etwas damit erreichen, was mit der eigentlichen Geschichte überhaupt nichts zu tun hat. Und das ist ärgerlich, weil dadurch eine evtl. gute Geschichte verwässert und respektlos behandelt wird.

Das oben geschriebene vorausgesetzt, unterscheide ich zwischen Pornographie und Erotik wie folgt:
Pornographie hat als einzige Intention das Lustgefühl des Menschen anzusprechen. Pornographie soll geil machen, soll sexuelle Phantasien hervorrufen und in den Wunsch gipfeln, selbst aktiv tätig zu werden.:-)

Bei der Erotik spielt natürlich auch die Lust eine Rolle. Sex ohne Lust kann nicht funktionieren. Das Entscheidende ist aber, dass Sex nicht nur auf Lust reduziert wird. Demnach ist die Intention des erotischen Textes nicht, den Leser geil zu machen (das kommt dann schon ganz von selbst;-)), sondern den Blick auf das zu richten, was die für die meisten Leser nachvollziehbare Handlung zu etwas Besonderem macht.


Also diese Zwangsläufigkeit möchte ich bezweifeln, denn das würde bedeuten, dass man authentisch nur noch über Dinge schreiben könnte, die man selbst erlebt hat. Bedenke, was dies für die Krimizunft bedeutete: erst morden, dann darüber schreiben. :D

Nene, so meinte ich das nicht:-)

Was ich meinte war, dass man als Leser bei Sexszenen immer davon ausgeht, dass der Autor auf seine eigene Erfahrung zurückgreift.

All die Dinge, in denen wir eigene Erfahrungen gesammelt haben, drängen sich ja nahezu auf, wenn es darum geht, aus dem Nichts heraus einen literarischen Text zu erschaffen. Wenn wir keine eigenen Erfahrungen haben, nehmen wir auch gerne die Erfahrungen anderer, recherchieren, interviewen usw.

Bei einem Mord, da ist das ganz einfach, weil da die meisten Leser keine eigenen Erfahrungen haben, die sie als Referenz heranziehen können. Je mehr Erfahrung ein Leser jedoch in bestimmten Dingen hat, desto kritischer wird er den Text aufnehmen.

Aber auch hier nimmt Sexualität eine Sonderstellung ein, weil es hier nicht DEN einen Erfahrungsschatz gibt, sondern das eigene Erleben Teil der eigenen Intimität ist.

Wenn also jemand explizite sexuelle Inhalte veröffentlicht, dann muss er sich seiner selbst sehr sicher sein oder fahrlässig handeln, weil er im Falle einer "Falschdarstellung" mit einem entsprechenden Feedback zu rechnen hätte.

Ein Autor muss also schon in gewisser Weise mutig sein, weil das Beschreiben des Sexualaktes in der Regel mit dem Abrufen eigener, persönlicher Erfahrungen gleichgesetzt wird. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass man als Autor gerade bei dem Thema nicht auf eigene Erfahrungen zurückgreift.


Dass die Darstellung des Sexualakts etwas Bedeutsames ist, sagt diese Gesellschaft. Es gibt aber sicher auch andere bedeutsame Dinge – allerdings weiß ich nicht, welche davon du als „unheilig“ betrachtest.

Als unheilig bezeichne ich im Diskusssionszusammenhang das, was Menschen einander antun können, wohinter sich allerdings ebenfalls erklärbare Umstände und einfache Handlungen verbergen. Ich habe den Begriff gewählt, um eine Abgrenzung zu Deinem Standpunkt, Sex würde zu etwas Heiligem hochstilisiert, abzugrenzen.

Wir glauben, wenn ein Mensch einen anderen mißhandelt, mißbraucht, foltert, ermordet usw. dann ist das im negativen Sinne etwas Besonderes.

Dabei ist es alltäglich, passiert in jedem Augenblick auf der Welt und ist medizinisch und verhaltensbiologisch nachvollziehbar. Aber das allein reicht uns nicht. Wir möchten glauben, dass es etwas Besonderes ist, wenn ein Mensch von einem Moment auf den anderen gewaltsam zu Tode kommt...dass alles, was sein Leben ausgemacht hat, bedeutsam war...dass es erschreckend ist.


Ich verstehe nicht, was du damit – im Zusammenhang mit der Fragestellung - sagen willst.

Ich hatte Deine Bemerkung, Sexualität würde als etwas Heiliges dargestellt werden, ja als kritische Bemerkung und nicht als einfache Feststellung aufgenommen.

Ich sehe einen Trend, Dinge, die die Allgemeinheit als etwas Besonderes erachtet, zu banalisieren. Deine Äußerung hatte ich zum Anlass genommen, mich darüber auszulassen.

Dabei unterscheide ich aber zwischen einem geschickt eingesetzten Stilmittel und der puren Effektheischerei. Manche wollen einfach nur provozieren, ohne wirklich etwas zu sagen zu haben. Das missfällt mir, mehr wollte ich nicht sagen.:-)


Ich fürchte, du bringst mit Grenzenlosigkeit und Freiheitslosigkeit was durcheinander. Warum muss es Grenzen – in diesem Zusammenhang – geben? Reinhard May hat mal gesungen: Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein ...

In diesem Zusammenhang muss es, wie in allen Bereichen, Grenzen geben. Grenzen sind Orientierungs- und Ankerpunkte für die Menschen.

Der Mensch braucht Konstanten in seinem Leben, wenn er die nicht hat, herrscht einfach nur Chaos.

Werte und Moralvorstellungen sind zum Beispiel gesellschaftliche Orientierungspunkte. Ohne diese verbindenden Elemente, wäre ein gesellschaftliches Zusammenleben kaum möglich.

Deswegen reagieren viele Menschen auch (zurecht) allergisch auf zu schnelle und abrupte Umbrüche. Veränderungen müssen entweder langsam und nachvollzihebar erfolgen oder ihnen muss ein derartiger Spannungsbogen vorausgegangen sein, dass das Gros der Menschen für einen kurzfristigen Umbruch bereit ist.

Die freizügige Darstellung von Sexualität ist ein solcher Bereich, in dem momentan viel Unsicherheit herrscht. Galt vor ein paar Jahrzehnten Sexualität noch als etwas, worüber man nicht sprach und was man im heimischen Schlafzimmer miteinander teilte, folgte daraufhin eine Zeit der sexuellen Freizügigkeit. Das Problem ist jedoch, dass diese Entwicklung eine Art Begleiterscheinung andersartiger gesellschaftlicher Probleme und Umwälzungen war/ist und es sich nicht um eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung handelt.

Das heißt, dass beim Thema "Freizügiger Umgang mit Sexualität" nachwievor keine Orientierung vorhanden ist. Und das macht vielen Menschen Schwierigkeiten, auch solchen, bei denen man einen anderen Eindruck hat auf dem ersten Blick.


Schönes Bild. Das aber leider nicht funktioniert bzw. von falschen Voraussetzungen ausgeht: Das Gehen auf zwei Beinen ist dauerndes Fallen, das jedoch mit dem jeweils voranschreitenden Bein aufgefangen wird – entgegen deiner Annahme verhindert das voranschreitende Bein, dass wir auf die Schnauze fallen.

Du hast natürlich Recht. Andernfalls wäre es unmöglich, auf einem Bein hüpfend, nach vorne zu kommen. Ich gehe aber davon aus, dass Du trotzdem nachvollziehen konntest, was ich mit dem spontan zusammengezimmerten Bild ausdrücken wollte.

Nebenbei ist es nicht erstrebenswert, ein Bein amputieren zu lassen, nur weil es einen beim Vorwärtskommen aufhält.;-P


Das verstehe ich nicht: Warum sind Grenzen und Tabus – in dieser Fragestellung – notwendig?

Notwendig sind sie nicht, aber wenn man eine Frage stellt, wie Du sie stellst, kommt man, glaube ich, nicht umhin, diese Dinge mit zu berücksichtigen.

Ich habe bereits gesagt, dass "Show, don't tell" ohne Einschränkung auch für Sexszenen gelten kann. Wenn man einen Text in all seiner Konsequenz schreiben möchte, dann ist das vielleicht auch unabdingbar.

Das ist eine künstlerische Gesetzmäßigkeit, meiner Meinung nach. Als solche ist sie aber nicht für jeden nachvollziehbar. Wir müssen also unterscheiden zwischen dem Anspruch an uns selbst und an den Text und dem, was wir von der "Außenwelt" erwarten dürfen.


Du meinst damit, gäbe es viele Grenzgänger, die bereit wären, für ihre Grenzübertretungen in irgendwelcher Art zu bezahlen, würde die Grenze einmal obsolet bzw. woanders verschoben werden?

Ja, in gewisser Weise schon. Das wäre diese langsame Grenzverschiebung, von der ich oben sprach. Bezahlen muss man im schlimmsten Falle in Form von Ausgrenzung, Anfeindungen usw.

Das hängt mit den Selbstschutzmechanismen einer Gruppe/Gemeinschaft/Gesellschaft zusammen. So unschön das im individuellen Fall auch ist, so ist dieser Selbstschutz doch maßgeblich dafür verantwortlich, dass eine solche Gemeinschaft überhaupt funktioniert.

Dabei ist es nichtmal wichtig, wieviele Grenzgänger es gibt, es kommt auf die Wirkung dessen an, was sie verbreiten.

Und ja, danach ergeben sich neue Grenzen, weil es ohne überhaupt nicht gehen kann. Eine Grenze, die wir bspw. haben, wenn wir über Sex reden, ist Sex mit Minderjährigen und Kindern. Auch diese Grenze ist nicht selbstverständlich, wenn wir einen Blick in die Geschichte werfen. Aber diese Grenze umzuwerfen, käme keinem von uns in den Sinn.
Auch die Formen der sog. Knabenliebe, die wir aus der Antike und dem feudalen Japan kennen, befinden sich für uns hinter einer solchen Grenze.

Du siehst also, es gibt immer Grenzen in irgendeiner Form. Welche Grenzen es gibt und wie diese ausgeprägt sind, das ist Bestandteil einer gesellschaftlichen Dynamik.

Übrigens: Wenn ein System sich gegen jedwede Form der Veränderung sperrt, dann entsteht die von mir oben beschriebene Spannung, die sich ab einem gewissen Punkt entladen muss und kurzfristige Veränderung von Grenzen mit sich bringt.

Plastisch vorstellen kann man sich das, wenn man 20 Jahre zurückdenkt, als eine Grenze wortwörtlich umgewälzt und plattgemacht wurde. Auch der Situation in der ehemaligen DDR ging ein Zustand voraus, in dem sich eine zunehmende Spannung entladen musste. Zum Glück, verlief diese Entladung zur Abwechslung mal friedlich.

Ja, ich weiß, ich schweife gerne ab, das macht es schwer mir zu folgen. Ich entschuldige mich dafür. Aber da kannst Du mal sehen, was passiert, wenn man seinen eigenen Gedanken keine Grenzen auferlegt.;-)

Auf bald!

Theryn

 

Aber was ist Erotik? Wo beginnt die Pornografie? Das sieht jeder anders, da jeder eine andere Hemmschwelle zur ausgelebten Sexualität hat. schrieb oben Bernadette.

Eben nicht. Ich bin froh, daß Theryn das so treffend beantwortet hat. Die Grenze liegt nicht in der Überschreitung von Schamgefühlen, sondern in dem Inhalt, der damit transportiert werden soll.

 
Zuletzt bearbeitet:

Spannendes Thema, geckiger Titel!

Ich würde bei der Eingangsfrage zwei Dinge trennen: Wie etwas erzählt wird, und was.

Bei dem wie stimme ich Dir, Dion, leidenschaftlich und ohne Einschränkung zu: Es sollte in der Literatur keine Grenzen geben, wie deutlich etwas ausgedrückt oder erzählt wird.
Das Ergebnis wird nicht zwangsläufig (ein schönes Wort) unkonventioneller oder qualitativ besser ausfallen – aber wenn man etwas sehr explizit ausdrücken möchte, sollte man es tun. Show oder tell wäre da nur Wahl der Mittel; beides kann sehr deutlich sein.

Für mich sieht das so aus: Pornographie ist keine andere Form, sondern ein gleichberechtigtes Genre. Im Horror werden 'dunkle' Seiten gezeigt, im Krimi wird Spannung aufgebaut, in der Pornographie Spannung abgebaut.

Die Bezeichnung Erotische Literatur halte ich für überflüssig – außer für Verlage, die sich damit einen rechtlichen Freiraum schaffen müssen und/oder die gängige Assoziation ‚Erotik = Qualität statt Konsum’ zum Beweis ihrer Seriösität verwenden wollen.
Es gibt explizite Sexualität im Horror, im Thriller, als Satire, Alltags- oder Liebesgeschichte. Ich freue mich über explizite Sprache in jedem Genre, so es der Geschichte dienlich ist - was es bei einem stilsicheren, durchdachten Buch/KG etc sein wird. Dazu brauche ich kein Label „Erotische Literatur“, wie ein parental advisory: explicit lyrics. Selbstverständlich macht die explizite Beschreibung von Sex aus keinem schlampig aufgebauten, sprachlich mittelmäßigen Buch ein Stück spannende Literatur: es ist und bleibt eine miese Geschichte, nur halt eine mit viel Sex. Sie wird dadurch aber nicht schlechter, also liegt das Problem gar nicht beim Thema 'zu viel gezeigt'.

Jedes Genre benötigt einen (etwas) anderen Aufbau; cross-over und alternative Spielereien eingerechnet. Ein Krimi funktioniert eher schlecht ohne Mord. Eine Romanze nicht ohne das Thema ‚Liebe’. Warum wird also gerade vom Porno verlangt, daß er der Struktur eines fremden Genres zu gehorchen hat? Der Film ist hier weiter: er folgt in seiner Erzählstruktur dem Rhythmus/Verlauf von Erregung zu Orgasmus. Öderweise oft nach Timing eines männlichen Durchschnittskonsumenten – für einige zu schnell, für andere zu langsam; da könnte es mehr Variation geben. Insgesamt halte ich hier, auch in Textform, eine detaillierte Figuren- und Plotentwicklung für völlig verfehlt.

"Pornographie vs. Erotik" sagt erstmal nichts über Qualität aus: Ja, es gibt wenig gute – heißt: auf allen Ebenen funktionierende - Pornos, aber ich finde in der Masse der allgemeinen Veröffentlichungen auch nur alle zwei, drei Jahre ein richtig gutes Buch. Das tut sich also nix. (Und sind wir hier ja alle mehr oder minder Autoren, und könnten uns zumindest die Pornos selbst schreiben.)

Ich finde Abgründiges allgemein interessant, daher funktioniert für mich Gewaltpornographie am besten. Deren Verbot halte ich für so sinnvoll wie das einiger Splatterfilme und Ballerspiele: Fiktion zu verbieten ist kein probates Mittel, um (sexuelle) Gewalt zu verhindern. Eine Motiv-Vorlage ist noch kein Auslöser; die Probleme sind in der Gesellschaftstruktur zu suchen, und wesentlich komplexer. Nur ein Bsp: In Finnland liegen trotz ähnlich geregelter Altersfreigabe hardcoreFilme, die in Deutschland indiziert sind, offen aus. Aber Geschlechterrollen in dieser Gesellschaft sind weniger festgelegt – und in Partnerschaften unter Jugendlichen verteilt sich Gewalt so: 70% der Opfer sind männliche Teenager, die von ihren Freundinnen geprügelt werden. Soviel zu 'Einfluß der Medien auf die Jugend'.
Andererseits: ob es hier zum Sex kommt oder nicht, ob es um Päderasten oder Pädophile geht, interessiert mich nicht die Bohne: ich will nicht sehen oder lesen, daß ein Kind oder Teenager als Objekt sexuellen Begehrens Erwachsener gezeigt wird. Ganz gleich, in welcher hochliterarisch subtilen Sprache die Geschichte präsentiert wird. Zum Thema was erzählt wird haben wir mE nach viel festgelegtere individuelle Grenzen, als bei der Wortwahl. Und diese Grenzen sind nicht unbedingt logisch, vllt nichtmals in sich bei ein und derselben Person.

Die Wahl der Form bei expliziten Sexszenen hängt auch vom Vermögen des Autors ab: weil es im Deutschen so viele grausige Wörter für Körperteile/Sexualität gibt, wirkt ein gekonntes, knappes tell sicher besser als ein verdödeltes show, und kann ebenso explizit sein.

 

Vor der Reaktion der anderen. Davon ausgehend, dass er seine Geschichte tatsächlich ohne Kompromisse schreibt und veröffentlicht, muss er mit Reaktionen rechnen, die auch routinierte Autoren und Kritikempfänger belasten können.
Was ich damit also nur meinte war, dass der Autor sich (natürlich je nachdem, was er schreibt) gegen teilweise barsche Kritik schützen sollte.
Ein Autor, Theryn, sollte sich schützen, indem er die Schere im eigenen Kopf aktiviert? Das ist die schlimmste und beste Form der Zensur. Die beste, weil sie vollkommen unsichtbar ist, und die schlimmste, weil sie Verlogenheit vom Autor verlangt - ich will nicht glauben, dass du, eine Autorin, Solches empfiehlst.


Pornographie an sich ist meiner Meinung nach nicht verwerflich, das ist aber etwas, was jeder mit sich selbst ausmachen muss. Womit ich ein Problem habe, ist, wenn Pornographie ungefragt an einen herangetragen wird. Und das passiert leider viel zu selbstverständlich.
Entweder ist Pornografie etwas Schlimmes, dann muss die Gesellschaft davor geschützt werden, oder sie ist das eben nicht.


Macht das geltende Recht eigentlich einen Unterschied zwischen Porno und Erotik?:-)
Nein, beides sind zulässige Kunstformen, d.h. Pornografie und Kunst schließen sich nicht aus – sagt das Bundesverfassungsgericht.


Na, ich bilde mir nicht ein, das allgemeingültig formulieren zu können.
Solltest du auch nicht – ich wollte von dir nur deine persönliche Kriterien wissen.


Warum schreibe ich einen literarischen Text? Weil ich etwas zu sagen oder zu erzählen habe. Der Unterschied zum Sachbuch ist der, dass ich eben nicht lediglich Fakten herunterschreibe...ich versuche den Menschen zu berühren, nicht nur seinen Verstand zu bedienen, sondern auch seine Emotionalität.
Dazu bediene ich mich einer der Geschichte angemessenen Sprache, konstruiere Sachverhalte, die der Leser dank seiner Phantasie nachvollziehen und verfolgen kann. Dazu gehört für mich aber auch, den Schleier des Alltäglichen beiseite zu schieben und die Möglichkeit einer nachvollziehbaren Tiefgründigkeit dahinter einzuräumen.
Das sind Binsenwahrheiten, die für jede Art von Literatur gelten.


Dazu gehört für mich dann natürlich auch Sex. Den Sexualakt lediglich detailliert zu beschreiben, passt dann aber nicht in das o.g. Schema.
Wieso nicht? Es gibt unzählige literarische Werke, in denen alles Mögliche detailliert beschrieben wird, ohne dass jemand Einspruch erheben oder Amok laufen würde. Ich sehe nicht ein, warum für Sex das nicht gelten sollte.

Nachvollziehbar wird das Ganze, wenn eine Sexszene benutzt wird, um zu zeigen, wie ein Mann seiner Frau bspw. Gewalt antut. Mit einem solchen Bild fällt es verhältnismäßig leicht, die Brisanz der Situation zu verdeutlichen. Man hat schnell einen Eindruck von der gewaltsamen Unterdrückung der Frau, von der Skrupellosigkeit des Mannes. Jedes Detail des Sexualaktes kann diesen, für den Leser (hoffentlich) unangenehmen Eindruck, verstärken. Natürlich hat das nichts mehr mit Erotik zu tun, aber für die Gedanken, die wir hier austauschen, halte ich das Beispiel für relevant.
Du sagst es selbst: Das hat mit Erotik nichts mehr zu tun. Wenn ich deinen Gedanken richtig verstehe, dann sind detaillierte Beschreibungen von Sexszenen nur dann statthaft, wenn sie Verdeutlichung „übergeordneter“ Sachverhalte dienen. In einer reinen erotischen Geschichte gibt es aber keine „übergeordnete“ Sachverhalte, oder anders ausgedrückt: Sex selbst ist da dieser „übergeordnete“ Sachverhalt.


Schwierig wird es aber, wenn ich eine Sexszene benutzen möchte, um die aufrichtige Liebe zweier Menschen zueinander zu verdeutlichen. Erstens muss man fragen, wofür eine Sexszene in dieser Sache überhaupt relevant ist.
Da ist es schon wieder: hier ist die Liebe dieser „übergeordnete“ Sachverhalt. Ich erlaube mir daher, auf die folgende, die Liebe betreffende Passage, nicht einzugehen.


Pornographie hat als einzige Intention das Lustgefühl des Menschen anzusprechen. Pornographie soll geil machen, soll sexuelle Phantasien hervorrufen und in den Wunsch gipfeln, selbst aktiv tätig zu werden.:-)

Bei der Erotik spielt natürlich auch die Lust eine Rolle. Sex ohne Lust kann nicht funktionieren. Das Entscheidende ist aber, dass Sex nicht nur auf Lust reduziert wird. Demnach ist die Intention des erotischen Textes nicht, den Leser geil zu machen (das kommt dann schon ganz von selbst;-)), sondern den Blick auf das zu richten, was die für die meisten Leser nachvollziehbare Handlung zu etwas Besonderem macht.

Nein, denn beide, Pornografie und Erotik, haben zum Ziel, den Leser sexuell zu erregen, sonst hießen sie nicht so. Sie bedienen sich dazu jedoch unterschiedlicher Mittel. Während in den erotischen Geschichten meistens drum herum geredet wird, wird bei der Pornografie die Methode show don’t tell angewandt. Das ist alles.


Was ich meinte war, dass man als Leser bei Sexszenen immer davon ausgeht, dass der Autor auf seine eigene Erfahrung zurückgreift.
Warum sollte der Leser das tun? Du hältst wohl nicht viel von der Trennung Autor/Protagonist? Oder meinst du gar, alle Geschichten sind mehr oder minder autobiografisch? :confused:


All die Dinge, in denen wir eigene Erfahrungen gesammelt haben, drängen sich ja nahezu auf, wenn es darum geht, aus dem Nichts heraus einen literarischen Text zu erschaffen. Wenn wir keine eigenen Erfahrungen haben, nehmen wir auch gerne die Erfahrungen anderer, recherchieren, interviewen usw.
Da hast du gerade noch die Kurve gekriegt. :D


Bei einem Mord, da ist das ganz einfach, weil da die meisten Leser keine eigenen Erfahrungen haben, die sie als Referenz heranziehen können. Je mehr Erfahrung ein Leser jedoch in bestimmten Dingen hat, desto kritischer wird er den Text aufnehmen.
Aber auch hier nimmt Sexualität eine Sonderstellung ein, weil es hier nicht DEN einen Erfahrungsschatz gibt, sondern das eigene Erleben Teil der eigenen Intimität ist.
Du meinst also, einen beschrieben Mord beäugt der Leser mangels eigener Erfahrung weniger kritisch als z.B. einen geschilderten Analverkehr, obwohl er den eventuell aus eigenem Erleben auch nicht kennt. Tut mir leid, dem kann ich nicht folgen.


Wenn also jemand explizite sexuelle Inhalte veröffentlicht, dann muss er sich seiner selbst sehr sicher sein oder fahrlässig handeln, weil er im Falle einer "Falschdarstellung" mit einem entsprechenden Feedback zu rechnen hätte.
Das gilt nicht nur für Sex, sondern für alle Bereiche des Lebens.


Ein Autor muss also schon in gewisser Weise mutig sein, weil das Beschreiben des Sexualaktes in der Regel mit dem Abrufen eigener, persönlicher Erfahrungen gleichgesetzt wird. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass man als Autor gerade bei dem Thema nicht auf eigene Erfahrungen zurückgreift.
Erstens widersprichst du dich hier selbst („Wenn wir keine eigenen Erfahrungen haben, nehmen wir auch gerne die Erfahrungen anderer, recherchieren, interviewen usw.), und zweitens machst du Unterschiede, zwischen Erfahrungen des Autors in Sachen Sex und z.B. in Sachen Kochen: Das Eine zu offenbaren findest du mutiger als das Andere.


Wir glauben, wenn ein Mensch einen anderen mißhandelt, mißbraucht, foltert, ermordet usw. dann ist das im negativen Sinne etwas Besonderes.

Dabei ist es alltäglich, passiert in jedem Augenblick auf der Welt und ist medizinisch und verhaltensbiologisch nachvollziehbar. Aber das allein reicht uns nicht. Wir möchten glauben, dass es etwas Besonderes ist, wenn ein Mensch von einem Moment auf den anderen gewaltsam zu Tode kommt...dass alles, was sein Leben ausgemacht hat, bedeutsam war...dass es erschreckend ist.

Ja, deswegen stehen Krimis so hoch im Kurs. :D


Ich sehe einen Trend, Dinge, die die Allgemeinheit als etwas Besonderes erachtet, zu banalisieren.
[…]
Dabei unterscheide ich aber zwischen einem geschickt eingesetzten Stilmittel und der puren Effektheischerei. Manche wollen einfach nur provozieren, ohne wirklich etwas zu sagen zu haben. Das missfällt mir, mehr wollte ich nicht sagen.:-)
Der Mensch liebt das Besondere, wobei es keinen Unterschied macht, ob dieses Besondere negativ (z.B. Mord) oder positiv (ausgefallene Sexpraktik) besetzt ist. Die Krimis, die das Eine zum Gegenstand haben, banalisieren nichts, und Pornografie, wenn es sie frei geben dürfte, auch nichts. Aber es ist eine Tatsache, dass in dieser Gesellschaft Mord und Totschlag fiktiv und real frei und in Zeitlupe verfügbar sind, während etwas so positiv Besonderes (deine Terminologie) wie Sex versteckt wird.


In diesem Zusammenhang muss es, wie in allen Bereichen, Grenzen geben. Grenzen sind Orientierungs- und Ankerpunkte für die Menschen.
Der Mensch braucht Konstanten in seinem Leben, wenn er die nicht hat, herrscht einfach nur Chaos.
Werte und Moralvorstellungen sind zum Beispiel gesellschaftliche Orientierungspunkte. Ohne diese verbindenden Elemente, wäre ein gesellschaftliches Zusammenleben kaum möglich.
Im realen Leben ja, nicht jedoch in der Literatur! Und wir sprechen hier von Literatur, nicht von realem Leben.


Die freizügige Darstellung von Sexualität ist ein solcher Bereich, in dem momentan viel Unsicherheit herrscht. Galt vor ein paar Jahrzehnten Sexualität noch als etwas, worüber man nicht sprach und was man im heimischen Schlafzimmer miteinander teilte, folgte daraufhin eine Zeit der sexuellen Freizügigkeit. Das Problem ist jedoch, dass diese Entwicklung eine Art Begleiterscheinung andersartiger gesellschaftlicher Probleme und Umwälzungen war/ist und es sich nicht um eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung handelt.
Begleiterscheinung? Nein, die sexuelle Revolution war ein essentieller Bestandteil dieser Umbrüche, sonst würden die Homosexuellen auch heute noch wegen ihrer sexuellen Orientierung im Gefängnis landen – das nur als Beispiel.


Ich habe bereits gesagt, dass "Show, don't tell" ohne Einschränkung auch für Sexszenen gelten kann. Wenn man einen Text in all seiner Konsequenz schreiben möchte, dann ist das vielleicht auch unabdingbar.
Eben. Und trotzdem sprichst du die ganze Zeit dagegen.


Das ist eine künstlerische Gesetzmäßigkeit, meiner Meinung nach. Als solche ist sie aber nicht für jeden nachvollziehbar. Wir müssen also unterscheiden zwischen dem Anspruch an uns selbst und an den Text und dem, was wir von der "Außenwelt" erwarten dürfen.
Hier sprichst du im Grunde wieder von der Zensur im Kopf: Weil bestimmte Dinge nicht von jedem nachvollziehbar sind, müsse der Autor Rücksicht darauf nehmen. Dies klingt in deinen Ausführungen immer wieder an.


Das wäre diese langsame Grenzverschiebung, von der ich oben sprach. Bezahlen muss man im schlimmsten Falle in Form von Ausgrenzung, Anfeindungen usw.
Du hast keine Ahnung, wovon du hier sprichst. Wenn ein Buch im Nachhinein als pornografisch eingestuft wird, muss der Verleger für diese Bücher nachträglich den vollen Steuersatz von 19% (statt 7,5%, wie für „normale“ Bücher) entrichten, ohne die Chance zu haben, dieses Geld von den Buchhandlungen zu bekommen, die ja ihrerseits, dieses Geld vom Endkunden, dem Leser, auch nicht einfordern können. Für kleine Verlage ist allein das schon Existenzvernichtend, um von Gerichts- und Anwaltskosten nicht zu reden. Das ist so ähnlich wie in Russland: Kriegt man dort einen (Regierungs-)Gegner nicht zu fassen, schickt man ihm das Finanzamt an Hals und vernichtet ihn wirtschaftlich.


Das hängt mit den Selbstschutzmechanismen einer Gruppe/Gemeinschaft/Gesellschaft zusammen. So unschön das im individuellen Fall auch ist, so ist dieser Selbstschutz doch maßgeblich dafür verantwortlich, dass eine solche Gemeinschaft überhaupt funktioniert.
Du sprichst hier wieder von Grenzen im realen Leben, die ich nicht in Frage gestellt habe – mir geht es hier nur um Grenzen in der Literatur.


Dabei ist es nichtmal wichtig, wieviele Grenzgänger es gibt, es kommt auf die Wirkung dessen an, was sie verbreiten.
Du tust hier so, als ob Sexdarstellungen in Büchern staatsgefährdend wären.


Und ja, danach ergeben sich neue Grenzen, weil es ohne überhaupt nicht gehen kann. Eine Grenze, die wir bspw. haben, wenn wir über Sex reden, ist Sex mit Minderjährigen und Kindern. Auch diese Grenze ist nicht selbstverständlich, wenn wir einen Blick in die Geschichte werfen. Aber diese Grenze umzuwerfen, käme keinem von uns in den Sinn.
Auf dieses Totschlagargument habe ich schon gewartet. Was hat Sex mit Minderjährigen mit Grenzen in der Literatur zu tun? Oder meinst du, weil das im realen Leben verboten ist, dürfe es auch nicht fiktiv beschrieben werden? Darauf sage ich nur: Mord ist im realen Leben auch verboten und darf trotzdem minutiös geschildert werden.

Ich hoffe, du siehst jetzt, wie schizophren das alles ist.

Dion

 

Aber was ist Erotik? Wo beginnt die Pornografie? Das sieht jeder anders, da jeder eine andere Hemmschwelle zur ausgelebten Sexualität hat. schrieb oben Bernadette.

Eben nicht. Ich bin froh, daß Theryn das so treffend beantwortet hat. Die Grenze liegt nicht in der Überschreitung von Schamgefühlen, sondern in dem Inhalt, der damit transportiert werden soll.

Das ist mir einfach zu dünn, Setnemides, und sich auf Theryn zu berufen, die ja sehr Vieles gesagt hat, auch. Könntest du bitte den Inhalt, der die Grenze zwischen Erotik und Pornografie überschreitet, etwas näher erläutern?

 

Spannendes Thema, geckiger Titel!
Verstehe ich nicht ganz, Katla - Was ist geckig, bitte? :confused:


Bei dem wie stimme ich Dir, Dion, leidenschaftlich und ohne Einschränkung zu: Es sollte in der Literatur keine Grenzen geben, wie deutlich etwas ausgedrückt oder erzählt wird.
Schön, dass in diesem Punkt wenigstens ein Mitglied des Forums bzw. der Diskutanten mit mir übereinstimmt. :)


Für mich sieht das so aus: Pornographie ist keine andere Form, sondern ein gleichberechtigtes Genre. Im Horror werden 'dunkle' Seiten gezeigt, im Krimi wird Spannung aufgebaut, in der Pornographie Spannung abgebaut.
Dagegen ist nichts zu sagen.


Die Bezeichnung Erotische Literatur halte ich für überflüssig – außer für Verlage, die sich damit einen rechtlichen Freiraum schaffen müssen und/oder die gängige Assoziation ‚Erotik = Qualität statt Konsum’ zum Beweis ihrer Seriösität verwenden wollen.
Der Begriff existiert und wird immer wieder verwendet, auch in anderem Zusammenhang wie du ihn siehst – also muss man sich damit auseinander setzen.

Es gibt explizite Sexualität im Horror, im Thriller, als Satire, Alltags- oder Liebesgeschichte. Ich freue mich über explizite Sprache in jedem Genre, so es der Geschichte dienlich ist - was es bei einem stilsicheren, durchdachten Buch sein wird. Dazu brauche ich kein Label „Erotische Literatur“, wie ein parental advisory: explicit lyrics.
Auch hier gilt: Den Begriff „Erotische Literatur“ gibt es und wird auch verwendet, nicht nur, um sich von der Pornografie zu distanzieren, sondern um ein eigenständiges Genre zu definieren – ein Genre, in dem Sex und die damit zusammen hängende geschlechtliche Erregung des Lesers die Hauptrolle spielen.


Jedes Genre benötigt einen (etwas) anderen Aufbau; cross-over und alternative Spielereien eingerechnet. Ein Krimi funktioniert eher schlecht ohne Mord. Eine Romanze nicht ohne das Thema ‚Liebe’. Warum wird also gerade vom Porno verlangt, daß er der Struktur eines fremden Genres zu gehorchen hat?
Mein Reden!


Pornographie vs. Erotik sagt erstmal nichts über Qualität aus: Ja, es gibt wenig gute – heißt: auf allen Ebenen funktionierende - Pornos, aber ich finde in der Masse der allgemeinen Veröffentlichungen auch nur alle zwei, drei Jahre ein richtig gutes Buch.
Das liegt einerseits an der gesellschaftlichen Ächtung des Genres, wie Theryn es sagen würde, aber auch an dem wirtschaftlichen Risiko, das mit der Veröffentlichung solcher Texte verbunden ist - nur große Verlage können es wagen, eventuelle gerichtliche Auseinandersetzung durch alle Instanzen durchzustehen und ggf. Steuernachzahlungen (wie in meiner Antwort an Theryn geschildert) zu leisten.


Das tut sich also nix. (Und sind wir hier ja alle mehr oder minder Autoren, und könnten uns zumindest die Pornos selbst schreiben.)
Und wären damit keine Ausnahme – viele große Autoren haben Pornos geschrieben (z.B. Goethe), dies aber selbstverständlich geheim gehalten.


Ich finde Abgründiges allgemein interessant, daher funktioniert für mich Gewaltpornographie am besten. Deren Verbot halte ich für so sinnvoll wie das einiger Splatterfilme und Ballerspiele: Fiktion zu verbieten ist kein probates Mittel, um (sexuelle) Gewalt zu verhindern. Eine Motiv-Vorlage ist noch kein Auslöser; die Probleme sind in der Gesellschaftstruktur zu suchen, und wesentlich komplexer.
Ein wahres Wort. Diese Verbote gegen fiktive Gewalt werden oft als Mittel gegen reale Gewalt erlassen und dem Publikum, d.h. der Wählerschaft, verkauft.


Andererseits: ob es hier zum Sex kommt oder nicht, ob es um Päderasten oder Pädophile geht, interessiert mich nicht die Bohne: ich will nicht sehen oder lesen, daß ein Kind oder Teenager als Objekt sexuellen Begehrens Erwachsener gezeigt wird. Ganz gleich, in welcher hochliterarisch subtilen Sprache die Geschichte präsentiert wird.
Was ist denn das? Du widersprichst dir - und wechselst damit ins Lager derjenigen, die meinen, das Verschweigen im Fiktiven ist die beste Methode bei der Vermeidung von realen Verbrechen. Oder war das Ich in dem Zitat nur ein Rhetorisches?


Zum Thema was erzählt wird haben wir mE nach viel festgelegtere individuelle Grenzen, als bei der Wortwahl. Und diese Grenzen sind nicht unbedingt logisch, vllt nichtmals in sich bei ein und derselben Person - was wir ablehnen und warum ist ähnlich vielfältig wie es unsere Vorlieben sind.
Wir lehnen Vieles ab, trotzdem wird nur auf dem fiktiven sexuellen Gebiet mit realen Verboten agiert.


Die Wahl der Form bei expliziten Sexszenen hängt auch vom Vermögen des Autors ab: weil es im Deutschen so viele grausige Wörter für Körperteile/Sexualität gibt, wirkt ein gekonntes, knappes tell sicher besser als ein verdödeltes show, und kann ebenso explizit sein.
Dass ein gekonntes, knappes tell sicher besser als ein verdödeltes show sein kann, gilt für alle Bereiche, es in diesem Zusammenhang zu erwähnen, entbehrt also jeder Grundlage.

Vielen Dank für deinen Beitrag.

Dion

 

Es wäre schön, wenn Ihr anstatt verzweifelt zu definieren, lieber wieder zur Kunst finden würdet, die vollständig außerhalb jeglicher Definition stattfindet.
Du meinst: "Hört auf euch mit meinem Gelaber zu beschäftigen, sondern schreibt wieder Geschichten?"
Gute Idee. :)

 

Deine Antworten könnte man folgendermaßen zusammenfassen:
1.) Wenn Renate etwas zum Inhalt sagt, dann ist es zwar dem Thema gerecht, aber Kokolores.
2.) Wenn Renate etwas zur Form sagt, dann habe ich keine Zeit dafür.
3.) Wir sprechen über den Inhalt, zu dem Renate zwar etwas gesagt hat, aber von mir nicht verstanden wurde. Deshalb fordere ich sie auf zu schweigen!:)
Auf die Ausführungen in deinem Posting vom 25.10.2009, 21:16 bin ich in meinem Posting vom 26.10.2009, 00:34 eingegangen – soweit ich das für sinnvoll erachtete. Darauf hast du am 26.10.2009, 05:16 mit einer kleinen Notiz reagiert, die man getrost auch ungesehen in den Papierkorb schmeißen könnte, ohne etwas zu verpassen.

Ich war aber so freundlich, dich daran zu erinnern, dass wir hier ein bestimmtes Thema diskutieren und für Spielereien mit Worten keine Zeit haben. Du hältst es jetzt offenbar abermals für richtig, das Thema zu ignorieren – sei bitte nicht verwundert, wenn ich ab jetzt deine weitere Postings auch ignoriere, sollten sie von gleicher „Qualität“ sein wie deine letzten zwei.

 
Zuletzt bearbeitet:

@Dion

Geckig = macht Spaß. (vermutlich Hessisch) :)

Du widersprichst dir - und wechselst damit ins Lager derjenigen, die meinen, das Verschweigen im Fiktiven ist die beste Methode bei der Vermeidung von realen Verbrechen.
Möglicherweise widerspreche ich mir in meinen Grenzen - sag ich doch. In ein Lager wechsel ich damit nicht: daß ich das Thema nicht romantisiert sehen will, bedeutet nicht, daß ich für ein Verschweigen wäre, oder daß ich mich nicht damit beschäftigen würde. Zufällig fällt hier nur (ausnahmsweise) das Gesetz mit meinen eigenen Grenzen zusammen - wie sinnvoll die Gesetze in ihrer Art sind, und wie wirkungsvoll, sieht man ja. (Und ich verwende Ich nie rhetorisch.)


es in diesem Zusammenhang zu erwähnen, entbehrt also jeder Grundlage.
Na, dann nur überflüssig. Joo, mag sein.

Auch hier gilt: Den Begriff „Erotische Literatur“ gibt es und wird auch verwendet, nicht nur, um sich von der Pornografie zu distanzieren, sondern um ein eigenständiges Genre zu definieren – ein Genre, in dem Sex und die damit zusammen hängende geschlechtliche Erregung des Lesers die Hauptrolle spielen.
Weiß ich doch, daß es die Begriffe gibt. Wird nicht aber genau diese Formulierung auch für (bzw. gegen) Pornographie verwendet? Als Vorwurf, sie diene ja nur der sexuellen Erregung? Klingt für mich immer wie "Alles Schlampen außer Mutti" => Erotik ist gut, weil noch eine Rahmenhandlung und 'höhere' Gefühle reingebracht werden, Porno ist roh, weil Sex mehr körperbetont (evt. noch kommerzialisiert) gezeigt wird. Die Unterscheidung mit identischer Begründung ist so alt wie horror vs. terror bei der Gothic Novel, und wird dort schon lange nicht mehr angewandt.

Sind die Frauen- und Männerrollen in einem gut geschriebenen alternativen Porno letztlich nicht realistischer und - beiden Geschlechtern gegenüber! - weniger sexistisch, als eine zuckersüße *flötsäuselrosaWolke* mainstream Lovestory? Aber nur eines von beiden könnte im Zweifelsfall auf den Index kommen. (Wie Kathy Ackers Harte Mädchen weinen nicht vor über 20 Jahren, heute undenkbar. Und ohnehin nicht als Porno geschrieben gewesen.).

Moi moi, Katla

P.S. Interessante Sache mit dem anderen Steuersatz! Wußte ich noch nicht.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom