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Hab Mut
Hab Mut
„Sei nicht traurig. Energie verschwindet nicht so einfach, sie wird vielleicht nur umgewandelt. Sie hat vielleicht jetzt eine andere Form angenommen.“
Das Kind sah mich an und weitere Tränen kullerten über seinem Gesicht. Ich nahm den Jungen ganz fest in den Arm und streichelte seinen Kopf. Ganz zart.
„Vielleicht ist sie Luft geworden und du atmest sie ein? Oder sie ist ein Lichtstrahl, das dich wärmt.“
Der kleine Junge hatte seine Mutter verloren. Sie hatte krebs. Man hatte ihn mir vorrübergehend anvertraut. Seinen Vater hatte er nie kennnengelernt. Er wuchs mit seiner Mutter alleine auf.
Ich bin Sozialarbeiterin. Ich machte das gerne, weil ich dieses ganze Leid nicht ertragen konnte. Ich wollte einfach aktiv sein. Zu wissen jemanden zu helfen und ihm die richtige Richtung zu zeigen gibt mir ein warmes Gefühl.
Wir saßen auf einer Bank in einem Park, früh am Morgen.
Schade, er wollte mit den anderen Kindern kein Fußball spielen. Er wollte lieber bei mir sitzen. So ging das schon seit Wochen.
„Siehst du diesen Baum? Es waren einmal zwei Blätter, die waren ineinander verliebt, doch der Herbst kam und das eine Blättchen fiel als erstes vom Baum. Das andere Blättchen war so allein und weinte Tag und Nacht, doch als es Winter wurde fiel es schließlich auch. Irgendwann zwischen Frühling und Sommer sahen sie sich wieder auf dem Baum. Aber sie kannten sich nicht mehr, sie fühlten nur dass sie zusammengehörten. Dieser Baum ist wie der Kreis des Lebens. Du wirst sie bestimmt wiedersehen, irgendwann.
Bitte sei nicht traurig. Sie wäre bestimmt sehr glücklich, wenn du wieder fröhlich bist.“
Er hörte auf zu weinen und schaute in den Himmel.
Wir schwiegen eine Zeit lang. Sehr lange.
„Sie mal, die Sonne ist aufgegangen“ der Junge zeigte Richtung Himmel.
Er stand dann auf und gesellte sich zu den anderen Kindern, die gerade im Sandkasten einpaar Schlösser bauten.
Ich atmete die frische Luft ein und spürte die Energie, das Leben.
Der Vogel fliegt am Himmel und weiß nicht, dass er mir Freude bringt-vielleicht bringe ich auch jemanden Freude, wenn ich meinen Weg folge.