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Haerzls Erzählung

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09.02.2024
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Haerzls Erzählung

Da zerbrach der Himmel in zwei Hälften. Hernieder fuhr das Feuer der Begierde und des Hasses. Und als der Rauch sich lichtete, erschien die Wunde unserer Welt. Abgewandt von Mond und Licht mit einer Klinge voll von Gift. Und wo er wandelte, verdarb das Land. Niemand vergaß den Wolf, der unsere Kinder raubte.

„Die Lehren des Lichts“ Kapitel 3, Vers 12​


Ein hübscher Vers, findet ihr nicht? Eines muss ich euren Magiern lassen: Sie kennen die Macht der Worte und wissen wie man sie einsetzt. Ein gut geschmiedeter Satz ist gefährlicher als alle Klingen dieser Welt. Das hörte ich einst von einer garstigen Viper. Noch bevor falsche Schlangen in blauen Roben zu Mondkindern und ein beschissenes Erdloch zur Grotte des Lichts erklärt wurden.
Oh verzeiht! Ihr werdet euch schon an meine Ausdrucksweise gewöhnen. Médon hat euch befohlen, alles aufzuschreiben und ich soll bei der Wahrheit bleiben. Wenn ihr also ein schönes Märchen hören wollt, dann schreibt doch aus den Lehren des Lichts ab. Schon gut, beruhigt euch! Ich habe nichts gegen euch, wirklich. Ihr seid ein Schreiber und tut eure Pflicht. Und nun müsst ihr in dieser feuchten Zelle sitzen und meine Beleidigungen ertragen. Aber glaubt mir, es gibt schlimmere Schicksale.
Die meiner Freunde und Waffenbrüder zum Beispiel. Ihr seid zu jung, um es erlebt zu haben. Damals, als in Ruber Lot der Marktplatz in einem See aus Blut getränkt wurde. „Hängt die Hexer!“, schrien sie und wurden geil von unserem Schmerz. Wahrscheinlich spritzten sie ihren Samen auf die Leichen. Warum blickt ihr so zornig? Der Orden war nicht weniger schlimm als wir, ganz gleich was sie jetzt für Lügen verbreiten. Oder glaubt ihr, dass sie mich leben lassen, wenn meine Geschichte aufgeschrieben ist? Sie wollen unseren Widerstand verstehen. Warum wir uns ihrem Einfluss so lange entziehen konnten und beinahe ihre Machtergreifung vereitelt haben. Darum sollt ihr mein Geplapper festhalten.
Aber ich gebe zu, dass eure Gesellschaft angenehmer ist als die herum wuselnden Ratten. Und die Aussicht aus dieser Zelle ist gar nicht übel. Seht doch aus dem Fenster. Erkennt ihr die Gipfel des Sávod Gebirges? Der Schnee glitzert in der Morgensonne. Und nun benutzt eure Nase. Das ist der herrliche Geruch der Äpfel und Birnen im Hofgarten. Schönheit umgibt uns immer, wenn man sie willkommen heißt.
Aber ja, wir wollten über Marsillus sprechen. Und über meine Rolle als Hexer. Ein alter Mann schweift eben gerne ab. Nehmt euch doch ein wenig Wein. Ich vertrage ihn nicht mehr. Ein weiteres Übel, neben schmerzenden Knochen, schlechten Augen und meiner Vergesslichkeit. Was? Nein, keine Sorge, an den Krieg erinnere ich mich gut. Je weiter ich in die Vergangenheit blicke, umso klarer wird die Erinnerung. Aber wer weiß, wie lange das noch anhält? Also taucht schon eure Feder ein, ich beginne.

Mein Weg zur dunklen Kunst begann mit meinem Ende. Jedenfalls hielt ich es dafür, weil ich noch nicht viele Abschiede erlebt hatte. Ich saß in einer kleinen Schenke in Candelae und malte mit dem verschütteten Bier Kreise auf den Tisch. Meine Augen brannten und hinter meinen Schläfen pochten Hammerschläge. Ich war damals jünger als ihr und kannte nichts anderes als meine Gauklertruppe. Und wenige Stunden zuvor hatte Rudwin dieses Leben beendet.
Seitdem hatte ich mich gut betrunken, aber die Trauer lastete immer noch wie ein Mühlstein auf meinen Schultern. Schon als Kind hatte mich stets ein schwarzer Schatten begleitet. Ein Hang zu dunklen Gedanken und Schwermut. Die Jahre haben diesen schwarzen Mahlstrom etwas abgeschwächt. Aber damals trug ich die übliche Arroganz der Jugend mit mir. Den Glauben, die ganze Welt würde nur um mich und meine Probleme kreisen.
Ich war mit der Truppe weit gereist, allerdings nur in Kyen. Das Nordland, die Meere und die Wüsten kannte ich nur aus Erzählungen. Trotzdem hatte ich mehr gesehen und erlebt als andere in meinem Alter. Ein einfacher Bauernjunge oder Sohn eines Handwerkers verlässt seinen Geburtsort nie. Ich dagegen hatte den Großteil der Städte besucht.
Dabei war mir mein bescheidender Ruhm zu Kopf gestiegen. Natürlich genoss ich den Applaus, ich zählte ja gerade mal 17 Winter und konnte nichts anderes als Seiltanzen. Verständlich also, dass meine Welt zusammenbrach.
Ich hatte keinen Gedanken daran verschwendet, dass dieser Teil meines Lebens irgendwann vorbei sein könnte. Noch eine jugendliche Torheit. Aber die Zeiten wurden rauer, das hatte selbst ich bemerkt.
Unsere Einkünfte nahmen ab und man begegnete uns mit Misstrauen. In manchen Städten wurden wir gar nicht mehr eingelassen. Rudwin sah das Ende kommen, das verstehe ich heute. Aber damals war mir nicht klar, warum er mich aus seinen Diensten entließ. Ich war zu jung, um die Zeichen zu deuten. Die angespannte Nervosität, die allerorten spürbar wurde.
Wegelagerer tauchten wieder auf und gefährdeten die Reisenden. Söldner, Assassinen und Seher rotteten sich zu größeren Gruppen zusammen. Man hörte schlimme Gerüchte über eine große Streitmacht der Nordmänner. Und mancher Fürst begann sich den königlichen Verordnungen zu verweigern. Kyen war ein Hirsch, der in der langen Friedenszeit fett geworden war und den lauernden Bär nicht bemerkte.
Jeder spürte das heran nahende Unheil und wer klug war, begann seine Klinge zu wetzen.

Währenddessen gefiel ich mir in meiner Schwermut und Trunkenheit. Ich studierte die Schaumkrone meines Biers, als wäre darin Weisheit verborgen. Weshalb ich den Mann erst bemerkte, als er schon neben mir saß. Ein säuerlicher Geruch nach Wein und Kräutern umgab ihn. Sein Haar stand in Büscheln von den Seiten seines Kopfes ab.
Er prostete mir mit seinem Becher zu und ich erwachte aus meiner Trance. Erschrocken griff ich nach meinem Lederbeutel.
„Beruhig dich!“, lachte er. „Ich hätte dich längst bestehlen können, wenn ich es gewollt hätte.“
Hastig rückte ich von ihm weg. Mir verlangte nicht nach Gesellschaft. Und der Kerl wirkte auch nicht wie jemand, der nur reden wollte. Langsam strich er über seinen Schnurrbart und begann zu murmeln.
„Dies sind schwere Zeiten. Fürwahr, schwere Zeiten.“
Sein Mantel war so lang, dass er über den schmutzigen Boden streifte. Ich hielt ihn für einen Irren und gerade das beunruhigte mich. Unter diesem Gewand konnten allerhand schlimme Dinge lauern. Messer, Dolche, Giftphiolen.
„Ja, ich, ich muss aufbrechen!“, stotterte ich und trank den Krug mit großen Schlucken leer.
„Bedauerlich!“, antwortete er, „Aber sag, wohin gehst du jetzt? Ganz allein und ohne Arbeit?“
Ich sprang so schnell von der Bank auf, dass ich beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. „Woher wisst ihr das? Folgt ihr mir? Seid ihr ein Seher? Ein Magier?“
Er schüttelte den Kopf, wie ein Vater, dessen Sohn etwas besonders Dummes von sich gegeben hatte. „Es bedarf nicht immer Magie, um Dinge zu erkennen. Ich habe dich auf dem Seil gesehen. Eine gute Körperbeherrschung hast du.“
Nun kam ich mir dumm vor. Natürlich war er unter den Zuschauern gewesen. Es wäre nicht das erste Mal, dass mich jemand nach den Auftritten beglückwünschen wollte. Aber er hatte etwas Unheimliches an sich. Das dunkle Blau seiner Augen erfasste mich in der Art eines Raubvogels. Er rührte in seinem Weinbecher und schnippte etwas Schwarzes von seinen Fingern.
„Deine Freunde haben die Stadt bereits verlassen. Es muss also etwas Unerfreuliches vorgefallen sein. Kommen deine Kunststücke aus der Mode?“
„Was schert es dich?“, antworte ich und griff nach meinem Gepäck. Selbst ich junger Tor spürte, dass er was im Schilde führte. Es war besser, wenn ich ihn und die Schenke schnell hinter mir ließ.
„Eine hübsche Waffe“, sagte er und deutete auf den verrosteten Säbel, der an meinem Gürtel baumelte. Montéz Abschiedsgeschenk, der sich damit eine Klinge weniger in den Hals stecken musste. Ein besseres Buttermesser, das tausendmal im Magen eines Schwertschluckers verschwunden war.
„Solange du gegen nichts Wilderes als Katzen kämpfst, wirst du damit gut überleben können“, kicherte er und trank von seinem Wein.
Zu dieser Zeit hatte ich meinen Zorn schwer im Griff. Es dauerte nie lange, bis in mir ein Feuer brannte, das alle Vernunft auslöschte. Und dieser stinkende alte Mann hatte den Bogen überspannt.
Ich hörte den Stoff reißen, als ich ihn fest am Kragen packte. „Für jemanden wie dich reicht es allemal!“, knurrte ich. „Warum verschwindest du nicht einfach, bevor ich dir den Bauch aufschlitze?“
Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen. Als er mein Handgelenk ergriff, spürte ich eiskalte Haut. Blutleer und schlangenartig.
„An deiner Stelle würde ich mich zügeln“, sagte er, „Hier sitzen viele, die einer Prügelei nicht aus dem Weg gehen. Sieh dich nur um. Kannst du dich gut genug wehren?“ Angewidert ließ ich ihn los. Mein Atem ging stoßweise und ich biss mir fest auf die Lippen. Er hatte recht.
Eine Gruppe von Handwerkern saß beim Fenster und hämmerte mit den Fäusten auf den Tisch. Vor ihnen tanzte ein leicht bekleidetes Mädchen. Ihre blasse Haut war mit Kratzern und Pusteln übersät und ihr Lächeln offenbarte faule Zähne. Drei Stadtwachen waren an der Eingangstür in ein Kartenspiel vertieft. Ihre Stahlklingen hätten meinen Säbel sofort splittern lassen.
Mehr als das beunruhigten mich aber die Männer am Nebentisch. Sie trugen schwarze Lederrüstungen und Fellumhänge. Bögen und Schwerter ragten über ihre Schultern. Während sie stumm ihr Bier tranken, beobachteten sie uns. Offensichtlich Söldner, die darauf warteten, jemanden den Hals umzudrehen. Jeder im Raum vermied den Blickkontakt mit ihnen und mein Wutausbruch gefiel ihnen offenbar.
Es wäre wahrlich nicht klug gewesen, ihnen einen Anlass zum Faustkampf zu geben.
Der Alte raffte seinen Mantel und streckte mir die Hand entgegen. „Verzeih mir. Ich war unhöflich. Zu oft beschäftige ich mich mit schriftlichen und pflanzlichen Dingen. Dabei vergesse ich das menschliche Verhalten. Niclas ist mein Name.“
Die Vorstellung, noch einmal diese reptilienartige Haut zu berühren, widerte mich an. Und mein Zorn gärte immer noch.
„Scher dich weg!“, gab ich verärgert von mir. „Oder bleib sitzen. Mich kümmert es nicht. Ich verlasse jetzt die Stadt!“
Er nickte und zog einen kleinen Stoffsack aus seinem Mantel. „Ich hätte eine Aufgabe für dich!“, sagte er, während er eine Bierlache vom Tisch wischte.
„Such jemand anderen! Froschschenkel und Kuhfladen für eure idiotischen Rituale kann jedes Kind sammeln!“
Wieder zuckten seine Mundwinkel. Er wusste genau, was er tat. Mit durchtriebener Intelligenz hatte er mich durchschaut. Und nun benutzte er meine Schwächen gegen mich.
Das kann ich heute alles gut erkennen, doch damals war ich ein kleiner Welpe, der leicht in Fallen lief.
„Du bist jung und hast ein hitziges Gemüt“, fuhr er fort, während er das Band des Säckchens löste. „Das ist gut, weil es dich lebendig hält. Aber du musst auch ein wenig Vorsicht walten lassen.“
Er breitete den Beutel wie eine Decke auf dem Tisch aus. Eine merkwürdige Pflanze lag in der Mitte. Zuerst hielt ich sie für eine Rose, wegen des Stiels und der Dornen. Aber die Blüte glich keiner mir bekannten Blume. Ihre rote Färbung wirkte beinahe feucht. Als wäre sie aus Wein oder frischem Blut geformt. Und sie schien zu pulsieren, was ich damals meiner Trunkenheit zuschrieb. Heute weiß ich es natürlich besser.
„Das ist die Blutblüte“, erklärte er. „Eine Pflanze mit mächtiger Heilkraft. Ich verstehe dein Misstrauen. Aber es entsteht aus Vorurteilen. Ich bin kein Seher und erst recht keiner von den Magiern.“ Er verzog das Gesicht und spuckte auf den Boden. „Candelae ist die goldene Stadt. Aber auch sie verliert ihren Glanz. Im ganzen Land kommt Unruhe auf. Und wenn die Gerüchte stimmen, stehen uns harte Zeiten bevor. Krieg, weißt du?“
Er sah mich mit dem Blick eines Lehrers an und es wirkte.
Bisher war ich nur Rudwin gefolgt. Ich kannte nichts anderes als ein fremdbestimmtes Leben. Deshalb war ich so verwirrt und ängstlich. Ich sehnte mich nach jemandem, der mich führte. Niclas hatte das genau erkannt. Er war in die Vaterrolle geschlüpft, nach der ich lechzte. Und nun musste er noch seinen letzten Trumpf ausspielen.
Natürlich war ich weder ein Schurke, noch ein Söldner. In mir steckte ein kleiner verwirrter Bengel. Aber ich hatte nur Gutes im Sinn. Das durchschaute er und appellierte an mein Gewissen.
„Wenn Armut und Krankheit zunehmen, muss man Hilfe leisten“, sagte er. „Jeder Trottel kann mit dem Schwert massakrieren. Aber welchen Lohn erhält er, wenn er selbst abgestochen wird? Den Schwachen helfen, wenn die Welt aus den Fugen gerät ... Das ist wahre Stärke!“
Das hastig getrunkene Bier hatte einen sauren Geschmack in meinem Mund hinterlassen. Aber das war nicht das einzige, was ich bereute. Mich plagten Selbstzweifel. Dieser Mann war offensichtlich ein Heiler. Jemand, der sich um andere sorgte, anstatt auf seinen eigenen Vorteil bedacht zu sein. Und ich hatte ihn beinahe geschlagen, nur weil er sich wunderlich benahm.
Wie dumm ich damals war! Diese Ratte hatte es geschafft, in mir Schuldgefühle auszulösen. Für ihn war ich ein einfaches Opfer und nun hatte er mich fest am Haken. „Du heilst mit dieser Pflanze?“, fragte ich.
Er nickte eifrig. „Unter anderem, ja. Es ist das mächtigste Heilmittel, das ich bisher finden konnte. Dummerweise gibt es nicht viel davon. Die Blume wächst nur in einem felsigen Tal ganz am östlichen Ende des Liot Waldes. Es ist steil und felsig dort und man sollte gut klettern können.“ Er wartete einen Moment, ob ich seinen Wink verstehen würde, aber es floss zu viel Bier in meiner Blutbahn.
„Hier kommst du ins Spiel!“, half er mir auf die Sprünge.
„Ich soll in dieses Tal klettern?“ Meine Frage klang damals tatsächlich so dumm.
„So ist es! Sammle soviel von den Blüten wie du findest. Und achte darauf, sie nicht zu zerstören. Ich habe zwei Dinge für dich.“
Er öffnete den Mantel und zog eine schwarze Schatulle hervor. Sie war aus dem dunklen Holz der Eiche geschnitzt. Ein goldener Messingverschluss war in der Mitte eingearbeitet.
„Darin wirst du sie transportieren. Und nun nimm noch dies!“ Aus seinem rechten Ärmel ließ er ein kleines Medaillon fallen. Es war glatt wie feuchter Kiesel und strahlte feuerrot. In der Mitte erkannte ich eine kunstvoll eingravierte Schlange.
„Bewahre das gut auf!“, sagte er. Wenn du zurückkehrst, zeigst du es den Wachen am Stadttor. Sie werden es erkennen und dich zu mir führen. Und noch etwas ...“
Er öffnete seine Faust und ließ drei Goldstücke auf den Tisch fallen. Ich riss die Augen auf. Die Söldner neben uns hatten das Klimpern sicher interessiert vernommen. Doch Niclas schien nicht beunruhigt.
„Das ist eine kleine Anzahlung. Für das Bier und deine Geduld. Wenn du meinen Auftrag annimmst, gibt es selbstverständlich mehr.“ Er sah mich wartend an, obwohl er meine Antwort genau kannte. Seinen Köder hatte ich längst geschluckt.

Warum ich nichts von den Blutblüten wusste? Bedenkt doch die Jahre, die seitdem vergangen sind! Die Hexer warteten noch nicht an jeder Straßenecke. Und eure Magier versteckten sich hinter den Mauern der Akademien um böse Pläne zu schmieden. Wenn ihr mich fragt, hätte das gerne so bleiben dürfen. Es wäre uns viel Leid erspart worden. Aber jeder Mensch hat einen Hang zur Lüge. Und andere wollen diese Lügen glauben. Ja, ich fahre schon fort! Was die Geschichte betrifft, werden wir niemals einer Meinung sein. Denn ich habe sie selbst erlebt, während ihr sie nur aus Büchern kennt. Womöglich aus den falschen.
Gebt mir doch etwas von dem Wein. Wir kommen nun zu Marsillus und der Schlange. Davon kann ich nicht erzählen, wenn ich nüchtern bin. Noch heute schüttelt es mich, wenn ich an diese Begegnung denke!

Durch Niclas geschickte Worte hatte ich mich also zu einem Laufburschen machen lassen. Nicht sehr glorreich, aber es ermöglichte mir den Weg zur Kunst. Ansonsten hätte ich mich wohl einer Bande von Dieben oder Söldnern anschließen müssen und wäre früh gestorben.
Der alte Hexer – entschuldigt – Heiler machte es mir auch sehr leicht, indem er mir eine Eskorte ermöglichte. Sie sollte mich durch den Wald bis zum Eingang des Tals bringen. Den Göttern sei Dank war es kein Gesindel von der Straße. Stattdessen beauftragte er die besoffenen Handwerker, was nicht viel besser war.
Aber er hatte klug erkannt, dass er sie nicht lange überzeugen musste. Sie waren ohne Geld und Arbeit, also mussten sie in die Hauptstadt. Und für seine Goldstücke machten sie gerne einen Platz auf ihrem Karren frei.
Ich hätte mir bessere Gesellschaft für eine Reise durch den Liot gewünscht. Vielleicht Dichter oder Barden, um die Schönheit dieses Wunders ausreichend zu würdigen. Selbst Soldaten wären besser gewesen als diese primitiven Gesellen. In der Stille der Natur brüllten sie wie Vieh und lachten über dumme Witze. Sie warfen Abfall zwischen die Bäume und pissten vom Karren direkt auf den Weg. Das einzige, was ich mit ihnen gemeinsam hatte, war die Lust aufs Trinken. Anders konnte man ihre Gegenwart auch nicht ertragen.
So verschwamm die Reise im betäubenden Nebel des Weins. Das Gelächter und Geschrei wurde dumpf und die Zeit dehnte sich aus. Die nahe Bewusstlosigkeit war mein ständiger Begleiter. Und als sich der Schleier zum ersten Mal lüftete, waren die Handwerker verschwunden.
Mein Kopf lag auf einer Wurzel, was die stechenden Schmerzen hinter meiner Stirn verstärkte. Die Zunge lag wie eine verdorrte Pflaume in meinem Mund, bereit um ausgekotzt zu werden. Ich hörte das Plätschern eines Baches. Sonnenlicht stach spitz in meine Augen, als ich blinzelte. Dunkle Schemen. Bäume. Und ein hageres, bärtiges Gesicht direkt vor mir. Ich schrak hoch, aber der Schmerz in meinem Magen ließ mich sofort zurückfallen.
„Ruhig Junge!“, hörte ich ihn sagen. „Hol den Hauptmann, Olaf! Er lebt noch.“
„Muss wahnsinnig sein, wenn er hier allein wandert. Direkt am Tal ...“
Nicht die versoffenen, lauten Stimmen, welche mich die letzten Tage begleitet hatten. Unter Schmerzen öffnete ich meine Augen. Vor mir kniete ein Mann in Kettenhemd und gelbem Umhang. Seine grünen Augen musterten mich besorgt.
„Wie heißt du mein Sohn?“
„Haerzl“, krächzte ich und sah mich um. „Wo bin ich?“
„Am östlichen Ende des Liot. In der Nähe des verfluchten Tals“, antwortete er. „Was treibt dich hierher? Du warst doch nicht alleine unterwegs, oder?“
In meinem verkaterten Gehirn versuchte ich die Puzzlestücke zusammenzusetzen.
Die Handwerker hatten ihren Teil der Abmachung offensichtlich erfüllt und mich in der Nähe des Tals abgesetzt. Oder eher vom Karren gerollt.
Langsam drehte ich den Kopf, um Schwindel und die Übelkeit im Zaum zu halten. Ich erkannte die Weggabelung, die Niclas beschrieben hatte. Der moosige Bewuchs verlor sich allmählich und gab felsiges Geröll frei. Dort verlief der Weg ins Tal. Nur das Wort „verflucht“ verwirrte mich. Zuerst dachte ich, dass ich mich verhört hätte.

Was für merkwürdige Zufälle sich doch immer ergeben. Manchmal denke ich, dass alles in unserem Leben vom Chaos abhängig ist. Es gibt keine Vorherbestimmung, kein Schicksal und mit Sicherheit keine Magie. Blickt nicht so streng, schreibt lieber weiter! Es ist nur eine Feststellung. Ohne meinen Hang zum Alkohol hätte ich die Kreuzung nüchtern erreicht. Dann wäre ich ins Tal gewandert und wahrscheinlich gestorben.
So aber vernahm ich das Stapfen von schweren Stiefeln und warf den ersten Blick auf Marsillus. Den Riesen aus Grauburg, der die zweihändige Klinge so elegant wie einen Degen führen konnte. Und den selbst die Nordmänner fürchteten, nachdem er Häuptling Balor im Zweikampf erschlagen hatte. Damals sang man noch große Lieder und Verse über ihn. Aber ich erkannte ihn nicht. Die Barden beschrieben ihn gerne in seiner adligen Zeit mit geölter Haarpracht und sauber gestutztem Schnurrbart.
Doch als wir uns trafen, befehligte er schon die Goldklingen. Seine Augen waren vor Müdigkeit gerötet und der schwarze Bart wucherte wild in seinem Gesicht. Kettenhemd und der Umhang waren von Staub und Dreck überzogen. Die gute Erziehung und Bildung konnte man noch spüren, aber nun war er ein Legionär mit goldener Klinge. Er sah auf mich herab, als wäre ich ein Reh mit gebrochenem Bein.
„Was tust du hier?“ Eine Stimme wie Eis. „Mit wem bist du gereist?“ Ich konnte den feuchten Waldboden unter meinem Gesäß spüren. Marsillus schüchterte mich ebenso ein wie Niclas, aber auf eine andere Art. Mir war bewusst, dass ich diesem Mann respektvoll begegnen musste.
„Ich habe einen Auftrag“, sagte ich und zog das Medaillon hervor. Ich hatte es an einer Lederschnur um meinen Hals gebunden. Natürlich war das dumm, aber daran dachte ich nicht. Es erschien mir einleuchtend. Wenn es die Stadtwache erkennen würde, wie Niclas erklärt hatte, dann wohl auch diese Soldaten. Und tatsächlich wussten sie um die Bedeutung, ganz im Gegensatz zu mir.
„Er ist ein Hexer!“ Der bärtige Soldat schrie und sprang von mir weg. Man hätte denken können, ich wäre selbst die Giftschlange, die im Medaillon eingraviert war. Der Hauptmann zischte und zog sein Schwert.
„Keine Bewegung, du Hund“, knurrte er und schob die Waffe kurz vor mein Gesicht. Die Klinge war mit Goldstaub verziert, in dem sich das Sonnenlicht spiegelte. Eine dekadente Angewohnheit der Legion, die sie bald ablegen sollten. Das Überleben würde bald mehr zählen als die Bezahlung. Meine Kehle war so ausgetrocknet, dass ich kaum schlucken konnte. „Ich verstehe nicht ...“, stammelte ich und es war die Wahrheit.
Von Hexern wusste ich kaum etwas, geschweige denn von Magie. Niclas hatte mich einfach um den Finger gewickelt und in dieses Abenteuer gestoßen. Und ich war ausgezogen wie ein Narr, ohne Fragen zu stellen. Wer so dumm war, verdiente ein Schwert am Hals.
„Halt den Mund!“, befahl Marsillus. Und dann tauchte der Teufel auf.
Ein dickes, widerliches Schwein schob sich am Hauptmann vorbei. Svarto war der ekelhafteste Mann, dem ich jemals begegnet bin. Sein fetter Wanst hing über den Gürtel einer schwarzen Robe. Über die verschwitzte Glatze hatte er mit blauer Farbe zwei gekreuzte Linien gemalt. Ein Stab lag in seiner linken Hand. Geschnitzte Runen ringelten sich verspielt im Holz. Wie alle Hexer wusste er um die Macht der Verkleidung.
Mit fleischigen, wurstähnlichen Fingern riss er mir das Medaillon vom Hals. Seine Augen verengten sich zu kleinen schwarzen Schlitzen als er das Symbol studierte. „Woher hast du das?“, brummte er. „Lüg mich nicht an. Ich habe die Gabe!“ Der verlogene Ton hinter dieser Drohung blieb mir schon damals nicht verborgen. Dennoch wollte mir nicht mehr als die Wahrheit einfallen. Außerdem war das Schwert von Marsillus immer noch auf mich gerichtet.
„Ein Heiler gab es mir“, antwortete ich, worauf mich der Hexer endlich ansah.
„Ein Heiler, pah!“ Er spuckte neben mich. „Ein Jüngling wie du trägt ein Hexersymbol und kriecht hier im Wald herum! Das riecht nach Unheil. Sag mir die Wahrheit!“ Seine Stimme klang hoch und rau, als wäre er kurz vorm Stimmbruch.
„Es ist die Wahrheit!“ Meine Fäuste verkrampften sich. Langsam gewann mein Zorn die Oberhand über die Furcht. In meiner Fantasie klatschte ich ihm Dreck in sein fettes Gesicht.
„Ich bin kein Hexer!“, rief ich zornig. „Warum behandelt ihr mich wie einen Strauchdieb? Das Ding habe ich von einem Heiler in Candelae. Ich soll hier im Tal Pflanzen für ihn sammeln! Daran ist nichts Unrechtes. Also lasst mich gefälligst ziehen!“ Der Hauptmann wandte sich an seinen Hexer. „Svarto, ich kann dem Jungen Respekt beibringen! Soll ich ...“ Doch der hob unterbrechend die Hand. Er bückte sich und sah mir in die Augen. Ich konnte seinen widerlichen Schweiß riechen. „Dieser Heiler hieß nicht zufällig Niclas?“
Ich nickte wortlos.
„Dämonenbrut!“ Er schlug das Ende seines Stabes in den Waldboden. Ich duckte mich und sah aus den Augenwinkeln, wie Marsillus zusammen zuckte.
„Was habt ihr? Ist das ein Omen?“ Der Zweifel in seinen Augen überraschte mich. Er war jünger und kräftiger als der Hexer. Warum sollte er ihn fürchten? Ich konnte ja nicht ahnen, wie hörig er diesem Tier war. Svarto ließ das Medaillon durch seine Finger gleiten. Nachdenklich kaute er auf seiner Unterlippe. „Vielleicht. Ich kenne Niclas. Verbreitet seine dreckige Pestmagie in Candelae. Bisher hat er nicht viel erreicht. Aber wenn er was aus dem Tal will, bedeutet das nichts Gutes.“
Der Hauptmann ließ sein Schwert sinken. „Aber das Tal ist verflucht. Was gäbe es dort zu holen, außer dem Tod?“
Diesmal begriff ich, dass ich nicht falsch gehört hatte. Ich verdammte Niclas und meine eigene Dummheit.
Svarto zeigte mit dem Stab auf mich. „Für einen Hexer womöglich viel. Was hat er dir noch gesagt, dummes Kind? Was sollst du im Tal suchen?“
In mir fegte ein Sturm der Gefühle. Vielleicht ein erster Schritt zur Reife. Ich war von Niclas belogen und benutzt worden. Nur um dann von einem anderen Kerl in die Mangel genommen zu werden. Einem wahnsinnigen Untier, das bestimmt ebenfalls Pläne mit mir hatte. Aber so waren diese Hunde. Immer auf der Suche nach neuen Marionetten und Situationen, die sie zu ihrem Vorteil drehen konnten.
Er witterte seine Chance, als ich Niclas erwähnt hatte. Sein teigiges Gesicht hatte sich zu einem gierigen Ausdruck verzogen. „Blutblüten?“, kicherte er. „Dieser Drecksack hätte unter die Poeten gehen sollen. Aber gut, wenn er so scharf auf dieses Kraut ist ...“ Er lehnte die Glatze an seinen Stab und schloss die Augen. Das Schauspiel eines Lügners. „Mein Hauptmann, ich muss in dieses Tal. Ich will mit eigenen Augen sehen, was dort wächst!“ Er flüsterte fast, um seiner Bitte den nötigen Nachdruck zu verleihen.
Marsillus Daumen trommelte auf dem Schwertgriff. Die Mundwinkel verzogen sich hinter seinem Bart. „Aber warum? Ihr kennt die Geschichten über das Tal. Ich kann meine Männer keinem solchen Risiko aussetzen, Svarto!“
Der Fette hob beschwichtigend die Hände. „Ich habe nicht gesagt, dass ich euch brauche. Ich beherrsche die dunklen Künste, wie ihr wisst. Dort unten gibt es nichts das mir gefährlich werden kann. Also lasst die Truppe rasten, bis ich zurückkehre. Niclas will etwas aus dem Tal, also muss ich ihm zuvor kommen. Ich darf seine Macht nicht wachsen lassen.“
Der Hauptmann nickte. Ergeben bis zum Tod. Wie ein Hund, der seinem Herrn folgt. „Wie ihr meint. Und was machen wir mit dem Jungen?“
Der Hexer grinste wie eine Hyäne. „Er kommt mit mir!“ Niclas hat ihn geschickt und das wird seinen Grund haben.“ Er deutete auf meinen Säbel. „Nehmt ihm diesen lächerlichen Zahnstocher und fesselt ihn!“
„Nein!“, schrie ich mit schmerzendem Hals. „Dazu habt ihr kein Recht! Ich bin kein Gesetzloser!“ Svartos froschartige Augen blickten amüsiert, als mich der Hauptmann ohrfeigte. „Halt den Mund!“, fuhr er mich an. „Du dienst den Feinden. Womöglich bist du sogar ein Adept. Sei also froh, wenn wir dich nicht sofort töten!“ Die zwei Soldaten, denen ich als erstes begegnet war, nahmen mir Gepäck und Säbel ab. Mir wurde schwer ums Herz. Die Klinge mochte als Waffe nutzlos sein, aber sie war meine Erinnerung an Montéz. Nun war dieses Kapitel meines Lebens endgültig beendet. Und meine Zukunft sah nicht sehr rosig aus. Marsillus kontrollierte die Goldklingen ohne zu merken, dass er selbst in den Klauen einer Spinne steckte. Und ich zappelte genauso in ihrem Netz. Sie legten mir die Fesseln mit spitzen Fingern an, als würde jeden Moment Säure aus meiner Haut spritzen. Wäre es nur so gewesen! Doch die schlimmste Qual stand mir noch bevor.

Wie ein Ochse am Seil wurde ich von Svarto den Felsweg hinuntergeführt. Meine Brust und die Handgelenke brannten. Natürlich wollte ich mich losreißen. Während wir den Pfad hinab wanderten, lauerte ich auf einen günstigen Moment. Aber meine Fesseln waren gut geschnürt und er konnte mich auf Distanz halten. Dabei ließ er es sich nicht nehmen, mich ausgiebig zu verhöhnen. „Ein Gaukler also?“, sagte er abfällig. „Ich dachte, eure Zunft lässt sich nicht so leicht übertölpeln! Aber du bist ja noch dümmer als ein Esel! Niclas schnippt mit dem Finger und du springst, oder wie?“
„Haltet die Schnauze!“, fauchte ich. „Wenn ihr schon die ganze Zeit das Maul offen habt, erklärt mir lieber die Sache mit diesem Fluch!“
Er gab ein meckerndes Lachen von sich. „Sieh an! Zuerst interessiert ihn gar nichts, und kurz vor der Höhle des Löwen flattert ihm das Beinkleid. Du bist wahrlich erheiternd! Warst du etwa der Possenreißer in eurem Wanderzirkus?“
Da spuckte ich ihm einen Klumpen Rotz ins Gesicht. Mein jugendliches Temperament - Wie ihr wisst. Ich hatte mir gewünscht, dass er tot umfiele. Dass sein fettes Herz diese Überraschung nicht verkraften würde. Natürlich geschah das nicht. Stattdessen schlug die Sau sofort zurück. Sein Stab war hart wie Stein. Womöglich das Holz der schwarzen Eiche. „Mut hast du, das muss man dir lassen“. Seine Stimme klang dumpf, während ich Blut spuckte und um heile Zähne betete. „Aber das wird dir nichts nützen“, fuhr er fort. „Was das Tal betrifft: Es gibt Gerüchte, dass dort unten eine schwarze Bestie haust.“ Er hatte wohl erwartet, dass ich mich vor Schreck voll pissen würde. Aber ich war zu beschäftigt mit meinen höllisch schmerzenden Lippen.
„Sind das Gerüchte oder eher Märchen?“, murmelte ich mit blutigem Geschmack im Mund. Svarto kratze sich mit dem Zeigefinger am Kinn und blies leise durch die Lippen. „Dein freches Maul wird schon verstummen, wenn du dem Biest gegenüber stehst. Es ist so groß wie ein Pferd. Selbst Kriegern zieht es bei lebendigem Leib die Haut ab. Man sieht es nicht, bevor ...“
Sein haarloses Gesicht verzog sich zornig, als er mein glucksendes Lachen hörte. Trotz großer Anstrengung hatte ich mich nicht beherrschen können. Da schnellte er vor und ergriff meinen Hals. Seine dicken Finger drückten zu und nahmen mir die Luft. Ich roch seinen stinkenden Atem als er mich anzischte. „Du hältst dich für unverwundbar, oder? Nur weil du jung und stark bist! Aber fühl dich nicht zu sicher! Du kannst der Bestie einen lieben Gruß bestellen, wenn sie dich zerfleischt!“ Er gab meinen Hals frei und schleuderte mich zurück. „Es ... gibt ... keine ... Bestien“, keuchte ich mühsam. Svarto schüttelte den Kopf. „Immer noch mutig und dumm“, sagte er. „Was macht dich denn so sicher?“
„Ich war ein Gaukler“, antwortete ich heiser. „Leute wie wir haben diese Geschichten erst erfunden.“
Svarto entdeckte einen Käfer und zerdrückte ihn mit seinem Stab. „Du übersiehst das wesentliche, du Tor! Es ist gut, wenn du den Geschichten der Bauern und Narren keinen Glauben schenkst. Noch besser ist es, wenn man selbst diese Geschichten streut. Aber ihr vom fahrenden Volk tut das nur als Belustigung.“ Sein Mund verzog sich, als hätte er auf etwas Bitteres gebissen. „Worte...“, fuhr er fort, „sind die mächtigste Waffe der Welt. Seht mich doch an. Ich darf mich Hexer nennen. Und darf deshalb unter dem Schutz von Graf Marsillus reisen.“
Er schien meinen verwirrten Ausdruck zu genießen. „Ganz recht!“, lachte er. „Der Hauptmann dieser verdreckten Legion ist der große Marsillus. Der Schrecken der Diebe und Schurken. Der Bezwinger von Balor.“
Schweiß brannte in meinen offenen Lippen. In meinen Ohren wurden die Geräusche des Waldes von dumpfem Rauschen überdeckt. „Aber warum?“, krächzte ich. „Er ist ein Heeresoffizier. Ein Adliger! Warum schließt er sich der freien Legion an?
Seine wulstigen Lippen öffneten sich zu einem Grinsen. „Weil ich es so will! Er hätte in der Hauptstadt bleiben können. Umgeben von seinen Dienern, sauberem Wasser und gutem Essen. Hätte Befehle erteilt, anstatt selbst wieder zum Schwert zu greifen. Sogar die Frau, die er liebte, ließ er zurück!“ Er lachte und seine Backen wackelten. „Das war großartig! Als er Valies sagte, er würde sich den Goldklingen anschließen, schlug sie ihm ins Gesicht. Und ich wusste, dass mich nichts mehr aufhalten würde. Dieser Mann ist der fähigste Kämpfer, den ich je gesehen habe. Aber auch hat eine Schwäche!“ Er verstummte kurz und bedachte mich mit einem herausfordernden Blick.
„Aberglaube!“, hauchte er.
Nun hatte auch ich begriffen, welch Wahnsinn von ihm ausging. Ich hätte Angst haben sollen, aber mein Hass gegen diese giftige Zunge war größer. „Du bist ein Dreckschwein!“, sagte ich angewidert. Auf die Etikette gab ich nichts mehr. Einen Lügner und Betrüger spricht man nicht wie einen höher Gestellten an.
„Falsch!“, antwortete er und zog etwas aus seinem Gürtel. „Ich bin ein Mann, der seinen Vorteil nutzt. Und sollte es wirklich zum Krieg kommen werden viele so denken. Jemand wie du natürlich nicht. Man würde dich am nächsten Baum aufknüpfen. Sei also froh, dass ich dir dieses Schicksal erspare!“
Ein brennender Schmerz breitete sich in meinem linken Arm aus. Ich sog die Luft ein und erkannte einen kleinen Dolch in seiner Hand. Wieder hatte mich seine Geschwindigkeit überrascht. Er hatte mich mit seinen Reden eingelullt und dann zugestoßen als ich unaufmerksam war. Ich legte alle Kraft in meine Beine und stieß mich vom Boden ab. Diesmal wollte ich ihm an die Gurgel springen. Aber er war verschlagen und sah es kommen. Als er sich zur Seite drehte, schob er den Stab zwischen meine Beine. Ich schlug mit der Schulter auf den Steinen auf und brüllte. Meine Lippen waren geschwollen, mein Arm brannte und nun hatte ich mich auch noch verstaucht. Ich wollte dieses aufgeblasene Mistvieh in siedendem Pech baden.
Er blickte höhnisch auf mich herab. „Spar lieber deine Kraft! Sonst verbreitet sich das Gift schneller.“
Meine Augen müssen mir beinahe aus dem Kopf gefallen sein. Ich konnte nicht glauben, was ich hörte. Meine Lektion über die Durchtriebenheit der Hexer musste ich schnell und schmerzhaft lernen.
Er sah mich verächtlich an. „Hast du wirklich gedacht, dass ich einfach deine Fesseln löse? So beschränkt kannst du doch nicht sein. Das Gift dieser Klinge wird langsam deinen Körper schwächen. Wenn es bis beim Herzen ankommt, wird es gefährlich. Dann hast du nur noch ein paar Stunden, bis es dich dahin rafft.“
In mir tobte ein Sturm. Todesangst und Wut wechselten sich ab. Später erlebte ich noch gefährlichere Dinge. Aber ich werde nie vergessen wie ich damals am Rande dieses Tals stand und mir den Arm rieb. In die Arme eines Hexers geworfen und vergiftet zu werden, ist an Grausamkeit nicht zu übertreffen.
„Du warst ein weiterer glücklicher Zufall“, erklärte er. „Dank dir bin ich Niclas zuvor gekommen. Ich weiß nicht, was er plant und warum ihm soviel an den Pflanzen liegt. Aber es muss etwas Wichtiges sein und ich werde es vor ihm haben!“
Der Schmerz und die Wut trieben mir Tränen in die Augen. „Das Gift schwächt mich?“, fragte ich als ich noch einmal über die Einstichstelle strich und an meinen Fingern etwas Blut kleben blieb. „Das ist dumm von dir! Wenn ich verrecke, bekommst du die Blüten niemals!“
Er grunzte wie ein Tier. „Das Risiko gehe ich ein. Im übrigen war ich noch nicht fertig“, sagte er und zog ein Fläschchen aus der Robe. Eine grüne, ölige Flüssigkeit schwappte darin. „Sobald du mit dem Zeug zurückkehrst, werde ich dir ein Gegenmittel geben. Du hast somit einen guten Grund, mich glücklich zu machen!“
„Natter!“, schrie ich, aber er zuckte nur mit den Schultern.
„Du kannst gerne den Wind und die Steine beleidigen. Ab hier gehst du nämlich allein. Es ist zu steil für mich. Und beeil dich besser, bevor du allzu geschwächt bist.“
In meinen Zorn hatte ich nicht bemerkt, dass sich der Weg in einen felsigen Abhang mündete. Spitzige Felsen zogen sich beinahe senkrecht in die Tiefe. Niclas hatte mir viel vorenthalten, aber was das Gelände betraf, hatte er die Wahrheit gesprochen. Man musste ein geschickter Kletterer sein, um es ins Tal hinabzuschaffen. Zum ersten Mal in dieser ungünstigen Geschichte beherrschte ich wieder etwas. Montéz hatte mich den richtigen Einsatz der Beine gelehrt. „Nutze deinen Vorteil“, hatte er mir erklär, während wir auf dem feuchten Gras hinter unseren Zelten trainierten. „Du bist flink und drahtig, Haerzl. Setz deine Akrobatik im Kampf ein.“ Der letzte Ratschlag war der nützlichste. Meine Kunststücke hatten der Truppe viel Geld und Applaus gebracht. Und als ich später mit Marsillus ritt, ließ ich die Neulinge immer Seiltanzen. Eine gute Beinarbeit ist im Schwertkampf unersetzlich. Ebenso ist sie die Grundlage des Kletterns. Diesem Abhang fühlte ich mich jedenfalls gewachsen.
Als mich dieser Hund losband, dachte ich noch einmal darüber nach, ob ich mich auf ihn werfen sollte. Aber ich hatte erlebt wie er mit dem Stab umgehen konnte. Und wer wusste schon, was er außer vergifteten Dolchen noch für Überraschungen bereithielt. Vielleicht hätte ich ihn überwältigt, aber dabei wäre ich selbst gestorben. Mir blieb keine andere Wahl, als behände in das Tal zu klettern.
Svartos massige Gestalt lugte über den Rand. In seiner flatternden schwarzen Robe wirkte er noch dämonischer. In meinem Kopf stieß ich alle Flüche der Welt gegen ihn aus und hangelte mich nach unten. Dann betrat ich das Tal zum ersten und letzten Mal.

Mich grämt noch immer der Gedanke, dass wir niemals zurückkehren konnten. Wenn wir dieses gewaltige Feld der Blutblüten besessen hätten! Was hätten unsere Hände damit bewirken können! Ach hört schon auf! Ihr wisst genau, was die Magier daraus gemacht haben! Geht doch mal tief in euch, mein Schreiber! Drogen sind nur ein weiterer Weg zur Unterdrückung. Und der Orden weiß das. Mit der Mondmilch können sie den Geist vernebeln und ihre Macht erhalten. Wer protestiert und kämpft schon, wenn die Träume so süß sind? Das ist mir gleich, was ihr denkt! Ich werde nicht aufhören, die Wahrheit zu sagen. Mir bleibt schließlich nichts anderes mehr in diesem Leben.

Dort wo heute die gewaltigen Holztürme aufragen und die Sklaven Tag und Nacht mit der Ernte beschäftigt sind, fand ich damals unberührte Natur und einen Ozean aus roten Blüten. Das Tal war ein eigener kleiner Garten. Bäche rannen von den hohen Felsen und bildeten ein feuchtes Klima in der Senke. Und durch das hereinfallende Sonnenlicht konnten sich die Pflanzen ungehindert entfalten. Den Anblick dieses wuchernden Feldes werde ich nie vergessen. Es wirkte wie ein blutiger See, in dem Schwämme pulsierten. Diese zuckende, lebendige Bewegung der Blüten hatte ich bereits in der Schenke wahrgenommen. Es war gleichermaßen faszinierend und erschreckend. Ich hatte mit wenigen Pflanzen gerechnet, die vereinzelt aus Felsen sprießen würden. Und nun sah ich mich diesem riesigen roten Teppich gegenüber.
Es erheiterte mich, dass mir Niclas nur eine kleine Schatulle als Transportmittel übergeben hatte. Man hätte Karren um Karren befüllen können. Was eure Magier später auch taten.
Ich aber hatte nur die Hände, seit mein Gepäck bei den Goldklingen lag. Wieder einer dieser Zufälle. Und dieser rettete mir wirklich das Leben.
Die Wirkung der Mondmilch kennt ihr ja. Stellt euch vor, ihr trinkt ein ganzes Fass davon. Ungefähr dieses Gefühl stellte sich ein, als ich mit der Hand zwischen die roten Stängel griff.
Meine Arme und Beine wurden zuerst taub, dann angenehm warm. Ein tiefes, beruhigendes Summen breitete sich in meiner Brust aus. Der Schmerz in Lippen und Schulter verschwand. Dort, wo mich Svartos Dolch verwundet hatte, fühlte ich kein Brennen mehr. Die quälende Erschöpfung der letzten Tage fiel von mir ab. Als ein Teil des Windes flog ich durch das Tal. Blickte vogelgleich auf meinen Körper, der vor dem roten Blütenmeer kniete. Dann fiel ich hinab und tauchte in meine erstarkten Muskeln. Knochen, Fleisch und Nerven pulsierten mit nie geahnter Kraft. Ich roch und hörte wie ein Raubtier. Das war meine Rettung, denn andernfalls hätte ich niemals die Bestie wahrgenommen.

Sie war bereits dicht hinter mir, als ich tiefe Grunzlaute vernahm. Krallen klackten hörbar auf dem trockenen Gestein. Beinahe wollte ich einen Salto schlagen. Meine akrobatischen Fähigkeiten waren um ein Vielfaches verstärkt. Doch ich gab der Vernunft nach und drehte mich nur langsam um. Ein Stück hinter mir stand das Biest und sah mich neugierig an. Die Größe eines Pferdes erreichte es nicht, aber es war mindestens so kräftig. Schwarzes Fell bedeckte den massigen Körper, der auf vier starken Beinen getragen wurde. Die Augen strahlten in hellem Gelb und in der offenen Schnauze zeigten sich messerscharfe Zähne. Es leckte sich die Lippen. Offenbar war es genauso erstaunt wie ich. Wie oft verirrte sich schon ein Mensch hierher? In mir brannte das Feuer der Blutblüten, doch das half nicht. Selbst mit einer guten Klinge hätte ich mich kaum gegen Zähne und Klauen wehren können. Und als ich noch nach einer guten Lösung suchte, griff das Tier an.
Ein kehliges Brüllen wurde von den felsigen Wänden zurückgeworfen. Kies flog zur Seite, als es auf seinen gewaltigen Pranken in meine Richtung rannte. Ganz gleich welche Götter an diesem Tag über mich wachten, ich werde ihnen immer dienen. Denn ich schaffte es, im rechten Moment auszuweichen. Sicher halfen mir meine Akrobatik und der Rausch, aber Glück war auch auf meiner Seite. Die Bestie verlor das Gleichgewicht und krachte mit einem dumpfen Geräusch in das Blütenfeld. Weißer Saft spritze in die Luft und ein süßlicher Geruch verbreitete sich.
Grollend rollte sich das Vieh auf die Seite. Seine Schnauze war von den Pflanzen hellrot verschmiert. Es brüllte wieder. Heftiger. Und ich begann um mein Leben zu rennen. Hasengleich schlug ich Haken, als ich über die Steine zurück hüpfte. Natürlich war ich panisch. Ich erwartete einen Prankenschlag in meinem Rücken. Zähne, die meinen Nacken zerreißen würden. Doch ich entkam. Die Droge trieb mich an. Ohne dieses Feuer hätte ich niemals den Abhang erreicht. Und ich hätte ihn auch nicht so katzenartig hinauf klettern können.

Warum ich grinse? Verzeiht! Aber ich sehe wieder Svartos Gesicht vor mir, als ich über den felsigen Rand sprang. Er war völlig verwirrt über meine Schnelligkeit.
„Was geht hier vor?“, schrie er mich an. „Was war das für ein Brüllen?“ Ich stieß ihn zur Seite und er klatschte wie ein Sack Kartoffeln auf den Boden. Ob das mutig war? Ich weiß es nicht. Hauptsächlich hatten mich Zorn und Rausch selbst zu einem kleinen Raubtier werden lassen. Mein Ende wollte ich selbst bestimmen, also kämpfte ich mit jeder Faser meines Körpers.
Er versuchte sich aufzurichten, aber ich trat ihm gegen die Brust. Meine Kräfte müssen denen eines Nordmannes geglichen haben, denn zum ersten Mal sah ich Beunruhigung in seinem fetten Gesicht. Schnell versuchte er mir den Stab zwischen die Beine zu schieben. Doch ich sah es kommen und sprang darüber hinweg. Mit einer flinken Bewegung trat ich auf seine Hand. Er jaulte auf und lockerte den Griff. Das genügte mir. Mit einem starken Ruck entwand ich ihm den Stab. Seine Augen waren weit aufgerissen. Er hatte nicht mit meinen wahnhaften Kräften gerechnet. Und mit dieser Waffe konnte ich umgehen. Schließlich hatte ich lange Zeit Balancierstäbe getragen und mit Hölzern jongliert. Doch als ich losschlagen wollte, erstarrte ich.
Hinter Svarto kroch das Monster über den Abhang. Offenbar kletterte es ebenso gut wie ich. Er bemerkte meine Erstarrung und hielt sie für Zögern. Brüllend stürzte er auf mich zu, doch das Tier war schneller. Die Wucht des Aufpralls warf ihn zu Boden und lange Krallen bohrten sich in seinen fetten Leib. Blut spritzte nach allen Seiten. Er kreischte und versuchte sein Gesicht zu schützen. Das Biest schnappte zu und zerbiss seine komplette Hand. Knochen knackten und blutiger Brei lief aus der Schnauze.
Er schrie und wimmerte wie ein Kind. Schwer atmend saß ich auf dem Weg und starrte auf das Schauspiel.
Das Blütengift floss immer noch durch meine Adern, aber meine Benommenheit nahm langsam ab. Nun erkannte ich, welches Wesen die fette Ratte zerfleischte. Es war ein Schwarzbär. Keine dämonische Kreatur aus der Hölle. Kein Schrecken aus der Nacht. Nur ein einfacher, hungriger Bär. Derjenige, der das Gerücht einer schwarzen Bestie verbreitet hatte, musste wohl ein Augenleiden gehabt haben. Oder einen guten Plan, um Besucher vom Tal fernzuhalten.
Ein Gurgeln erklang, als das Raubtier seine Zähne in Svartos Kehle schlug. Gewaltige Glücksgefühle durchströmten mich. Es war das passende Ende für diesen widerlichen Scharlatan. Aber noch länger konnte ich diesen Triumph nicht auskosten. Wenn mir mein Körper lieb war, musste ich Abstand gewinnen. Das Gegengift war verloren, aber ich starb lieber an der Substanz, als mich zerfleischen zu lassen.
Schwindel übermannte mich, und ich stützte mich auf den Stock des Hexers. Die Wirkung des Giftes zeigte sich bereits. Langsam atmete ich ein und aus, meinen Blick immer auf das Tier gerichtet.
Doch der Bär beachtete mich nicht mehr. Der fette Leib des Hexers war ein herrliches Festmahl für ihn, warum also noch einmal jagen? Schritt für Schritt zog ich mich zurück. Als der Baumbewuchs wieder stärker wurde, verfiel ich in leichten Trab. Zügig, aber nicht zu schnell. Mein Kopf dröhnte und ich betete zu den Göttern, dass er mich nicht verfolgen würde. Immer wieder musste ich mich am Stab festhalten. Schließlich erreichte ich den Waldrand und brach zusammen. Kotzte gallige Flüssigkeit und rollte auf den Rücken.
Im feuchten Boden spürte ich das Leben. Insekten, Raupen, Moos. Sah die Melodie des Waldes und der Erde und fühlte tiefen Frieden. Dieses entspannende Gefühl, nach dem alle suchen, wenn sie sich der Mondmilch hingeben. Nichts hatte mehr Bedeutung. Keine Angst mehr vor dem Bären. Kein Interesse mehr an Blutblüten. Niclas, die Goldklingen und der Rest der Welt sollten ersticken. Es gab nur noch mich in dieser süßen grünen Wiege des Lichts. Ein poetischer Ort zum Sterben. Vergiftet und unter Drogen erwartete ich mein Ende. Doch selbst dieser ruhige Abschluss wurde mir genommen.

„Aufstehen!“, vernahm ich plötzlich. Die Bäume drehten sich, als ich schwach den Kopf hob. Als würde mich die Seekrankheit plagen. Derartiger Schwindel war mir bisher unbekannt gewesen. Schließlich war ich Seiltänzer. Es lag entweder an Svartos Gift oder den Blüten, aber der Grund war letztlich egal. Mehrere schwarze Schatten ragten vor mir auf. Mein vernebelter Geist erschuf sie als Dämonen mit Hörnern. Doch nach kurzem Blinzeln erkannte ich die Goldklingen. Marsillus richtete erneut das Schwert auf mich und innerlich lachte ich. Wieder dasselbe Bild. Haerzl, der nicht klüger wurde und von einer Falle zur nächsten tappte. Dümmer als jedes Jungtier. Doch diesmal wollte ich es nicht länger hinnehmen. Ich war ohnehin dem Tod geweiht, also warum sollte ich mich weiter unterwerfen? Meine letzten Stunden wollte ich fröhlich gestalten. Und dieser abergläubische Hauptmann mit seinen Pappsoldaten verdiente eine Lektion.
„Zurück!“, rief ich und streckte beschwörend den Stab aus. Gerne hätte ich mit dunkler, fester Stimme gedroht, aber sie klang kratzig und dünn. Die Soldaten wichen trotzdem erschrocken zurück. Der Bärtige, der mich gefesselt hatte, wandte sich an Marsillus. Offenbar war er eine Art Stellvertreter. Er wies auf meine Arme. „Hauptmann! Seht doch!“
Erst jetzt nahm ich das pulsierende, rötliche Glühen auf meiner Haut wahr. Als wäre ich selbst zu einer Blutblüte geworden. Das Schauspiel war mir überaus nützlich, auch wenn ich seine Bedeutung erst viel später verstand.
„Jawohl! Weicht zurück!“ Meine Stimme hatte etwas an Stärke gewonnen. „Ihr habt mich beleidigt. Mich, einen Hexer! Fürchtet meinen Fluch!“ Ich fuchtelte mit den Händen. Vielleicht ein wenig zu theatralisch, aber ich hatte zu viel Spaß. Es war auch zu einfach. Einige der Soldaten blickten noch skeptisch, doch Marsillus hatte ich schon in der Hand. Sein Gesicht war bleich und er schwitzte. Ich konnte sehen, dass seine Hände zitterten. „Verzeiht mir ...“, stutzte er. „Aber warum tragt ihr diesen Stab? Wo ist Svarto?“ Dass sein lebendiges Orakel nirgends zu sehen war, beunruhigte ihn sichtlich.
Ich erhob mich, die fluoreszierenden Hände auf den Himmel gerichtet. In meine Stimme legte ich einen bösen, verschwörerischen Ton. „Euer Taschenspieler liegt tot in der Schlucht! Er hat mich genauso verkannt wie ihr! Hat euch nie jemand gelehrt, dem ersten Eindruck zu misstrauen?“
Die Soldaten gaben ein nervöses Raunen von sich. Der Hauptmann fiel auf die Knie und senkte den Blick. „Verzeiht mir, Hexer! Warum gabt ihr euch nicht zu erkennen?
Ich spuckte einen schleimigen Klumpen zur Seite. „Ich wollte euch auf die Probe stellen. Euren wahren Charakter erkennen. Und das konnte ich.“
Die Goldklingen zogen sich ängstlich zusammen. Der Stab war ihnen allen Beweis genug. Ich hatte ihren mächtigen, unsterblichen Hexer auf dem Gewissen. Svarto hatte seine Lügen gut gesät, und nun hielten sie mich für einen Gott.
Aber Marsillus war am schlimmsten getroffen. Das blanke Elend sprach aus seinem Gesicht. Angst hatte er fraglos auch, aber es war die Enttäuschung, die ihm zusetzte.
Er hatte sein Leben in die Hände eines Hexers gelegt. Seine eigene Unsicherheit durch blindes Vertrauen in Weissagungen überdeckt. Wie sehr mussten ihn seine falschen Entscheidungen schmerzen, als er Svartos Sterblichkeit gewahr wurde? Und deshalb überraschte, nein, ängstigte mich sein nächster Satz.
„Wie können wir dir dienen, Hexer?“, flehte er leise. Jetzt war es an mir, verwirrt zu sein. Svarto hatte von Aberglauben gesprochen, doch bei Marsillus reichte dieses Gefühl viel tiefer. Trotz all seiner Schwertkunst, seinem Wissen und der Führungsstärke war er schwach. Er hatte Angst. Furcht vor der Welt der Magie, die er nicht verstand. Euer Orden war noch gar nicht offen in Erscheinung getreten, und hatte diesen Mann schon halb besiegt. Er konnte kämpfen und Männer befehligen. Und doch sehnte er sich nach einem Ratgeber.
Abermals entflammte mein Zorn. Natürlich war ich mit großer Unerfahrenheit in dieses Abenteuer gestolpert. Wusste nichts von Kriegen, Hexern und Politik. Doch den Begriff der Gerechtigkeit kannte ich. Beim fahrenden Volk steht jeder für den anderen ein. Der Starke hilft dem Schwachen. Der Hauptmann und ich waren uns nicht unähnlich. Nur, dass mich nicht mehr nach Führung verlangte. Der Welpe hatte zu jagen gelernt. So hatten sich hier auf dieser Waldlichtung die Rollen plötzlich umgekehrt. Ein vergifteter, benommener Jüngling stand nun über einer bewaffneten Legion. Und glaubt mir, ich wollte diese Macht nicht ausnutzen. Ich wollte helfen.
Sie glaubten, dass sie den Schutz der dunklen Kunst nötig hätten. Und ohne mich wäre es nur ein versprengter, unsicherer Haufen gewesen. Also half ich. Aus mir wurde ein Hexer. Ohne Ausbildung, Wissen und Talent. Allein aufgrund von Zufällen und etwas Schauspiel.

Nein, nichts anderes. Was habt ihr denn erwartet? Begreift es endlich: Es gibt weder Magie noch Hexerei! Nur die Vorstellung davon existiert und lässt sich nutzen. Eure Mondkriecher schafften das besser als wir, weil sie organisierter und planvoller vorgingen. Trotzdem ist ihre Macht auch aus Worten, Gold und Gewalt geschmiedet und nicht aus Zauberkraft. Bei den Göttern, ihr als Schreiber solltet doch klüger sein. Würde ich hier in der Zelle sitzen, wenn ich diese Kräfte hätte? Dann glaubt doch gleich den Kindermärchen. Das wir Flammensäulen aufsteigen lassen und uns in Wölfe verwandeln. Ich wünschte, es wäre so. Dann hätte ich nicht noch einen ganzen Sommer voller Angst die Pflanzen, Elixiere und Pergamente in Svartos Wagen studieren müssen, bis ich feststellte, dass ich nicht starb. Er hatte den Dolch mit Wurmblatt getränkt. Effektiv, aber nicht tödlich. Dennoch haben mich die Blutblüten gerettet, denn Wurmblatt schwächt zu sehr. Durch meinen beherzten Griff in das Feld habe ich Svartos betäubendes Gift abgemildert. Als ich das herausgefunden hatte, war ich schon sehr kundig in der Alchemie. Dieses Wissen half mir sehr, als wir wieder auf Niclas trafen. Dummer Narr! Man muss seine eigene Legende schmieden. Dieses Spiel beherrschte ich eben besser als die anderen. Bald fürchteten sie Marsillus mehr als zuvor. Weil er nun auf meinen Rat hörte.

Ihr habt recht, lasst uns morgen fortfahren. Seid so gut und löscht die Kerze. Meine Knie schmerzen. Und blickt nicht so betrübt. Ihr werdet doch nicht an eurem Orden zweifeln?

 

Hallo @Rainbow Runner.

Ich muss gestehen, ich bin irgendwo falsch abgebogen und erwartete "Flash Fiction". Ich wunderte mich über die Länge des Textes und merkte erst später, dass er eine Kurzgeschichte ist. Aber da ich nun mal schon am Lesen war...

Ich fand die Geschichte unterhaltsam aber mit Schwächen. Es fehlt mit ein großer Zusammenhang, das Weltbild in der Geschichte. Die Textlänge ließe das durchaus zu.

Ich verstehe auch nicht so ganz, was der Schreiber hier soll. Der Erzähler unterhält sich zwischendurch mit dem Schreiber, so dass man ein paar Bröckchen von dem erfährt, was abseits der Erzählung passiert ist und welche Zustände herrschen. Aber es wird alles nur angerissen und dann wieder liegen gelassen. Gerade im Schreiber läge die Möglichkeit, ein genaueres Weltbild zu zeichnen, in das man Haerzels Erzählung dann einordnen kann. So, wie es jetzt ist, finde ich den Schreiber überflüssig.

Ich hatte angefangen, die Geschichte von vorne zu Kommentieren. Siehe weiter unten. Jetzt sind zwei Stunden um und ich muss mal wieder etwas anderes tun.

Beim Lesen sind mir mehrere Sätze aufgefallen, in denen ein Wort fehlt oder ein Wort zu viel ist. Ich denke, das sind Überbleibsel von Umformulierungen. Zumindest im bisher kommentierten Teil habe ich sie aber nicht gefunden, sie kommen wohl später.

Liebe Grüße
Holger

Ein hübscher Vers, findet ihr nicht? Eines muss ich euren Magiern lassen: Sie kennen die Macht der Worte und wissen wie man sie einsetzt.
Gleich mal ein wenig Eigenlob zu Beginn. :D Ich habe es als Ironie aufgefasst, weil ich dem Zitat aus den "Lehren des Lichts" nichts abgewinnen kann. Es ist halt sinnloses Geschwurbel mit Bildern, die nicht zusammenpassen. Aber das soll so sein. Passt schon.

Oh verzeiht! Ihr werdet euch schon an meine Ausdrucksweise gewöhnen.
Wenn du schon derbe Sprache versprichst, dann halte das Versprechen auch. Bis auf ein paar Schimpfworte ist die Ausdrucksweise doch recht harmlos.

Ihr seid ein Schreiber und tut eure Pflicht. Und nun müsst ihr in dieser feuchten Zelle sitzen und meine Beleidigungen ertragen.
Ja! Beleidige den Schreiber. Konfrontiere ihn mit der unangenehmen Realität und nimm den Leser dabei mit. Transportiere über seine Beschimpfungen Informationen über das, was draußen vor dem Kerkertor los ist. Aber das passiert leider nicht.

Ihr seid zu jung, um es erlebt zu haben. Damals, als in Ruber Lot der Marktplatz in einem See aus Blut getränkt wurde.
Ja, was ist denn da nun passiert?

„Hängt die Hexer!“, schrien sie und wurden geil von unserem Schmerz. Wahrscheinlich spritzten sie ihren Samen auf die Leichen.
Kollektiven Blutrausch mit sexueller Erregung zu verbinden kommt mir an dieser Stelle unpassend vor. Gut, mag sein, dass die Männer des Dorfes auf tote Krieger stehen. Für mich wäre dann wenigstens eine derbe Wortwahl angebracht. (Wie oben versprochen. ;))
Sie wollen unseren Widerstand verstehen. Warum wir uns ihrem Einfluss so lange entziehen konnten und beinahe ihre Machtergreifung vereitelt haben.
Wieder so ein Brocken, den man hingeworfen bekommt. Widerstand? Wer gegen wen? Und warum?

Aber ich gebe zu, dass eure Gesellschaft angenehmer ist als die herum wuselnden Ratten.
Er ist im Kerker, den Ratten nach zu Urteilen.
Und nun benutzt eure Nase. Das ist der herrliche Geruch der Äpfel und Birnen im Hofgarten. Schönheit umgibt uns immer, wenn man sie willkommen heißt.
Doch kein Kerker! Parkhotel!

Nein, keine Sorge, an den Krieg erinnere ich mich gut.
Aha. Ein Krieg.

Seitdem hatte ich mich gut betrunken, aber die Trauer lastete immer noch wie ein Mühlstein auf meinen Schultern.
"Immer noch". Verständlich. Alkohol verstärkt die Gefühle. Wieso sollte also Trauer in Freude umschlagen?

Dabei war mir mein bescheidender Ruhm zu Kopf gestiegen.
[..]
Und mancher Fürst begann sich den königlichen Verordnungen zu verweigern.
Hier (Zitat gekürzt) versuchst du in ein paar Sätzen eine ganze Welt und deren tiefgreifende Umwälzung darzustellen. Und danach wird darauf wieder kaum eingegangen. Ich finde, es zieht sich doch ordentlich bis Niclas auftaucht. Man bekommt Informationen, die man später nicht braucht und auch nicht vernünftig einordnen kann.

Ich würde hier ordentlich kürzen. Ein plausibler, einfacher Grund für das Ende des, hmmm, Zirkus reicht aus, um sich zu betrinken.

Gut, die schlechten, allgemeinen Umstände brauchst du später für das, was Niclas sagt. Aber das kann man sicherlich auch anders lösen. (Abgesehen davon, dass sich auch diese Episode in die Länge zieht.) Der Beweggrund für Haerzl die Blutblüten zu sammeln war ja letztlich eher finanzieller Art.

Kyen war ein Hirsch, der in der langen Friedenszeit fett geworden war und den lauernden Bär nicht bemerkte.
Das Bild mit dem Hirsch verstehe ich nicht.

„Aber sag, wohin gehst du jetzt? Ganz allein und ohne Arbeit?“
Ich sprang so schnell von der Bank auf, dass ich beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. „Woher wisst ihr das? Folgt ihr mir? Seid ihr ein Seher? Ein Magier?“
Warum reagiert Haerzl hier so heftig?

Selbst ich junger Tor spürte, dass er was im Schilde führte.
"Was" statt "etwas" kommt mehrmals im Text vor. Ist das Absicht? Irgendwie passt es nicht zum sonstigen sprachlichen Niveau des Texts.

Es war besser, wenn ich ihn und die Schenke schnell hinter mir ließ.
Lieber Konjunktiv?

„Eine hübsche Waffe“, sagte er und deutete auf den verrosteten Säbel, der an meinem Gürtel baumelte. [..] Ein besseres Buttermesser
Also mit wäre ein schlechteres Buttermesser lieber als ein verrostetes. :lol: Du beziehst dich auf die Schärfe des Säbels, bzw. deren Nichtvorhandensein. Aber an der Stelle musste ich doch sehr grinsen.

Als er mein Handgelenk ergriff, spürte ich eiskalte Haut. Blutleer und schlangenartig.
Blutleer und schlangenartig? Warum?

„An deiner Stelle würde ich mich zügeln“, sagte er, „Hier sitzen viele, die einer Prügelei nicht aus dem Weg gehen. Sieh dich nur um. Kannst du dich gut genug wehren?“
Fand ich seltsam, dass Niclas die "Hilfe" der anderen Gäste braucht.

Ihre Stahlklingen hätten meinen Säbel sofort splittern lassen.
Woraus ist denn der Säbel? Nicht aus Stahl?

Bögen und Schwerter ragten über ihre Schultern. Während sie stumm ihr Bier tranken, beobachteten sie uns.
Was meinst du mit "ragten über ihre Schultern?" Die Schwertscheiden sind auf dem Rücken besfestigt und die Bögen hängen über der Schulter? Ich habe eine Weile gebraucht, dazu ein Bild zu bekommen.

Ich würde das Zeug ja irgendwo ablegen, wenn ich im Wirtshaus säße. Ist bequemer.

Die Vorstellung, noch einmal diese reptilienartige Haut zu berühren,
Warum ist die Haut reptilienartig?

Er nickte und zog einen kleinen Stoffsack aus seinem Mantel. „Ich hätte eine Aufgabe für dich!“, sagte er, während er eine Bierlache vom Tisch wischte.
Ich war verwundert. Er zieht ein Säckchen aus seinem Mantel und wischt damit Bier auf?

Bisher war ich nur Rudwin gefolgt. Ich kannte nichts anderes als ein fremdbestimmtes Leben. Deshalb war ich so verwirrt und ängstlich. Ich sehnte mich nach jemandem, der mich führte. Niclas hatte das genau erkannt. Er war in die Vaterrolle geschlüpft, nach der ich lechzte. Und nun musste er noch seinen letzten Trumpf ausspielen.
Die Verwandlung vom widerlichen, sauer stinkenden Reptil zur Vaterfigur passiert reichlich plötzlich.

Aber ich hatte nur Gutes im Sinn. Das durchschaute er und appellierte an mein Gewissen.
Wo kommt denn der Helige Haerzl auf einmal her?

Dieser Mann war offensichtlich ein Heiler. Jemand, der sich um andere sorgte, anstatt auf seinen eigenen Vorteil bedacht zu sein.
Noch ein Heiliger. Es muss der 6. Dezember gewesen sein.

Wo kommt denn die ganze Nächstenliebe plötzlich her? Irgendwie fällt sie vom Himmel und passt für mich nicht so recht.

Oder ist das bereits ein Einfluss der Blutblüte? Wenn dem so ist, sollte es vielleicht irgendwie angedeutet werden.

Die Hexer warteten noch nicht an jeder Straßenecke. Und eure Magier versteckten sich hinter den Mauern der Akademien um böse Pläne zu schmieden. Wenn ihr mich fragt, hätte das gerne so bleiben dürfen. Es wäre uns viel Leid erspart worden. Aber jeder Mensch hat einen Hang zur Lüge. Und andere wollen diese Lügen glauben. Ja, ich fahre schon fort!
Akademien, böse Pläne, Lügen. Ja, erzähl mir mehr. Zusammenhänge.

Aber nein, gleich wieder abgewürgt.

Warum bekommt Haerzl nicht einen Wutausbruch, in dem er dem Schreiber die aktuellen Umstände vorwirft?

Durch Niclas geschickte Worte hatte ich mich also zu einem Laufburschen machen lassen. Nicht sehr glorreich, aber es ermöglichte mir den Weg zur Kunst.
Zur Kunst? Ach ja, Zauberkunst kannst du es nicht nennen, weil es keine Magie gibt. Mentalistenkunst? Auch seltsam...

Den Göttern sei Dank war es kein Gesindel von der Straße. Stattdessen beauftragte er die besoffenen Handwerker, was nicht viel besser war.
Den Göttern sei Dank waren die besoffenen Handwerken nicht besser, als Gesindel von der Straße.

Die zwei zitierten Sätze wirken in diesem Aufbau irgendwie unfreiwillig komisch. Wir wäre es mit:
"Den Göttern sei Dank war es kein Gesindel von der Straße. Stattdessen beauftragte er die Handwerker. Die besoffenen. Na ja, eigentlich waren die auch nicht viel besser."

Sie waren ohne Geld und Arbeit,
Also eigentlich keine Handwerker, sondern Arbeitslose. Woran hat Haerzl weiter oben denn erkannt, dass es Handwerker sind?
Trifft sich aber äußerst gut, dass sie zufällig in die richtige Richtung fahren.

Die nahe Bewusstlosigkeit war mein ständiger Begleiter.
"Nahe Bewusstlosigeit. "Ständiger Begleiter". Finde ich seltsam.
Wieso nahe? Was hält sie "ständig" auf kurze Distanz?
Ständig wäre länger als nur eine Karrenfahrt.

Ich schrak hoch, aber der Schmerz in meinem Magen ließ mich sofort zurückfallen.
Woher kommt der Schmerz im Magen?

Nicht die versoffenen, lauten Stimmen, welche mich die letzten Tage begleitet hatten.
Die waren tagelang unterwegs? Ich hatte zuvor den Eindruck, dass die Reise nur einen Tag und eine Nacht dauert, weil:
Und als sich der Schleier zum ersten Mal lüftete, waren die Handwerker verschwunden.
Ich dachte, Haerzl besäuft sich ein Weile, bis er Ohnmächtig wird. Am nächsten Morgen wird er dann wach. Ich fände es seltsam, wenn er nach ein paar Stunden schlaf immer noch stockbesoffen wäre und sich nahe der Bewusstlosigkeit befinden würde.

So aber vernahm ich das Stapfen von schweren Stiefeln und warf den ersten Blick auf Marsillus. Den Riesen aus Grauburg, der die zweihändige Klinge so elegant wie einen Degen führen konnte.
Ich hatte den Eindruck er hätte Marsillus hier schon erkannt.

Damals sang man noch große Lieder und Verse über ihn.
Damals dichtete man noch große Lieder und Verse über ihn.
(Verse singt man nur, wenn sie Teil eines Liedes sind.)

Aber ich erkannte ihn nicht.
Also nicht.
Vielleicht gleich beim Auftauchen des Marsillus erwähnen.

"... warf den ersten Blick auf Marsillus. Doch damals wusste ich noch nicht, wer da vor mir stand."

[...]

 

Hallo @HoWoA

Herzlichen Dank für deine ausführliche Textkritik!

Du legst da den Finger in viele offene Wunden.

Leider muss ich deinen Punkten vollständig zustimmen. Und es bestätigt mich in meiner Annahme, dass die Geschichte voller logischer Fehler und Längen ist.

Das schmerzt natürlich besonders wenn ich bedenke, unter wieviel Stress und Arbeit ich mir den Text aus den Rippen geschwitzt habe.

Täglich schreiben mit drei kleinen Kindern und Schichtarbeit war für mich wirklich ein Kraftakt.

Wenn man dann hört, dass ein Leser das Ergebnis bestenfalls halbgar findet, kommt man natürlich ins Grübeln.

Vielleicht ist schreiben ja doch nicht ganz meins.

Trotzdem danke ich dir sehr für deine Zeit und Mühe.

Liebe Grüße
Rainbow Runner

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Rainbow Runner

Zunächst fällt bei deiner Geschichte gleich der Erzähler auf, der seine Geschichte erzählt, damit sie niedergeschriebe wird. Mich hat das etwas an "Prince of Persia: The Sand of Time" erinnert. Auch da haben wir einen Erzähler, der dem Spieler seine Geschichte erzählt und auf eine ähnliche Weise in Dialog mit dem Zuschauer tritt. Und aufgrund von seinem Tonfall und seiner Wortwahl spüren wir gleich, dass die Geschichte für ihn enttäuschend verlaufen wird - ohne jedoch genau zu wissen, um was es schlussendlich geht. Mit einem guten Erzähler kann man Leser gleich packen und an der Stange halten. Bei deinem Erzähler ist aber etwas das Problem, dass er viel zu viel erklärt.

Damals, als in Ruber Lot der Marktplatz in einem See aus Blut getränkt wurde. „Hängt die Hexer!“, schrien sie und wurden geil von unserem Schmerz.
Ist hier etwa dasselbe wie in Blaviken passiert? ;) Hier frage ich mich etwas, warum du uns das schreibst, ohne auszuführen, was genau vorgefallen war. Handelt es sich um ein prägendes Ereignis von dem Hexer oder soll das nur zeigen, wie gewaltätig und düster die Welt ist? Wenn du letzteres möchtest, würde ich das etwas allgemeiner halten und erzählen wie der Orden grausam war ohne das so konkret in den Raum zu stellen, dass das was potenziel Wichtiges war, dessen Details wir nicht bekommen. Ansonsten fragt man sich, warum das wichtig sein soll. Und falls es ein Spoiler auf spätere Ereignisse ist, würde ich es eher weglassen.

Darum sollt ihr mein Geplapper festhalten.
Wenn die sich so mittelalterlich ihrzen, müsste "Ihr" gross geschrieben sein. Und das Wort Geplapper finde ich zu modern für ein solches Setting. Ein Erzähler aus dieser mittelalterlichen Epoche würde ein anderes Wort verwenden.

Aber die Zeiten wurden rauer, das hatte selbst ich bemerkt.
Hier zum Beispiel könnte der Erzähler besser punkten, in dem einfach nur "Aber verdammt, die Zeiten wurden rauer, egal wie jung man war" sagt. Das "das hatte selbst ich bemerkt" würde ich weglassen. Der Erzähler muss nicht immer wieder betonen, dass er damals naiver war.

Ich war mit der Truppe weit gereist, allerdings nur in Kyen. Das Nordland, die Meere und die Wüsten kannte ich nur aus Erzählungen. Trotzdem hatte ich mehr gesehen und erlebt als andere in meinem Alter. Ein einfacher Bauernjunge oder Sohn eines Handwerkers verlässt seinen Geburtsort nie. Ich dagegen hatte den Großteil der Städte besucht.
Hier sagst du eigentlich mehr oder weniger in jedem Satz dasselbe und das könntest du gut zusammenkürzen. "Während einfache Bauern ihren Geburtsort kaum verlassen, reiste ich mit meiner Gruppe in ganz Kyen und kannte die grossen Städte des Landes" zum Beispiel. Und Handwerker waren im Mittelalter übrigens schon mobil, es war nicht unüblich, dass die zuerst Wanderjahre machten ehe sie sich ausgelehrt niederliessen. Aber da das natürlich deine Fantasy-Welt ist, muss das dort nicht identisch sein. ;)

Aber damals trug ich die übliche Arroganz der Jugend mit mir. Den Glauben, die ganze Welt würde nur um mich und meine Probleme kreisen.
Hier finde ich wieder "Arroganz" zu modern, in den älteren Texten ist eher von "Hochmut" die Rede. Und das mit den Problemen verstehe ich nicht ganz - ist hier einfach seine aktuelle Situation gemeint, weil er die Gauklergruppe verlassen musste? Und vielleicht wäre es auch eine Idee an dieser Stelle eher die "Gleichgültigkeit der Welt" für seine Situation zu betonen?

Dabei war mir mein bescheidender Ruhm zu Kopf gestiegen. Natürlich genoss ich den Applaus, ich zählte ja gerade mal 17 Winter und konnte nichts anderes als Seiltanzen. Verständlich also, dass meine Welt zusammenbrach.
Hier finde ich den Erzähler etwas zu nüchtern-distanziert - immerhin erzählt er, wie seine Welt zusammenbrach. Vielleicht könnte man das auch direkt beim Anfang der Handlung einfügen? "Ich sass in der Kneipe und malte Kreise aus dem verschütteten Bier auf den Tisch. Doch selbst diese Ablenkung konnte mich nicht vergessen lassen, dass meine Welt zusammen gebrochen war. Für mich gab es keinen Applaus mehr."

Kyen war ein Hirsch, der in der langen Friedenszeit fett geworden war und den lauernden Bär nicht bemerkte.
Hier passt das Bild nicht ganz, weil Bären keine Hirsche jagen und ihnen auch nicht auflauern.


Währenddessen gefiel ich mir in meiner Schwermut und Trunkenheit. Ich studierte die Schaumkrone meines Biers, als wäre darin Weisheit verborgen.
Hier ist etwas das Problem, dass du die Handlung so lange für Erklärungen unterbrichst. Eigentlich sind wir hier gleich weit wie beim ersten Satz mit den Bierkreisen und all die Erklärungen zuvor nehmen dem Ganzen viel Tempo und Dramatik. Und hier stellt sich die Frage: Was genau muss man als Leser wirklich wissen, um der Handlung verstehen zu können? Dass er aus der Gauklertruppe geworfen wurde, wird in den folgenden Sätzen noch einmal deutlich. Das die Welt rauer geworden ist, auch. Auch dass er weit gereist ist, könnte man einfach einfügen, in dem du zum Beispiel schreibst, dass er sich in einer fremden Stadt weit weg seiner Heimat befindet. Ich würde hier den ersten Absatz direkt streichen und alle Infos, die du gerne noch drin haben möchtest, in das Gespräch zwischen den beiden einfliessen lassen.

Ich hielt ihn für einen Irren und gerade das beunruhigte mich.
Warum hält er ihn gleich für irre? Und das "beunruhigte mich" kannst du weg lassen. Wenn sich ein mutmasslich bewaffneter und betrunkener Irrer neben einen setzt, ist das logisch, dass man beunruhigt wird. :)

Selbst ich junger Tor spürte, dass er was im Schilde führte.
Hier würde ich eher zeigen, weshalb er dachte, dass er etwas im Schilde führt. Und diese Selbstbeurteilung als junger Tor würde ich weg lassen.

Aber er hatte etwas Unheimliches an sich.
Auch diesen Satz kannst du weg lassen. Es ist schon genügend beunruhigend, wenn er einem mit den Augen eines Raubvogels anschaut.

Zu dieser Zeit hatte ich meinen Zorn schwer im Griff. Es dauerte nie lange, bis in mir ein Feuer brannte, das alle Vernunft auslöschte. Und dieser stinkende alte Mann hatte den Bogen überspannt.
Abgesehen davon, dass ich seinen "Wutanfall" für etwas zu übertrieben halte, finde ich, dass du diesen Abschnitt weglassen kannst. Du musst nicht ankünden, was im nächsten Abschnitt passiert oder im Voraus erkären, was gleich passiert. Das nimmt dem Text Spannung. Zeig es uns lieber gleich in Echtzeit. Es ist viel spannender, wenn man selbst das Gelesene einordnet statt es direkt eingeordnet bekommt :)

Wieder zuckten seine Mundwinkel. Er wusste genau, was er tat. Mit durchtriebener Intelligenz hatte er mich durchschaut. Und nun benutzte er meine Schwächen gegen mich.
Das kann ich heute alles gut erkennen, doch
damals war ich ein kleiner Welpe, der leicht in Fallen lief.
Hier wieder dasselbe. Eine Erklärung nimmt den Leser aus der Handlung und eine Erklärung von dem, was gerade passiert, ist nicht nötig. Wenn du möchtest, dass der Erzähler über diesen Typen redet und uns seine Erinnerung an ihn erzählt, dann würde ich das nachher oder gleich zu Beginn machen - und nur einmal. Den durchgestrichenen Text würde ich weglassen, dann trägt dieser Teil meiner Meinung nach zur Spannung bei. Oder vielleicht weiter unten, wenn die Geschichte wieder in die Gegenwart wechselt? Dann könntest du die Handlung in der Vergangenheit haben und die Bemerkungen des Erzählers in der Gegenwart?

Er sah mich mit dem Blick eines Lehrers an und es wirkte.
Bisher war ich nur Rudwin gefolgt. Ich kannte nichts anderes als ein fremdbestimmtes Leben. Deshalb war ich so verwirrt und ängstlich. Ich sehnte mich nach jemandem, der mich führte. Niclas hatte das genau erkannt. Er war in die Vaterrolle geschlüpft, nach der ich lechzte. Und nun musste er noch seinen letzten Trumpf ausspielen.
Natürlich war ich weder ein Schurke, noch ein Söldner. In mir steckte ein kleiner verwirrter Bengel. Aber ich hatte nur Gutes im Sinn. Das durchschaute er und appellierte an mein Gewissen.
Hier ist noch einmal dasselbe - der Erzähler erklärt uns zu sehr, was gerade passiert. Den durchgestrichenen Text würde ich weg lassen. Stattdessen könntest du dir überlegen, ob das "wirken" vielleicht durch positive Gefühle, die langsam hervorkommen, gezeigt werden könnten? "Er sah mich mit dem Blick eines Lehrers an und es gefiel mir, obwohl ich nicht mochte, dass es mir gefiel" zum Beispiel?

Das hastig getrunkene Bier hatte einen sauren Geschmack in meinem Mund hinterlassen. Aber das war nicht das einzige, was ich bereute. Mich plagten Selbstzweifel. Dieser Mann war offensichtlich ein Heiler. Jemand, der sich um andere sorgte, anstatt auf seinen eigenen Vorteil bedacht zu sein. Und ich hatte ihn beinahe geschlagen, nur weil er sich wunderlich benahm.
Wie dumm ich damals war! Diese Ratte hatte es geschafft, in mir Schuldgefühle auszulösen. Für ihn war ich ein einfaches Opfer und nun hatte er mich fest am Haken.
Hier könntest du vielleicht eine stärkere Spannung aufbauen, wenn du die Bemerkungen vorher, wie sehr er den Protagonisten hinters Licht führt, streichen würdest. Stattdessen hättest du mit "Diese Ratte" einen starken Enthüllungssatz, der mehr Wirkung erzeugen würde.

Warum ich nichts von den Blutblüten wusste? Bedenkt doch die Jahre, die seitdem vergangen sind! Die Hexer warteten noch nicht an jeder Straßenecke. Und eure Magier versteckten sich hinter den Mauern der Akademien um böse Pläne zu schmieden. Wenn ihr mich fragt, hätte das gerne so bleiben dürfen. Es wäre uns viel Leid erspart worden. Aber jeder Mensch hat einen Hang zur Lüge. Und andere wollen diese Lügen glauben. Ja, ich fahre schon fort! Was die Geschichte betrifft, werden wir niemals einer Meinung sein. Denn ich habe sie selbst erlebt, während ihr sie nur aus Büchern kennt. Womöglich aus den falschen.
Gebt mir doch etwas von dem Wein. Wir kommen nun zu Marsillus und der Schlange. Davon kann ich nicht erzählen, wenn ich nüchtern bin. Noch heute schüttelt es mich, wenn ich an diese Begegnung denke!
Hier bin ich etwas unschlüssig, ob es diesen Abschnitt wirklich braucht. EInerseits finde ich es wirklich eine charmante Idee, dass du zwei Erzählebenen in der Vergangenheit und in der Gegenwart hast und dass der Erzähler im Dialog mit dem Leser ist. Andererseits fehlt es in der Gegenwart an Handlung und diesem Abschnitt auch an Infos. Dass er die Blutblüte nicht kannte ist aus dem Kontext der Geschichte bereits klar. Ob die Magier, die in ihren Akademien böse Pläne ausdenken, wirklich wichtig sind, weiss ich nicht. Vielleicht wäre es eine Idee, in der Gegenwartsebene noch mehr Handlung einzubauen? Hat es für ihn positive oder negative Konsequenzen, wenn er seine Geschichte erzählt?

Durch Niclas geschickte Worte hatte ich mich also zu einem Laufburschen machen lassen. Nicht sehr glorreich, aber es ermöglichte mir den Weg zur Kunst. Ansonsten hätte ich mich wohl einer Bande von Dieben oder Söldnern anschließen müssen und wäre früh gestorben.
Der alte Hexer – entschuldigt – Heiler machte es mir auch sehr leicht, indem er mir eine Eskorte ermöglichte. Sie sollte mich durch den Wald bis zum Eingang des Tals bringen. Den Göttern sei Dank war es kein Gesindel von der Straße. Stattdessen beauftragte er die besoffenen Handwerker, was nicht viel besser war.
Aber er hatte klug erkannt, dass er sie nicht lange überzeugen musste. Sie waren ohne Geld und Arbeit, also mussten sie in die Hauptstadt. Und für seine Goldstücke machten sie gerne einen Platz auf ihrem Karren frei.
Ich hätte mir bessere Gesellschaft für eine Reise durch den Liot gewünscht. Vielleicht Dichter oder Barden, um die Schönheit dieses Wunders ausreichend zu würdigen. Selbst Soldaten wären besser gewesen als diese primitiven Gesellen. In der Stille der Natur brüllten sie wie Vieh und lachten über dumme Witze. Sie warfen Abfall zwischen die Bäume und pissten vom Karren direkt auf den Weg. Das einzige, was ich mit ihnen gemeinsam hatte, war die Lust aufs Trinken. Anders konnte man ihre Gegenwart auch nicht ertragen.
So verschwamm die Reise im betäubenden Nebel des Weins. Das Gelächter und Geschrei wurde dumpf und die Zeit dehnte sich aus. Die nahe Bewusstlosigkeit war mein ständiger Begleiter. Und als sich der Schleier zum ersten Mal lüftete, waren die Handwerker verschwunden.
Mein Kopf lag auf einer Wurzel, was die stechenden Schmerzen hinter meiner Stirn verstärkte. Die Zunge lag wie eine verdorrte Pflaume in meinem Mund, bereit um ausgekotzt zu werden. Ich hörte das Plätschern eines Baches. Sonnenlicht stach spitz in meine Augen, als ich blinzelte. Dunkle Schemen. Bäume. Und ein hageres, bärtiges Gesicht direkt vor mir. Ich schrak hoch, aber der Schmerz in meinem Magen ließ mich sofort zurückfallen.
Das ist wieder viel zu viel nur erklärt. Mach das doch als Szene, wie sich Haerzl für etwas Geld in den Wagen setzt und wie er sich mit den Handwerker betrinkt. Was schreien sie in den Wald? Und wie sieht dieser Wald, der ja als "Wunder" beschrieben wird, überhaupt aus? Er kann ja dann auch relativ schnell einschlafen und wieder auf der Wurzel aufwachen.

„Dieser Heiler hieß nicht zufällig Niclas?“
Ich nickte wortlos.
„Dämonenbrut!“ Er schlug das Ende seines Stabes in den Waldboden. Ich duckte mich und sah aus den Augenwinkeln, wie Marsillus zusammen zuckte.
Auch hier stellt sich die Frage - sollen wir als Leser den gleichen Wissenstand haben, wie der junge Haerzl? Würde erst hier und so enthüllt werden, dass mit Niclas etwas nicht stimmt, wäre das auch spannender. Wir als Leser müsste dann abwägen, wem wir glauben wollen und uns Gedanken machen. Diese Arbeit hat uns aber der alte Haerzl bereits abgenommen.

Nur um dann von einem anderen Kerl in die Mangel genommen zu werden. Einem wahnsinnigen Untier, das bestimmt ebenfalls Pläne mit mir hatte. Aber so waren diese Hunde. Immer auf der Suche nach neuen Marionetten und Situationen, die sie zu ihrem Vorteil drehen konnten.
Auch hier nimmst du direkt wieder Spannung raus. Es wäre spannender, wenn wir nicht schon hier wissen, wie das weiter geht und wir es während der Handlung erfahren.

Mir wurde schwer ums Herz. Die Klinge mochte als Waffe nutzlos sein, aber sie war meine Erinnerung an Montéz. Nun war dieses Kapitel meines Lebens endgültig beendet. Und meine Zukunft sah nicht sehr rosig aus. Marsillus kontrollierte die Goldklingen ohne zu merken, dass er selbst in den Klauen einer Spinne steckte. Und ich zappelte genauso in ihrem Netz. Sie legten mir die Fesseln mit spitzen Fingern an, als würde jeden Moment Säure aus meiner Haut spritzen. Wäre es nur so gewesen! Doch die schlimmste Qual stand mir noch bevor.
Montéz hat, bis auf die Tatsache, dass er ihm ein rostiges Schwert geschenkt hat, keine Rolle gespielt. Wenn du möchtest, dass diese Stelle eine emotionale Bedeutung hat, musst du das am Anfang der Story berücksichtigen und zeigen warum. Vielleicht das Schenken der Klinge zum Abschied von der Gruppe zeigen? Haerzl könnte in ihm ja vielleicht auch eine Vater-Figur sehen? Nach seinem Gauklerleben hat er sich bisher auch nicht spürbar gesehnt.
Den durchgestrichenen Text kannst du weg lassen - dass Marsillus dem Hexer dient ist bereits klar. Und dass die wahre Qual noch kommt, muss man an dieser Stelle nicht wissen, weil das wieder Spannung weg nimmt, weil damit vorgängig wieder erklärst, was passieren wird.

Weiter habe ich ehrlich gesgat im Moment aus Zeitmangel nicht gelesen. Ich denke, man merkt deutlich, dass du dir eine sehr interessante Welt ausgedacht hast, mit verschiedenen Fraktionen wie den Magiern, Sehern oder den Goldklingen (was ich einen sehr coolen Namen finde). Ebenfalls finde ich die Handlung selbst spannend. Ich finde die Idee, dass ein Seiltänzer von einem dubiosen Hexer manipuliert wird und dann in ein verfluchtes Tal geht um seltsame Blutblüten zu holen, durchaus interessant und erfrischend. Dazu noch ein heraufziehender Krieg - das hat sicher Potenzial.
Leider versteckt sich dieses Gold noch etwas unter den vielen Erklärungen. Meine Empfehlung wär, die Geschichte noch einmal zu lesen und den Erzähler kritisch zu hinterfragen. Wo wiederholt er sich? Wo erzählt er, was gleich passieren wird? Wo erklärt er, was gerade passiert? Diese Passagen kannst du gut aus dem Text löschen und er wird sicher an Spannung und Wendungen gewinnen. Hervorheben würde ich dafür stattdessen emotionale Reaktionen des Erzählers auf die Handlung.

Und lass den Kopf nicht hängen - das ist normal, dass man frustiert ist, wenn sich so eine lange Geschichte ausdenkt und dann nur solche Reaktionen bekommt. Aber wie gesagt, glaube ich, dass die Geschichte und die Welt darin interessant ist und das erfordert meiner Meinung nach auch viel, so etwas zu können. Einen Text spannender zu schreiben ist sicher auch kein Selbstläufer, aber eine interssante Fantasy-Welt zu gestalten erst recht nicht.

Liebe Grüsse,
Lazar

 

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