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Thema des Monats Heimfahrt

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01.07.2006
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Heimfahrt

Mirko zum elften Geburtstag gewidmet

Der Schnee deckt alles zu, das Heimliche und das Unheimliche. Und manchmal dreht er die Welt um und zeigt deren Innenseite.

Da fährt ein Auto spät nachts durch dichten Schneefall, die Lichtkegel der Scheinwerfer zeigen den Wald in hartem Schwarz-Weiß. Im Auto sitzen ein Junge und ein Mädchen, er lenkt den Wagen mit sicherer Hand.
Er, ein rotgesichtiger Bauernbursche mit stoischem Gemüt, unerschütterlich, schwergelenkig, langsam. Sie, eine Prinzessin der Nacht, nicht angemessen gekleidet für die Kälte da draußen, Schühchen und Seele so zart und silbrig wie Morgentau, das Gesicht ein bisschen verrucht, ihr Make up ist verschmiert, sie hat viel getanzt heute.
Sie heißt Nadine, er altmodisch Josef, und niemandem fällt ein, „Jo“ zu ihm zu sagen, es passt nicht.

Sie wendet Josef ihre kalte Seite zu, sie haben, seitdem sie eingestiegen sind, noch kein Wort gewechselt, auch, weil sie stinksauer ist. Er hat etwas für sie über, wie für fast alle Frauen, für sie sogar etwas mehr, Nadine spürt das, versucht es aber zu ignorieren. Sie gehört nicht ihm, sondern seinem besten Freund. Der liegt mittlerweile sicher mit einer Alkoholvergiftung auf einer Holzbank des Gasthauses, von dem sie gerade weggefahren sind. Es ist nicht weit in das Dorf, in dem sie wohnt.

Nadine denkt darüber nach, was sie ihrem Freund alles erzählen wird, wenn er wieder nüchtern ist, sie kocht sich innerlich hoch, die Enttäuschung darüber, dass er ihr heute in den stillen Stunden nach einem Fest wieder nicht gehören wird, muss unbedingt in Wut umgewandelt werden. Sie ist keine, die sich alles gefallen lässt! Und da sitzt sie nun neben diesem Deppen, der überhaupt nicht cool ist, sie tritt gegen die Verschalung des Wageninneren.

„Da kommt ja einiges runter!“
Wow, das Ding kann sprechen, denkt sie und antwortet: „Mhm.“
„So viel Schnee wie heuer gab´s schon lange nicht mehr.“
„Jo.“
„Tut der Natur aber gut, und vor allem dem Wald, wenn der Boden im Frühjahr gut durchfeuchtet ist!“
Was wird das jetzt, eine Bio-Stunde? Scheiß Bauer!
„Matti ist so ein Arsch!“, bricht es aus ihr heraus.
„Du kennst ihn doch“, sagt Josef vorsichtig, „der braucht das halt manchmal.“
„Der morgige Tag ist auch hin.“ Jetzt ist Nadine fast den Tränen nahe, aber vor Josef wird sie sicher nicht weinen.

Er sieht sie von der Seite an. Sie hat eine richtige Stupsnase, wenn sie ärgerlich ist. Josef lacht bei sich. Er würde keine Minute mit ihr auslassen, wenn er ihr Freund wäre, das weiß er ganz sicher. Die Reifen drehen auf der Schneefahrbahn durch, der Wagen schlingert ein wenig. Wenn er alleine unterwegs wäre, würde er das herausfordern und den Wagen driften lassen, aber jetzt hat er das zornige Zaubermädchen hier bei sich, sie ist kostbar und er will ihr keine Angst machen.

„Was machst du denn morgen ---“ Da taucht plötzlich eine vermummte Gestalt zwischen Schneeschleiern auf, Josef steigt möglichst weich auf die Bremse und steuert gleichzeitig auf die linke Straßenseite. Der Wagen schleudert nur leicht, und alles geht gut. Nadine neben ihm hat sich auf dem Sitz verkrampft. Im Rückspiegel sieht er, dass dieser Nachtschwärmer da noch immer weiter durch den Schnee stapft, als ob nichts gewesen wäre.

„Du fährst gut!“ Nadine wendet sich ihm zum ersten Mal an diesem Abend zu. „Matti, der Alki-Arsch, hätte die alte Krähe sicher zusammengeführt!“ Jetzt lacht sie sogar und sie dehnt sich wie eine Katze, um die Anspannung aus ihren Gliedern zu bekommen.
Josef lächelt zurück, er fühlt sich wirklich gut, schade, dass die Fahrt nicht mehr lange dauern wird. Zuerst ist die Freude da, aber dann kommen ihm Bedenken, wie es so seine Art ist. Wer war das? Scheint eine alte Frau gewesen zu sein, gebückte Haltung und schwarzes Kopftuch. Erkannt hat er sie nicht. Warum hatte die keinen Schirm dabei? Und es fällt ihm im Nachhinein auf, dass da kein Schnee auf Kopf und Schultern der Frau war. Weit konnte sie also noch nicht gegangen sein. Aber was macht die mitten in der Nacht da? Er hätte stehen bleiben sollen und fragen, ob sie mitfahren will. So ganz ohne ist das Wetter nicht, und wenn man alt ist, sicher eine Strapaze. Aber er gesteht sich ein, dass er das kleine Abenteuer, allein mit Nadine hier im Wagen zu sitzen, auskosten will. Und gleich vergisst er die Frau wieder.

Nadine plappert und plaudert nun munter, sie erzählt ihm von der Arbeit in einem kleinen Frisiersalon, von den Problemen mit den Eltern, weil sie Matti nicht mögen, und dass sie eigentlich lieber Sängerin wäre und dann singt sie ihm sogar was vor. Ihre überraschend dunkle Stimme schmiegt sich weich an ihn, und Josef, ganz eingehüllt in die Intimität der Situation, bemerkt lange nicht, dass sich etwas weiterdreht und etwas ganz anders wird.

Er blickt beiläufig in den Rückspiegel. Da ist etwas auf dem Rücksitz. Eine alte Frau. Ganz in Schwarz, das Kopftuch wirft tiefe Schatten über das eingefallene Gesicht. Sie rührt sich nicht, blickt starr geradeaus.

Josef erschrickt nicht, dafür ist er zu bedächtig, aber er weiß, es stimmt einfach alles nicht mehr. Er denkt nach, ob es möglich sei, dass die Frau sich vorher ins Auto gesetzt hat, als sie an ihr vorbeifuhren, aber nein, sie sind ja nie stehen geblieben. Vielleicht hat sich eine andere vorher beim Gasthaus auf der Rückbank versteckt, verrückte alte Frauen gibt es genug in der Gegend, aber er ist sich ganz sicher, dass das Auto abgesperrt gewesen ist. Josef kann es sich nicht erklären, wie er es auch dreht und wendet, so nimmt er es einfach hin, aber er macht sich vor allem wegen Nadine Sorgen.
„Schau nicht nach hinten!“, flüstert er, während er selbst die Augen nicht vom Spiegel lösen kann. „Wir sind ja gleich da.“
Nadine sieht ihn überrascht an, er hätte überhaupt nichts sagen sollen, und natürlich dreht sie den Kopf nach hinten.
So einen einen Laut, wie ihn Nadine jetzt macht, hat er noch nie in seinem Leben gehört, und es wird ihm kalt.
„Wir sehen sie beide, oder? Sie ist also wirklich da, oder?“ Nadine hebt abwehrend die Arme.
„Nein, nein, das kann ich nicht, das will ich nicht!“ Sie zieht den dünnen Pullover über den Kopf und rutscht wie ein Sack vom Sitz auf den Boden. Rollt sich ein.
„Mach, dass sie weggeht, mach, dass sie weggeht, mach, dass sie weggeht …“, wimmert sie.

Josef bringt den Wagen am Straßenrand zum Stehen. Seine Augen müssen das Bild im Spiegel aufgeben, als er aussteigt. Er öffnet die hintere Wagentür, aber die gepolsterte Bank ist leer, keine Spur von Nässe auf dem Boden oder auf dem Sitz.
„Sie ist weg.“
Er setzt sich wieder ins Auto, legt seine Hand auf Nadines Kopf. Sie zittert so stark, dass er glaubt, der ganze Wagen zittere.
„Nadine, vielleicht war es nur eine eigenartige Reflexion durch den Schnee und die Übermüdung … beides …“
Mit einer raschen Bewegung zieht sie sich den Pullover vom Kopf und sie kreischt:
„Weißt du es nicht? Kennst du nicht die Geschichte von der schwarzen alten Frau, die immer erscheint, kurz bevor Leute bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommen?“
„Aber es sind nur noch drei Kilometer, es ist nichts passiert, ich werde aufpassen und ganz langsam fahren! Ich bin doch da.“ Wieder legt er ihr die Hand auf den Kopf.
„Nein, nein, nein!“ Sie bäumt sich auf und wirft dabei seine Hand ab.
„Wir gehen zu Fuß!“
„Nadine, das ist doch Blödsinn, wir brauchen nicht mal mehr zehn Minuten. Jetzt da zu Fuß zu gehen, das dauert noch eine Stunde, wahrscheinlich noch länger, wegen des Schnees, und wir sind für das nicht richtig angezogen.“
Sie krallt sich in seinen Oberschenkel:
„Bitte, bitte, Josef, lass uns gehen! Aber nicht auf der Straße, durch den Wald! Da gibt es keine Autos!“
Josef überlegt. Er hat noch Gummistiefel hinten im Kofferraum und eine alte Decke, die kann er Nadine geben.
„Also gut, ich kenn einen Weg, vielleicht sind wir da schneller.“

Ein Junge und ein Mädchen gehen durch den Winterwald, fast sehen sie glücklich aus, denn das Mädchen schmiegt sich ganz eng an ihn, und er, stämmig und breit, hat seinen Arm um ihre Schultern gelegt. Gelegentlich stolpert sie in den viel zu großen Gummistiefeln, und er hebt sie hoch und trägt sie ein Stück, bis der Weg wieder besser wird. Rundum knarren die Bäume unter der Last des Schnees, und manchmal zuckt sie zusammen und blickt sich um. Dann wickelt er sie wieder fester in die Decke und streichelt über ihr Gesicht und sagt, dass es bald gut sein wird, und dass sie morgen darüber lachen werden. Sie beruhigt sich und er ist stolz auf sich und sie. Das Weiß ringsum taucht alles in ein fahles Licht und da und dort steigen Schatten hoch.

Aber zu eng gehen sie nebeneinander her, ein dicker Ast muss der Last des Schnees nachgeben und trifft sie beide.

Da zuckt noch etwas unter dem Ast, hellorange leuchten die zerfetzten Holzfasern in der Morgendämmerung. Der Schnee fällt weiter und deckt alles zu, das Lebendige und das Tote.

 
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OT gelöscht

Standpunkte sind klar. Bitte alle weiteren Kommentare nur noch zur Geschichte - Diskussion kann bei Bedarf per PN geführt werden.

 

Hey Yours!

Ich fands spannend. Wirklich. Bis zu dem Punkt, an dem das Mädchen die Legende ausgesprochen hat und sie dann beide in den Wald(!) gegangen sind - ab da wars eigentlich klar, dass sie das nicht überleben werden und ich hab nur noch geschaut, ob das Ende blutig wird oder grausam oder kühl und effizient.
Das fand ich schade. Also gerade die Entscheidung des Mädchens, nach so einem Grusel IN DEN WALD zu gehen. Das hat mir nicht gefallen, weil ich mich gefragt habe, würde die das so machen? Im Wald, und dann noch mitten in der Nacht? I weiß ja nit.
Ja, aber die Angst vor der Prophezeiung ist stärker als die Angst vor dem dunklen Wald, sie will nur weg von der Straße, das ist ihr das Wichtigste. Sie sieht darin ihre einzige Chance. Außerdem ist beiden die Gegend dort vertraut, sie sind ja fast schon zu Hause.

Das hat mich an diese Pen&Paper Rollenspiele erinnert, in denen es ganz wichtig war, dass die Heldengruppe unbedingt in den Wald gehen musste, weil dort ein Kampf vorgesehen war, bei dem im Falle eines Sieges, die Helden einen Gegenstand bekämen, den sie am Ende ganz unbedingt brauchen würden.
Ja, aber was hätten sie denn aus der Logik der Geschichte heraus weiter tun sollen? Ich fand es so spannender als sie weiter auf der Straße und dort sterben zu lassen, was ohnehin jeder erwartet hätte.

Insgesamt fand ichs jedoch schön.
Das freut mich!


Hallo Pharmakon!

Freut mich, dass du den Absatz so toll gefunden hast!

Ja, das leidige Ende ... ich hab es jetzt zweimal geändert. Jetzt ist es ein normales Unglück, kann doch passieren. Aber ja, draufgehen müssen sie! :D


Hallo Hanqw!

Der Anfang ist nicht gut, das kannst du bestimmt besser.
Heimlich - Unheimlich: Simples aber langweiliges. Wortspiel.
Bei diesem Anfang scheiden sich offensichtlich die Geister - aber ich wollte da einen schönen, prunkvollen Rahmen haben, wenn man so will. Ist halt Geschmackssache.

Zitat:
, wie er es auch dreht und wendet, so nimmt
klingt komisch, finde ich
Ist eigentlich sogar eine bekannte Wendung, und gerade deswegen gefällt mir das selbst nicht so gut. Werde ich noch überdenken.

Zitat:
„Weißt du es nicht? Kennst du nicht die Geschichte von der schwarzen alten Frau, die immer erscheint, kurz bevor Leute bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommen?“
Ein Paradoxon. Das geht nicht. Wer soll die Geschichte denn weitererzählen, wenn die alle ums Leben kommen?
Ja, so ist das mit Legenden, man weiß nicht genau, woher die kommen, sind ja auch meist inhaltlich ungenau. Es steht da aber auch nicht, dass ALLE dabei ums Leben kommen

Schön, dass es dir gefallen hat!


Hallo Berg!

Ich hab das Ende nochmals geändert. Jetzt ist es sehr knapp, aber auch eindeutig.

Diese Art von Geschichte ist klassisch. Die persische Version über einen Mann, der vor dem Tod nach Isfahan flieht, hab ich vor Jahren mal gelesen.
Ja, du hast Recht, so kann man das auch sehen, die fliehen auch vor dem schicksalhaftem Tod.
Die prototypsichen Figuren haben mich zuerst ein wenig gestört:
Später nicht mehr? ;)
Er schmachtet sie an und sie verachtet ihn. Ein recht asymmetrisches Verhältnis.
Ich denke, aus so was entsteht auch Spannung.
Hübsch und interessant fand ich ein paar Austriazismen (z. B. „Matti, der Alki-Arsch, hätte die alte Krähe sicher zusammengeführt!“)
Das mach ich immer wieder gerne, wir wollen ja zeigen, dass wir auch eine gute Sprache haben! :D

Schön, dass du die Geschichte gut findest!


Hallo Satyricon!

Mir hat besonders dieser schicke Ton gefallen! Dieses ganz leicht romantische hat was. (Pssst, habe beim lesen Tori Amos gehört) Die Alte als Omen fand ich auch gut, und das sie selbst nix macht, gibt auch ein schönes Bild. Mehr kann ich auch nicht sagen.

Ja, sie macht jetzt wieder nix mehr! :D Freut mich, dass dir der Ton gefallen hat.


Hallo Leo!

die Geschichte ist zwar interessant, aber doch sehr von allgemeinen, sowie Klischees des Horrorgenres zerfressen.
Vielleicht auch ein Spannungsmoment auf der Metaebene? Die Geschichte an sich wird von den bösen Klischees aufgefressen, das ist gruselig. ;)
Auch stylistisch hakt es manchmal ein wenig. Du bezeichnest die Charaktere mit Eigenschaften, lässt diese aber nicht in ihrem Verhalten hervortreten.
Also das weise ich entschieden zurück. Die Eigenschaften treten deutlich aus dem Verhalten hervor.

Immerhin hast du es interessant gefunden, auch schon was! :)

Manuela, danke für die nochmalige Rückmeldung, ich hab´s jetzt nochmals geändert und bin bereit, es auch wieder zu ändern, wenn´s wieder nicht konveniert! :D

Vielen Dank euch allen!

Gruß
Andrea

 

Hallo Andrea!

Ja, mir hat das Stück auch sehr gut gefallen! Das habe ich zum Beispiel daran erkannt, dass ich es in einem durchgelesen und mir nur eine, die folgende, Notiz gemacht habe:

Den Laut, den Nadine jetzt macht, hat er noch nie in seinem Leben gehört,

Man möchte sagen: Er kann ihn auch noch nie gehört haben, sie stößt ihn ja eben erst aus. Sicher wäre es besser, von "solch einem Laut" zu schreiben.

Im Übrigen hätte ich nicht betont, dass Josef ein altmodischer Name ist, das weiß man.

Aber Pille-Palle!

Irgendwie hat mich der Text an Schenkel erinnert, wenn der Dialog noch etwas karger ausgefallen wäre, wohl noch mehr. So war es natürlich eine Geschichte mit regionalem Ursprung und angenehm abseits vom Mainstream erzählt. Das mag nicht jedem gefallen, aber es ist wohl interessanter als irgendeinen glatten Text zu lesen.

Das Ende - hat mir gefallen. Es verlangt schon nach Interpretationen. Wer sich aber darauf einlässt, wird reich fündig.

Sehr schön!

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Ich hab mal jemandem geschrieben, mehr als 2 Komms in einem thread seien schon unanständig, öhem :).

Zum Ende:
Ich bin entschieden dafür, daß die Alte nochmal in Aktion tritt. Weil ...
* es eh klar ist, daß die Kids draufgehen, man erwartet also bissl was
* es kreativ mit der bestehenden Legende bricht (gibt kleinen Schreck, was Unerwartetes)
* die coole Gestalt besser genutzt werden würde - so hat man eine Einführung, ein kurzes Auftauchen im Auto, exit
* dem Ende jetzt eine Art Schwerpunkt fehlt. Ein starkes Bild vor der poetischen Betrachtung des Rahmens.

Zu der Lösung mit dem nahe-Beieinandergehen/Schnee auf Ast sagt man wohl deus ex machina.

Die zuckenden Beine in den Gummistiefeln waren schön. Die Alte mit dem ausgebreiteten Rock auch - aber hier könnte ich mir auch andere Bilder der Frau vorstellen. Die ein bis drei Sätze mehr haben jedenfalls für mich einiges ausgemacht an Stimmung, Rhythmus, Geschlossenheit der Geschichte.

Mal gucken, wie Du Dich entscheidest.

 

Hey nochmal!

Ja, aber die Angst vor der Prophezeiung ist stärker als die Angst vor dem dunklen Wald, sie will nur weg von der Straße, das ist ihr das Wichtigste. Sie sieht darin ihre einzige Chance. Außerdem ist beiden die Gegend dort vertraut, sie sind ja fast schon zu Hause.

Also ... ich will ja nicht drauf rumreiten, aber ich tus trotzdem. Wenn ich Angst hab, dann will ich: Wärme, Licht, Decken, Kuscheln, ein Kaminfeuer, Gummibärchen, Nähe, Sicherheit, Sicherheit, Sicherheit.

Und wenn ich dort draußen wäre, ich würde entweder die Geschichte da mit der Oma nicht glauben und an meinem Verstand zweifeln ... vielleicht hab ich ja was getrunken, wer weiß. Aber ich würde nie und nimmer in den Wald gehen. Nie und nimmer! Mag sein, dass das anders ist, wenn es der Wald in der Nachbarschaft ist, und ... naja, warst du schonmal im Wald, mitten in der Nacht? Man sieht halt wirklich buchstäblich nicht die Hand vor Augen. Dazu hört man allerhand Geräusche, den Wind in den Zweigen, Tiere ... Schnee, der zu Boden fällt ... all das. Das ist unheimlich.

Und zumindest ICH hätte mir eben gewünscht, dass das dann stärker motiviert würde. Also ... ich würde eher daran denken, dass das Bier verdorben war oder ich zuviel Drogen genommen hab und daher das Bild mit der Frau kam. Immerhin ist ja der Verstand noch da, und auch wenn man daran zweifelt, überlegt man rational. Und in dem Fall bedeutet das: In Sicherheit begeben.

Also:

Okay, Josef, wir müssen heim, aber ich will nicht auf der Straße gehen.
Du willst doch nicht etwa durch den Wald?
Nein, spinnst du! Aber ... wir müssen ja nicht mitten auf der Straße gehen, oder? So am Rand vielleicht. Und dann sehen wir auch, wenn ein Auto kommt und ... dann verstecken wir uns im Wald?
Hast du Angst?
Ja.
Ich auch.
Okay.
Also gehen wir an der Straße entlang.
Gut.
Ich hab ne Decke.
Gut.
Komm, nimm meine Hand.
Ja.

...

Irgendwie so könnte ich mir die Reaktion vorstellen. Und da gibts ja auch Äste. Also am Waldrand. Naja, nur mein Sempf. :o)

yourz

 

Hallo Hanniball!

Ja, mir hat das Stück auch sehr gut gefallen! Das habe ich zum Beispiel daran erkannt, dass ich es in einem durchgelesen und mir nur eine, die folgende, Notiz gemacht habe:
So etwas ist natürlich besonders erfreulich! :)
Du hast Recht, das mit dem Laut war etwas unpräzise, hab es jetzt geändert.
Das mit dem "altmodisch" muss ich mir noch überlegen.
Irgendwie hat mich der Text an Schenkel erinnert, wenn der Dialog noch etwas karger ausgefallen wäre, wohl noch mehr.
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass mir Schenkel gar nix sagt! ;)
So war es natürlich eine Geschichte mit regionalem Ursprung und angenehm abseits vom Mainstream erzählt. Das mag nicht jedem gefallen, aber es ist wohl interessanter als irgendeinen glatten Text zu lesen.
Auch das freut mich!


Hey Katla!

Zum Ende:
Ich bin entschieden dafür, daß die Alte nochmal in Aktion tritt. Weil ...
* es eh klar ist, daß die Kids draufgehen, man erwartet also bissl was
* es kreativ mit der bestehenden Legende bricht (gibt kleinen Schreck, was Unerwartetes)
* die coole Gestalt besser genutzt werden würde - so hat man eine Einführung, ein kurzes Auftauchen im Auto, exit
* dem Ende jetzt eine Art Schwerpunkt fehlt. Ein starkes Bild vor der poetischen Betrachtung des Rahmens.
Mir hat das Ende, bei dem die Alte agiert auch gut gefallen, aber andererseits sollte der einzige horrormäßige Schwerpunkt die plötzliche Anwesenheit der Alten im Auto sein. So wirkt das noch viel stärker. Es sollte auf genau dem Grat bleiben, dass man sich nicht ganz sicher ist, ob da wirklich was Übernatürliches passiert. Mit dem Ende, wie du es willst, würde es eindeutig in eine Richtung kippen, und das nimmt tatsächlich die Atmosphäre aus der Geschichte. Aber vielleicht verwende ich das Krähenbild von der Alten ja mal in einer anderen Geschichte. ;)

Zu der Lösung mit dem nahe-Beieinandergehen/Schnee auf Ast sagt man wohl deus ex machina.
Wenn du den Tod als glückliche (Er-)Lösung siehst, ja! :D

Die zuckenden Beine in den Gummistiefeln waren schön. Die Alte mit dem ausgebreiteten Rock auch - aber hier könnte ich mir auch andere Bilder der Frau vorstellen. Die ein bis drei Sätze mehr haben jedenfalls für mich einiges ausgemacht an Stimmung, Rhythmus, Geschlossenheit der Geschichte.
Tut mir leid, ich hab mich dagegen entschieden, aber ich kann dich schon auch verstehen.

Danke dir für die eingehenden Beschäftigung mit meinem Text!


Hey Yours!

Also ... ich will ja nicht drauf rumreiten, aber ich tus trotzdem. Wenn ich Angst hab, dann will ich: Wärme, Licht, Decken, Kuscheln, ein Kaminfeuer, Gummibärchen, Nähe, Sicherheit, Sicherheit, Sicherheit.
Ja, mach nur .... :D Ja, aber kein Auto, in dem schon ein Geist saß ... ich würde mich niemals mehr in dieses Auto setzen!

Klar ist es im Wald unheimlich! Aber wenn ich daran glaube, dass ich in den sicheren Tod fahre, wenn ich im Auto bleibe, dann würde ich auch den Wald wählen wahrscheinlich.

Und zumindest ICH hätte mir eben gewünscht, dass das dann stärker motiviert würde. Also ... ich würde eher daran denken, dass das Bier verdorben war oder ich zuviel Drogen genommen hab und daher das Bild mit der Frau kam. Immerhin ist ja der Verstand noch da, und auch wenn man daran zweifelt, überlegt man rational. Und in dem Fall bedeutet das: In Sicherheit begeben.
Sie sehen die Alte ja beide ... also Halluzination ausgeschlossen, außer sie hätten vorher schon darüber geredet, aber davon steht nix im Text. Das Auto ist hier der Ort des Schreckens, nicht mehr der Ort der Sicherheit.

Okay, Josef, wir müssen heim, aber ich will nicht auf der Straße gehen.
Du willst doch nicht etwa durch den Wald?
Nein, spinnst du! Aber ... wir müssen ja nicht mitten auf der Straße gehen, oder? So am Rand vielleicht. Und dann sehen wir auch, wenn ein Auto kommt und ... dann verstecken wir uns im Wald?
Hast du Angst?
Ja.
Ich auch.
Okay.
Also gehen wir an der Straße entlang.
Gut.
Ich hab ne Decke.
Gut.
Komm, nimm meine Hand.
Ja.

...


lol, du darfst gerne ein Copywrite davon machen! :)

Vielen Dank für die nochmalige Mühe, die du dir mit der Geschichte gemacht hast!

Baba und Bussi
von Andrea

 

Hi Andrea,

Ich bins nochmal.

Also das weise ich entschieden zurück. Die Eigenschaften treten deutlich aus dem Verhalten hervor.

War nicht böse gemeint, nur wenn du der Meinung bist, dass die Eigenschaften hervortreten, warum erwähnst du sie dann nochmal namentlich im Text?Ich würde dir empfehlen, die Erzählpassagen über die Eigenschaften zu löschen und dafür noch ien wenig an den Dialogen zu feilen. Gespräche sagen immer viel über Personen aus.
Deine Geschichte ist zwar besetzt mit Klischees des Genres, aber das heißt ja nicht, dass ich ich sie schlecht fand. Gut umgesetzt war sie, bis auf einige hakende Stellen, wie oben genannt.

ps: und sry wegen der kleinen Zwischendiskussion mit Quinn.
mfg Leos

 

Hilfreicher Kommentar

Man weiß nicht, was manche Menschen unter "Klischee" verstehen, aber lassen wir mal diese Menschen in Ruhe.

Hey Andy! :)

Der Schnee deckt alles zu, das Heimliche und das Unheimliche. Und manchmal dreht er die Welt um und zeigt deren Innenseite.
Nicht wegmachen!
Da fährt ein Auto spät nachts durch dichten Schneefall, die Lichtkegel der Scheinwerfer zeigen den Wald als dramatische Schwarz-Weiß-Kulisse. Im Auto sitzen ein Junge und ein Mädchen, er lenkt den Wagen mit sicherer Hand.
Der Anfang gefällt mir - du hast mich ja schon mit dem Heimlichen und Unheimlichen gehabt, aber mal eine Frage: MIt wie vielen Jahren dürfen bei euch die Kinder Auto fahren? Hier dürfen die mit siebzehn fahren, aber in Begleitung eines Erwachsenen. Ist man mit 18 nicht schon eine junge Frau?
Egal, deshalb hatte ich eigentlich keine Teenager vor Augen, ich dachte, du schreibt "Mädchen und Junge", weil es so schön zu dem märchenhaften Ton passt. :)
... er altmodisch Josef, und niemandem fällt ein, „Jo“ zu ihm zu sagen, es passt nicht.
Er ist eben nicht so cool wie ich.
Er hat etwas für sie über, wie für fast alle Frauen, für sie sogar etwas mehr, Nadine spürt das, versucht es aber zu ignorieren.
Ich mein irgendwo bei einem Kommentator gelesen zu haben, dass diese Stelle unlogisch wär, also Nadines Verhalten! Das ist eine Frau, da gibts keine Logik, das ist einfach ehrlich und gut eingefangen - Verhalten hat nix mit Logik zu tun.
Wow, das Ding kann sprechen, denkt sie und antwortet: „Mhmm.“
Uh, ich dachte, die Formulierung verwenden wir nur bei Prinzessinnen.
Da zuckt noch etwas unter dem Ast, hellorange leuchten die zerfetzten Holzfasern in der Morgendämmerung. Der Schnee fällt weiter und deckt alles zu, das Lebendige und das Tote.
Gutes Ende, aber das war's ja auch schon vorher und die Alte als Krähe hat mir auch gut gefallen, erinnerte mich an Jubaba aus "Chihiros Reise ins Zauberland". Also schönes Bild, aber überhaupt hast du schöne Bilder drin.
Das ist keine schlechte Geschichte, sie ist bestimmt gut, leider sehe ich das nicht, also mir hat sie einfach nicht gefallen. Ich kann dir auch nicht genau sagen, warum. Vielleicht ist die Widmung. :D Nein.
Aber für eine Fingerübung ist das was Großartiges. Die Charaktere sind nachvollziehbar, ich würd auch durch den Wald gehen, wenn eine Alte im Wagen sitzt - X-Faktor! Aber yours Bedenken bzgl. des Waldes kann ich verdammt gut nachvollziehen.
Hmm, schwierig, aber der Joseph ist ja bei ihr. :D
Bis dann, meine Liebe!

JoBlack

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Leos, ich bin da einfach anderer Meinung als du, wie du dir sicher denkst, aber macht ja nix! :D Jedenfalls danke, dass du deinen Standpunkt nochmal präzisierst hast.


Hey Schwester!

Wenn ich dir meine nächste Geschichte widme, gefällt sie dir dann?

Jo, ich denke, mit den Geschichten ist es wie mit Menschen: Es gibt auch welche, bei denen ich sagen kann, oja, der oder die hat wunderschöne Augen oder tolle Haare und super Haut, aber trotzdem stellen sich mir dann bei denen die Nackenhaare auf, ohne dass ich weiß, wieso. Also, was ich damit sagen will: Du sagst lauter positive Sachen über die Geschichte, aber trotzdem magst du sie nicht. :D

Also bei mir sind alle unter 20 Teenager, wie der Name schon sagt! ;) Und ich werde jetzt nix mehr ändern an der Geschichte.

Zitat:
... er altmodisch Josef, und niemandem fällt ein, „Jo“ zu ihm zu sagen, es passt nicht.
Er ist eben nicht so cool wie ich.
Du bist nur cool, weil du dich "Jo" nennst!
Ich mein irgendwo bei einem Kommentator gelesen zu haben, dass diese Stelle unlogisch wär, also Nadines Verhalten! Das ist eine Frau, da gibts keine Logik, das ist einfach ehrlich und gut eingefangen - Verhalten hat nix mit Logik zu tun.
Schön, dass du das auch so siehst.
Zitat:
Wow, das Ding kann sprechen, denkt sie und antwortet: „Mhmm.“
Uh, ich dachte, die Formulierung verwenden wir nur bei Prinzessinnen.
Sie sieht ihn als eine Art Holzklotz, da passt "Ding" genauso.
Gutes Ende, aber das war's ja auch schon vorher und die Alte als Krähe hat mir auch gut gefallen, erinnerte mich an Jubaba aus "Chihiros Reise ins Zauberland". Also schönes Bild, aber überhaupt hast du schöne Bilder drin.
Ich weiß, du magst das Schöne nicht! Ich werd mal wieder was richtig Ekliges schreiben für dich! :)
Ja, die schleicht wahrscheinlich noch in meinem Unterbewusstsein herum.
Aber für eine Fingerübung ist das was Großartiges. Die Charaktere sind nachvollziehbar, ich würd auch durch den Wald gehen, wenn eine Alte im Wagen sitzt - X-Faktor! Aber yours Bedenken bzgl. des Waldes kann ich verdammt gut nachvollziehen.
Kinderl, du bist so unentschieden!

Bussi und baba!

Edit: Ich finde ja auch, dass das ein verdammt cooler erster Satz ist, aber niemand beachtet ihn! *aufreg* :D

 

Hallo Andrea,

deinem Eingangskommentar habe ich entnommen, dass dies hier bloß eine Fingerübung ist.

Ob nun Fingerübung oder nicht, die Geschichte gefällt mir gut. Unaufgeregt kommt sie daher, und dir gelingt es, in mir eine melancholische Stimmung zu wecken, und damit gewinnst du bei mir immer ein paar Blumentöpfe – Melancholie übrigens nicht wegen der Charaktere (die sind weder so gezeichnet, noch gibt die Länge der Geschichte das her), sondern wegen der Winterlandschaft, die du wirklich gut abgebildet hast.

Viel Neues werde ich nach all den Kritiken inhaltlich wohl nicht beitragen können, also beschränke ich mich auf ein paar Einzelheiten:


Der Schnee deckt alles zu, das Heimliche und das Unheimliche.
Stimmungsvoller Einstieg.

Da fährt ein Auto spät nachts durch dichten Schneefall, die Lichtkegel der Scheinwerfer zeigen den Wald als dramatische Schwarz-Weiß-Kulisse.
Bis zum Komma ein guter Satz, danach fällt er ins Passiv und kommt mit dem wertenden Adjektiv „dramatisch“ daher – gefällt mir hier nicht so sehr.
Vorschlag: „Da fährt ein Auto spät nachts durch dichten Schnellfall, im Licht der Scheinwerfer steht der Wald (ganz) schwarz und weiß.“

nicht angemessen gekleidet für die kalte Dunkelheit draußen
„spät nachts“, „Lichtkegel der Scheinwerfer“ – die Dunkelheit ist präsent. Du könntest sie hier also fortnehmen: „... für die Kälte (da) draußen.“

das Gesicht ein bisschen verrucht durch das verschmierte Make up
Das zweite „das“ bremst, besser finde ich: „... ein bisschen verrucht durch verschmiertes / vom verschmierten Make up“

Er hat etwas für sie über
Ah, so etwas gefällt mir saugut! Nicht „Er findet sie toll / dufte / hübsch“.

„Mhmm.“
Gemeinhin braucht es für ein zustimmendes Brummen kein gedoppeltes M:
„Mhm.“

Sie hat eine richtige Stupsnase, wenn sie ärgerlich ist.
Eine Stupsnase ist eine Stupsnase ist eine Stupsnase, sag ich jetzt mal. Egal, ob bei Ärger, Verstopfung oder Spaß wie Bolle.
Meintest du vielleicht, dass sie die Nase kraust, wenn sie ärgerlich ist? Wobei der Satz dann umgestellt werden müsste, eine substantivierte „Krausnase“ jedenfalls klänge ... doof.

das zornige Zaubermädchen
Wortwahl und Wortklang gefallen mir.

„Matti, der Alki-Arsch, hätte die alte Krähe sicher zusammengeführt!“
Wie meinen? Diesen Ausdruck habe ich noch nie gehört. Heißt das so viel wie „zu Klump gefahren“? Hmmm.

Ihre überraschend dunkle Stimme krabbelt ihm über die Haut,
Das Bild funktioniert nicht in dieser Situation. An einem Strand, in Badehose und Bikini, fände ich es gelungen. Hier aber ist Winter, und zumindest er sitzt wohl angemessen warm eingepackt hinterm Steuer – da ist mir der Weg zur Haut zu weit.

Er hat noch Gummistiefel hinten im Kofferraum und eine alte Decke, die kann er Nadine geben.
könnte

Ein Junge und ein Mädchen gehen durch den Winterwald, fast sieht es romantisch aus, denn das Mädchen schmiegt sich ganz eng an ihn, und er, stämmig und breit, hat seinen Arm um ihre Schultern gelegt. Gelegentlich stolpert sie in den viel zu großen Gummistiefeln, und er hebt sie hoch und trägt sie ein Stück, bis der Weg wieder besser wird. Rundum knarren die Bäume unter der Last des Schnees, und manchmal zuckt sie zusammen und blickt sich um. Dann wickelt er sie wieder fester in die Decke und streichelt über ihr Gesicht und sagt, dass es bald gut sein wird, und dass sie morgen darüber lachen werden. Sie beruhigt sich und er ist stolz auf sich und sie. Das Weiß ringsum taucht alles in ein fahles Licht und da und dort steigen Schatten hoch.
Nochmals: Das ist eine schön eingefangene Stimmung, ich fühle mich in eine Schneelandschaft versetzt, der Schnee knirscht unter den Schuhen, hier und da rieselt er von den Ästen zu Boden.
Nur eines liest sich unrund: „... fast sieht es romantisch aus“
Ich werde immer misstrauisch (bei mir und bei anderen), wenn im Erzähltext etwas „aussieht wie“, das kann man fast immer anders und besser formulieren. Hier würde ich den eingeschobenen Satz gar komplett löschen, denn mal ehrlich: ein nächtlicher Winterwald, ein zartes Mädchen, das sich an einen kräftigen Mann schmiegt, der sie bei widrigem Weg auch noch trägt – wenn das nicht romantisch wirkt, dann weiß ich auch nicht. Muss man also nicht eigens erwähnen.

Der Schnee fällt weiter und deckt alles zu, das Lebendige und das Tote.
Schön, wie die Klammer hier geschlossen wird.


Eine schöne kleine Geschichte ist das, für eine Fingerübung zumal.

Auf bald,
Some

 

Hallo Somebody!

Melancholie übrigens nicht wegen der Charaktere (die sind weder so gezeichnet, noch gibt die Länge der Geschichte das her), sondern wegen der Winterlandschaft, die du wirklich gut abgebildet hast.
ja, ich denk auch, dass die Winterlandschaft hier eine starke Rolle spielt.

Da fährt ein Auto spät nachts durch dichten Schneefall, die Lichtkegel der Scheinwerfer zeigen den Wald als dramatische Schwarz-Weiß-Kulisse.
Bis zum Komma ein guter Satz, danach fällt er ins Passiv und kommt mit dem wertenden Adjektiv „dramatisch“ daher – gefällt mir hier nicht so sehr.
Vorschlag: „Da fährt ein Auto spät nachts durch dichten Schnellfall, im Licht der Scheinwerfer steht der Wald (ganz) schwarz und weiß.“
es ist halt auch eine Stelle, die noch etwas abgerückt ist vom Geschehen, erst allmählich kommt der Leser zu den Helden. Aber vielleicht fällt mir noch etwas anderes ein. ;)
Das mit der Stupsnase bleibt, die stellt sich eben auf, wenn sie ärgerlich ist ;)
„Matti, der Alki-Arsch, hätte die alte Krähe sicher zusammengeführt!“
Wie meinen? Diesen Ausdruck habe ich noch nie gehört. Heißt das so viel wie „zu Klump gefahren“? Hmmm.
ja, so ähnlich, so sagt man eben bei uns für: "niederfahren" ;)

Da mit der Stimme auf der Haut hast du recht, das hab ich geändert.

Zitat:
Ein Junge und ein Mädchen gehen durch den Winterwald, fast sieht es romantisch aus, denn das Mädchen schmiegt sich ganz eng an ihn, und er,
Nur eines liest sich unrund: „... fast sieht es romantisch aus“
das ist halt auch ein Mittel, um wieder ein bisschen von den beiden abzurücken, sie von außen zu sehen, aber du hast recht, "etwas sieht aus wie" ist nicht sehr elegant, ich hab das auch geändert.

Vielen Dank fürs genaue Lesen und für die wohlmeinende Kritik! :)

Gruß
Andrea

 

Hallo Andrea H.

ich lese gerade die Geschichten mit ihren Originalen zur Copywrite-Runde und bin auf deine "Heimfahrten" gestoßen.

Was mir sehr gut gefällt ist die Stimme des Erzählers, das hat etwas leichtes, nicht zu erklärend, nah genug an den Protagonisten. Auch die Klammer, die du um die Geschichte setzt (es beginnt wie es endet, mit demselben Satz, passt sehr gut.
Nadine und Josef zeichnest du mit wenigen Worten lebendig. Komisch daran ist, dass ich dir die Figuren abnehme, dass ich sie mir als real vorstellen kann, obwohl sie an sich Klischees sind. Okay, der Bauer, der die Trophies nicht abkriegt, sie sich aber wünscht und auch noch Josef heißt. Nadine, die ich mir schon blond und leichbekleidet vorstelle, kaum fällt der Namen und die Situation wird klar. Dennoch frage ich mich, warum du zB durch die Namensgebung einen Hauch Ironie mehr investierst. Das Horror-Element mit der alten Frau auf dem Rücksitz erinnert mich, weiß auch nicht, warum, an Filme von David Lynch. Ah: werden wohl Drogen im Spiel sein, Traum, ein Rausch. Kurzum: eine gutgeschriebene Geschichte, nichts Bleibendes, nichts wo ich lange drüber nachdenken müsste oder könnte, aber sehr gut gemachte Unterhaltung.

Bisschen was zum Text:

Und manchmal dreht er die Welt um und zeigt deren Innenseite.
hochgegriffen, da könnte man auch Welterklärung erwarten, die kommt aber nicht...

Da fährt ein Auto spät nachts durch dichten Schneefall
Top-Anfang; normalerweise ist ein Satzbeginn mit "da" verdächtig, hier lenkt er aber auf das Märchenhafte...

Er, ein rotgesichtiger Bauernbursche mit stoischem Gemüt, unerschütterlich, schwergelenkig, langsam. Sie, eine Prinzessin der Nacht, nicht angemessen gekleidet für die Kälte da draußen, Schühchen und Seele so zart und silbrig wie Morgentau, das Gesicht ein bisschen verrucht, ihr Make up ist verschmiert, sie hat viel getanzt heute.
alles drin, selbst die Prinzessin kaufe ich dir ab

Sie gehört nicht ihm, sondern seinem besten Freund.
gehört, ja das ist gut gezeichnet, dennoch wird es hier zum Klischee, zum Ronneversatzstück...

Wow, das Ding kann sprechen, denkt sie und antwortet: „Mhm.“
erst Püppchen und jetzt tough, das passt nicht...

Er blickt beiläufig in den Rückspiegel. Da ist etwas auf dem Rücksitz. Eine alte Frau. Ganz in Schwarz, das Kopftuch wirft tiefe Schatten über das eingefallene Gesicht. Sie rührt sich nicht, blickt starr geradeaus.
kommt ziemlich plötzlich, dabei wissen wir nicht, ob die beiden im Auto benebelt sind...

„Nein, nein, das kann ich nicht, das will ich nicht!“ Sie zieht den dünnen Pullover über den Kopf und rutscht wie ein Sack vom Sitz auf den Boden. Rollt sich ein.
na ja: die Knarre rausholen und die Alte umnieten wäre auch möglich, aber dann sind wir bei Tarrantino...

Aber zu eng gehen sie nebeneinander her, ein dicker Ast muss der Last des Schnees nachgeben und trifft sie beide.
und am Ende landen wir bei Final Destination :)

Der Schnee fällt weiter und deckt alles zu, das Lebendige und das Tote.
und jetzt frag ich mich, ob das Ganze überhaupt stattgefunden hat :Pfeif:

viele Grüße
Isegrims

 

Hallo Isegrims!

Es freut mich, dass du dir die Mühe gemacht hast, auch die Originale zu lesen und zu kommentieren und dass dir diese Geschichte ganz gut gefallen hat!

Nadine und Josef zeichnest du mit wenigen Worten lebendig. Komisch daran ist, dass ich dir die Figuren abnehme, dass ich sie mir als real vorstellen kann, obwohl sie an sich Klischees sind.
Klischees entstehen eben aus oft erfahrenen Gegebenheiten, also nichts ist leichter, als mit Klischees Realität zu erzeugen. ;)
Und manchmal dreht er die Welt um und zeigt deren Innenseite.
hochgegriffen, da könnte man auch Welterklärung erwarten, die kommt aber nicht...
Der Versuch, den Text bedeutungsvoller erscheinen zu lassen, als er ist ... :D
Sie gehört nicht ihm, sondern seinem besten Freund.
gehört, ja das ist gut gezeichnet, dennoch wird es hier zum Klischee, zum Ronneversatzstück...
versteh ich nicht
Wow, das Ding kann sprechen, denkt sie und antwortet: „Mhm.“
erst Püppchen und jetzt tough, das passt nicht...
Ach, ich denke, viele Püppchen sind sehr tough bzw. wollen es gerne sein.

Er blickt beiläufig in den Rückspiegel. Da ist etwas auf dem Rücksitz. Eine alte Frau. Ganz in Schwarz, das Kopftuch wirft tiefe Schatten über das eingefallene Gesicht. Sie rührt sich nicht, blickt starr geradeaus.
kommt ziemlich plötzlich, dabei wissen wir nicht, ob die beiden im Auto benebelt sind...
Jemand wie Josef würde nie Drogen nehmen. Alkohol ist für ihn natürlich keine Droge. :D Aber wir sind hier in "Horror", d.h. es muss keine logische oder rationale Erklärung dafür geben.

Danke für deinen Kommentar! :)

Gruß
Andrea

 

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