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Hexenfolter

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25.08.2004
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Hexenfolter

Achtung:
Diese Geschichte enthält ausgiebige Folterszenen und könnte bei empfindlichen Menschen unangenehme Reaktionen auslösen. Bitte bedenken sie das, bevor sie weiter lesen.
Sie spiegelt aber Tatsachen wieder, in Wirklichkeit waren die Foltern zu dieser Zeit noch um ein Vielfaches perverser, brutaler und ausgedehnter.

Westfalen, 16. Jahrhundert:

Die Magd Anna kauerte in ihrer niedrigen Zelle und überlegte, was passiert war.
Der Raum, in dem sie eingesperrt worden war, war dunkel und feucht. Überall stank es erbärmlich nach Urin, Kot und getrocknetem Blut. In einer Ecke stand ein hölzerner Eimer, randvoll gefüllt mit Fäkalien von Gefangenen, die hier vor ihr festgehalten worden waren.
Anna weinte und versuchte sich zu erinnern, was passiert war.
Ihr Herr, der Gutsbesitzer Herbert Plettenberg, hatte sie beschuldigt, seinem Sohn Hinrich durch Zauberei das Bein gelähmt zu haben und ihn Stecknadeln, Nägel und andere seltsame Dinge erbrechen lassen zu haben, sodass er erstickt war.
Die Magd war wie vor den Kopf geschlagen, konnte nicht fassen, was der Herr ihr da vorwarf. Sie hatte den jungen Hinrich nur sehr selten zu Gesicht bekommen, war sie doch die meiste Zeit des Tages im Stall oder auf der Koppel beschäftigt. Niemals hätte sie dem Jungen ein Leid zufügen können.
Unter den Angestellten wurde gemunkelt, der Junge wäre nicht richtig beisammen und irgend etwas würde nicht mit ihm stimmen. Mehr hatte sie aber nie über ihn gehört.
Gutsbesitzer Plettenberg hatte die Magd Anna an die heilige Inquisition verraten
und noch in der Nacht waren sie gekommen und hatten sie fort geschleppt und in dieses stinkende Loch geworfen.
Wieder weinte sie ungewiss ihrer Zukunft entgegen. Eine zweifellos düstere Zukunft.
Irgendwann waren sie gekommen, zwei bucklige Gestalten, und hatten sie mit sich gezerrt. Ein Kahlkopf mit nacktem Oberkörper, der nach Bier und Schweiß stank und ein bärtiger Kerl, der keine Zähne mehr im Mund hatte und sie durch ihre muffigen Kleider betatschte.
Er griff ihr in den Schritt und versuchte, mit den Fingern in sie einzudringen, bis sie es schaffte, ihm das Gesicht zu zerkratzten. Der Bärtige spuckte nach ihr und versuchte sie zu treten.
Anna ließ sich widerwillig mitschleifen, durch dunkle Gänge und Treppen. Dicke Tränen rannen ihr die Wangen entlang.
Dann stießen die Buckligen sie durch eine Tür in einen Raum, der von Fackeln beleuchtet wurde. Mehrere Männer hatten hier auf sie gewartet, die sie kaum durch ihre verschwommenen Augen erkennen konnte. Anna fing an, unkontrolliert am ganzen Körper zu zittern.
Einer redete mit ihr, glaubte sie jedenfalls. Verstehen konnte sie ihn nicht, weil sie die Sprache nicht verstand. Es klang so wie in der sonntäglichen Predigt, wenn der Pastor sprach.
Den anderen Mann mit dem langen Mantel konnte sie verstehen.
„Untersucht sie, ob sie das Teufelsmal besitzt!“
‚Das Teufelsmal’, dachte die Magd, ‚sie halten mich tatsächlich für eine Hexe!’
Es galt allgemein die Auffassung, das jede Hexe eine Stelle an ihrem Körper habe, die unempfindlich gegenüber Stichen sei und kein Blut dabei abgebe. Und jeder Leberfleck, jede Warze oder sonstige geringe Abweichungen in der Beschaffenheit der Haut galten als verdächtig und wurden mit einem spitzen Instrument angestochen, um das vermeintliche Teufelsmal zu finden.
Anna begann zu verkrampfen, als die beiden buckligen Schinder ihr die Kleider auseinander rissen und sich mit Nadeln bewaffneten.
Sie wehrte sich dagegen, so sehr sie konnte. Sie schrie und trampelte, nur nutze es nichts.
Die ersten Striche brannten wie Feuer, in Rücken und Brüste. Anna schrie wie von Sinnen, sie mögen aufhören, aber sie taten es nicht. Immer wieder stießen sie die Nadeln in ihr Fleisch und beobachteten, ob es blutete. In Füße, Bauch, Brust, Anus, Vagina. Überall untersuchten sie die gichtigen Finger und gierigen Augen.
Benommen von Schmerz und Scham überzog ein Taubheitsgefühl ihren Körper, verschwand und kam wieder. Ihr wurde übel und sie musste sich übergeben.
Irgendwann waren die Schinder mit ihrer Untersuchung fertig, wohl ohne etwas Verdächtiges gefunden zu haben.
Der Inquisitor redete auf sie ein, aber sie hörte nur Bruchstücke, wie in Trance. Anna schaffte es gerade noch, den Kopf zu schütteln. Sabber lief ihre Lippen entlang, die Augen nahmen nur noch verschwommene Schemen wahr. Bis der Schmerz wieder kam.
Ein alles vernichtender Schmerz, der ihre Schultergelenke herauszureißen drohte. Und es war tatsächlich so. Die Schinder hatten ihre Arme auf dem Rücken zusammen gebunden und zogen sie an einem Seil in die Höhe, das an ihren Handgelenken befestigt war. Ihre Arme wurden hinter dem Körper nach oben gezogen und ihr eigenes Gewicht lastete jetzt auf ihren Schultergelenken.
Anna versuchte zu strampeln, doch der mörderische Zug an den Gelenken steigerte sich ins Unermessliche. Sie schrie aus Leibeskräften, die unglaublichen Qualen drohten sie bewusstlos werden zu lassen. Aber sie wurde es nicht.
‚Hört auf!’, wollte sie schreien, doch der Schmerz raubte ihr die Kraft dazu.
Die Schinder hängten Gewichte an ihre Füße.
‚NEIN! NEIN!’, brüllte sie schließlich, mobilisierte letzte Kräfte aus den Tiefen ihres zierlichen Körpers.
Urplötzlich war das Feuer in ihrer Schulter verschwunden. Sie tat noch immer höllisch weh, aber der alles verzehrende, tobende Schmerz war weg. Sie hatten sie herunter gelassen.
„Gibst du zu, dem kleinen Hinrich durch deine Zauberei das Bein gelähmt zu haben? Und das du ihn so verhext hast, das er Stecknadeln, Nägel und andere Dinge erbrechen musste ? Gibst du dein Hexenwerk zu?“
Die Magd Anne schüttelte den Kopf.
„So gib es zu und du wirst von deiner Pein befreit!“
Wieder schüttelte sie den Kopf. „Ich bin keine Hexe“, keuchte sie bebend, „ich war es nicht, so wahr mir Gott helfe!“
Wie in Trance ging sie durch die nächsten Stunden, weitere unglaubliche Schmerzen erleidend. Mal schrie sie aus Leibeskräften, mal spürte sie nichts, außer Scham und Schande.
Die Schinder quetschten ihre Daumen, verbrannten ihre Haut, zerhauten ihr Gesicht, weiteten ihren Anus und ihre Vagina. Sie hingen sie wieder und wieder an den Armen auf. Niemals im Leben hätte sie geglaubt, das man solche Schmerzen erleiden könnte. Aber immer wieder hatte sie den Kopf geschüttelt, nein, sie war keine Hexe, hatte niemandem ein Leid zugefügt.
„Gib’ es zu, mach’ es dir nicht so schwer! Oder du erleidest alle Qualen der Hölle!“, schrie sie der Inquisitor an. Sie schüttelte aber nur den Kopf.
Anna fühlte sich wieder gepackt, merkte, wie sie sich an ihrem Bein zuschaffen machten. Sie banden ihr mit festen Stricken drei Bretter um ein Bein, eins links und zwei rechts daneben. Zwischen die beiden rechten Bretter begannen sie, mit einem Hammer grobe Holzkeile zu hauen. Und quetschen somit ihr Bein immer fester zwischen den beiden eichenen Brettern ein.
Die ersten zwei Keile waren grausam. Ein irrsinniger Schmerz jagte ihr durch das rechte Bein, der hinaufstieg bis in die Hüften.
Der dritte und vierte Keil waren noch viel schlimmer! Schienen ihr Blut aus dem Bein zu pressen.
„Gestehe, Hexe, Gestehe endlich!“, schrie der Inquisitor.
Sie hoffte, wieder in den tranceähnlichen Zustand zu gleiten, aber ihre Hoffnung erfüllte sich nicht. Ihr klares Denken wurde ausgeschaltet.
Der fünfte Keil schien ihr das Bein zu zertrümmern. Unglaubliche, alles vernichtende Schmerzen!
Beim Sechsten war es noch schlimmer.
Anna schrie aus Leibeskräften, konnte die Qualen nicht mehr ertragen.
Sie wollte schreien: ‚Ja, ich war’s! Ich bin es gewesen, ich habe den Jungen verhext!’
Aber sie bekam nicht einen vernünftigen Ton heraus.
Der siebte Keil raubte ihr fast die Sinne. Blut sickerte zwischen den Brettern auf die Erde. Der Schmerz war so überwältigend, das er alle anderen Empfindungen ausschaltete.
Acht Keile schrieb die außerordentliche Tortur höchstens vor. Und der Inquisitor wollte seine Mittel komplett ausschöpfen.
Der achte Keil wurde hinein getrieben. Anna schrie aus Leibeskräften, doch kein Laut verließ ihre Kehle. Wieder und wieder schlug der Schinder auf die Keile ein, versenkte sie fast vollständig.
Annas Schienbein war längst zersplittert und Mark und Blut quetschten sich durch die Keile nach oben und unten.
„Gestehe endlich. Gestehe doch schon endlich!“
Anna schüttelte den Kopf. Dann wurde sie endlich bewusstlos.

*​

Die alte Frau kroch durch die schlammigen Gassen. Ihr Haar war zerzaust und ihre Kleidung bestand nur aus Lumpen.
Als ein Händler mit einem Karren an ihr vorbeifuhr, reckte sie ihm ihre gichtigen Hände entgegen, um eine milde Gabe zu erbitten und tatsächlich warf ihr der Händler die Karotte entgegen, an der er gerade geknabbert hatte.
Sie humpelte ein paar Meter und hob die Karotte auf, um sie gierig zu verspeisen.
Das rechte Bein der alten Bettlerin war amputiert, es fehlte unter den Knie. Brandnarben verunstalteten ihr Gesicht und ihren Rücken zierte ein Buckel.

Es war die Magd Anna, achte Jahre nach ihrer Peinliche Befragung. Sie hatte die Tortur überstanden und war frei gesprochen worden. Lange hatte sie um ihr Überleben gerungen, war oft dem Tode nah gewesen. Aber das Leben danach als Krüppel und Bettlerin war noch schlimmer.
Nichts war mehr wie vorher und würde es auch nie wieder sein...

 

Dass eine Beschuldigte gleich bei der ersten Vernehmung auf Teufelsmale untersucht und gefoltert wird, war auch im düsteren 16. Jahrhundert jenseits des Denkbaren. Zumindest am Anfang, nach der Verhaftung, ging es noch gesittet zu, schließlich war die Funktion des Inquisitors dem des heutigen Untersuchungsrichter vergleichbar, es gab neben Henker und seiner Knechte auch Gerichtsbeisitzer und Protokollführer, also zu viele Zeugen, als dass man allzu viel Willkür hätte walten lassen können.

Natürlich, weil man damals einen Indizienprozess noch nicht kannte und eine Verurteilung nur nach einem Geständnis oder durch Zeugnis zweier Zeugen, die die Tat gesehen haben mussten, erfolgen konnte, hat man alles getan, um an dieses Geständnis zu kommen.

Die Folter war zu damaliger Zeit ein anerkanntes Mittel, die Anwendung war genauso vorgeschrieben wie deren Ablauf – ein Beschuldigter konnte zum Beispiel nur 3 Mal, d.h. an 3 verschiedenen Tagen gefoltert werden.

Weil man aber glaubte, die Hexen seien vom Teufel unempfindlich gegen Schmerzen gemacht worden, hat man bei diesem Delikt diese Regel nicht beachtet und die sich über Wochen und Monaten ziehenden Folter einfach zu Fortsetzung der einen deklariert – man musste sich und den erschöpften und immer wieder in Ohnmacht fallenden Opfern Erholungspausen gönnen, die ausgerenkten Glieder mussten wieder gerichtet, die Wunden geheilt werden.*

Insofern ist schon der Anfang deiner Geschichte, Nordwind, mehr als zweifelhaft, dies umso mehr, weil du ja den Anspruch erhebst, sie nach tatsächlichen Geschehnissen zu verfassen. Es reicht eben nicht, sich aus historischen Vernehmungsprotokollen ein paar Einzelheiten herauszupicken und in eine Geschichte zu packen. Wenn du wirklich auch ein wenig Bild des Unrechts in der damaligen Zeit zeichnen wolltest – wie von dir in einem Beitrag angemerkt -, so ist dir das gründlich misslungen.

Das kann jeden passieren, der zum Thema nicht genügend recherchiert hat oder dem die schriftstellerischen Mittel dazu fehlen, aber was nicht jedem passieret, ist die Beratungsresistenz, die du hier im Thread ein ums andere Mal an den Tag legst – ich erinnere nur an die völlig richtigen Beobachtungen von olsen67, die du einfach ignorierst bzw. zurückweist –, ich erspare mir also weitere Anmerkungen.

Dion

* schon aus diesem Grunde waren die Henker heilkundig und keineswegs arm, jeden Griff stellten sie einzeln in Rechnung, d.h. sowohl das Aus- als auch das Einrenken der Glieder wurde zum Beispiel extra bezahlt, und das nicht zu knapp, denn es gab nur wenige Menschen, die diese Arbeit machen wollten und vom Können her dazu auch in der Lage waren.

 

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