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Highway to hell

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22.05.2004
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Highway to hell

Highway to hell

Es ist Montagmorgen, zwanzig vor acht, eiskalt und es gießt in Strömen.
Das Haar sitzt nicht. Kein Drei Wetter Taft.
Ich stehe todmüde an der Bushaltestelle und warte nur darauf, dass es wieder Abend wird. Vor mir liegen wie jeden Montag elf Stunden Uni, angeführt von vier Stunden Statistik, und ich habe irgendwie überhaupt keine Lust.
Aber mir bleibt keine Zeit, mich meiner Lustlosigkeit in voller Stärke hinzugeben, denn da kommt ER auch schon angefahren: der mächtige Klang von unzähligen PS dringt wie Musik an mein Ohr; elfengleich schießt er über die auf dem Asphalt montierten Steinklötze, die eigentlich der Verkehrsberuhigung dienen sollen, hinweg. Mit einer Vollbremsung bleibt er vor mir stehen und die Vordertür öffnet sich mit einem lauten Ächzen: der Bus ist da!
Während sich sämtliche Leute, die mit mir im strömenden Regen gewartet haben, an mir vorbeidrängen (ich habe es ehrlich gesagt gar nicht so eilig einzusteigen), fülle ich meine Lungen ein letztes mal mit frischer Luft, denn ich weiß, dass ich die nächste Viertelstunde anaerobisch verbringen muss. Schnell noch das Ticket dem unfreundlichen Busfahrer vorzeigen. Dieser sieht aus, als ob er die ganze letzte Nacht betrunkene Fußballfans und andere spaßige Gesellen durch die Nacht gekarrt hätte.
Ich bahne mir den Weg durch den Bus und mit ein wenig Glück finde ich noch einen Sitzplatz am Gang in der Mitte des Busses, was mir später zum Verhängnis werden soll. Der Bus ist schon gerammelt voll, da außer Studenten auch Grundschulkinder und jede Menge Leute, die zur U-Bahn wollen, mitfahren.
Überall ein Husten und Schniefen. Der Bus a.k.a. Bazillenmutterschiff. Ich brauche kein Mikroskop, um zu wissen, dass die Bakterien bei diesem Anblick ihre schleimigen Hände – wenn sie welche hätten - mit einem verschmitzten Grinsen reiben würden. Die Scheiben sind beschlagen, ich komme mir vor wie in der Nautilus. War da auch so wenig Platz drin?
So, jetzt fehlen nur noch circa fünfzig Leute aus den Hochhäusern und Studentenwohnheimen, die an den nächsten beiden Haltestellen einsteigen werden. Der Bus setzt sich in Bewegung und hinter der zweiten Biegung lauern sie schon: Rivalen um die knappe Atemluft und die paar Zentimeter Platz, harmloser auch Fahrgäste genannt. Und da kommt auch schon eine Horde Grundschulkinder durch den Gang gerannt, gepanzert mit den harten Scout-Tornistern oder deren billigen Imitaten. Nach ein paar Kopfnüssen von mit Raketen, Rennautos und Barbies bedruckten Tornistern und ein paar durchs Gesicht gezogenen nassen Regencapes, bin ich plötzlich hellwach und hoffe, dass der Bus weiterfährt.
Aber was ist das? Vorne gibt es eine Auseinandersetzung. Da vor mir vierzig Leute stehen und durch die dampfende Kleidung ein nebliges Klima wie im tropischen Regenwald herrscht, kann ich nur den paar Wortfetzen, die an mein Ohr dringen, folgen.
„Ey, isch habe doch gar nix gemacht. Isch verlass nich’ den Bus!“
Dann setzt der Bariton des Busfahrers ein: „Du verlässt jetzt auf der Stelle den Bus! Raus!“
Neben mir steht ein ca. 14-jähriger mit vor Begeisterung glänzenden Augen, der versucht, die Disputation an seine Kumpanen im hinteren Teil des Busses weiterzuleiten. „Ey, das is Hamids Bruder! Geil, ey, der kriegt voll Ärger vom Busfahrer! Hamids Bruder, voll krass.“
„Ey, besser als Big Brassa, ey!“, denk ich mir. Jetzt fehlt nur noch ein Popcorn & Hot Dog-Verkäufer.
Nachdem alle wissen, was los ist, lauschen alle dem Busfahrer. „So, ich ruf jetzt die Polizei, die kriegen dich schon raus hier, glaub mal.“
Der Busfahrer telefoniert, während der Übeltäter trotzig im Eingang stehen bleibt. Ich schaue auf die Uhr: schon zehn Minuten verschwendet, wahrscheinlich krieg ich im Hörsaal nur noch ’nen Platz auf der harten Steintreppe, aber Leute wie Hamids Bruder interessiert das wohl nicht. Ich überlege, ob ich mir mit meinem Regenschirm eine Schneise durch die Schulkinder schlagen soll, aber da die Tür eh verschlossen ist und der Busfahrer anderweitig beschäftigt ist, verwerfe ich den Gedanken. Das Mädchen neben mir verfällt in einen Klagegesang. Von hinten werden höfliche Bitten an den Busfahrer gerichtet: „Ey, Busfahrer, mach’ sofort die Tür auf! Ich will hier raus!“
(Wenn ich der Busfahrer wäre, ich sage euch, ich wäre aus dem Wagen gesprungen und hätte einen Molotow Cocktail rein geworfen.)
Nach fünf Minuten, in denen die Polizei wohl auf dem Weg ist, sehe ich jemanden am Bus vorbeisprinten: Hamids Bruder verpisst sich. Feigling! Das ganze Warten und der Ärger umsonst.
Der Bus fährt weiter und lädt die nächsten dreißig Leute ein. Neben mir steht nun ein hagerer Typ in einer schlecht sitzenden Hose, der nach drei Knoblauchbroten und zweiundzwanzig Räucherstäbchen riecht. Mir wird schlecht.
Der Bus setzt sich mit einem äußerst übel klingenden Schleifgeräusch in Bewegung. In der Mitte ist der Bus bis auf den Boden durchgebogen. Ich zähle die Sekunden bis die Achse bricht, aber, oh Wunder, sie hält durch bis zur Endstation. Nachdem sich alle von hinten vorgedrängelt haben, verlasse ich den Bus, atme die frische Luft ein und mache mich im Laufschritt in Richtung Hörsaalzentrum auf. Ob ihr’s glaubt oder nicht, ich habe sogar noch einen Sitzplatz bekommen.
Also, warum aufregen?
Ach ja, vielleicht wegen der Grippe, die mich zwei Tage später heimsuchte.

 

Hallo Marla

erst einmal Herzlich Willkommen bei kg.de ;)

Deine Geschichte hat mir ganz gut gefallen. Allerdings holpert sie anfänglich ein wenig, wird denn aber gut (finde ich), wo es um den Schwarzfahrer(?) geht. Vor allem die Sprache der Jugendlichen hat mir gut gefallen (heutzutage muss man als Teenie wohl so sprechen :D )

Nur eine Frage: was bedeutet "a.k.a."? Liest sich meiner Meinung nach besser, wenn du es ausschreibst.

Gruss
LEMMI

 

Moin Marla,

Auch von mir Willkommen auf KG.de
Dein Nick kommt mir irgendwie bekannt vor, aber ich komm grad nicht drauf...

Deine Geschichte fand ich leider nicht wirklich lustig. Der Anfang schleppt sich meiner Meinung nach ein wenig träge dahin, was sicher auch daran liegt, daß ich schon viele Geschichten übers Busfahren gelesen habe und die meisten der Gags daher schon mal irgendwo gesehen habe.
Ab dieser Stelle hier...

Kumpanen im hinteren Teil des Busses weiterzuleiten. "Ey, das is Hamids Bruder! Geil, ey, der kriegt voll Ärger vom Busfahrer! Hamids Bruder, voll krass."
... kommt das Ganze zwar besser in Fahrt und ein paar nette Gags sind danach auch drin, aber insgesamt hats mich leider nicht vom Hocker gehauen. Naja, Humor ist Geschmackssache.
Geschrieben (vom handwerklichen und stilistischen her) ist der Text aber ziemlich gut und ich würde mich freuen, weitere Sachen (vielleicht mit originellerem Thema) von dir zu lesen.

Oberer Gag hat mir übrigens gut gefallen, wird aber durch die Big Brother Anmerkung leider zunichte gemacht. Die würde ich ersatzlos streichen.

PS: Fight Club?

 

Hallo Lemmi, Hallo gnoebel,
Vielen Dank für eure konstruktive Kritik. Ich bin mir der Schwachpunkte der Geschichte bewusst und habe lange mit mir gehadert, ob ich es in die Rubrik "Alltag" oder "Humor" stecke, denn diesen Tag habe ich zu 95% genauso erlebt. Vielleicht wäre es in der anderen Rubrik besser aufgehoben.
Hinzu kommt noch, dass ich den Text für einen anderen Zweck geschrieben hatte. Hier liegt wohl ein Transferproblem vor, da einige "Insiderjokes" im Text sitzen, die auf kg.de nicht rüberkommen.
Da man aus Fehlern lernt, hoffe ich, dass die nächste Geschichte besser wird.

Liebe Grüße, Marla

P.S.: Fight Club, genau! :-)

 

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