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Im neuen Haus

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26.04.2004
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Im neuen Haus

Im neuen Haus

Melanie überlegte. Jetzt. Nein, besser nicht. Warum nicht? Ach, Mist! Wieder hatte sie den Mut verloren. Wieder wich sie vor der Kellertür zurück.
Sie mußte sich eingestehen, daß sie die Angst vor Kellerräumen immer noch nicht abgelegt hatte und das seit ihrer Kindheit.
Nervös spielte sie mit ihrem Armreif und ging mit weichen Knien zurück in die Küche. Überall standen noch Kartons herum. Sie kam einfach nicht dazu, ihren Kram auszupacken und sich vernünftig einzurichten. Sie war schon oft umgezogen, das Einrichten machte ihr immer am meistn Spaß, aber diesmal wollte es nicht klappen. Im Inneren schien sie etwas zu blockieren, irgendwas war falsch dieses Mal. Unwillig schüttelte sie diesen merkwürdigen Gedanken ab.
Das Haus war traumhaft, ihre Möbel paßten genau und die Nachbarn waren supernett, sie hatte zwar seit Tagen nichts mehr von ihnen gehört, aber sie waren echt nett. Es war alles so einfach und doch so schwer. Schwer war die Wolke, die sich um ihren Kopf geschlungen hatte und ihren Gedanken den Weg nach draußen verwehrten. Schwer wie die Statue, die sie ja noch im Wohnzimmer über der Schiebetür aufhängen wollte.
Da! Schon wieder dieses Geräusch! Diesmal war es eindeutig eine Brötchentüte! Und es kam aus dem Keller! Nun reichte es aber, dachte Melanie. Sie schnappte sich eine Pfanne und ging langsam auf die Kellertür zu. Ihre Hand suchte richtigen Halt am Griff der Pfanne, daß sie auch ja kräftig zuschlagen konnte, wenn sich gleich die Monster und Gespenster ihrer Kindheit auf sie stürzten.
Nun hatte sie die Tür erreicht. Mit zitternder Hand ergriff se den Knauf und drehte ihn. Ihr Herz schlug schneller, sie hatte schon längst zu schwitzen angefangen.
Um sich selbst Mut und Kraft einzuflößen, vielleicht auch, um ihre Angst niederzukämpfen, riß sie die Tür mit einem kreischenden Kampfschrei auf.
Sie sah nichts. Es war stockduster. Langsam, und vor Spannung und Angst fast zerplatzend tastete sie nach dem Lichtschalter.
Das Licht ging an und sie erblickte die Brötchentüte. Daneben saß ein stinkender, heruntergekommener Kerl, der genervt hochsah. „Sag mal, spinnst du, mich so zu erschrecken? Oh, nicht mal in Ruhe Mittag essen kann man hier!“, grunzte er.
Melanie hatte kaum noch Angst, nun war sie verwundert, wütend. „Was machen Sie in meinem Haus?“, fragte sie, unfähig, diese Frechheit fassen zu können. Der Obdachlose erhob sich und rollte mit den Augen. Rein instinktiv hob Melanie wieder die Pfanne und wich einen Schritt zurück.
„Das hier ist schon lang nicht mehr dein Haus, Süße! Wie oft soll ich dir das noch erklären? Ich hab's dir doch schon tausendmal gesagt!“
Melanie hob drohend die Pfanne, als der Mann die Treppe heraufkam. An der Schwelle blieb er stehen und zeigte mit seiner schmutzigen Hand ins Wohnzimmer.
Sie wußte nicht so recht, was sie tun sollte, ob sie diesem wildfremden Mann den Rücken zukehren konnte, aber sie wandte sich trotzdem um.
Und während Melanie langsam ins Wohnzimmer ging und die Leiche neben der blutverschmierten Statue wiedererkannte, vergaß sie den Obdachlosen und fragte sich, wann das Leben an ihr vorübergezogen war.
Denn das hatte sie gar nicht mitbekommen...

 

Willkommen zu Haus

Hallo Chandler

Als erstes:willkommen auf KG.de :)

Du präsentierst uns da gleich als erstes eine wirklich schöne, kurze und durchaus seltsame Geschichte.

Formal hab ich erst mal nichts auszusetzen. Ich finde den Text inhaltlich auch echt gelungen. Das Seelenleben deiner Protagonisten mit ihrer Kindheitsangst und dem momentanen Befinden stellst du meiner Meinung nach sehr gut da in dieser kurzen Szene. :)

Das Ende ist echt überraschend. Die Wendung ist sogar so verknickt, dass sich mir ein Teil des Rätsels erst nach mehrmaligen Lesen bestimmter Passagen (Gott sei dank war der Text nicht lang :D) erschlossen hat.

Ich mutmaße mal :idee: , dass deine Prot einem Haushalts/Umräumunfall zum Opfer gefallen ist, und ihr Geist das noch nich so richtig gecheckt hat.

Falls das zutrifft, wer "zur Hölle"(?) ist dann der Mann im Keller? :confused:

mfg Hagen

 

aufklärung..

hi!
danke für dein lob! :cool:
nun, der mann im keller ist ein obdachloser, der sich im haus eingenistet hat, weil die mieterin tot ist und solange das keiner merkt, hat er ja ein dach über dem kopf. er hat sich auch im keller "verkrochen", weil ihm der geist auf die nerven geht, weil er ihr ständig erklären muß, daß sie tot ist und da ist er halt etwas genervt.. :rolleyes:
vielleicht ist er auch selbst tot und kann sie deswegen sehen (the sixth sense läßt grüßen! hihi!).. keine ahnung.. aufruf zur selbstinterpretation!
danke nochmal, die seite ist echt klasse!
:D

 

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