Was ist neu

Immer Zoff mit dem Personal

Mitglied
Beitritt
01.02.2004
Beiträge
16
Zuletzt bearbeitet:

Immer Zoff mit dem Personal

Immer Zoff mit dem Personal

Also liebe Leute. Ich hab euch alle zusammengerufen, um mal ein paar Sachen klar zu stellen, bevor ich die neue Geschichte schreibe. Erstens will ich beim Schreiben nicht immer Zoff mit euch und zweitens schon gar nicht, wenn die Geschichte fertig ist.

Warum seid ihr nie loyal zu mir? Ich engagiere euch doch zu fairen Bedingungen für die Plots. Ich hab noch keinen von euch unnötig runter gemacht, ihn ehrlos aus der Geschichte verschwinden lassen oder irgendwo zwischen den Zeilen vergessen.

Keiner wird bevorzugt. Ich behandle euch alle mit dem gleichen Respekt, dass wisst ihr ganz genau! Und trotzdem, jedes Mal diese Stänkerei. Ihr wollt das und jenes nicht machen, in meinen Geschichten. Einmal ist es überzeichnet, dann wieder zu fade. Einmal langweilt ihr euch und dann murrt ihr wieder wegen angeblicher Ueberforderung.

Ihr kennt mich jetzt lange genug und wisst, ich bin ein Mann der Kontraste und kein Sonntagsschulprediger. Und, dass will ich hier wieder einmal klipp und klar herausstreichen: Ich schreibe nun mal die Geschichten und bin der Chef, und ihr seid das Personal und müsst so agieren, wie es mir richtig erscheint!

Ich trage schließlich auch die Verantwortung. Die Kritiker gehen nicht auf euch los, sondern auf mich! Wo kämen wir hin, wenn der Autor nach der Pfeife seiner Figuren tanzen müsste?

Dass ihr mich ständig fertig macht, wenn ich die Manuskriptseiten weg lege und ihr allein unter euch seid, hab ich schon lange bemerkt. Meint ihr, ich bekomme nicht mit, wenn ihr hinter vorgehaltener Hand in den Papierbeigen tuschelt, ich sei ein unbedarfter Schreiber, würde nur meine Neurosen ausleben, wäre besser aufgehoben beim Psychiater.

Aber damit ist jetzt Schluss! Ihr könnt euch nun melden und sagen, was euch an eueren Jobs in meinen Geschichten nicht passt. Dann diskutieren wir es aus.

Ja, Paula, du willst was sagen ...

Also ich, die Paula, werde immer als dicke, denkfaule, schmuddelige Frau geschildert, die so vulgär daher redet. Das stimmt überhaupt nicht. Ich bin vielleicht mollig, aber nicht dick. Ich kann auch ganz intelligent sein Aber du lässt mich ja nicht, in deinen Geschichten. Du missachtest einfach mein Potenzial. Das finde ich unverschämt. Du stößt mich in eine Ecke, in die ich überhaupt nicht hin gehöre. Schmuddelig bin ich auch nicht. Der Egon, der auch zu deinem Personal gehört, sagt immer, ich sei die gepflegteste Frau, die er kennt.

Ja, ja, das sag ich immer zu der Paula, weil es auch stimmt. Sie ist gepflegt, sogar sehr gepflegt. Nur, du hast keine Augen dafür ...

Egon, keine Zwischenrufe, bitte! Du kommst auch noch zu Wort. Was Paula angeht, die ist eben so, wie ich sie in meinen Geschichten auftreten lasse. Sie ist die Metapher für meine Mutter, und die war so, dass müsst ihr mir glauben, obwohl ihr sie nicht gekannt habt. Paula, ich liebe und schätze dich als Metapher für meine Mutter. Wen sollte ich sonst nehmen, wenn in einer Geschichte meine Mutter auftreten muss? Meine Mutter hat mich zu einem grossen Teil geprägt, daher kommt sie auch öfters in meinen Geschichten vor. Aber sie ist nun tot, darum habe ich stellvertretend dich engagiert.

Gisela, was willst du sagen?

Ich bin immer die Zuckerpuppe, die sich von allen Männern aushalten lässt und sie dann betrügt. Ich will dir, lieber Autor, einmal ganz klar sagen: Ich bin nicht wild auf Männer. Ich bin eine Lese und schon lange mit der Erna zusammen. Du hast es nur nicht bemerkt. Ich spiele ja auch nur den Männer fressenden Vamp, weil ich einfach auf die Jobs in deinen Geschichten angewiesen bin. Ich könnte sonst nicht mit der Erna zusammen sein. Glaubst du, es macht mir Spaß, mich ständig verleugnen zu müssen?

Halt, halt, Gisela. Ich hab dir von Anfang an gesagt, du verkörperst meine Frau, die mich verlassen hat. Du hast mit Begeisterung angenommen. Du bist auch ein paar mal mit mir ins Bett gegangen und warst ganz glücklich. Nun kannst du nicht verlangen, dass ich über dich und Erna und euere gleichgeschlechtliche Liebe schreibe. Ich mag Lesen überhaupt nicht ...

Das ist das Stichwort, auf das ich gewartet habe. Ich, Erna, kündige hiermit! Wehe, du lässt mich noch einmal in deinen blöden Geschichten auftauchen, dann kratz ich dir die Augen aus. Ich habe mich für den Stuss, den du schreibst, immer geschämt. Ich gehöre zu deinem Personal wegen Gisela, ganz sicher nicht aus Sympathie zu dir. Immer bin ich das hübsche Ding in deinen kranken Geschichten, das man zwischendurch auch mal bumsen kann. Du kotzt mich an, mit deinen widerlichen Geschichten über deine fette Matronen-Mutter und die böse Ehefrau, die dich von sich gestoßen hat, weil du ein schwanzlahmer Waschlappen bist, der sich für ein verkanntes literarisches Genie hält. Dass ich nicht lache ...

Das reicht, Erna! Deine Kündigung ist akzeptiert. Hau nur ab, bevor ich dich das Klo hinunter spüle ...

Dann kündige ich auch. Fertig Schluss mit der Gisela als Betthupferl. - Erna, keine Sorge, wir kommen auch bei anderen Autoren unter. Die werden uns zu Figuren der Literaturgeschichte machen. Hier verkümmern wir nur, spielen ewig die gleichen abgelutschten Scheißrollen.

Nun gut, haut beide ab. Ich kann auch ohne euch Geschichten schreiben. Hätte euch sowieso bald sterben lassen. Bei einem schrecklichen Eifersuchtsdrama unter Lesen.

Küsschen, Paula, Egon und Peter. Wie hält ihr es nur aus bei diesem bekloppten Epigonen?

Nun sind wir die beiden endlich los. Ich glaube, jetzt können wir sehr viel sachlicher miteinander reden. – Peter, du bist so still, willst du nichts sagen?

Doch, doch. Du weißt, ich bin dein Freund. Ich gehe gerne mit dir auf ein Bierchen. Aber muss es denn immer nur eines sein. Könnten wir nicht mal so ein richtiges Besäufnis machen. Andere Autor tun das auch. Das würde dich bestimmt auflockern. Und überhaupt, schreib über Männerbekanntschaften. Das hat Substanz ...

Verdammt, Peter, bist du jetzt auch einer vom anderen Ufer ...

Nein, warum?

Von wegen über Männerbekanntschaften schreiben ...

Nein, ich meinte das nur so als Rahmen. Natürlich müssen Weiber in deine Geschichten rein, viele sogar. Aber du gehst für meinen Geschmack immer so depressiv an die Sache ran. Immer ist da deine Mutter, die als weiblicher Sumoringer deine Gefühle niederdrückt. Und dann deine Ex-Frau, die dir ihre Gefühle vorspielte und sie derweil anderen schenkte. Vergiss das endlich. Nimm es doch lockerer. Wir zwei, die edlen Ritter der Kneipen, die alle unter den Tisch saufen und immer noch aufrecht und beherrscht zu den Weibern gehen und es ihnen besorgen, dass sie von den Wolken der Glückseligkeit überhaupt nicht mehr runter kommen. Solche Geschichten sind doch was. Du und ich, wir sind zwei Titanen der Weltliteratur!

Darf ich jetzt mal was sagen. Bin zwar nur der Egon, der alte Schleimer, der Krösus in deinen Geschichten, Ja, ja ich weiß, ich bin ein alter, verblichener Onkel von dir, der hat wohl dein Leben auch geprägt. Nun, ich würde gern mit etwas mehr Stil in den Geschichten auftreten. Schon Paula zuliebe. Sie schätzt Männer mit Stil. Und überhaupt, nimm etwas Rücksicht auf Paula und mich. Wir sind schon ältere Menschen und sehnen uns nach Beschaulichkeit. Bitte siedle uns beide in einer angenehmen Altersresidenz an, wo Paula und ich Skat spielen und klassische Musik hören können.

Verdammt und zugenäht, was habt ihr sonst noch für Sonderwünsche. Ich bin 35 Jahre alt und habe mit Altersresidenzen und Scheintoten überhaupt nichts am Hut. Dafür schreibe ich doch keine Geschichten. Auch will ich kein Säufer werden. Habe Bier überhaupt nicht gern. Gehe nur manchmal mit dir in die Kneipe, Peter, weil du mein Freund bist. Also was denkt ihr euch überhaupt. Ihr seid das Personal in meinen Geschichten, und ich bin der Chef! Ich schreib ja die Geschichten. Anders herum würdet ihr ja gar nicht existieren.

Mal halb lang. Als dein Freund sag ich dir, so funktioniert das überhaupt nicht. Paula, Egon, Gisela, Erna und ich haben uns vor ein paar Tagen zusammengesetzt und die Gewerkschaft des Geschichten-Personals gegründet. Wir haben auch ein Manifest verfasst. Wir verlangen Basisdemokratie beim Ausdenken und verfassen der Geschichten. Du als der Autor unterbreitest uns den Plot und wir diskutieren alle zusammen darüber. Ueber die strittigen Punkte stimmen wir anschliessend ab. Es gilt der Mehrheitsentscheid ...

Habt ihr sie nicht mehr alle? Wo gibt’s denn so was? Denkt euch doch euere Geschichten selbst aus und engagiert einen Auftragsschreiber. Aber bezahlt ihn auch anständig. Ich schreibe für ein Zuckerbrot. Und den Lohn bekomme ich nicht von euch, sondern von den Magazinen, die die Geschichten mit euch durchgeknallten Protagonisten veröffentlichen. Dank mir gibt es euch überhaupt. Ich glaube nicht, dass ihr bei einem anderen Autor unterkommt. Die haben alle schon ihr Personal. – Gewerkschaft des Geschichten-Personals? Wer hat euch denn diesen Floh ins Ohr gesetzt? – Ihr seid alle entlassen, fristlos! Ihr verdammten Querulanten. Geht doch zum Sozialamt. Vielleicht schreiben ja die euere neuen Geschichten.

 

Hallo harry!

Ich kann nicht wirklich erkennen, was Du satirieren willst: Wenn Du einfach die Autoren, die mit ihren Figuren sprechen, satirieren willst, ist es möglicherweise eine Satire, für jene, die diese Angewohnheit haben, aber für jemanden wie mich, die das nicht tut (hab meine Figuren anständig erzogen, da gibts keine Diskussionen :D), ist es eher nur stellenweise zum Schmunzeln.
Oder aber willst Du damit viel weiter gehen und eine Situation aus dem Arbeitsleben satirieren? Den Druck, der auf manchen lastet, und sie zum Verkaufen ihrer Seele zwingt, die Abhängigkeit vom Dienstgeber, usw.? :shy:
Sollte es am Ende gar noch einen Schritt weiter gehen, und es Dein Bestreben sein, zu zeigen, wie wenig ernst man heute Gewerkschaften nimmt, sodaß man es schon lustig findet, wenn sich jemand gewerkschaftlich organisiert, um seine Rechte durchzusetzen, oder etwas Ähnliches aus der Richtung?

Wie gesagt, ich habe Probleme, hinter Deine Intention zu kommen, die Du mit der Geschichte verfolgst. Du kannst damit alles Mögliche sagen wollen, von leichter Schmunzelkost bis zu tiefernster, aber zu vereinfacht dargestellter Politsatire ist alles möglich.

Hilf Du mir auf die Sprünge, dann kann ich Dir vielleicht weiterhelfen. ;)

Was mir noch aufgefallen ist:

"alle mit dem gleichen Respekt, dass wisst ihr ganz genau!"
- das

"Ihr wollt das und jenes nicht machen, in meinen Geschichten."
- "dieses und jenes" oder "dies und das" fände ich schöner
- "in meinen Geschichten" find ich etwas unglücklich hintendrangehängt

"Und, dass will ich hier wieder einmal klipp und klar herausstreichen:"
- das

"wenn ihr hinter vorgehaltener Hand in den Papierbeigen tuschelt,"
- Du meinst vermutlich "in den Papierbergen"

"Der Egon, der auch zu deinem Personal gehört, sagt immer, ich sei die gepflegteste Frau, die er kennt."
- "der auch zum Personal gehört" würde ich streichen

"Sie ist die Metapher für meine Mutter, und die war so, dass müsst ihr mir glauben,"
- das müsst

"Ich bin eine Lese und schon lange mit der Erna zusammen."
- Lesbe

"Du bist auch ein paar mal mit mir ins Bett gegangen und warst ganz glücklich. Nun kannst du nicht verlangen, dass ich über dich und Erna und euere gleichgeschlechtliche Liebe schreibe. Ich mag Lesen überhaupt nicht ..."
- ein paar Mal
- eure (- e)
- Lesben

"Geschichten über deine fette Matronen-Mutter"
- das wäre dann die Mutter der Matrone, Vorschlag: "matronenhafte Mutter" oder nur "Matrone" (ohne Mutter)

"Dann kündige ich auch. Fertig Schluss mit der Gisela als Betthupferl."
- würde nach "Fertig" einen Punkt machen, ansonsten einen Beistrich (Komma)

"Bei einem schrecklichen Eifersuchtsdrama unter Lesen."
- Lesben

"Wie hält ihr es nur aus bei diesem bekloppten Epigonen?"
- Wie haltet ihr

"Andere Autor tun das auch."
- Autoren


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom