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Improvisationstalent
Die Familie ist im Urlaub. Das hatten Friedrich und Dietrich schon seit Tagen ausgekundschaftet. Sie hatten sich in ihrem Transporter die Ärsche platt gesessen, zusammen ´ne Stange Zigaretten gekillt und ein Haufen dummes Zeug von sich gegeben. Wie Profis eben.
Heute soll das Ganze über die Bühne gehen. Es ist die perfekte, kohlrabenschwarze Nacht. Und der perfekte, totenstille Vorort. Die Eingangspforte quietscht nicht einmal beim Öffnen. Es läuft alles wie geschmiert. An der Haustür angekommen, wendet sich Friedrich erwartungsvoll an Dietrich.
„Na mach schon. Ich will nich ewig warten!“ flüstert Friedrich in einem scharfen Ton.
„Wie jetzt, ich dachte du hättest...?“ stammelt Dietrich ungläubig zurück.
Ohne abzuwarten und ohne Vorwarnung drischt Friedrich mit seinen geballten Fäusten auf Dietrich ein. Mit aller Wucht und der Hilfe seiner Taschenlampe, knüppelt er ihn zu einem ansehnlichen Klumpen. Ein stolzes Häufchen Elend. Als Friedrich sich an Dietrich abgearbeitet hat, hebt er ihn auf und bugsiert ihn geradewegs, mit dem Kopf voran ins Schlüsselloch. Er passt. Allerdings lässt sich Dietrich nicht so ohne weiteres herumdrehen. Friedrich fängt an herum zu hüsern. Er zerrt und zetert, sodass Dietrich beinahe seinen Bart verliert. Das Schloss ist schon ganz ausgefranst und droht samt Dietrich den Geist aufzugeben. Aber nach ´ner Weile springt die dämliche Tür endlich auf. Friedrich zieht Dietrich heraus und zum Vorschein kommt das zerschundene, zu nichts mehr zu gebrauchende, aber zugleich fröhliche, Gesicht. Bereit zur Tat zu schreiten.
„Mann, deine Visage kannst du echt vergessen“, zischte Friedrich.
„Egal, der Bart ist ja noch dran“, Brummte Dietrich und zupfte ihn sich zurecht. Das nennt man echtes Improvisationstalent. Wie Profis eben.