Iq
Ich hab in letzter Zeit mehrere IQ Tests im Internet gemacht. Nur so aus Zeitvertreib, obwohl die Herausforderung, sich doch einmal zu messen, für mich einen gewissen Nervenkitzel darstellt. Auch Überwindung war dazu notwendig. Was wenn das Ergebnis nicht zufriedenstellend wäre? Nun ja, ich will niemanden länger auf die Folter spannen. Je nach angewendeter Auswertungsmethode liegt mein IQ in etwa zwischen 130 und 150, kein Scheiss! In einem Test in dem Albert Einstein angeblich einen Wert von 160 hatte kam ich auf 153. Laut Interpretationsanleitungen der einzelnen Tests liegt mein IQ immer an der Grenze zwischen brilliant und genial.
Was also mach ich eigentlich als Software Engineer und Hobby Schreiberling. Alle IQ Tests bescheinigen mir ich wäre ein idealer Philosoph und könnte mit meinem IQ Weltanschauungen auf den Kopf stellen.
Stattdessen verwende ich meinen IQ auf folgende Provokation der Internet Kurzgeschichten Kommentierer:
In der Erwartung auch mal viele Kommentare auf eine meiner Geschichten zu bekommen, habe ich die Kommentare in diversen Foren studiert. Da sind die ewigen Schulterklopfer. Diejenigen die sich erwarten, dass wenn sie andere Geschichten loben, ihre eigenen gelesen werden. Dann sind da die so genannten Schreibprofis, die unter dem Deckmantel konstruktive Kritik zu üben, unter großem Beifall, Geschichten zerpflücken und dadurch dem Kommentarleser wie mir, durch das Aufzwingen von objektiven Meinungen, Geschichten einfach wie mit einem Schlaghammer zertrümmern.
Dann sind da auch all jene wie ich, die unter dem Vorwand subjektive Empfindungen zu reflektieren, durch die Blume ihren Neid, ihre Bewunderung oder was auch immer ausdrücken. Schulbladisiert ausgedrückt wars’ das auch schon. Natürlich steckt hinter jedem Poster in der Regel ein Schreiber. Jeder einzelne ist ein Individuum. Respekt vor allen die nicht wie ich schubladisieren!
Was hat diese banale Schubladisierung jetzt aber mit Provokation und meinem IQ zu tun?
Nun ja, mein IQ erlaubt mir aus den Geschichten und Kommentaren auf diversen Seiten schnell einen übersichtlichen objektiven und subjektiven Gesamteindruck zu abstrahieren. Pirsig hat derartige subjektive und objektive Gesamteindrücke in seinem Buch "Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten" unter dem Begriff Qualität zusammengefasst. Ich gebe also mein Qualitätsurteil über einschlägige Internetseiten, in denen Geschichten veröffentlicht und kommentiert werden, ab.
Die Provokation findet sich in meinem Gesamteindruck. Alles in allem stellen diese Seiten für mich eine erbärmliche Selbstinszenierung Ihrer Besucher dar. Pseudogeschichten von Pseudokritikern kritisiert und wiederum von Pseudoschreibern geschrieben. Communities in der jeder einzelne von seiner und der Inszenierung der anderen lebt. Ein abgegrenzter Haufen in dem jeder versucht die Aufmerksamkeit der anderen Haufenbewohner zu erhaschen. Geschichten die geschrieben werden, um möglichst konform zur vorherrschenden Meinung im Forum zu sein. Man will ja möglichst viele Kommentare. Und erhält man dann eine dieser wunderschön objektiv aufbereiteten ausführlichen Pseudokritiken kann man sich gleich hinsetzten, um sein eigenes Werk im Sinne des Kritikers zu zerstören. Alles nur, um noch mehr Kommentare und Lob zu bekommen. Durch die Bank liest man auf diesen Seiten nur Kommentare und Geschichten die man allesamt für sich selbst schreiben hätte können. Der Eifer mit dem die Geschichten kommentiert und geschrieben werden wird dominiert vom Gedanken an die Reaktionen der Leser und Kommentierer. Da man selbst auch Leser und Kommentierer ist, manipuliert man sich in Ermangelung an Andersdenkendem Zielpublikum. Man reduziert sich auf die vorgegebene Denkweise einer dieser Seiten und wird somit Teil vom Haufen. Diese Reduktion erlaubt zwar über unterschiedliche Ansichten der einzelnen Kommentierer zu staunen und diesen oft auch Respekt und Bewunderung entgegenzubringen. Sie erlaubt aber nicht mehr über den Tellerrand hinauszuschauen. Man lebt in dieser kleinen Communitywelt, reduziert auf Meinungen der Community, reduziert auf das Schreiben communitykonformer Geschichten, beeindruckt und verstanden nur von anderen Communitybewohnern. An den Kommentarinhalten und den Geschichten kann man verfolgen wie sämtliche hoffnungsvollen Communityeinsteiger im Laufe der Zeit zu communitykonformen Geschichtenschreibern und Kommentierer verkommen.
Genug der Provokation? Genug gelästert? Genug Stoff um viele Kommentare zu erhaschen.
Soll ich vielleicht noch ein versöhnliches Element in meine Geschichte einbauen?
Wie wärs damit: Ich bin einer von euch. Mir geht es genau so, wie ich es beschrieben hab. Mit dem einzigen Unterschied das mein ach so hoher IQ mir erlaubt, dann und wann bestimmte Situationen klarer zu sehen als andere. Gleichzeitig ist das auch ein Fluch der mich zwingt, mich selbst als Teil des Communityeinheitsbreis zu identifizieren. Unter dieser Situation ist es mir dann beschert zu leiden, anstatt in aller Ungewissheit mit Freude daran zu glauben auf einer Geschichtenseite akzeptiert und anerkannt zu werden und stolz seine Fortschritte in immer neuen, immer konformeren Geschichten zu reflektieren.
Vielleicht wäre auch eine schmalzige Entschuldigung angebracht: Es tut mir aufrichtig Leid, meinen Gefühlen so freien Lauf zu lassen. Natürlich ist mir klar, dass hinter jedem anonymen Communitybewohner ein mehr oder weniger talentiertes, hochsensibles, frei denkendes, zu tolerierendes und zu respektierendes Individuum steckt. Jedes dieser Individuen provoziert meinen Neid in der Demonstration seines Könnens.
Ich lass das mal so im Raum stehen. Jetzt ist es nämlich höchste Zeit meine Geschichte zu beenden, da zu lange Geschichten kaum Kommentare bekommen. Und schließlich bin ich doch aufgrund meines klaren Einblickes in mein Innenleben die unterwürfigste, kommentarsüchtigste, aufmerksamkeitserhaschendste und elendste Kreatur im Communityhaufen. Ich bin es doch der nicht über den Tellerrand seines Neides und Nichtkönnens hinausschauen kann.
Nachsatz: Gerade hab ich mich dabei ertappt die Geschichte auf Beistrichfehler und Absatzkonformität zu untersuchen. Dies lass ich aber am heutigen Tag der Erleuchtung bewusst sofort wieder sein!