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Kein X markiert die Stelle

Seniors
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24.04.2003
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Kein X markiert die Stelle

Er stand mitten auf der Kreuzung.
Geradeaus führte die Straße direkt auf die kleine Einkaufspassage der Stadt zu, hinter der sich die wenigen Wohnhäuser befanden, die es hier gab.
Rechts entlang endete der Asphalt in wenigen hundert Metern, und machte den Bäumen des Wäldchens Platz.
Zu seiner Linken lag das bizarre Viertel, wie er selbst es nannte.
Und gleich hinter ihm selbst ragte das gewaltige Tor empor, durch das er gerade gekommen war.
Phantasia-City, so hatte Ralph dieses Gelände getauft. Auf einer Fläche von fünf Quadratkilometern hatte er diesen Ort bauen lassen, der durch und durch seiner eigenen Vorstellungskraft entsprach. Der Bereich war hoch umzäunt und wurde außerhalb rund um die Uhr von zwei Dutzend Sicherheitskräften bewacht.
Diese Kleinstadt gehörte Ralph alleine. Es gab hier keine Einwohner, obwohl es sich bei den Gebäuden nicht um billige Kulissen handelte. Jeder Laden, jede Wohnung und jedes Haus, war vollständig eingerichtet. Lediglich bei den Lebensmitteln im Supermarkt handelte es sich um Imitationen aus Plastik. Doch sonst war alles echt. Die Schallplatten in "Mc Henrys Musicshop" genauso, wie die Autos, die auf den Parkplätzen standen, oder die Fernseher in den Wohnzimmern der imaginären Haushalte. Um die Illusion perfekt zu machen, hatte er sogar eine unterirdische Stromleitung legen lassen, die sämtliche Gebäude von Phantasia-City speiste.

Manche Milliardäre sammelten teure Oldtimer, oder kauften sich ganze Südseeinseln.
Ralphs Hobby bestand darin, eine eigene Stadt zu besitzen.

Er zündete sich eine Zigarette an und blickte in den Himmel. Es war ein regnerischer Tag, wie es sie in Schottland so oft gab, doch er genoss die Tropfen und die Geräusche, die sie machten, wenn sie auf seinen Ledermantel prallten.
Anfangs, als er die Idee zu Phantasia-City im Anschluss eines intensiven Traumes gehabt hatte, da wollte er das Projekt noch in einer überdachten Halle verwirklichen. Erst viel später, als bereits unzählige Entwürfe und Pläne fest standen, kam ihm der Gedanke, dass es weitaus reizvoller sei, die Stadt unter freiem Himmel zu bauen; auf einem entsprechend großzügigen und abgelegenen Gelände.

Die antiquierte Ampel vor ihm schaltete auf rot. Ein unbedeutendes Signal, da hier keine Autos fuhren. Ralph selbst erkundete die Stadt lieber zu Fuß, und nur selten setzte er sich ans Steuer eines Wagens. Er hatte sie bewusst klein gehalten, damit sie überschaubar blieb. Mittlerweile aber kannte er sich hier besser aus, als ihm lieb war. In jedem Gebäude war er schon mehrmals gewesen, und dieser Umstand langweilte ihn ein wenig. Über kurz oder lang kam er vermutlich nicht um einen Anbau herum. Aus finanzieller Sicht kein Problem. Woran es ihm aber in letzter Zeit mangelte, war die namensgebende Phantasie, von der so viel in seiner Schöpfung steckte. Die Begeisterung, die er dem bizarren Viertel entgegenbrachte, war ungebrochen, doch kamen ihm einfach keine weiteren Ideen mehr. Als wenn dieser eine Stadtteil seine gesamte Inspiration verschlungen hätte.

Er trat die Kippe aus und ging los, vorbei an der Ampel, die inzwischen wieder grün zeigte. In einem knappen Kilometer Entfernung vor ihm sah er die Gebäude der Einkaufspassage, die in leichten Nebel gehüllt waren und eindeutig vom fünfziger Jahre Charme amerikanischer Kleinstädte inspiriert waren. Auch wenn Ralph es ungerne gegenüber anderen zugab; aber er mochte diese kitschigen Szenarien. Der Friseurladen, mit der großen, rot-weißen Drehsäule neben dem Eingang. Grellbunte Leuchtreklamen an den Fassaden der Geschäfte. Dieses scheinbare Idyll beruhigte ihn. Im krassen Gegensatz zu dem bizarren Viertel, fand er hier die innere Ruhe, die er hin und wieder benötigte.
Ohne jede Eile schlenderte er über die Straße, die schnurgerade über eine große Wiese verlief. Lediglich eine Scheune stand an ihrem Rand, die aber noch einige hundert Meter vor Ralph lag und deren Konturen sich ebenfalls bloß undeutlich aus dem Nebel herausschälten.
Er sah nach rechts und erkannte die Wipfel der hohen Tannen, die in dem Wäldchen standen. Ursprünglich war es ein richtiger Wald gewesen, den er aber jenseits des Zaunes großflächig hatte abholzen lassen, so dass nun lediglich ein schmaler Streifen übrig geblieben war, der sich von einem Ende der Abgrenzung bis zum anderen zog.

Ralph vermied es, nach links zu schauen. Denn dort hätte er die hässlichen und zugleich doch so faszinierenden Bauten gesehen, die seine Stimmung stets verfinsterten. Er hatte sie bauen lassen, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie es sein mag, die Hauptrolle in einem Film-Noir zu spielen. Im bizarren Viertel herrschte Depression vor und jedesmal wenn er es betrat, war ihm, als sei er plötzlich doch in einer Halle, da der Himmel sich dort auf merkwürdige Art zu verdunkeln schien. Das Chaos der Gassen nahm Einen unweigerlich gefangen und oft schon hatte Ralph sich heftig zu Bewusstsein rufen müssen, dass es bloß eine Illusion war, durch die er schritt.

Heute hatte er nicht vor, dorthin zu gehen. Zuviel Stress lastete momentan auf ihm, als dass er jetzt Wert auf melancholische Gefühle gelegt hätte.
Ralph wollte lediglich ein wenig durch die Einkaufspassage schlendern und einigen Wohnungen einen Besuch abstatten. Er wollte sich gemütlich auf einen Sessel setzen und zum Fenster hinausschauen, und später dann zu den Wohnhäusern mit ihren üppigen Gärten spazieren, die jenseits der Einkaufsmeile lagen.
Wo diese aufhörten befand sich auch das zweite Tor, genau entgegengesetzt von dem Ende der Stadt, aus dem er gerade kam.
Heute Abend musste er wieder in London sein. In diesem Augenblick wurde seine Privatmaschine vermutlich schon aufgetankt und ein nervöser John Florentino stand mit schwitzigen Händen am Torausgang und wartete ungeduldig. Ralph konnte diesen Florentino nicht leiden. Er war ein Mensch ohne Vorstellungsvermögen und Ralph wusste, dass er Phantasia-City für das zeitraubende Resultat eines gelangweilten Geistes hielt. Auch wenn er das nie offen ausgesprochen hätte.

Ralph näherte sich der Scheune und beobachtete gebannt die feinen Nebelschwaden, die wie ein geisterhaftes Meer um sie herumwaberten. Er hatte sie schon lange nicht mehr betreten. Meistens lief er von der Kreuzung aus direkt in die Stadt, in das Wäldchen, oder eben das bizarre Viertel. Die Scheune selbst nahm er stets als schmückendes Beiwerk wahr, das inmitten der ausladenden Grünfläche stand. Dabei war selbst sie penibel geplant und eingerichtet worden.
Warum nicht?, dachte er, als er neben dem halb geöffneten Tor stand und zog es ganz auf. Es kam ihm ein seltsamer Geruch entgegen. Seltsam deshalb, weil Ralph ihn nicht einzuordnen wusste. Zumindest in dieser Hinsicht gab sich die Illusion nicht perfekt. Diesem Ort, der für gewöhnlich zum Zwecke der Landwirtschaft verwendet werden sollte, heftete überdeutlich die Atmosphäre des Sinnlosen an.
Durch zwei schmale Fensterluken drang gedämpftes Tageslicht und tauchte die Szenerie in einen unwirklichen Schein.
Ralph spürte, wie sich sein Herzschlag ohne jede rationale Begründung beschleunigte. Er atmete tief ein und ging dann zu dem altmodischen Traktor, der in einer Ecke stand. Er hatte keine Ahnung, ob Benzin im Tank war und für einen flüchtigen Augenblick spielte er mit dem Gedanken, es einfach herauszufinden, in dem er sich in die Kabine setzte und den Motor zu starten versuchte.
Ein Geräusch ließ ihn zusammen zucken.
Es war nicht aus der Scheune gekommen und ebensowenig wie den Geruch hier drinnen, vermochte Ralph es einzuordnen. Ein wenig hatte es wie das Fauchen einer Katze geklungen, aber ins Groteske verzerrt.
Es folgte ein weiteres Geräusch und diesesmal stieß er einen erschrockenen Schrei aus.
Sein Handy klingelte. Die Nummer, die auf dem Display stand, erkannte er sofort. Es war Florentino. Ralph haderte mit sich, ob er den Anruf annehmen sollte. Schließlich drückte er auf die Taste mit dem grünen Hörer, sonst würde es in zwei Minuten wieder klingeln.
"Was ist denn?"
"Herr Derken?"
Was für eine bescheuerte Frage, dachte Ralph. Wer sollte sonst dran sein? Es war Florentinos typische Art, feststehende Tatsachen dümmlich nachzufragen. Ralph kannte das bereits aus diversen Hauptversammlungen. Gerne hätte er mit einer flappsigen Bemerkung geantwortet, aber an Typen wie Florentino prallte jeder Witz ab, wie Squashbälle an der Hallenwand.
"Ja, ich bin dran."
"Es hat eine kurzfristige Planänderung gegeben. Wir sind hier drinnen."
"Wer ist wir und wo sind Sie drin, hier in der Stadt?"
"Genau. Dieser Gerald Halling von InterTech ist hierher nach Schottland geflogen, weil es in seiner Familie einen Todesfall gegeben hat und er schnellstmöglich wieder in New York sein muss. Daher hat er das Treffen in London abgesagt. Als Sie vorhin in Ihre Stadt gegangen sind, saß er schon im Flieger, also bin ich mit ihm am gegenüberliegenden Tor rein. Dort, wo die Wohnhäuser stehen. Es macht Ihnen doch nichts aus, oder?"
Und wie es ihm etwas ausmachte. Was bildete dieser speichelleckende Hund sich eigentlich ein, ohne Erlaubnis Phantasia-City zu betreten? Ralph kochte innerlich.
"Nein, ist schon in Ordnung", antwortete er. - "Dann findet das Treffen also jetzt hier statt?"
"Ja, richtig. Mister Halling ist vor einer halben Stunde auf ihrem Privatflugplatz gelandet und..." - Es folgte eine kurze Pause, in der Florentino irgend etwas murmelte, das offensichtlich Halling galt.
"Ganz im Vertrauen. Es war mir unmöglich, ihn zu vertrösten. Er scheint überhaupt ein komplizierter Zeitgenosse zu sein", fuhr Florentino schließlich fort.
"Steht er nicht mehr neben Ihnen?", wollte Ralph wissen.
"Nein, er ist auf die Toilette gegangen. Ich habe ihm gesagt, die sanitären Anlagen hier funktionieren einwandfrei. Das stimmt doch Herr Derken, oder?"
Ralph massierte sich mit der freien Hand die rechte Schläfe. Was für eine absurde Situation. In gewisser Weise fühlte er sich wie ein kleiner Junge, der von seinem Vater dabei ertappt worden war, wie er heimlich Pornohefte durchblätterte.
Phantasia-City gehörte ihm allein und plötzlich kamen da zwei Fremde, die alles sahen, was er für sich selbst erschaffen hatte und von denen einer zu allem Überfluss auch noch aufs Klo ging.
"Ja, das stimmt. Die Toiletten funktionieren."
"Gut. Wo sind Sie jetzt?"
"Was nützt es Ihnen, wenn ich das sage, Sie kennen sich hier doch ohnehin nicht aus. Bleiben Sie nahe beim Tor...in welches Haus ist Halling gegangen?"
"In so ein Großes mit Veranda. Es ist blau gestrichen."
"Ich weiß welches Sie meinen. Gehen Sie zu ihm ins Haus und warten Sie im Wohnzimmer. Ich beeile mich und bin in einer Viertelstunde da."
"In Ordnung."
"Ach, und...John?"
"Ja Herr Derken?"
"Sagen Sie ihm gleich, dass wir ihm nichts zu trinken anbieten können. Es gibt nur einen Cola-Automaten in der Stadt, aber der ist nicht aufgefüllt."
"Okay, bis gleich."
Ralph trennte die Verbindung und war versucht, sein Handy auf den Boden zu schmettern. Nun drang sein Arbeitsleben also schon bis hierher vor. So weit war es gekommen. Er hatte sich geschworen, niemals einen Besucher in seine Stadt zu lassen und plötzlich standen da diese beiden Vollidioten und warteten auf seinen Auftritt.
Er warf noch einen letzten Blick in die Scheune und verließ sie dann. Das Geräusch von vorhin hatte ihn während des gesamten Telefonats beschäftigt, allerdings war es nicht wieder aufgetaucht.

Den restlichen Weg bis zu der Einkaufspassage legte er hastig und gereizt zurück. Er hatte kein Gespür mehr für den schottischen Regen, oder für das perfekte Kleinstadtambiente, dem er sich schnell näherte.
Ralph wollte diesen Mist so unspektakulär wie möglich hinter sich bringen, genauso wie die nun kommende Woche. Und die darauf folgende. Am Donnerstag musste er auf Bali sein. Im Anschluss dieses Kurztrips standen zwei Tage in Belgien an.
Wann konnte er endlich wieder er selbst sein?

Er erreichte die Passage und verlangsamte seinen Gang. Sollten sie ihn doch alle am Arsch lecken. Das Treffen mit diesem komplizierten Zeitgenossen, wie Florentino es ausgedrückt hatte, war nicht wirklich wichtig.
"Halling ist sowieso ein Arschloch", sagte Ralph laut.
Und dann fiel ihm etwas auf. Es dauerte eine Zeit, bis er überhaupt begriffen hatte, was ihm da auffiel und plötzlich blieb er starr vor Entsetzen stehen.
Ralph wandte den Blick ab und kniff die Augen zusammen. Als er wieder hinsah, bot sich ihm noch immer das gleiche Bild. Irgendwer hatte ein Graffiti an die Wand des Friseursalons gemalt. Einige verschnörkelte Buchstaben verliefen kaum sichtbar entlang der Mauer. Sie hatten fast die gleiche Farbe wie die Steine, weshalb es ihm schwer fiel, sie zu lesen.
Vorsicht...
Ralph löste sich aus seiner Erstarrung und ging ein paar Schritte auf die Schrift zu, deren Konturen auch aus der Nähe nur mühsam zu erkennen waren.
Vorsicht Drachen! stand da.
Das musste ein schlechter Witz sein. Außer ihm selbst kam hier nie jemand rein und...das Wachpersonal! Irgend einer von ihnen war in der Stadt gewesen. Vielleicht sogar mehrere. Ralph sah die Bande regelrecht vor seinem geistigen Auge, wie sie sturzbetrunken durch Phantasia-City torkelte und dabei randalierte. Wie hatte er auch so naiv sein können? Manchmal ließ er sich monatelang nicht blicken, wenn er den Globetrotter spielte. Natürlich nutzten sie das aus. Jeder Mensch hätte das getan. Je intensiver er darüber nachdachte, umso mehr gab er sich selbst die Schuld dafür. Stets hatte er gedacht, für die Sicherheit seines Werks hinreichend gesorgt zu haben, und jetzt waren es seine eigenen Leute, die hier eindrangen und sich vergnügten. Erneut fühlte er sich ertappt und bloß gestellt.
Weshalb diese Schmiererei, fragte er sich. Das konnte doch nur auffliegen. Gab es denn bloß noch Idioten auf der Welt?
Sein Handy klingelte wieder. Ralph sah auf die Nummer. Noch ein Idiot.
"Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich gleich bei Ihnen bin."
"Entschuldigen Sie bitte Herr Derken, aber ich denke...es ist wichtig."
"Ich will hoffen, Sie haben keine demolierte Einrichtung in dem Haus vorgefunden, in dem Sie warten?"
"Was? Nein, mit dem Haus ist alles in Ordnung. Aber Halling ist weg."
Ralph spürte sein Herz gegen den Brustkorb hämmern.
"Was soll das heißen, Halling ist weg?"
"Er hatte scheinbar keine Lust zu warten. Was sollte ich denn machen, ihn festhalten?"
Blut schoss ihm in den Kopf und Ralph bekam ein Rauschen in den Ohren. Halling, dieser verfluchte Hurensohn.
"Wo ist er hin?"
"Er sagte, dass er Ihnen entgegenfahren wolle und hat sich einen von den Oldtimern genommen, die hier überall auf der Straße stehen. Es tut mir wirklich Leid, Herr Derken."
"Ist schon gut. Wann ist er los?"
"Vor einer Minute."
"Dann ist er gleich hier. Besonders groß ist die Stadt ja nicht. Ich regel das."
"Soll ich nicht lieber..."
Ralph beendete das Gespräch und schaltete sein Handy aus. Sollte der Deal ruhig platzen. Sollte seine Firma halt ein paar Millionen weniger verdienen. Sollten die Aktionäre mit einer niedrigeren Dividende leben. Es langte ihm. Sobald Halling die Einkaufspassage erreichte, würde er ihm so schwungvoll in den Arsch treten, dass er über das Tor hinweg nach draußen flog. Und wenn er gegen das Tor prallte, war es Ralph auch recht.
Er betrachtete das Graffiti. Vorsicht Drachen. Ganz genau.


***


Es geschah alles ganz schnell. Noch ehe Halling begriffen hatte, dass er nicht mehr lenken konnte, war er bereits von der Straße abgekommen und fuhr eine Hügelkuppe herab. Von einem lauten Knall begleitet, kam der Wagen zum Stehen und Halling schlug mit dem Gesicht auf dem Lenkrad auf. Sofort schmeckte er Blut, das er neben sich auf den Beifahrersitz spuckte.
"Verdammte Schweinerei", sagte er.
Dann tastete er sein Gesicht nach möglichen Verletzungen ab. Scheinbar hatte er sich lediglich die Lippen aufgeschlagen und seine Nase fühlte sich ein wenig taub an.
Halling stieg aus. Der Wagen stand quer in einem kleinen Bach, der direkt hinter der Kuppe lag. Vor der Motorhaube ragte ein Holzpfahl aus der Erde. Er fragte sich, weshalb dieses blöde Ding ausgerechnet hier stehen musste und welchen Zweck es überhaupt erfüllte.
Er atmete tief ein und legte den Kopf in den Nacken. Es tat nicht weh. Vermutlich hatte er tatsächlich Glück gehabt.
Halling schaute sich um. Die kleine Wohngegend, aus der er gekommen war, lag von hier aus unsichtbar hinter dem Hügel und jenseits des Baches erstreckte sich hunderte Meter weit Flache Wiese, deren Ebenmäßigkeit nur an wenigen Stellen von vereinzelten Bäumen unterbrochen wurde. Zirka einen Kilometer entfernt standen diese bizarren, vier- bis sechsstöckigen Gebäude, die ihm vorhin schon aufgefallen waren. Er hatte Florentino danach fragen wollen, aber dann war das Bedürfnis aufs Klo zu gehen, größer gewesen. Anschließend war ihm die Lust an der Warterei vergangen. Er wollte diesen Ort näher erkunden, also hatte er sich einen Wagen geschnappt. Er konnte ja nicht wissen, dass plötzlich die Lenkung versagen würde.
Was für ein Scheisstag. Erst die Nachricht von seiner verstorbenen Halbschwester, die er seit zehn Jahren nicht gesehen hatte, aber deren Beerdigung er schon allein aus moralischen Gründen beizuwohnen hatte, und nun dieser Schlamassel. Er zog den Flachmann aus seiner Manteltasche und nahm einige tiefe Schlücke.
Derken war wahrscheinlich stinksauer, was Halling ihm nichtmals verübeln konnte. Obwohl, für den Unfall konnte er nichts. Die Autos hier waren gemeingefährlich. Er vergegenwärtigte sich, dass er gerade nur knapp mit dem Leben davon gekommen war und trank den Flachmann leer.
"Wollen wir doch mal sehen", lallte er dann und stapfte los in Richtung der merkwürdigen Gebäude, wobei er unbekümmert durch den Bach lief. Wollte Derken überhaupt aus dieser Richtung kommen? Im Grunde war es egal, irgendwo würden sie sich schon treffen.
Nachdem er ein Stück über die Wiese gelaufen war, blieb er stehen. Die Miniatur "Skyline" dieses offensichtlich völlig absurden Stadtteils vor ihm war bereits recht nahe gerückt, aber immer noch zu weit entfernt, um Einzelheiten ausmachen zu können. Wieder legte er den Kopf in den Nacken und genoss die Tropfen, die ihm ins Gesicht regneten.
Schottland war eine schöne Gegend, um solch ein egozentrisches Machwerk zu verwirklichen. Halling musste sich eingestehen, dass er fasziniert war von dieser Stadt ohne Bewohner. Hätte er über genügend Privatvermögen verfügt, dann hätte er die Idee geklaut und sich seine eigene Stadt bauen lassen. Mit privatem Striplokal und riesigem Spielkasino. Aber auch dieser fünfziger Jahre Stil, wie er hier vorherrschte, sagte ihm zu. Wobei er sich allerdings keinen Reim auf dieses "David Lynch" Viertel machen konnte. In seinem Bauch kribbelte es bereits, so aufgeregt war er, herauszufinden, was es damit auf sich hatte.
Nocheinmal drehte er sich um. Überall Wiese und nur ein paar Bäume. Alleine diese Szenerie wirkte schon skurril. Derken schien ein Freund der großen, grünen Flächen zu sein.
Halling ging weiter.


***


Seit fünf Minuten lief Florentino aufgewühlt durch das kitschig eingerichtete Wohnzimmer. Sein Chef hatte das Handy ausgeschaltet und ihn damit dieser höchst unangenehmen Situation ausgeliefert.
Florentino verließ das Haus und trat auf die Straße. In einer Richtung lag - relativ weit weg - die Einkaufspassage. In der anderen Richtung sah er das Haupttor und zwei von Derkens Wachleuten, die neben ihrem Häuschen standen und rauchten. Er winkte ihnen zu. Eine Geste, die sie nicht erwiderten.
"Ganz schön mieses Wetter, was?", rief er dann, und als auch dieser Versuch zur Kommunikationsaufnahme unbeachtet blieb, gab er niedergeschlagen auf.

Als er wieder im Wohnzimmer war, schaltete Florentino den alten Schwarz-Weiss Fernseher ein und setzte sich auf das Sofa. Es dauerte beinahe dreißig Sekunden, bis ein Bild erschien, das allerdings nur aus hektischem Störrauschen bestand. Instinktiv wollte er nach der Fernbedienung greifen, als ihm in den Sinn kam, dass es zu diesem Kasten unmöglich eine geben konnte. Schwerfällig stand er wieder auf und ging vor dem Apparat in die Knie. Florentino drehte solange an den Metallrädchen, bis er auf ein Programm stieß. Es erstaunte ihn ein wenig, da er eigentlich nicht damit gerechnet hätte, tatsächlich eines zu finden. Doch scheinbar hatte Derken sogar daran gedacht. Florentino überlegte, ob er außerhalb der Anlage irgendwo eine Satellitenschüssel gesehen hatte. Auf den Dächern der Häuser standen jedenfalls keine.
Er versuchte das verzerrte Bild scharf zu stellen, bekam es aber nicht hin. Nur der Ton war klar.

Wir müssen uns verbarrikadieren. Wenn der Drachen im Morgengrauen angreift, wird es viele Tote geben, doch diese sind eine Nichtigkeit in Anbetracht der Zerstörung unserer Welt. Es ist jetzt von absoluter Dringlichkeit...

Florentino hörte nur noch am Rande hin. Er interessierte sich herzlich wenig für Fantasystreifen, und hätte er es doch getan, wäre es auch gleich gewesen, da er das Bild kaum erkennen konnte.
Er kramte nach seinen Zigaretten und zündete sich eine an. Wenn Derken sich nicht bald bei ihm meldete, wurde er hier drinnen noch wahnsinnig. Das war nicht seine Welt. Sollte sein Chef die Millionen doch für diesen Unsinn zum Fenster rausschmeißen. Florentino hätte sie anders verwendet. Weiss Gott, dass hätte er. Er dachte an Kuba. Vier Jahre war das jetzt her. Es kam ihm weitaus länger vor. Wie gerne wäre er zurück gekehrt. Einfach bloß raus aus diesem beschissenen Schottland, weg von Derken, der ihn nicht leiden konnte. Im Grunde verlief sein Leben augenblicklich genau gegenteilig zu seiner Wunschvorstellung und er fühlte jeden Tag mehr, wie seine Träume verschwanden, um der Routine Platz zu schaffen.
Sein Handy klingelte und sofort hatte Florentino es in der Hand und nahm den Anruf entgegen.
"Ja", sagte er.
"Hat Halling sich bei Ihnen zurück gemeldet?"
"Nein, hat er nicht. Ist er nicht bei Ihnen, Herr Derken?"
Es folgte eine kurze Pause, in die sich ein lautes Poltern mischte.
"Er ist hier nicht aufgetaucht. Inzwischen müsste er längst da sein. Allmählich bekomme ich eine Scheisswut auf diesen Mistkerl. Haben Sie seine Nummer?"
"Ja, sie müsste auf seiner Visitenkarte stehen, die er mir vorhin gegeben hat."


***


"Dann rufen Sie ihn verdammt nochmal an. Ich verliere hier meine Geduld."
Ralph trennte die Verbindung und sah auf den Frisierstuhl, den er umgetreten hatte. Eine Lehne war abgebrochen.
Aufgebracht ließ er sich auf den anderen Stuhl fallen und blickte in den Spiegel.
Achtung Gefahr! Der Drachen ist auf dem Weg, stand darauf.
"Das darf doch wohl nicht wahr sein."
Ralph lehnte sich nach vorne und wischte die Schmiererei weg. Seine Hände zitterten vor Wut und er kam in Versuchung, den Spiegel mit seiner Faust zu zerschlagen. Aber eine blutende Hand konnte er jetzt noch weniger gebrauchen, als einen selbstsüchtigen Geschäftspartner, der sich scheinbar in den Kopf gesetzt hatte, eine kleine Stadtrundfahrt zu unternehmen.
Ralph betrachtete sein Äußeres im Spiegel. Tiefe dunkle Ringe hatten sich unter seinen Augen gebildet. Eines Morgens war er aufgewacht und sie waren da gewesen. Damals hatte er noch geglaubt, es handele sich bloß um Zeichen von Überarbeitung und dass die Ringe genauso schnell wieder verschwinden würden, wie sie aufgetaucht waren. Doch sie waren geblieben und hatten im Laufe der Zeit unerbittlich an Umfang zugelegt. Was er sah, war das Gesicht eines Business-Zombies. Selbst Phantasia-City vermochte die Wunden der ständigen Aufopferung nicht zu heilen.
Von oben kam ein Geräusch.
Erschrocken stand Ralph auf und ging zu der Hintertür des Ladens. Er öffnete sie und sah an der engen Wendeltreppe hoch, die in die Privatwohnung des nicht existenten Friseurs führte.
"Hallo? Ist da jemand?"
Keine Antwort.
Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Was, wenn es gar nicht seine Wachleute waren, die für den Vandalismus verantwortlich zeichneten? Vielleicht handelte es sich um einen Obdachlosen, der über den Zaun geklettert und sich hier eingenistet hatte. Derken konnte sich diese Möglichkeit kaum vorstellen. Erstens gab es im näheren Umkreis keine Städte, oder Dörfer, aus denen so Jemand hätte kommen können und zum Zweiten waren nirgendswo, in keinem Gebäude, Lebensmittel vorhanden.
Aber wer sollte sonst dort oben sein? Ein Vogel? Nein, das Geräusch hätte viele Ursprünge haben können, aber keinen Vogel, da war Ralph sicher.
"Hallo?", rief er nochmal und erhielt wieder keine Antwort.
Unwillkürlich musste er an das Graffiti und an die Schrift auf dem Spiegel denken. Es gab keine Drachen. Natürlich nicht. Aber wenn es doch welche gab?
Vor seinem geistigen Auge sah er ein merkwürdiges Ungetüm, das in dem engen Schlafzimmer der Dachwohnung stand und bloß darauf wartete, Ralph mit seinem Feuerodem zu verbrennen, sobald er die Treppe hinaufkam.
Er zitterte am ganzen Leib. Doch längst nicht mehr vor Wut. Er hatte Angst. Ganz Entsetzliche sogar. Diese Stadt, die stets sein gewesen war, entpuppte sich plötzlich als ein Ort der Furcht. Wenn er sich nicht einmal noch hierhin flüchten konnte, dann war er verloren. Nur in Phantasia-City fühlte er sich wohl und behaglich.
Niemand besaß das Recht, ihm diese Behaglichkeit zu nehmen.
Ohne weitere Zeit mit ängstlichen Gedanken zu verschwenden, stürmte er die Treppe hoch und fand sich in der kleinen Diele wieder. Dunkelheit umgab ihn, was bedeutete, dass die Türen der beiden Zimmer verschlossen waren, aus denen die Wohnung sich zusammensetzte.
Ralph streckte seinen Arm aus und suchte nach der Schnur, die von der Glühbirne baumelte. Als er sie fand, zog er daran und unter einem klickenden Geräusch wurde die Diele in ein beruhigendes Dämmerlicht getaucht.
Zu seiner Rechten lag das Schlafzimmer und zu seiner Linken der Wohnraum. Von wo war das Geräusch gekommen?
Er entschied sich kurzerhand für die Tür zum Schlafzimmer.
Als er sie aufstieß und hereinstürmte, sah er das Fenster geöffnet. Die Hälften des Rahmens bewegten sich Sachte im Wind und ein neuer Laut drang an seine Ohren.
Ralph konnte kaum glauben, was er da sah. Eine Seilbahn, wie man sie von Kinderspielplätzen her kannte, näherte sich langsam dem Fensterbrett und erzeugte dabei dieses Brummen, das von der Reibung des Seils mit dem Mechanismus herrührte. Ein kleiner Metallsitz, von einer Mittelstange durchtrieben, die in einem silbernen Kasten mündete.
Tatsächlich erinnerte das Ganze eher an einen Skilift. Lediglich mit dem Unterschied, dass sich Tretpedale unterhalb der Sitzfläche befanden.
"Was zum Teufel..."
Ralph näherte sich dem Fenster und betrachtete fasziniert die Konstruktion, die ihn zwar begeisterte, aber dennoch definitiv nicht seiner kreativen Feder entsprungen war.
Völlig ermattet ließ er sich auf das schäbige Bett fallen, dessen Laken abscheulich nach altem Muff stanken. Schließlich waren sie noch nie gewaschen worden.
Für diesen "Lift" gab es keine plausible Erklärung. Weder seine Wachleute, noch ein Obdachloser wäre imstande gewesen, ihn zu bauen. Wo führte er hin?
Ralph ahnte es bereits, und so stand er nur deshalb wieder auf, um die Gewissheit für eine Tatsache zu erlangen, die er tief in seinem Inneren längst kannte.
Das durchscheinende dünne Seil verlief quer über die riesige Wiesenlandschaft und endete auf dem Dach des höchsten Gebäudes vom bizarren Viertel. Ralph sah es nur deshalb, weil sich auf der Silhouette des Dachs eine Art Torbogen abzeichnete, der aller Wahrscheinlichkeit nach den Zielpunkt des Seils markierte. Jedenfalls konnte er sich nicht daran erinnern, diesen Bogen je zuvor gesehen zu haben.
Zusätzliche Überlegungen erübrigten sich. Die Realität der rationalen Welt gab es nicht mehr. Diese Feststellung nahm so unverhofft Besitz von Ralph, dass er sie ohne Weiteres akzeptierte. Was in der letzten Stunde geschehen war, ließ sich nicht erklären und mit einem Rutsch in der "Schema F" Schublade verstauen.
Er kletterte auf den Fenstersims und setzte sich dann auf das harte Metall des Liftes.
Es regnet noch immer, dachte er, als er das Gebäude des Friseursalons durch den ersten Stock verließ.
Schwungvoll stieß er sich von der Wand ab und trat dann in die Pedale.


***


Halling keuchte.
Sein Fuß hatte sich in einem schmalen Spalt verfangen, der inmitten der Wiese klaffte.
Der leere Flachmann fiel ihm aus der Tasche.
"Schöne Scheiße", sagte er, als das vierhundert Dollar teure Behältnis in einer zweiten, kaum sichtbaren Erdspalte verschwand.
"Selbstmordpark hätte Derken diesen verfluchten Ort taufen sollen."
Kräftig zog er an seinem Bein, was aber nur einen stechenden Schmerz im Fuß zur Folge hatte. Langsam bekam Halling Panik. Wenn man ihn so vorfand, in dieser lächerlichen gebückten Haltung, das Bein im seltsamen Winkel von sich gestreckt, lieferte er ausreichend Gesprächsstoff für die kommenden fünf Jahre.
Um jeden Preis wollte er das vermeiden, also zog er weiter und ignorierte dabei den aufkommenden Schmerz so gut es ging. Er war froh darüber, zumindest die berauschende Wirkung des Alkohols auf seiner Seite zu haben. Doch auch die nützte ihm nicht viel, als er abrupt das Gleichgewicht verlor und nach hinten stürzte. Etwas knackte und er wusste sofort, noch bevor der unerträgliche Schmerz eintrat, dass es sein Knochen gewesen war.
"Verdammt, verdammt, verdammt!"
Gerne wäre er jetzt bewusstlos geworden, doch dafür fehlte ein gewisses Quentchen mehr. Vielleicht spielte Gott auch bloß ein Spiel mit ihm, als Vergeltungsschlag für jahrelanges Arschloch Getue. Wer wusste das schon?
Eine knappe Minute lang schrie Halling sich die Seele aus dem Leib und schloss Gott als möglichen Verursacher seiner augenblicklichen Lage somit von Grund auf aus. Und tatsächlich, die Schmerzen klangen ab. Langsam, aber konsequent.
Seine Atmung ging immer noch schnell, aber ansonsten war es auszuhalten.
In seiner Manteltasche vibrierte wieder das Handy. Das hatte es vorhin schon getan, bevor er in diesen dummen Spalt getreten war. Er hatte den Anruf nicht angenommen und wenn er es jetzt tat, dann war der Gesprächsstoff unvermeidbar da. Andererseits machte er sich keine große Hoffnung mehr, dieser Falle selbständig entkommen zu können und außerdem beruhigte ihn der Gedanke daran, der Beerdigung seiner Halbschwester absagen zu können.
"Halling."
"Hallo Mister Halling. Florentino hier. Ich habe vor wenigen Minuten mit Herrn Derken gesprochen und dieser schien mir ziemlich aufgebracht zu sein. Eben sind Sie nicht an ihr Mobiltelefon gegangen. Wo sind Sie denn jetzt gerade?"
Halling holte tief Luft, ehe er antwortete.
"Hören Sie. Ich stecke in der Klemme und das wortwörtlich. Ich bin zu Fuß in Richtung dieses seltsamen Stadtteils und..."
"Aber Sie hatten sich doch einen Wagen genommen?"
"Ja ja, der Wagen. Der ist hinüber. Ich befinde mich inmitten einer großen Rasenlandschaft, vielleicht einen Kilometer von dem Haus entfernt, in dem ich vorhin auf Toilette...in dem wir vorhin waren, und ich stecke in einer Spalte fest."
Halling zauderte einen Moment und hoffte auf einen sorgenvollen Kommentar seines Gesprächspartners. Doch der sagte vor scheinbarer Verblüffung überhaupt nichts.
"Ich habe mir den Fuß gebrochen", fügte Halling schließlich dümmlich hinzu.
"Das ist ja furchtbar", erwiderte Florentino noch dümmlicher.
"Hören Sie. Ich will nicht, dass das an die große Glocke gehängt wird. Sie sind doch direkt am Tor und auf dem Landeplatz gibt es doch sicher einen Arztraum, oder so etwas. Können Sie mich bitte schnell hier abholen?"
Es trat eine Pause ein, die sich viel zu sehr in die Länge zog.
Halling sah auf das Display seines Handys und stellte fest, dass die Verbindung getrennt worden war. Die Akkuleistung stand bei fast einhundert Prozent, aber die Netzverfügbarkeit ging auf null zu.
"Verdammtes Europa", fluchte er und steckte das Gerät weg.
Resigniert verschränkte er die Arme hinter seinem Kopf und trauerte um sein verloren gegangenes Ego. Niemand konnte ihn leiden. Noch nichtmals dieser Speichellecker Florentino. Was war bloß aus ihm geworden?
Ein Quietschen riss ihn aus seinem Selbstmitleid.
"Mein lieber Mister Halling. In was für einer misslichen Lage befinden wir uns denn da?"
Erschrocken sah er sich nach der Herkunft der Stimme um, die ganz eindeutig Derken gehörte.
"Ich bin hier oben."
Halling legte den Kopf in den Nacken und sah seinen "Gastgeber" über sich schweben. Unwillkürlich kam ihm "Karlsson auf dem Dach" in den Sinn. Ein Film, den er als Kind gesehen hatte. Erst bei genauerer Betrachtung erkannte er das dünne Seil, an dem der Sitz befestigt war, von dem aus Derken ihm zuwinkte.


***


"Was machen Sie denn da unten?"
Halling hielt sich die flache Hand über die Augen, als würde ihn die Sonne blenden. Dabei regnete es noch immer ununterbrochen aus dem wolkenverhangenen Himmel.
"Die Frage sollte eher die sein, was Sie dort oben treiben."
Ralph lachte.
"Ich fahre auf der Seilbahn, das ist doch offensichtlich. Die Frage ist nur, wo dieses verdammte Ding plötzlich herkommt. Sie kennen nicht zufällig die Antwort?"
"Mein Fuß ist gebrochen", kam es von unten zurück.
"Ja, und einer der Oldtimer ist Schrott. Ich habs vorhin von hier aus gesehen. Wissen Sie, von hier oben hat man einen grandiosen Ausblick über Phantasia-City."
"Ich hänge fest", quängelte Halling weiter.
Ralph lachte lauter. Niemals zuvor hatte er sich so gut wie in diesem Moment gefühlt. Es war seltsam. Je kräftiger er in die Pedale trat und sich dem bizarren Viertel näherte, umso mehr schienen seine Sorgen und Ängste zu verblassen.
"Wissen Sie eigentlich, dass Sie ganz erbärmlich aussehen, wie Sie in diesem Loch da fest stecken? In meine Stadt eindringen und Sachen kaputt machen, dass liegt Ihnen offenbar. Aber eine gute Figur abgeben, da sind Sie nicht der Typ für."
"Was reden Sie da für einen Unsinn?", brüllte Halling zu ihm hinauf.
"Oh, kein Unsinn. Ich bin auf der Suche nach Vandalen, die hässliche Graffitis hinterlassen. Wenn Sie das Unsinn nennen, haben Sie den Ernst der Lage scheinbar noch nicht erkannt."
Ein lautes, unmenschliches Brüllen mischte sich in die seltsame Unterhaltung der zwei Männer und ein gigantischer Schatten huschte in Sekundenbruchteilen über die Wiese hinweg.
"Was war das?", fragte Halling erschrocken. Sein linker Arm brannte. Scheinbar hatte er diesen Umstand noch nicht realisiert.
"Das war der Drachen", entgegnete Ralph.
Halling brach in Panik aus, als er das Feuer sah, das sein Fleisch verbrannte. Er empfand keinerlei Schmerz dabei, als wäre das nicht sein Arm, der da in den Flammen knisterte. Er stieß einen grellen Schrei aus und wedelte aufgebracht mit ihm herum.
"Aber aber, mein lieber Mister Halling. Wer wird denn gleich wie ein kleines Mädchen schreien?"
"Sie sind doch total durchgeknallt. Sie sind wahnsinnig. Was zum Teufel war das gerade?"
Hallings Arm brannte nicht mehr. Dichter Rauch stieg von ihm empor und ein auf perverse Art und Weise angenehmer Grillgeruch lag in der Luft.
Ralph blickte in den Himmel und sah einen riesigen Körper, an dessen Seiten sich zwei meterlange Schwingen befanden. Das Geschöpf flog auf die Häuserschluchten des bizarren Viertels zu. Als er wieder nach unten sah, erkannte er Halling, der sich den verkohlten Stumpen hielt, der einmal sein linker Arm gewesen war. Die Rasenfläche um ihn herum war angesenkt.
Ralph massierte sich die Schläfen. Er hatte keine Ahnung, was gerade mit ihm geschehen war. Hatte er den Drachen gesteuert? Es kam ihm so vor, auch wenn die Erinnerung an die letzten Minuten schnell verblasste.
"Alles in Ordnung mit Ihnen?", rief er schließlich zu Halling hinunter.
"Lecken Sie mich am Arsch."
"Hören Sie, ich weiss nicht, was gerade..."
"Sie sollen mich am Arsch lecken."
"Warten Sie, ich komme runter."
Er versuchte, die Pedale in die entgegengesetzte Richtung zu treten, aber die blockierten. Er kam nicht mehr zu dem Friseursalon zurück, stellte er fest, und mit einemmal überkam ihn Panik. In einiger Entfernung lag der kleine Torbogen, in den das Seil mündete. In beinahe zwanzig Metern Höhe, auf dem Dach des höchsten Gebäudes der Stadt. Ralph dachte an die Kreatur, die er gerade gesehen hatte.
Er wollte da nicht hin. Kurz überlegte er, einfach abzuspringen, doch die Wiese befand sich - soweit er das abschätzen konnte - fast zehn Meter unter ihm. Selbst wenn er den Sturz überlebt hätte, wäre an ein Leben außerhalb des Rollstuhls danach nicht mehr zu denken gewesen.
"Hören Sie Halling, ich komme nicht zurück. Rufen Sie Florentino an. Der soll Hilfe holen."
"Ich habe kein Netz mehr. Oh Gott mein Arm. Mein Arm!"
Ralph griff nach seinem eigenen Handy. Mit zitternder Hand zog er es aus der Tasche und ließ es fallen.
"Verdammt", fluchte er.
"Derken, was machen Sie da oben bloß? Ich bin ein Krüppel, sehen Sie mich an, und Sie lassen ihr gottverdammtes Telefon fallen."
"Es tut mir Leid."
"Mehr fällt Ihnen dazu nicht ein? Ich verrecke hier unten."

Erneut war dieses grauenvolle Brüllen zu hören. Ralph bekam eine Gänsehaut.
Vor ihm lag das bizarre Viertel. Im Traum hatte er es gesehen, und in der Realität war es nach seinen Anweisungen gebaut worden.
Stets hatte ihn dieser Ort fasziniert, doch nun plötzlich fürchtete er sich vor ihm.
Ohne noch lange nachzudenken, trat er in die Pedale und setzte seine Fahrt fort.
"Ich komme wieder", rief er Halling zu, als er sich in Bewegung setzte.


***


Das Gespräch war unterbrochen worden.
Florentino sah auf das Display und erkannte, dass er kein Netz mehr hatte. Vielleicht gab es eine Störung bei der Richtantenne, die Derken auf dem kleinen Flugplatz hatte aufstellen lassen. Halling hatte zuletzt gesagt, dass er fest stecke. Danach war die Verbindung weg gewesen.
"Schöner Schlamassel", sagte Florentino zu sich selbst.
Er ging zu dem Fernseher...
Bald schon wird die Zivilisation im Schlund des Feuers versinken. Wir müssen uns bereit machen, Gegenwehr zu ergreifen.
...und schaltete ihn aus.
Der Regen draußen wurde stärker. Laut prasselten die Tropfen gegen die Scheiben des Wohnzimmers.

Florentino schloss die Tür hinter sich und sah in Richtung des Tores. Die beiden Wachen von vorhin waren verschwunden. Er lief auf die breiten Gitterstäbe zu und spähte zwischen ihnen hindurch. Etwas abseits lag das Wachhäuschen. Hinter dem trüben Glas ließ sich keinerlei Bewegung ausmachen.
"Hallo, hört mich jemand?"
Florentino erhielt keine Antwort, aber ihm kam der Schalter in den Sinn, der sich neben dem Tor befand. Er hatte ihn beiläufig wahrgenommen, als er mit Halling zusammen das Gelände betreten hatte. Er wusste zwar nicht, ob es sich bei ihm tatsächlich um eine Klingel handelte, aber ein Versuch schadete nicht.
Er drückte auf das runde Metall. Nichts geschah.
"Verdammt!"
Ein Grollen erklang und er fragte sich, weshalb er keinen Blitz gesehen hatte. Noch viel bohrender gab sich allerdings die Frage danach, ob das gerade tatsächlich ein Gewittergrollen gewesen war.
Vielmehr hatte es nach einem fernen, bestialischen Brüllen geklungen.
Unwillkürlich musste Florentino sich schütteln. Seine Nerven gingen mit ihm durch. Er hatte das Licht des Blitzes schlichtweg übersehen. Auch, wenn das eigentlich unmöglich war, akzeptierte er diese Möglichkeit und beruhigte sich etwas.
"Hallo", rief er wieder. Nichts. Als wären alle mit einemmal verschwunden.
Wütend stieß er seine flache Hand gegen den Zaun. Heute lief einfach alles schief.
Der elektrische Mechanismus dröhnte kurz und das Tor öffnete sich.
"Na also", sagte Florentino, während er sich seine schmerzende Hand rieb.
Als er das Gelände verlassen hatte, sah er sich um. Hier draußen war noch immer niemand zu sehen. Vermutlich hatte sich das Wachpersonal doch in das Häuschen zurückgezogen, obwohl er hinter dem Glas nichts erkennen konnte. Florentino klopfte an die Tür und stellte fest, dass sie nur angelehnt war.
Drinnen befand sich ein kleiner Holztisch, der von vier leeren Stühlen umgeben war. Ein Kühlschrank stand in der Ecke und auf ihm ein klobiges Radio, das gerade einen Song von "Barry Ryan" spielte.
Wo zum Teufel ist die ganze Meute abgeblieben, fragte er sich.
Florentino verließ das Häuschen wieder und sah in Richtung des Flugplatzes, der in einiger Entfernung von ihm auf einem abgeflachten Hügel lag. Dort befand sich das Haupthaus. Einen Radarturm gab es nicht, da hier ausschließlich kleine Privatmaschinen landeten und das zudem nur selten.
Keuchend rannte er den schmalen Schotterweg entlang. Bereits nach wenigen Metern sah er, dass etwas nicht stimmte. Hallings Cessna war auf die Seite gekippt und qualmte. Die Frontwand des Haupthauses war rußgeschwärzt.
Florentino blieb stehen und dachte nach. Hatte es eine Explosion gegeben? Vielleicht daher das Grollen. Doch aus dieser geringen Distanz hätte irgendein Geräusch nachhallen müssen. Und wo war das Wachpersonal?
Als er die abgeknickte Antenne auf dem Dach des Gebäudes sah, klärte sich für ihn zumindest die Frage nach der Ursache des Netzverlustes.
Während er weiter mit sich haderte, was als Nächstes zu tun sei, huschte plötzlich ein riesiger Schatten seitlich über ihn hinweg. Instinktiv ließ Florentino sich auf den Boden fallen und blickte in den Himmel.

Was er sah, faszinierte ihn.
Was er sah, machte ihm Angst.

Was er dann sah, war ein breiter Streifen ausgespiehener Flammen, die sich wie ein todbringendes Meer über das Wäldchen nahe dem Landeplatz ergossen.
Der Drachen drehte eine majestätische Runde und gewann anschließend mit einem einzigen kräftigen Flügelschlag enorm an Höhe. Sein langgezogener, urzeitlicher Kopf war nach unten gerichtet und mit seinen Augen suchte er; suchte er Leben, das er vernichten konnte. Er stieß einen Schrei aus, der Florentino durch Mark und Bein ging. Dann flog der Drachen in die Richtung seines ausgespähten Opfers, das völlig perplex auf den Boden gekauert lag. Leichte Beute.
Unfähig sich zu bewegen, beobachtete Florentino die Bestie dabei, wie sie auf ihn zukam. Mit einem lauten Stampfen setzte sie auf und armlange Klauen gruben sich in den Schotter neben seinem Kopf. Die smaragdgrünen Augen des geflügelten Jägers erwiderten Florentinos Blick. Der Drachen atmete schnaufend aus und es roch nach gammligem Fleisch.
Aber er tötete ihn nicht. Er hielt ihn lediglich gefangen.
Florentino hörte Stimmen, die von dem Landeplatz herrührten und sich schnell näherten. Er war sich nicht sicher, ob es menschliche Stimmen waren. Zumindest redeten sie in einer fremden Sprache. Einen Augenblick kam er in Versuchung, den Kopf zur Seite zu drehen. Doch er konnte und wollte den Blickkontakt mit dem Drachen nicht verlieren. Nicht, weil er sich davor fürchtete, Schwäche zu zeigen und doch noch getötet zu werden. Nein...in den Pupillen dieser Kreatur lag etwas so Altes und zugleich Bekanntes, dass es einem Sakrileg gleich gekommen wäre, sich dieser beeindruckenden Kraft zu entziehen.
Die Verursacher der Stimmen mussten - ihrer Lautstärke entsprechend - nun direkt neben ihm stehen.
Mit einemmal wurde es still.
Der Drachen wandte seinen Blick indess nicht eine Sekunde lang ab, sondern sah ihn ununterbrochen an. Es war beinahe beruhigend.
Florentino spürte, wie sich ihm jemand von der Seite näherte.
"Bald schon wird diese Welt wieder so sein, wie sie es vor euch Eindringlingen gewesen ist. Bete für Terra, wenn du überleben willst", flüsterte eine unnatürlich krächzende Stimme in sein rechtes Ohr.
Es folgte ein schwerer Schlag gegen Florentinos Stirn, und dann kam die Dunkelheit.


*** DAS BIZARRE VIERTEL ***


Ralph hielt sich die Arme in die Seiten und keuchte laut. Er fühlte sich wie nach einem Marathonlauf. Seine Beine schmerzten und Schweiss lief ihm am ganzen Körper herab.
Mit einem klickenden Geräusch rastete der Lift in dem kleinen Kasten am Torbogen ein und Ralph stieg ab.
Hier oben war es fast harmonisch. Zumindest, wenn man nicht an riesige Ungeheur dachte, die man noch vor wenigen Minuten selbst gesehen hatte, und wenn man den Blick vom Dach aus über die weitläufige Wiesenlandschaft schweifen ließ, anstatt über die seltsamen Gassen dieses ganz besonderen Stadtteils.
Wann war er zuletzt hier gewesen? Es mussten Monate vergangen sein.
Hätte sich die momentane Situation nicht so bedrohlich gegeben, wäre er froh darüber gewesen, seine Zeit hier verbringen zu dürfen.
Doch so ging es ihm schlecht.
Halling vegetierte kraftlos vor sich hin und seltsame Wesen flogen am Himmel herum.

Er musste...Ralph musste...ja, was musste er denn überhaupt? Warum war er hier?
Wegen diesem quängelnden Halling bestimmt nicht, und Florentino konnte ihn sowieso am Arsch lecken. Phantasia-City war ganz allein seinem Vorstellungsvermögen entsprungen und niemand besaß das Recht, sich ohne Erlaubnis hier einzufinden.
Ralph schlenderte vergnügt über das Dach des Gebäudes.
Ein Aufbau, einer kleinen Besenkammer im Nirgendswo gleich, ragte aus dem flachen Betonboden heraus. Ralph öffnete die Tür, die in den morschen Holzrahmen eingelassen war und betrat das Treppenhaus.
Im vierten Stock verharrte er vor einem scheibenlosen Fenster, das eine grandiose Sicht über das bizarre Viertel bot.
So eine Art London des neunzehnten Jahrhunderts; nur um einiges grotesker. Zwischen den engen und unübersichtlichen Straßenschluchten, in denen "Jack the Ripper" sich nur so ausgetobt hätte, waren unzählige Wäscheleinen aufgespannt, an denen seltsame Kleidungsstücke hingen, die Ralph extra hatte anfertigen lassen, um dem trostlosen Eindruck dieses Ortes zusätzliche Nachhaltigkeit zu verleihen. Ja, er hatte ganze Arbeit geleistet. Jedes noch so kleine Detail war in seiner akribischen Planung berücksichtigt worden. Er war ein Meister der dunklen Phantasie; ein Schöpfer des Abstrakten.
Doch nun wartete man auf ihn.
Er verließ das Gebäude und atmete aus vollen Zügen die trostlose Luft einer niemals dagewesenen, verärmten Bevölkerungsschicht ein.
Hier, im Schaffenszentrum seiner Glanzzeit, fand er sich problemlos zurecht.
Ralph bog in enge Hintergassen ein, kletterte über rostige Tore und kürzte den Weg zusätzlich ab, indem er ganze Wohnbarracken durchquerte, um die verwinkelten, schlangenartig gewundenen Pfade zu umgehen.

Schließlich hatte er das halb eingefallene Haus erreicht, dessen zerstörter Eingang vom Schutt begraben, nur eine Illusion darstellte.
Ralph kroch durch den schmalen Einlass, der sich zwischen einem der mit Brettern zugenagelten Fenster befand. Drinnen war es düster.
Ohne darüber nachzudenken, kletterte er über die herumliegenden Trümmer und blieb vor der hinteren Wand stehen. Einer der Backsteine ließ sich eindrücken, woraufhin sich knarrend eine Luke öffnete, die in den versteckten Kellerraum hinabführte. Diesen hatte er nicht entworfen, obwohl er plötzlich wusste, dass es ihn gab; ihn geben musste. Denn - auch das war ihm inzwischen zu Bewusstsein gekommen - ohne diesen Raum hätte die gesamte Stadt keinen Sinn gehabt.
Die Holzplanken der Treppe knarrten unter seinen Füßen und Ralph genoss jeden einzelnen dieser Laute.
Der Raum selbst war nicht besonders groß. Die rötlichen Steinwände und der sandige Boden wurden von einer Glühbirne in ein behelfsmäßiges Licht getaucht. Das auf die Erde gezeichnete Symbol war noch unvollständig. Ralph hatte sich seine Form anders vorgestellt, und so war er etwas enttäuscht, als er es sah. Ein großer Kreis, mit einigen fremden Schriftzeichen in der Mitte. Es bestand nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem Pentagram. Wie eingeschränkt sein Verstand doch war.
"Maltodave", begrüßte Ralph die Wesen, die sich hier versammelt hatten. Ihre wirkliche Gestalt ließ sich unter den breiten Kutten kaum ausmachen, aber sie erinnerte entfernt an die eines Menschen. Die Gesichter der Wesen waren in den Schatten ihrer langen Kapuzen verborgen.
Ralph wusste nicht, ob er das Wort korrekt ausgesprochen hatte, da seine Stimmbänder sich von denen der Versammelten unterschieden.
Dennoch wurde sein Gruß erwidert.
"Maltodave. Skek nenie ud Tslliw!", krächzte das größte der Wesen, an dessen Kapuze ein merkwürdiger Gegenstand angebracht war. Vermutlich handelte es sich um den Priester. Ehrfurchtsvoll ging Ralph in die Knie und schloss seine Augen.

Und dann plötzlich, war er wieder er selbst.
"Was ist hier los?", wollte er wissen, während er schnell wieder aufstand.
Die Gestalten in den Kutten blickten sich gegenseitig an.
"Er ist erwacht", sagte eine von ihnen schließlich.
"Das ist nicht schlimm. Er wird lernen, damit umzugehen."
Ralph spürte die aufkommende Panik in sich. Da war Halling gewesen, der in diesem merkwürdigen Spalt festgesteckt hatte. Soweit konnte er sich noch erinnern. Aber was war danach geschehen?
"Du bist ein Mensch", brüllte das größte der Wesen plötzlich.
"Du lebst, weil du uns diese Stadt gebaut hast; weil du und deinesgleichen viele Dinge bauen. Wir haben es überall versucht. In allen Metropolen, aber eure Regierungen sind wachsam. Hier haben wir die Ruhe, die wir benötigen."
Oh mein Gott, es sind tatsächlich keine Menschen!
Die Wesen lachten in einem grauenvoll verzerrten Tonfall.
"Nein, wir gehören nicht zu eurer Brut. Auch wenn wir alles über euch wissen, sogar eure Gedanken kennen wir. Willst du sehen, was wir sind?"
Fast gleichzeitig ließen die Kreaturen ihre Kutten fallen und Ralph schrie. Als auch das nicht half, hielt er sich seine Hände vor die Augen und wimmerte wie ein kleines, verängstigtes Kind. Er spürte einen sanften Druck auf seiner Schulter.
"Eure Vorfahren haben uns unsere Welt genommen. Rache ist keine ehrbare Eigenschaft, ich weiss das. Doch wie würdet ihr Menschen handeln, wenn man euch tausende Jahre lang von der Oberfläche des eigenen Planeten zu einem Leben im Untergrund verdammt hätte? Würde es euch dann nicht auch nach Rache lüsten?"
Unfähig noch etwas zu sagen, schmiegte Ralph sich an die bizarre Brust des Wesens und weinte. Eine riesige Klaue streichelte tröstend über seine Haare und riss dabei unzählige kleine Wunden in seine Kopfhaut.
"Es ist ja gut. Nicht weinen. Wenn alles erst vorbei ist, dann wirst du irgendwie gerettet werden."
"Aber was seid ihr?", fragte Ralph mit tränenerstickter Stimme.
"Zuerst sollst du wissen, was du bist. Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung. Ich hoffe es zumindest."
"Was bin ich denn?"
"Ein Parasit bist du, mehr Ahnung haben wir auch nicht. Von einer Sekunde auf die andere wart ihr da, und habt euch in unseren Köpfen eingenistet. Danach sind wir in einen langen, albtraumhaften Schlaf gefallen. Wenn diese Nacht zuende ist, werden wir aufwachen und ihr werdet auf diesem Planeten nicht mehr existieren."
"Was soll das heißen?"
Das Wesen stieß seine Klauen in Ralphs Augen und schleuderte ihn nach hinten.
"Mein Gott, meine Augen!"
"Sei still! Bringt die Beiden anderen herein."
Ralph hörte lautes Getrampel und das Knarren der Treppenstufen, das er von vorhin noch vage in Erinnerung hatte.
"Halling und Florentino. Ihr werdet nun frei sein. Könnten wir euch doch bloß vernichten", krächzte das Wesen, und es folgte ein Geräusch, das Ralph an zerberstendes Holz erinnerte. Er wusste, dass es Knochen waren.
"Bitte, bitte, bitte", flehte er.
Er wurde hart am Kopf gepackt und auf den Boden geschmissen.
"Vervollständige das Zeichen!"
"Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll."
"Das brauchst du auch nicht. Vervollständige einfach."
Und dann, im Sterben begriffen, erkannte er die wahre Bedeutung seiner Odyssee.


*** Auf langer Reise ***


Überall Schwärze.
Tiefste Finsternis umgab die Wesen, die rastlos durch die Ewigkeit reisten. Von diesem blauen Planeten waren sie nach langer Zeit vertrieben worden.
Wie es immer geschah.
Der kleine Lichtfunken sah sich nach seinen Artgenossen um. Milliarden waren es, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg, eine neue Heimat zu finden.
Die Gedanken an bizarre Drachen, die lange Depressionen und Greuel durchlebt hatten, hörten langsam auf zu existieren.
So vergaß auch der Lichtfunken den Umstand, das er dafür verantwortlich gewesen war, sich und seinen Clan verraten zu haben.
Bloß ein Wort kannten diese kosmischen Irrlichter. Mensch
Vor Äonen hatten sie den Menschen, weit draußen im Universum, Albträume bereitet. Es waren ihre eigenen Träume gewesen.
Anschließend hatten sie sich auf die Suche begeben.
Suchen.
Suchen.

Für immer und ewig. Das war ihr Zweck.

Die Lichtfunken begaben sich erneut auf den Weg, während der Mensch von der Erde verschwunden war.

 

Hi Lukas!

Deine Kritik ist wirklich niederschmetternd. Ich glaube sogar, es ist die Schlechteste, die ich jemals bekommen habe.
Was sagt mir das?

Erstens: Mein Versuch, eine lange Geschichte zu schreiben, bei der die reine Unterhaltung im Vordergrund steht, ist gründlich fehlgeschlagen.

Zweitens: Einmal mehr habe ich den Schluss zu übereilt geschrieben.

Wie du richtig erkannt hast, ist mir die Geschichte wirklich ans Herz gewachsen. Sie ist innerhalb einer Woche entstanden (was nach meinem Maßstab eine lange Zeit ist) und ich habe sie während des Schreibens um viele spontane Elemente erweitert (die Seilbahn, die Drachen, etc.). Dadurch habe ich den roten Faden ein wenig verloren.
Allerdings hielt ich sie trotzdem für gut, wenn ich mit dem Ende auch unzufrieden bin.
Als ich deine Kritik gelesen habe, war ich echt geschockt. Aber natürlich kann ich dir deine Meinung nicht übel nehmen. Im Gegenteil: durch deine offene Art hast du mir gnadenlos die Schwachstellen der Geschichte aufgezeigt.
Bleibt mir also nicht anderes übrig, als es beim nächsten Mal besser zu machen, wobei ich natürlich für weitere Meinungen sehr dankbar wäre.

Viele Grüße

Cerberus

P.S. Dieser kindliche Witz hat nicht das Geringste mit dem Text zu tun. Ehrlich gesagt habe ich überhaupt nicht gedacht, das er jemandem auffällt. Dumm gelaufen.

 

Hi Cerb!

Ich glaube sogar, es ist die Schlechteste, die ich jemals bekommen habe.
Dann wart mal ab, wie meine wird, hehe. Ne :-)

Jurassic Park meets Herrschaft des Feuers, hm?

Erste Frage: was hat der Titel mit der Geschichte zu tun? Egal.

Ich muss sagen, ich bin sauer. Zwar nur ein wenig, weil ich sowas ähnliches eigentlich erwartet habe, aber trotzdem. Die Geschichte ist lang, und es dauert ne Zeit sie am Monitor zu lesen; daher hat mich dieser vollkommen nichtssagende Schluss sehr verärgert. Ich hatte mit deinen früheren Geschichten schon Schwierigkeiten ... aber das? Und vor allem bin ich sauer, weil deine Geschichte so vielversprechend begonnen hat!

Ich muss zugeben, ich war Anfangs gefesselt. Die Idee mit der Stadt schien mir neu und unverbraucht und meine Fantasie malte sich schon den feinsten Horror aus. "Das bizarre Viertel" ... wow, ich war gespannt was mich da erwarten würde. Vielleicht irgendwas Richtung Lovecraft oder "Crouch End" von Stephen King. Dann kam die Sache mit dem Drachen ... und meine Hoffnung war dahin. Den Feuerspeier würde ich dir ja noch verzeihen, aber was soll das dann mit diesen seltsamen Wesen? Warum hausen sie in einer Stadt, die eigentlich nur Kulisse ist? Wie hängen die Wesen mit dem Drachen zusammen? Was soll das mit dem Pentagramm? Was soll dieser (sorry für den Ausdruck) total schwachsinnige Schluss aussagen? Hat er eine tiefere Bedeutung? Lichtfunken?

Du siehst: ich habe anscheinend nichts kapiert, was du damit aussagen wolltest. Und das, obwohl ich sehr aufmerksam (und Anfangs sehr interessiert) gelesen habe. Mann, da wäre so viel Potential drin gewesen, wenn die Geschichte nicht plötzlich eine vollkommen andere Richtung einschlagen würde.

Deinen Geschichten merkt man deutlich an, dass du hauptsächlich für dich selbst schreibst. Du scheinst dich nicht groß darum zu kümmern, ob deine Leser "mitkommen" oder nicht. Gut, du kannst das natürlich halten wie du willst, aber willst du diese Ratlosigkeit auch bezwecken?

Sprachlich hast du das gut gemacht, die Dialoge sind teilweise richtig super und knackig, an anderen Stellen leider etwas realitätsfern.

Die Geschichte balanciert für mich ein wenig auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn, ich hoffe du kannst was mit meiner Kritik anfangen.

Fehler / Details:

geisterhaftes Meer um sie herumwaberten.
um IHN, oder? Sonst ist ja niemand da

Herr Derken
Der gute Mann ist doch Brite, also Mr. Derken, oder ist er ein Deutscher?

Warum sollte ein Geschäftsmann wie Halling (der offensichtlich vorhat, Derken in den Arsch zu kriechen), plötzlich abhauen, ohne Florentino bescheidzugeben?

Zusätzliche Überlegungen erübrigten sich. Die Realität der rationalen Welt gab es nicht mehr. Diese Feststellung nahm so unverhofft Besitz von Ralph, dass er sie ohne Weiteres akzeptierte.
m.M.n. ein Schwachpunkt deiner Geschichte. Warum sollte ein (wenn auch exzentrischer) Milliardär derat handeln? Würde er nicht das Wachpersonal, oder zumindest Florentino verständigen? Würde er sich wirklich selbst die Finger schmutzig machen? Für den Leser ist zu diesem Zeitpunkt nämlich noch alles ziemlich rational, im Gegensatz zu Derken.

So, dann kommt die Stelle, an der der Drache Hallings Arm bruzelt. Mal unter uns: wer zum Teufel würde NICHT vor Schmerz heulen, wenn sein Arm verbrennt? Und Halling stört sich nicht sonderlich daran, sondern gibt Kommentare wie "Lecken Sie mich am Arsch"??? Auch wenn's eine Fantasie-Story ist, aber so viel Realismus muss sein!

Doch so ging es ihm schlecht.
Halling vegetierte kraftlos vor sich hin und seltsame Wesen flogen am Himmel herum.
dies ist vollkommen überflüssig, hau es weg

Und dann plötzlich, war er wieder er selbst.
Hm, du hättest dem Leser mehr Hinweise geben sollen, dass er vorher NICHT er selbst war. Denn in den vorangehenden Sätzen scheint er sich ja noch gut erinnern zu können

Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung.
Argh! Dieser Satz aus dem Mund eines uralten Wesens, dass nichts mit einem Menschen gemein hat?

Fazit: anfangs enorm verlockend, lässt auf mehr hoffen. Der Schluss ... ja, der liebe Schluss...

Viele Grüße
Mike

 

Hallo Cerberus!

Vielleicht muss man ein ausgesprochener C.-Fan sein, um diesen Text zu mögen.

Ich nehme für mich in Anspruch, ihn verstanden zu haben, zumindest in weiten Teilen. Auch wenn die Grundaussage für ziemlich genial ist, bleibe auch ich ein wenig ratlos, ein bisschen verärgert zurück.
Der Text hat zweifelsohne eine surreale Note. Die Idee mit dem Lift über diese Art Freizeitpark, von der aus man sogar Menschenverbrennungen erleben darf, hat was von...Kästners Kinderbücher? Dieses Unbekümmerte.

Die Idee natürlich mit dieser Pappstadt, neu, tatsächlich. Aber von dir gibt es die Story im Einkaufszentrum, in dem plötzlich alle Menschen bis auf einen abhanden kommen. Dieselbe Atmosphäre.

Der Drachen war tatsächlich für Gutmeinende - lustig. Die Dialoge waren teilweise bizarr, sehr schön manchmal.

Der Schluss, ich las heraus, dass diese lovecraftschen Wesen, die du nicht die Muse hattest vernünftig zu charakterisieren, dass diese Wesen also die ursprünglichen Bewohner hier waren und nur erscheinen wenn die Menschen nicht wachsam sind. In den normalen Städten gelingt es ihnen nicht, aber da erscheint Ralph und erbaut eine leere Stadt und zieht die Wesen damit an. Unterbrich mich, wenn ich falsch liege!

Also, wie gesagt, mir hat sie recht gut gefallen, nicht umwerfend, wir sind besseres gewohnt von dir. Und wenn du dir endlich einen Kopf machen würdest um die Enden! Bitte!

Ach ja, kürzen wäre nicht schlecht hier bei diesem Text. Du hast hier so langatmig geschrieben, wie sonst nie!

Viele Grüße von hier!

 

Hi Cerb

Ich finde deine kg gar nicht so schlecht. Das verlassene Dorf strahlt schon eine unheimliche Atmosphäre aus. Auch die Figuren finde ich durchaus gelungen. Nur den Drachen würde ich schnell wieder verschwinden lassen. Der ist einfach zu sehr fantasybehaftet, als dass man ordentlichen Horror damit hinbekäme. Also praktisch das falsche Genre.

Diese Wesen könntest du ruhig drin lassen. Nur sollten die unheimlichen Veränderungen schon früher einsetzten und nicht erst am Ende so dicht gedrängt wirken.

Dass mit dem Fernseher fand ich nicht schlecht. Ist ja immer unheimlich solche verzerrten Warnungen zu bekommen.

"Maltodave. Skek nenie ud Tslliw!", krächzte das größte der Wesen
Naja, 'willst du einen Keks' ist nicht unbedingt das unheimlichste, selbst wenn es rückwärts gesprochen ist. ;)

Insgesamt würde ich sagen, dass in dieser story einiges an Potential liegt, von dem du dich irgendwie hast ablenken lassen.

Grüße
Texter

 

Hi!

@Mike

Erste Frage: was hat der Titel mit der Geschichte zu tun? Egal.

Hmmm...das wohl größte Problem bei dieser Geschichte ist, dass ich anfangs mit einem völlig anderen Plot im Kopf begonnen habe. Der Titel gehört noch zu der ursprünglichen Version. Ich habe schlichtweg nicht mehr darüber nachgedacht, ihn zu ändern.

Dann kam die Sache mit dem Drachen ... und meine Hoffnung war dahin.

Was habt ihr eigentlich alle gegen meinen Drachen einzuwenden? :D
Also mir gefiel die Idee. Am entscheidenden Wendepunkt des Textes, nämlich dort, wo Ralph das Graffiti auf der Wand erkennt, habe ich lange überlegt, ob es tatsächlich Drachen sein sollen, aber dann dachte ich: Ist mal was anderes.
Naja, ist wohl eher weniger gut angekommen.

Warum hausen sie in einer Stadt, die eigentlich nur Kulisse ist? Wie hängen die Wesen mit dem Drachen zusammen? Was soll das mit dem Pentagramm? Was soll dieser (sorry für den Ausdruck) total schwachsinnige Schluss aussagen? Hat er eine tiefere Bedeutung? Lichtfunken?

1. Die Stadt hat Ralph unbewusst für diese Wesen errichten lassen, damit sie ihre Ruhe haben. Das wird in der Geschichte auch explizit erwähnt.
2. Keine Ahnung. Irgendwelche "Ureinwohner" der Erde halt, wie unsere Elephanten oder Haie.
3. Es gibt kein Pentagram. Ralph ist enttäuscht, weil er sich das Zeichen wie eines vorgestellt hat, es aber in der Zeremonie dann völlig anders aussieht.
4. + 5. + 6. Hanniball hat das Ende genau richtig interpretiert. Allerdings muss ich zugeben, hier wieder totale Scheiße gebaut zu haben. Ich ärgere mich wirklich über den Schluss, der weitaus besser hätte sein können. Was diesen (wichtigen) Punkt angeht, habe ich noch immer nicht ausgelernt. Zwar schreibe ich in letzter Zeit öfter Geschichten mit einem "vernünftigen" Ende, doch trotzdem passieren mir immer noch solche Ausrutscher. Ich arbeite unentwegt daran, mich zu zügeln, aber das ist gar nicht so einfach für jemanden, der auf so abgedrehte Sachen steht. Aber ich arbeite ganz ernsthaft dran, weil es mich ja mittlerweile selbst ärgert.

Deinen Geschichten merkt man deutlich an, dass du hauptsächlich für dich selbst schreibst.

Hier möchte ich ganz energisch widersprechen. Es tut mir leid, wenn du so denkst, denn so ist es nicht. Im Gegenteil: Meistens bin ich derart gespannt auf Kritik, dass ich es kaum erwarten kann, meine Geschichten zu posten, weshalb dann gelegentlich auch der Schluss darunter leidet. Es liegt mir viel daran, dass anderen gefällt, was ich schreibe. Würde ich nur für mich selbst schreiben, dann hätte ich diese Seite hier nicht nötig; und außerdem hat sich an meinem Stil einiges getan, seit ich auf KG.de Mitglied bin, eben weil mir eure Ratschläge und Verbesserungsvorschläge NICHT egal sind. Ich nehme sie sogar sehr ernst. Aber es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und mein großer Schwachpunkt ist eben der liebe Schluss, so wie oftmals die Verständlichkeit, weil zu vieles im Unklaren lasse.

Sprachlich hast du das gut gemacht, die Dialoge sind teilweise richtig super und knackig, an anderen Stellen leider etwas realitätsfern.

Das die Dialoge stellenweise ein wenig bizarr wirken war beabsichtigt; und dass sie dir größtenteils gefallen haben, ist ein dickes Kompliment für mich, da ich viel Wert auf sie gelegt habe.

Die Geschichte balanciert für mich ein wenig auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn, ich hoffe du kannst was mit meiner Kritik anfangen.

Oh je, soweit ist es also schon mit mir gekommen? :D
Und ja, natürlich kann ich mit deiner Kritik etwas anfangen. Sehr viel sogar.

Danke dir fürs Lesen, Kommentieren und die Fehlersuche.

Achso...

um IHN, oder? Sonst ist ja niemand da

Das geisterhafte Meer bezog sich auf die Scheune und nicht auf Derken.

Der gute Mann ist doch Brite, also Mr. Derken, oder ist er ein Deutscher?

Er ist ein Deutscher, der sich bei seiner Stadt für Schottland entschieden hat, da er ein Faible für diese Gegend hegt. Aber du hast Recht; das hätte ich mehr herausstellen sollen.

m.M.n. ein Schwachpunkt deiner Geschichte. Warum sollte ein (wenn auch exzentrischer) Milliardär derat handeln? Würde er nicht das Wachpersonal, oder zumindest Florentino verständigen? Würde er sich wirklich selbst die Finger schmutzig machen? Für den Leser ist zu diesem Zeitpunkt nämlich noch alles ziemlich rational, im Gegensatz zu Derken.

Eine Sache, die von jedem hier bemängelt wurde. Ralphs "Kontrolle" kommt zu unsichtbar herüber. Für mich als Autor war es völlig klar, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr er selbst ist, allerdings habe ich die Hinweise hierauf zu spärlich oder gar nicht verteilt.

So, dann kommt die Stelle, an der der Drache Hallings Arm bruzelt. Mal unter uns: wer zum Teufel würde NICHT vor Schmerz heulen, wenn sein Arm verbrennt? Und Halling stört sich nicht sonderlich daran, sondern gibt Kommentare wie "Lecken Sie mich am Arsch"??? Auch wenn's eine Fantasie-Story ist, aber so viel Realismus muss sein!

Ich dachte, es käme so an, dass Halling unter Schock steht. Aber diese Stelle hat mich während des Schreibens auch beschäftigt. Hmm...


@Hanniball


Ich nehme für mich in Anspruch, ihn verstanden zu haben, zumindest in weiten Teilen. Auch wenn die Grundaussage für ziemlich genial ist, bleibe auch ich ein wenig ratlos, ein bisschen verärgert zurück.

Du hast ihn tatsächlich verstanden, doch dein Ärger ist begründet (siehe Mike). Ich kann nur immer wieder sagen: Ich arbeite dran!

Der Text hat zweifelsohne eine surreale Note. Die Idee mit dem Lift über diese Art Freizeitpark, von der aus man sogar Menschenverbrennungen erleben darf, hat was von...Kästners Kinderbücher? Dieses Unbekümmerte.

Wenigstens das kommt so rüber, wie ich es mir erhofft habe.

Der Drachen war tatsächlich für Gutmeinende - lustig. Die Dialoge waren teilweise bizarr, sehr schön manchmal.

Den letzten Teil fasse ich als Kompliment auf. Was den Drachen angeht: Nun lasst ihn doch endlich in Ruhe :D

Der Schluss, ich las heraus, dass diese lovecraftschen Wesen, die du nicht die Muse hattest vernünftig zu charakterisieren,

lol - Galant umschrieben, was dir eigentlich auf der Zunge brennt.

Unterbrich mich, wenn ich falsch liege!

Nein nein, fahr ruhig fort! *g*

Also, wie gesagt, mir hat sie recht gut gefallen, nicht umwerfend, wir sind besseres gewohnt von dir. Und wenn du dir endlich einen Kopf machen würdest um die Enden! Bitte!

Also, ich kann mich ja nur wiederholen: Ich verspreche, dass...

Ach ja, kürzen wäre nicht schlecht hier bei diesem Text. Du hast hier so langatmig geschrieben, wie sonst nie!

Ja bist du denn des Wahnsinns?!?
Im Ernst: Ich habe meine Lektion gelernt und mich mit eurer Kritik auseinandergesetzt. Doch bei diesem Text werde ich keine Darlings mehr killen. Lieber spar ich mir die gesammelten Hinweise für meine nächste Geschichte auf. Diese hier lasse ich jetzt so, wie sie ist.


@Texter


Nur den Drachen würde ich schnell wieder verschwinden lassen. Der ist einfach zu sehr fantasybehaftet, als dass man ordentlichen Horror damit hinbekäme. Also praktisch das falsche Genre.

Ich werde ein FLASH-Spiel programmieren, in dem man mit einem Holzhammer auf Drachenköpfe schlagen kann. Und nun lasst ihn endlich in Ruh´! Ist ja nicht mehr auszuhalten. :D

Dass mit dem Fernseher fand ich nicht schlecht. Ist ja immer unheimlich solche verzerrten Warnungen zu bekommen.

Ich bin froh über diese Fernsehsache noch etwas positives zu hören. Ich fand die Idee eigentlich ganz cool, befürchtete aber, niemand würde auf sie eingehen.

Naja, 'willst du einen Keks' ist nicht unbedingt das unheimlichste, selbst wenn es rückwärts gesprochen ist.

Und ich hatte so sehr gehofft, dass es keinem auffällt. *g*

Insgesamt würde ich sagen, dass in dieser story einiges an Potential liegt, von dem du dich irgendwie hast ablenken lassen.

Da muss ich dir leider Recht geben.

Also...euch Dreien nochmal einen großen Dank für eure Kommentare, und dafür, dass ihr euch mit dieser langen Geschichte auseinandergesetzt habt.

Viele Grüße

Cerberus

 

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