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Thema des Monats Letzte Ausfahrt

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09.11.2015
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Letzte Ausfahrt

Gemächlich fließt der Verkehr auf der A3. Peter hält mit einer Hand das Lenkrad, mit der anderen fummelt er umständlich eine Zigarette aus dem Päckchen, findet auf dem Beifahrersitz das Feuerzeug, zündet sie an und öffnet das Seitenfenster. Heftig wirbelt der Fahrtwind ins Innere. Peter fährt die Scheibe ein Stück nach oben. Nun strömt der Wind nur noch leise. Gut so.

Der Tag lief nicht besonders gut. Schon morgens gab es Ärger in der Firma. Der Chef hatte ihn im Streit um Belanglosigkeiten mit einem gewissen „Michael Kohlhaas“ verglichen. Das sollte wohl ein Schimpfname sein, Name eines radikalen Gewerkschaftlers vielleicht. Dabei hatte Peter nur auf seinem Recht bestanden. Nach diesem Streit wartete er den Rest des Tages vergeblich auf eine Entschuldigung des Chefs.

Peter schäumt vor Wut, als er daran denkt, schüttelt dann die ärgerlichen Gedanken ab, konzentriert sich auf den Verkehr. Viel los ist heute nicht, findet er. Ein paar Lastwagen auf der rechten Spur; Opas mit Hut, die hinterher zockeln. Wie jetzt gerade. Peter setzt den Blinker, gibt ein wenig Gas und fährt mühelos vorbei.
Zurück auf die rechte Spur. Nach zwei Minuten fast das Gleiche. Diesmal sind es mehrere Laster, die sich ein Elefanten-Rennen liefern. Peter schert aus, hält sich hinter dem Überholenden.
Im Rückspiegel tauchen Lichter auf: Aggressive Schnauze, provozierende LED-Leuchten. Garantiert ein Audi. Schnell kommt er näher. Peter ärgert sich ein wenig darüber, überholt weiter. Gerade als er sich rechts einordnen will, kommen von hinten kurze Lichtblitze.

Ein Drängler also. Dem wird er es zeigen! Peter gibt Gas, bleibt stur auf der Überholspur. Hundertfünfzig, hundertsechzig. Nochmal Lichthupe; der Audi zuckt nach links, nach rechts. Peter beschleunigt auf einhundertachtzig.
Der andere gibt auf, bleibt dicht hinter ihm. Gerade als Peter wieder nach rechts will, erneut die Lichtblitze. Nun ist Peter doch entrüstet. Er beschleunigt und fährt schneller. Mal sehen, wer stärker ist. Kleine Schweißperlen bilden sich auf seiner Stirn; der Mund staubtrocken, als ob er eine Handvoll Mehl gegessen hätte.

Endlich die Baustelle. Nur sechzig erlaubt. Erleichtert bremst Peter ab. Mit neunzig Kilometern fährt er auf dem schmalen linken Streifen. Betonplatten begrenzen die Fahrbahn. Immer wieder leichtes Korrigieren. Spurhalten. Nur ja nicht irgendwo anschlagen. Unendlich lange zieht sich die Baustelle. Zum Glück immer mal ein Mini-Stau. Zehn Sekunden ausruhen, Atem schöpfen. Herzklopfen beruhigen. Blick in den Rückspiegel. Ist der Audi noch da? Drohend bejahen die LED-Lampen dies. Dann weiter.

Nach der Baustelle wieder Beschleunigung, es wird zu schnell. Peters Hände schwitzen, glitschen übers Lenkrad. Er bekommt Angst, hofft auf mehr Verkehr, damit er abbremsen muss. Zum Glück immer wieder ein dämlicher Kerl im Kleinwagen, der stur links fährt. Bremsen, Fluchen, Lichtzeichen, Seufzer der Erleichterung - alles im Sekundentakt. Dann nochmals längere Strecken zum Rasen.

Gott sei Dank nur noch ein Stück, bald kann er rausfahren. Mit fast zweihundert schert Peter nach rechts aus, hört den Audi vorbeirauschen, erkennt eine Frau am Steuer. Kann es nicht fassen.
Viel zu schnell, zu spät rast er in die Ausfahrt. Blinkende Warnleuchten. Eine Reihe roter Bremslichter vor ihm.
Dort endet ein Stau!

 

Lieber rambospike,

ich dachte schon, ich hätte dich verärgert. Das wollte ich natürlich nicht. Und der letzte Satz sollte auch nur ein kleiner Witz zum Schluss sein.

Noch etwas zum Begriff ‚kleine Episode’: Dass ist ja eigentlich kein Qualitätskriterium und auch deine Geschichte ist ja ein Beweis dafür, dass man so etwas zu einem richtig guten Text ausbauen kann. Und schau dir nur einmal andere Geschichten in der Challenge an. Da gelingen wahre Meisterwerke gerade in dieser Sparte.

Ich ackere auch an einer kleinen Episode, die ich zum TdM einstellen möchte, werde mir aber bei jedem neu eingestellten Text meiner Unzulänglichkeiten stärker bewusst. Letztendlich werde ich es mit Coubertin halten:

Das Wichtige … ist nicht zu siegen, sondern daran teilzunehmen; ebenso wie es im Leben unerläßlich ist, nicht zu besiegen, sondern sein Bestes zu geben.:)

Ich wünsche dir ein schönes Wochenende.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo rambospike,

deine Geschichte beginnt sehr ruhig und belanglos (nicht böse gemeint, einfach vom Thema her), gewinnt dann aber deutlich an Fahrt. Anfangs verstehe ich den Protagonisten, auch mich haben Drängler schon zu Trotzreaktionen auf der Autobahn verleitet :Pfeif: Dann aber frage ich mich, warum zieht er es so lange durch? Er hat ja Angst dabei, ist jedes Mal froh, wenn er bremsen kann. Also warum? Als eine Art Ventil, um den Frust über den Chef rauszulassen? Und endlich klar zu machen, dass er nur sein Recht einfordert? Lauter Fragen, die mir durch den Kopf schossen.

Das Ende würde mir ohne diesen Satz Dort endet ein Stau! viel besser gefallen. Was eine Reihe roter Bremslichter und blinkende Warnleuchten für einen Mann bedeuten, der viel zu schnell in die Ausfahrt rast, kann man sich denken. Und ich fände es ohne diesen erklärenden Satz am Schluss irgendwie wirkungsvoller.

Liebe Grüße
RinaWu

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo RinaWu,

danke daß du meine kleine Geschichte gelesen hast.
Deine Frage, warum mein Prot. die ihn selbst verängstigende "Rennfahrt" bis zum Ende durchzieht, liegt in seinem Wesen.
Auf alle Fälle Recht behalten, dem anderen zeigen, wo der "Hammer" hängt, eine angefangene Konfrontation bis zum Schluss durchfechten - all dies. Ähnlich wie das literarische Vorbild Michael Kohlhaas.

Mit dem Schluss der Geschichte bin ich auch noch nicht so ganz zufrieden. "Dort endet ein Stau!" war für mich wegen der Kürze des Satzes ersatzweise ein abschließender Punkt. Mal sehen, ob ich das noch irgendwie umformulieren kann.

Liebe Grüße aus Bonn
rambospike

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo rambospike,

ja, ich arbeite mich langsam voran, aber ob ich wirklich alle Geschichten schaffe zu kommentieren? Ich bleib halt mal kurz.
Vorweg, ich mocht die Geschichte, auch wenn sie so kurz ist und eher eine Pointengeschichte.
Ich fand das komisch, wie der sich vor lauter Rechtwichserei in höchste Gefahr bringt. Die eine Stelle hast du nämlich gut getroffen, der Typ ist ein ziemlicher Rechthaber, und dabei auch sehr rücksichtslos, aber er ist es nicht, weil er sich irgendeinen Vorteil verspricht, sondern er ist es aus Prinzip. Er hätte sich auch durchaus problemlos eingeordnet, war ja auch grad dabei, wenn da nicht die Lichtblitze. Und das ist völlig unrechtmäßig, das ist Nötigung - Und gegen Nötigung muss man doch was tun. Selber nötigen. Juchhu.
Also ich mochte das sehr, wie er sich dann um seines eigenen Prinzips willen so in Rage bringt und schwitzt und tut und macht und fast durch die Baustelle durchschnarrt.
Was ich ein bisschen schade fand: Die Bemerkung des Chefs, er sei Michael Kohlhaas, die verpufft so ein bisschen. Wenn du geschrieben hättest, worum es da ging in diesem Streit und dass es vielleicht sogar eine gute, vernünftige Sache war, auf der er da kohlhaasmäßig bestanden hat, dann hättest du ihn ein bisschen widersprüchlicher charaktierisiert, hättest außerdem nicht das Problem, dass viellleicht jemand den Kohlhaas gar nicht kennt, das Wissen könnt man sich dann aus dem Zusammenhang erschließen. Dass er den ganzen Tag dann auf die Entschuldigung des Chefs wartet, das sollte dann unbedingt bleiben, weil es so einen schönen Kontrapunkt zu der vorherigen Sache bringt.

Eine Sache noch:
Er fährt ja zum Schluss die Ausfahrt raus, die er eh nehmen wollte. Ich meine, die Stelle könntest du da schon noch ein bisschen drastischer beschreiben. Ich fahre oft die A5 von Frankfurt nach Süden. Und kenne ziemlich viele der Ausfahrten. Und eigentlich keine ist so, dass man die mit 200 Sachen nehmen könnte, also da muss der schon ganz schön auf die Bremse gehen und ins Schlingern kommen, das sind zum Teil so enge Kurven, bei denen eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 60 angezeigt ist. Ich will nicht sagen, dass du das Ende mit dem Stau nicht halten kannst oder sollst, aber ein bisschen mehr Gummiabrieb, Gekreische und angstvolle Augen gönn ich dem Schluss da schon.

So viel mehr schreib ich nicht. Stilistisch ist mir jetzt nichts aufgefallen, sondern man kommt locker durch den Text, allenfalls kriegt man Schiss, selbst wo gegenzubumsen.

Viel Spaß noch mit dem TdM
Novak

 

Hallo Novak,

viel Dank für dein Feedback. Es freut mich, dass du meine Geschichte gelesen hast und sogar „locker“ durch den Text gekommen bist.
Das liegt jedoch daran, weil ich die Geschichte aufgrund der vielen Tips der Kommentatoren immer wieder ein wenig verändert habe. Hierfür allen nochmals schönen Dank.

Zu deinem Kritikpunkt:
„...Wenn du geschrieben hättest, worum es da ging in diesem Streit und dass es vielleicht sogar eine gute, vernünftige Sache war, auf der er da kohlhaasmäßig bestanden hat, dann hättest du ihn ein bisschen widersprüchlicher charaktierisiert, hättest außerdem nicht das Problem, dass viellleicht jemand den Kohlhaas gar nicht kennt, das Wissen könnt man sich dann aus dem Zusammenhang erschließen...“

Ich wollte die Geschichte nicht unnötig aufblähen und ich denke, wenn der Streit mit dem Chef detaillierter beschrieben würde, dann nähme dies zu viel Platz in der ohnehin sehr kurzen Geschichte ein.
Mit dem Kohlhaas hast du natürlich recht: Den kennt nicht jeder. Alternativ könnte ich die Figur komplett rausnehmen. Dann hätte ich allerdings das Problem – wie du schon erkannt hast – meinen Prot. widersprüchlicher zu charakterisieren. Was wiederum bedeutet, die halbe Geschichte umzuschreiben.
Für meine nächste Geschichte, an der ich arbeite, werde ich daran denken.

Den Schluss werde ich vielleicht auf deine Anregung hin etwas dramatischer gestalten. Mal sehen was mir dazu noch einfällt.

Ich wünsche dir noch viel Freude beim Lesen und Kommentieren der restlichen TdM Geschichten. (Es werden ja täglich mehr)

Schöne Grüße aus Bonn
rambospike

 

Hallo rambospike,

Auch wenn ich selber nicht Auto fahre, kann ich mich gut in Deine Geschichte hineinversetzen. Bei meinem Mann muss ich ab und zu auf den Tachometer schauen, damit er nicht wieder eine Busse einfährt.

Vieles ist schon zu Deiner Geschichte gesagt worden, deshalb möchte ich einfach sagen: Du hast eine spannende Geschichte geschrieben. Der Schluss ist zwar traurig. Aber ich habe sie trotzdem gerne gelesen.

Alles Gute wünscht Dir
Marai

 

Hallo @rambolpike,

deine Geschichte beschreibt eine Situation auf der Autobahn, die ich nachfühlen kann. Ich persönlich lasse mich nicht auf so ein Kräftemessen ein, da rück ich lieber in die Mittelspur und raste den Tempomat ein bei hundertvierzig. Das heißt nicht, dass ich nicht weiß, wie schnell mein Auto fährt. Ich bin auch schon hundertneunzig gefahren, aber da gibt’s dann schon einen Strudel im Tank.
Die Situation in der Baustelle finde ich richtig gut geschrieben, die ist authentisch. Ja, und der Schluss, der ist das bittere Ergebnis von Tempowahn, wenn man das Gefühl für Geschwindigkeit und Entfernungen verloren hat. Ich gehe doch richtig in der Annahme, dass der Stau in der Ausfahrt war?

Am Anfang dümpelt die Geschichte so dahin.

Dabei hatte Peter nur auf seinem Recht bestanden.

Hier machst du den Leser neugierig, löst aber nichts auf. Was war passiert? Peter schäumt vor Wut, als er auf der Autobahn im Auto daran zurückdenkt. Ich möchte teilhaben an seinem Ärger. Hier könntest du bisschen zeigen, warum Peter so sauer ist.

Ein paar Lastwagen auf der rechten Spur;[KOMMA] Opas mit Hut, die hinterher zockeln.

Hinterherzockeln

Sonst, flüssig geschrieben, spritzig erzählt. Hat mir gefallen.

Schönen Gruß
khnebel

 

Hallo rambospike

Ich fand die Geschichte unterhaltsam und auch den Protagonisten schön gezeichnet, wie er den Frust aus dem Büro mit auf die Autobahn nimmt, die Kränkung vorerst abschüttelt, dann kommt aber durch den drängelnden "Hintermann" wieder alles hoch und er gibt Gas. Mögen die Spiele beginnen und der Leser harrt der Katastrophe, die unweigerlich folgt, ja folgen muss.
Der Grund wird nebensächlich, es gilt nur noch wer bremst verliert. Die Spannung steigert sich und verlangt nach der Auflösung. Und die folgt im letzten Abschnitt, allerdings würgst du mir mit dem letzten Satz "Hier endet ein Stau!" die Spannung etwas arg trocken ab.
Eigentlich sieht der Leser die Katastrophe deutlich kommen, also braucht's meiner Meinung den letzten Satz nicht. Das Ende folgt nach dem Schlusspunkt.

Mit klitze kleinem Abstrich, gern gelesen.
Gruss dot

 

Hallo rambospike,

ich will hier um Himmels Willen nicht dafür eintreten, irre lange Geschichten zu schreiben. Aber ist dir schon einmal bei einem gut geschriebenen Roman aufgefallen, was passiert?
Man liest die ersten 100 Seiten und könnte das Buch bequem aus der Hand legen, um was anderes zu tun. Wenn man ca. bei der 200. Seite ist, ist das schon schwieriger, weil man doch ein wenig eingefangen ist und man eigentlich gerne wissen möchte, wie es weitergeht. Ab Seite 300 kämpft man bereits mit dem Partner darum, endlich in Ruhe das Buch zuende lesen zu können und am Ende des Buches nach 400,500 oder noch mehr Seiten empfindet man regelrecht Trauer, weil man nun die Welt dieses Buches für immer verlassen muss. (Es sei denn man liest es erneut.)

Ich will mit vielen Worten sagen, dass eine kurze Geschichte den riesigen Nachteil hat, und sei sie noch so gut, dass man mit ihr nicht lange genug zusammenlebt.
Man ist als Autor also gezwungen, in kürzester Zeit eine enge Beziehung zum Leser aufzubauen, sonst wirkt die Geschichte nicht auf ihn. Nach dem Lesen wird er sie sofort wieder vergessen.

Welchem Autor wäre das egal?
Man möchte doch genau das Gegenteil erreichen, nicht wahr? Fest in Erinnerung bleiben.

Das gelingt einem bei einer kurzen Geschichte nur, indem man derartige interessante Marker setzt, dass sich der Leser gern an genau diese markanten Stellen erinnert.

Deine Geschichte krankt leider daran, dass sie wegen ihrer knappen Handlung nicht festzuhalten vermag. Am Ende sagt man sich als Leser. Ok, kleiner Happen, mehr nicht.

Es fehlt der Geschichte entweder folglich die gehörige Länge, damit man hineinwachsen kann (manch Roman würde erst jetzt anfangen und dein Text wäre grad mal der Vorspann) oder aber ein oder mehrere Höhepunkte, welcher Art auch immer, so dass man davon ganz gefangen genommen wird.

Diese Höhepunkte könnten sein, eine besondere Art der Ausdrucksweise (ich denke da zufällig an Luigi, der den Wolf Haas-Stil kopiert hat und damit bei mir Aufmerksamkeit erregt hat) oder ein fesselnder Plot, etwas noch nie Dagewesenes, eine völlig neue ungewöhnliche Sicht auf die Dinge, einen Protagonisten, den es so noch nie gab und und und.

Was du hier reingestellt hast, ist einfach zu wenig an Masse in der einen oder anderen Hinsicht, um groß beachtet zu werden. Das ist schon deswegen schade, weil dein Schreibstil nicht schlecht ist. Sicherlich könnte man einige Dopplungen, also Wortwiederholungen eliminieren, könnte an manchen Stellen noch präzisier formulieren, noch etwas anschaulicher werden, aber ich finde der Grundstock ist bei dir absolut vorhanden.

Deine nächste Geschichte könnte vielleicht deutlich mehr von dem enthalten, was ich dir oben aufgezeigt habe.

Lieben Gruß

lakita

 

Hallo rambospike,

Ich glaube, das ist eine der kürzesten TdM-Geschichten, und da ich so viel aufholen muss beim Kommentieren, finde ich das sehr verbraucherfreundlich. :)

Nein, aber eine Geschichte auf so kleinem Raum zu erzählen, ist ja eine Herausforderung, und ich finde es ist dir gut gelungen, deinen Protagonisten zu charakterisieren und Spannung aufzubauen.

Ich bekenne mich dazu, dass ich Wikipedia gebraucht habe, um rauszufinden, wer Michael Kohlhaas ist. Normalerweise mag ich das nicht sooo gern, wenn mir eine Geschichte meine Bildungslücken vor Augen führt, bzw. einfach davon ausgeht, dass man als Leser so einen Bezug zu einem anderen Werk verstehen wird. Ich fand es aber gut, wie du das umgesetzt hast, denn der Protagonist hat ja auch keine Ahnung, was sein Chef meint, da fühlt man sich zumindest nicht allein mit der Unwissenheit. :lol:

Und nachdem ich es nachgeschlagen habe, muss ich zugeben, der Vergleich gehört schon in die Geschichte hinein, weil das wirklich sehr treffend ist. Der Protagonist ist jemand, der sich überall Ungerechtigkeit ausgesetzt sieht - ob zu Recht, oder ob er einfach überempfindlich ist, kann man im Fall der Auseinandersetzung im Büro nicht sagen, bei dem Imponiergehabe im Auto sympathisiere ich jedenfalls nicht mit ihm. Auf jeden Fall ist es ein deutlich problematischer Zug bei ihm, dass er diese tatsächlichen oder vermeintlichen Ungerechtigkeiten um jeden Preis geraderücken will (wie war das gleich - "fiat iustitia, et pereat mundus"). Ich glaube, letzten Endes geht es ihm nicht wirklich um Fairness - er kann einfach nicht verlieren.

Das Ende ist sehr fies, aber wahrscheinlich nah an der Realität. Unvernünftiges Verhalten, das aus Frustration entspringt, spielt bestimmt bei vielen Unfällen eine Rolle.

Sprachlich fand ich es auch gut, es liest sich flüssig, und die oft elliptischen, abgehackten Sätze passen gut zur Stimmung des Protagonisten. Gestolpert bin ich nur an einer Stelle:

Drohend bejahen die LED-Lampen dies.
Das ist einfach so eine sehr unübliche Satzkonstruktion. Das Deutsche erlaubt einem ja fast alles, was die Satzstellung angeht, aber ... ich weiß nicht. Der Satz hat etwas unfreiwillig Komisches für mich, auch weil die LED-Lampen so personifiziert werden. :)

Grüße von Perdita

 

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