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Lieber 11. September

Seniors
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12.12.2001
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513

Lieber 11. September

Lieber 11. September,

Warum?
Ich bin jetzt zehn Jahre alt und verstehe das nicht. Als an deinem Morgen die beiden Flugzeuge in dieses Hochhaus stürzten, war ich gerade in der Schule; ich glaube, wir hatten Sozialkunde, Welt-Handels-Organisation oder so. Ich habe da gar nichts mitgekriegt, aber als ich zu Hause ankam, waren alle ganz entsetzt. Papi saß vor dem Fernseher und Mami hing am Telefon. Meine Oma sagte, es würde sie alles an den zweiten Weltkrieg erinnern. Sie wohnte in Dresden damals. Die Straßen seien damals auch so weiß und grau gewesen - wegen dem Staub, sagte Oma. Mami erzählt am Telefon irgendwas von 5000 Toten. Das ist viel, finde ich. Ich erinnere mich an die Beerdigung von Onkel Heinz letzten Monat. Das war so traurig und wir waren vielleicht dreißig Menschen, alle so traurig, und es war meine Tante, die so sehr geheult hat, ich erinnere mich noch. Es war kein sehr schönes Erlebnis, keines, daß man zweimal erleben will, denke ich. Und das jetzt 5000 mal. Ich weiß gar nicht, was du dir dabei gedacht hast, 11. September.
Es war mein Geburtstag! An meinem Geburtstag mußt du sowas passieren lassen, sowas, wo man noch in Jahren drüber reden wird. Du wirst immer mit Terror in Verbindung gebracht werden, sagt mein Papa. Was soll ich denn sagen, wenn man mich nach meinem Geburtstag fragen wird? Wann bist du denn zehn geworden? Am 11. September 2001! Ah, am Tag der Terroranschläge. Toll. Und jetzt wirst du auch noch Wort des Jahres! Ich habe am Wort des Jahres Geburtstag. Warum kommst du jetzt so groß raus? Sterben nicht jeden Tag tausende Menschen? Ich habe mal eine Sendung gesehen über so afrikanische Stämme, die sich umbringen. In...hmm...im Partnerland von Rheinland-Pfalz, ich weiß den Namen gar nicht mehr. Siehst du, den Namen hab ich vergessen. Deinen und den von New York wird niemand vergessen, obwohl in dem Land in Afrika viel mehr Menschen gestorben sind! Ich finde dich gar nicht so besonders. Alle sind so entsetzt, aber es ist doch gar nichts besonderes. Im Sachunterricht in der Grundschule stand im Buch, daß jeden Tage ganz viele tausend Menschen an Hunger sterben. Und das ist auch nicht normal. Das ist manchmal auch Terror, wenn andere Menschen den Hungernden das Essen wegnehmen, oder? Mein Papa flucht auch immer über die Scheiß Palästinenser, die ihren Nachbarn ständig die Menschen umbringen, mit Bomben und so. Oder denke mal an die Leute, die, dort wo es kalt ist, erfrieren müssen, in Russland oder so. Was ist denn dann so besonders an dir, daß du meinen Geburtstag kaputt machen mußt?
Am Tag nach dir wollte ich in der Schule Geburtstag feiern, so mit Kuchen und so. Aber die anderen wollten nicht, weil ihre Eltern gesagt haben, es seien jetzt Tage der Trauer. Und mein Klassenlehrer wollte, daß wir aufstehen und eine Minute lang schweigen. Er hat uns zum Trauern gezwungen. Dabei war ich gar nicht traurig. Ich kannte die Menschen doch gar nicht! Ich werde doch auch nicht zum Trauern gezwungen, wenn die Menschen jeden Tag in Afrika verhungern. Wieso dann an meinem Geburtstag? Ich verstehe das nicht.
Mein Geschichtslehrer hat gesagt, die Amis würden jetzt auch so viele Menschen umbringen wollen, wie sie an dir verloren haben. Und im Fernseher sagen sie, daß die Amis Bomben schmeißen würden und Unschuldige treffen würden. Der Lehrer hat gesagt, daß wäre der Anti-Terror-Krieg. Warum ist das nicht Wort des Jahres? Weißt du was ich glaube? Ich glaube, daß das noch mehr Beerdigungen geben wird!


Lieber 11. September,

Danke!
Ich bin jetzt zehn Jahre alt und überglücklich. Als an deinem Morgen unsere beiden Flugzeuge in dieses Hochhaus des Kapitalismus stürzten, war ich gerade in der Schule; wir hatten Religion, der heilige Krieg war unser Thema! Ich habe alles im Radio verfolgen können, und als ich zu Hause ankam, waren alle ganz euphorisch. Papi saß vor dem Radio. Mein Opa sagte, so etwas hätte es noch nie gegeben. Endlich hätte der Islam einen Sieg über den Kapitalismus errungen. Es sei endlich Zeit gewesen, den Amerikanern ihre Hochnäsigkeit heimzuzahlen. Im Radio sagen sie was von 5000 Toten. Das ist viel, finde ich. Ich erinnere mich noch genau an den Tag, an dem mein bester Freund auf eine Mine getreten ist. Er war sofort tot. Die Mine sei aus Amerika, hat mein Papa gesagt. Die Scheiß Amerikaner hätten sie an Afghanen verkauft, um Geld zu verdienen, wie sie das immer tun. Das war so gemein und wir waren die besten Freunde gewesen und es war meine Tante, die so sehr geheult hat, ich erinnere mich noch. Es war ein einschneidendes Erlebnis für mich, daß man nicht zweimal erleben will, denke ich. Und das haben wir den Amerikanern jetzt endlich klar gemacht. Naja, so gesehen ist 5000 doch zu wenig. Es gibt hier mehr Amerikanische Minen. Viel mehr. Ich bin so froh, und so stolz, 11. September.
Es war mein Geburtstag! Meine Freunde beneiden mich alle um dich. Voller Stolz kann ich jetzt immer erzählen, daß ich am Tag des Heiligen Krieges Geburtstag habe! Man wird da jetzt immer drüber reden, sagt mein Papa. Und man wird dich immer hoch in Ehren halten! Was werde ich jetzt sagen, wenn man mich nach meinem Geburtstag fragen wird? Wann bist du denn zehn geworden? Am 11. September 2001! Ah, am Tag des Heiligen Krieges. Das macht mich glücklich. Es ist ja schon etwas besonderes, wenn die Gerechtigkeit mal siegt, und nicht der Kapitalismus, sagt mein Lehrer. Deshalb haben wir auch ganz groß gefeiert. Nicht nur zu Hause, sondern wir sind auch auf die Straße raus. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was da los war. Alle waren glücklich und haben gefeiert. Den ganzen Tag lang! Jetzt wird alles besser werden. Scheiß Kapitalismus. Mein Papa flucht auch immer über die Scheiß Israelis, die ihren Nachbarn das Wasser weggenommen haben und es nicht hergeben wollen. Die Kapitalisten würden das auch noch unterstützen, sagt er. Und das würden die immer so machen. Überall mischen die sich ein, da ist es doch gut, wenn die mal merken, wie sich die Nachbarn von den Israelis fühlen. Und die anderen Länder unserer Glaubensbrüder, wo die Kapitalisten immer Bomben werfen, weil sie das Öl wollen. Das geschieht ihnen ganz recht jetzt! Weißt du was ich hoffe? Ich hoffe, daß es noch mehr Tote geben wird!


Lieber 11. September

Rache!
Ich bin jetzt zehn Jahre alt, aber eines weiß ich schon ganz sicher: Die Terroristen werden sterben! Als an deinem Morgen diese Feiglinge sich in unser World Trade Center stürzten, habe ich meinen Papa verloren. Er war da Banker!
Es war mein Geburtstag! Das ganze Leben lang werde ich daran denken, daß mein Papa an meinem zehnten Geburtstag gestorben ist. Wegen diesen bastards! Er wollte mir was ganz tolles schenken hat er gesagt. Ich hasse dich! Weißt du was ich machen werde? Ich werde mich rächen und alle diese Islam-Schweine umbringen!

[Beitrag editiert von: falk am 16.12.2001 um 22:45]

 

du kannst diese gesellschaft anzweifeln wie du willst, aber ich wette du würdest sie nicht aufgeben.

Du triffst den Nagel auf den Kopf! Nie habe ich Gegenteiliges behauptet und ich werde mich hüten, dies zu tun! Du hast völlig Recht! Subjektiv bin ich größtenteils deiner Meinung - ich bin dankbar dafür, dort zu leben, wo ich lebe und möchte es nicht aufgeben.
Aber ist es deswegen richtig?

Sicher, es ist eine rein theoretische Diskussion und in Wirklichkeit auch nur pseudo-objektiv, aber ich halte es für wichtig, sich ständig in den Kopf zu rufen, daß wir ebenfalls falsch liegen könnten. Denn, wie du allein an einigen, wenigen Kritiken hier in diesem topic (und ähnlichen topics) sehen kannst, gibt es enorm viele Menschen, die ihre subjektive Meinung mit einer objektiven gleichsetzen, ihre demokratische Haltung also für gottgegeben halten. Und, ob es sich nun um Faschismus oder Demokratie handelt, eine allzu große Überzeugung von der eigenen Sache ist selten gut, denn zu oft verliert man vor lauter Überzeugung die eigene Sache aus den Augen!

Und auch die Anmerkungen dissidents zur "freien" westlichen Gesellschaft sind bei einer Erörterung nicht von der Hand zu weisen, und kaum zu ignorieren (was die meisten pseudo-toleranten Menschen freilich nicht davon abhält, es doch zu tun).

Zugegeben, der Mensch in der westlichen Welt ist "freier" als der im Iran, aber ist er deswegen tatsächlich auch wirklich frei?

Ich will im übrigen nicht wirklich die Welt verbessern, ich halte es mit schopenhauer. Ich würde die Welt abschaffen, wenn ich könnte.
Und, um ehrlich zu sein: Ich schreibe solche Geschichten rein aus Spaß, um meinen Ärger zu Papier zu bringen und in der Tat wäre es arg traurig, wenn ich mich nicht mehr über sowas aufregen könnte! Ich sollte dankbar sein...:-)

 

Hallo Falk.

Also ich fand Deine Story genauso gut, wie dreist. :eek: :eek:

Ich denke, daß jeder,den halbwegs über Wissen, Erfahrung, und Bildung verfügt, sich vielleicht sogar aus eigener Erfahrung die Manipulierbarkeit von Kindern ,bzw weiter gefasst, Menschen, vor Augen führen kann.

Selbst wir sogenannt "Kritischen Erwachsenen" sind in unserer Meinungsbildung mal abgesehen vom gesunden Menschenverstand, ziemlich abhängig von Art, und Qualität unserer Informationsquellen, und deshalb auch rein theoretisch genausogut zu manipulieren wie Kinder.
Vielleicht sogar noch nachhaltiger, weil wir ja mit zunehmendem Alter dazu neigen, unsere einmal gewonnenen "Erkenntnisse" lieb zu gewinnen, und eifersüchtig zu verteidigen.

Ich fand´s treffend, und aufschlußreich.

Sowas gehört als Diskussionsthema in eine Oberstufenklasse, liebe Deutschlehrer...

Sodele, ich warte auf kloppe.. :D :D

Es grüßt:

der Lord

 

oder doch. allein das mittel es aus der kinderperspektive zu erzählen ist abgedroschen und auch leider misslungen. es liest sich nicht wie die gedankenwelt eines kindes sondern wie eine VERSUCHTE solche. und dann die briefform. also echt, das finde ich total schwerfällig. und das mit den geburtstagen find ich zu dick aufgetragen.

und ausserdem ist folgendes eine frechheit: der westjunge lernt soku und der andere hat rein zufällig grad religionsunterricht. und wie es das kollektive angstbewusstsein so will schreibst du dass sie dort vom djihad lernen. hallo? hat man dich in D im reli-unterricht gelehrt in neue kreuzzüge zu ziehen? eben!

dafür dass dein text so exemplarisch ist gehst du mit deiner verantwortung als autor gehörig locker um.

es gibt keine objektive kritik. es gibt nicht ein mal objektive aussagesätze. jede wahrnehmunng ist ein urteil. du tust ja nur herumpalawern falk um nihct einsehen zu müssen dass deine geschichte nichts taugt.

 

Hehe, harkhov, du bist schon ein besonderes Exemplar von Giftzwerg. Dir wird vielleicht aufgefallen sein, daß die "Geschichte" uralt ist. Und in der Tat finde ich sie inzwischen schlichtweg beschissen, um auf deinem sprachlichen Niveau zu bleiben. Tja, so lernt man als Autor im Laufe der Zeit. Also ich jedenfalls.

Auf deine niveaulosen Bemerkungen muß man natürlich nicht weiter eingehen. Sie zeigen deutlich, daß du noch weniger menschlich bist als die Puppen in meiner "Geschichte".

Also tu mal ganz ruhig sein, du Syndrom, du!

 

hehe falk du bist schon ein besonderes exemplar von dummkopf. dir wird offensichtlich nicht aufgefallen sein, dass der zeitpunkt meines kommentars nicht willkürlich ist.

wenn deine geschichte aber nicht mehr kommentiert werden soll, da sie offensichtlich selbst dir zu mies ist, wieso lässt du sie nicht löschen? hab ich auch mit einigen gemacht.

exkurs: ad "nicht menschlich". du bist auch so einer, der seine alle-lieb-hab-ssehnsüchte in die menschheit projeziert. menschlich ist alles was menschen machen, und da sind auch böse dinge drunter.

böse dinge würdest du auch tun um mal mein sprachniveau zu erreichen. galle spucken bringts aber nicht.

 

@Kristin
Schau doch mal auf die letzte Seite. Der letzte Beitrag dort. Dann sag mir nochmal, seine Kritik sei konstruktiv...

@Harkhov
Die Geschichte ist nun mal geschrieben und kommentiert worden - sie zu löschen fände ich den Kritikern gegenüber nicht fair und mir gegenüber sehr unehrlich.
Und da du mit sprachlichen Tiefschlägen angefangen hast, solltest du dich nicht beschweren, wenn verbale Tritte in die Weichteile Retour kommen. Aber wie ich sehe, bist du auch sehr froh, daß Kristin nicht gemerkt hat, daß die Schlägerei schon läuft.

 

Ja, die Kritiker fänden es bestimmt schade, wenn diese Geschichte gelöscht würde. Ich nicht. Wieso muss Deine Entwicklung schriftlich festgehalten werden? Wie eitel.

 

Ich find' sowas schlicht asozial - alle Geschichten mit negativen Kritiken löschen und den Rest stehen lassen - ne, das scheint mir nicht Sinn der Sache zu sein.

 

Aber wüste Beschimpfungen stehen zur Diskussion?

der text gehört zugeschissen. mehr ist dazu nicht zu sagen.

 

Falk: Aber wüste Beschimpfungen stehen zur Diskussion?

Ich verstehe deinen Ärger, Falk, allerdings beschleicht mich grade eben das Gefühl, dass du dich ärgern möchtest. Du hast - aus voller Absicht, oder? - einen provozierenden Text geschrieben. Wäre ich Journalist, würde ich sagen: "Du wolltest polarisieren".
Das ist dir gelungen, und manche Kritik viel hart aus.
Ich erinnere mich daran, dass du sowohl mit mir als auch mit Kristin einen Briefwechsel zu dem Thema hattest. Das Argument von meiner Seite lautete:
Der Stein des Anstoßes würde gelöscht gehören, wenn nicht direkt darauf eine zweite, konstruktivere Kritik folgen würde.
Zudem:
Gegen wen richtet sich diese "wüste Beschimpfung", bitte? Du tust so, als würde sie sich gegen dich persönlich richten, das ist mE nicht der Fall. "Der Text" wird (ja, durchaus grenzwertig, s.o.) angegriffen, nicht du. Sollte ich mich irren, bitte ich darum, mir das mitzuteilen, denn das wäre selbstverständlich das Letzte.

Und noch was zum Thema Missverständnis:
Ich teile durchaus deine Meinung. Zazas provokante Bemerkung "Wieso muss Deine Entwicklung schriftlich festgehalten werden? Wie eitel." gehört mE nach, bitte vielmals um Verzeihung, zugedungt.
Du, Falk, bist anscheinend nicht so eitel, um aufgrund von Verrissen gleich deinen Text löschen zu lassen.
Das finde ich gut, und eine "lösch-den-Quatsch-Diskussion" steht auch gar nicht zur "zur Diskussion".

So, hoffe, mich unmissverständlich ausgedrückt zu haben: Zurück zum Wesentlichen, bitte.
:teach: :)

 

Na, dann noch ein Punkt und ich bin weg. Es geht mir nicht darum, dass er sich nur Verrisse eingehandelt hat. Bitte, das wär ja schrecklich, deswegen einen Text zu löschen. Falk sagt jedoch, dass er den Text selbst nun beschissen findet. Und wenn man selbst zu einem Text nicht mehr steht, na was sollte wohl die logische Folgerung sein?

 

:teach:
Meine Meinung: Du machst es dir in diesem Punkt zu einfach, denn dieser lässt sich pauschal nicht beantworten. Die Entscheidungshoheit über den eigenen Text liegt beim Verfasser. usw., usw. Gehört hier bekanntlich nicht ausdiskutiert. Basta! :susp:

 

Darf man hier auch noch was zur Geschichte an sich sagen? :(
Also: Ok, zugegeben, es sind haufenweise Klischees, doch irgendwie erscheinen sie mir hier nicht mal so unpassend. (Und sowieso: was ist heutzutage schon nicht mehr ein Klischee? Wäre es kein Klischee, wenn der Junge aus dem zweiten Brief über seine Landesgenossen herziehen würde? Aber das nur mal so am Rande.)
Ich finde die Idee mit dem Brief an den 11. September auf jeden Fall gelungen.
So.

 

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