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Mäntel

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11.06.2004
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Die Kneipentür ging auf. Sie knarrte fürchterlich, es kam ein großer Mann in den Raum. Bekleidet war er mit einem langen schwarzen Mantel und trug einen Hut. Dieser war ebenfalls schwarz gefärbt. Die Leute sahen ihn nur kurz an und wendeten sich dann wieder ihren Gesprächen zu. Langsam schritt er zur Theke herüber und bestellte sich ein großes Glas Faßbier. Den ganzen Abend lang saß er auf seinem Barhocker und trank das wohlschmeckende Bier aus dem Faß. Um Mitternacht stand er auf - ohne zu bezahlen. Er ging mit schnellen Schritten durch die Tür, auf die Straße hinaus. Der Wirt bekam es erst spät mit, dass ein Gast nicht bezahlt hatte. Er rannte sofort dem Mann hinterher. Auf der kalten Straße stehend, sah er gerade noch rechtzeitig eine schwarze Mantelspitze an der nächsten Ecke. Angekommen an der Straßenbiegung, blickte der Wirt auf eine karge Straße. Er sah nur einen etwas kleinen Mann, der einen braunen Mantel anhatte und einen braunen Hut trug. Am nächsten Abend kam um die gleiche Uhrzeit wie am Tag zuvor ein Mann durch die Kneipentür. Er trug einen grauen Mantel und passend dazu auch einen grauen Hut. Er nahm am Tresen Platz und trank den ganzen Abend lang Whisky - harten, trockenen Whisky aus einem kleinen großbäuchigen Glas. Um Mitternacht stand er ohne Worte auf und verließ die Kneipe. Der Wirt hat es erneut nicht mitbekommen, dass ein Gast nicht bezahlt hat. Er sprintete heraus, suchte nach einem Mann in grauem Mantel. An der nächsten Kurve sah er noch ein kleines Stück von dem, durch Witterung in Mitleidschaft gezogen, grauen Fetzen. An der Ecke stehend, sah er in der Ferne nur einen Mann in einem grünen Mantel und mit grünem Hut. Nachdem das Gleiche am nächsten Tag noch einmal geschah, ließ der Wirt nur noch Gäste herein, die keinen Mantel trugen.

 

Die belehrende Moral fehlt, da es eine Parabel ist (musste ich für Deutsch schreiben). Und der Text ist mit Absicht sehr schlicht, einfach, eintönig gehalten. Und trotzdem hast du meine eigentliche Intention nicht verstanden, so scheint es mir jedenfalls.

 

Vorweg (bevor ich meinen Zeigefinger auf dich ausstrecke und "du, du, du" sage): Parabeln kann jeder für sich selbst deuten, wie ihm beliebt.

Ich habe es in letzer Zeit immer häufiger erlebt, dass Menschen ihre Meinung wie einen Mantel wecheseln. Sie nehmen einmal diese, dann wieder die andere. Welche ihnen gerade beliebt. Ein tauber Mensch, der nicht weiter auf andere achtet (der Wirt), wird dieses Wechselspiel kaum mitbekommen und den jenigen auch nicht entlarven können. Der Wirt lernt aber aus seinen Fehlern, achtet absofort mehr auf die eintretenden Gäste und lässt nur noch welche herein, die keinen Mantel anhaben.

 

Ich habe nicht gesagt, dass deine Interpratation falsch ist. Lediglich merkte ich an, dass du meinen Grundgedanken nicht aufgenommen hast. Da es aber eine Parabel ist, kannst du da ruhig was anderes reindeuten.

Zao schrieb:
Nun ja, in Ordnung, aber ist es nicht falsch vom Wirt jetzt garkeine Leute mit Mantel, also Meinung reinzulassen?
Er lässt nur noch Leute herein, die ihre Meinung nicht wie einen Mantel tragen. Also, Menschen, die ehrlich sind und auch für ihre Überzeugung einstehen können.

 

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