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Mützenneid

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11.07.2004
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Mützenneid

Sie sah aus dem Fenster und beschimpfte die Gartenzwerge. Sie schrie sie an. Niemand hörte es. Sie war die einzige in dem Stadthaus, also konnte sie so viel brüllen, wie sie wollte. Sie schrie und keifte. Besonders auf einen hatte sie es abgesehen.

Sie schrie, bis sie nicht mehr konnte. Es war aber nicht genug, Dinge anzuschreien, die sich nicht wehren konnten. Sie brauchte einen anderen Weg, damit fertig zu werden, musste die Gefühle anders weg bekommen. Und das, bevor sie zu stark wurden.

Wenn sie es nicht schaffte, dann würde der nächste Mensch der sie traf alles zu spüren bekommen. Die Wut, die Verzweiflung und die Enttäuschung. Es kam nicht oft vor. Aber wenn sie sich nicht mehr unter Kontrolle hatte, dann gab es nichts mehr zu lachen. Dann schrie sie. Schrie einfach nur, schrie nichtmal Worte. Nur, um den Druck zu kompensieren. Diesen Druck, der sich in ihrem Kopf aufbaute, in ihrem Brustkorb, in ihren Beinen und in ihren Armen. Er hinderte sie daran, zu denken, zu atmen, sich zu bewegen. Er ließ sie nur noch dastehen wie einen Gartenzwerg. Das einzige, was sie noch konnte, war schreien.

Aber soweit durfte es einfach nicht kommen. Nicht heute. Sie musste eine andere Möglichkeit finden. Sie hatte eine Idee. Und Manfred würde ihr Opfer sein.

Als die elegante Frau zu ihrem großen, gepflegten Haus zurückkehrte, überfiel sie eine furchtbare Ahnung. Sofort hastete sie in den Garten hinter dem Haus zu ihren Gartenzwergen. Sie hatte schreckliche Angst um ihren kleinen, gut gelaunten, freundlichen Liebling, die auch voll und ganz begründet war. Manfred war schrecklich verunstaltet worden und beinahe nicht mehr zu erkennen.

„ Och mein Schatz, was hat sie nur mit dir gemacht? Keine Angst, alles wird gut, es ist nur Farbe, die geht wieder ab. Und den Bart... den klebe ich dir wieder an, das ist ganz einfach, das schaffe ich sogar alleine. Alles wird wieder gut, mein Süßer!“

Sie nahm ihn ganz vorsichtig in die Arme und redete leise auf ihn ein, so wie man es mit einem neugeborenen Baby macht.

Sie hatte nur Augen für den Zwerg. Deshalb übersah sie ihre junge Tochter, die am Fenster stand und mit Tränen in den Augen neidische Blicke auf Manfred warf.

 

Hi Jägerin,
schade, dass es leider immer wieder passiert, dass man das Wesentliche übersieht, während man sich mit Nebensächlichkeiten beschäftigt.
Das kleine Mädchen leidet wirklich und ihre Mutter bemerkt das nicht. Man fühlt so sehr mit ihr, dass man Manfred am Liebsten ganz beseitigen würde!
Sehr gekonnt geschrieben. Regt sehr zum Nachdenken an. Habe die Geschichte gern gelesen. :thumbsup:
Liebe Grüße von Susie

 

Guten Morgen!

Erstmal danke, Susie und Jo.... ist schon schön, nette Kritiken zu bekommen... :D

und MM... danke für die PN.. und.. es soll so sein. Sie ist so ähnlich wie die probleme der meisten Teenager. Sie scheinen meistens lächerlich zu sein, für die person selber sind sie aber ziemlich dramatisch, auch wenn man es nicht glauben kann.

Grüße, Jägerin

 

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