Was ist neu

Mai

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19.05.2004
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1

Die Glocke ertönte. Alle Schüler stürmten mit einem Mal aus dem Klassenzimmer, nur
Dorothee blieb mal wieder, um Herr Morris, ihren Physiklehrer, etwas zu fragen. „Herr Morris, ich möchte noch mal zum Thema Zeit zurückkommen, ist es schwierig oder unmöglich eine Schleife zu fahren? Ich denke nämlich, dass die Zeit ein Hauptgleis, dass aus der Vergangenheit in die Zukunft führt auch ein Nebengleis besitzt und das diese die Schleife, wenn es eine gibt, rückwärts beschreibt.“ Ihr Klassenlehrer schaute sie mit großen Augen an und dachte, nicht zum ersten Mal, dass mit ihr etwas nicht stimmte. Sie war schlau und sie war anderes als die anderen Mädchen in ihrem Alter. Er wusste aber nicht, wie intelligent dieses Mädchen war und er zog es auch nicht in Betracht, dass sie ihm im Fach Physik um Jahre voraus war. Dorothee erklärte ihm aber ihre These weiter, ohne auf ihn zu achten. „Denn Newtons Zeit war vom Raum völlig unabhängig ,als wäre sie ein Eisenbahngleis, das sich in beiden Richtungen ins unendliche erstreckt.“ Herr Morris hörte ihr nicht mehr zu, sie erzählte seiner Meinung nach wirres Zeug und er sah zu, dass er seine Unterlagen in die etwas zu klein geratene Tasche bekam. Dorothee merke dies, sie sprach nicht weiter, hörte mitten im Satz auf und machte auf dem Absatz kehrt.
Als sie zu Hause ankam war, wie so oft, niemand da. Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und wollte noch mal, die Relativitätstheorie durchgehen, doch da klingelte mit einem Mal, ihrer Meinung nach, zu schrillem Ton, das Telefon. Sie nahm ab und hörte, wie des öfteren die sie auslachenden und beschimpfenden Jugendlichen ihres Jahrganges. Sie legte auf, ohne auch nur eine Miene zu verziehen. Sie kannte das. Sie ging, wie nach jedem solcher Anrufe auf ihr Zimmer und bei jedem Schritt den sie machte, sagte sie zu sich selbst, als Beruhigung: „Du bist hundert Quadratmeter normal.“ Diesen Ausdruck hat sie sich selbst logisch zusammen gedacht, immerhin gab es den Bevölkerungsquerschnitt und die Lichtjahre, also auch die Quadratmeternormalität. Die Hundert bezog sie auf hundert Prozent. Als sie auf dem Bett lag, versuchte sie die Gedanken der Angst von sich fern zu halten. Sie probierte an die schönen Dinge des Lebens zu denken. ‚Und dennoch bist du anders als sie’, ertönte es aus der Höhe des Himmels. ‚Du Vogelwesen, eines nichtsdenkenden Schöpfers, sei nicht traurig darüber, du weißt ich bin besser, als sie alle.‘ Und Dorothee fiel in einen unruhigen, energieverbrauchenden Schlaf. Spät am Abend, kam ihr Vater nach Dienstschluss rauf um mit ihr zu sprechen. Sie wachte gerade auf und schaute ihn schlaftrunken an, an seinem Blick erkannte sie seine Unzufriedenheit. Es war noch ein Brief gekommen, der Letzte. ‚Du willst nicht darüber reden, du willst nicht’ hallte es aus dem vollkommenen Reich wieder und sie drehte sich auf die andere Seite, damit sie ihren Vater nicht anschauen musste. Und er ging, er wusste, dass sie auch ohnehin wusste, warum er raufkam. Er kam immer nur dann rauf, wenn etwas nicht in Ordnung war, wenn etwas seinen Ruf gefährden könnte und auch nur dann wenn es etwas zu schimpfen gab. Doch heute war es anders. ‚Es ist die Ruhe vor dem Sturm’, dachte Dorothee.
Nach ihrer Wahrscheinlichkeitstheorie ohne Rechnung, die sie sich bei dem ersten Brief ausgedacht hatte, wäre das Ergebnis eigentlich, dass ihr Vater heute ausrasten müsste, aufgerundet wäre, sogar vielleicht Schlagen mit drin.
Aber nichts dergleichen war geschehen. Und mit der Angst kauerte sie sich in ihre Decke und versang in den Schleier der Vollkommenheit. Sie war in Mai, dort wo die Sonne schien und ihr zulachte, sie flog über grüne, duftende Wiesen, lag in Feldern von lieblichem Flieder und trank das herrlich frische Bergquellwasser. Sie hüpfte wie ein kleines Mädchen und freute sich an der Zweisamkeit. ‚Wir gehören für immer zueinander.’ Sie war zu Hause.

Der nächste Tag wurde entlos für sie, sie hatte keine Möglichkeit zu entrinnen und musste sich nun stellen. Es war eine zeitaufreibende Prozedur mit ihrem Vater zu reden, ihn überzeugen zu wollen, von dem was sie für richtig hielt.
Und sie scheiterte.
Die Lehrer hatten die Macht über ihrem geliebten Papa, sie hatte keine Chance.
Die Lehrerschaft drückte es in diesem letzen Brief verschlüsselt, aber mit gewissem Druck aus, dass Dorothee nicht anpassungsfähig sei, oft abwesend, nicht am Unterricht interessiert und deshalb, so stand es schwarz auf weiß, dem Unterricht nicht gewachsen.
Die Gespräche und Telefonate mit Lehrern, Dorothee einmal beim Schulpsychologen untersuchen zu lassen, kamen zu dem Ergebnis, dass sie sich in stationäre Behandlung, da ambulante nicht ausreicht, begeben sollte, um die Zukunft seines Kindes nicht zu gefährden. Und aus diesem Grunde würde man Samuel Beer bitten seine Tochter selbstständig einzuweisen. Natürlich, so stand es kleingedruckt im Anhang, würde man sie bei Genesung wieder in den Schulbetrieb aufnehmen.
Mit zornigen Augen schaute er seine Tochter an: „Ist das der Dank für mein hartes Arbeiten? Ich habe dich auf eine hervorragende Schule geschickt und du wirfst alles einfach so weg, hältst sie weit von dir, wie einen Müllsack.“

2

Sie fuhren über drei Stunden zur Klinik, niemand redete währenddessen. Beide hingen ihren verängstigen Gedanken nach. ‚Wie konntest du das nur zulassen? Ist das der Dank für mein hartes Arbeiten?’ „Du und arbeiten, dass ich nicht lache. Ich muss doch alles immer für dich machen“, sagte Dorothee in spöttischem Ton mitten in die Ruhe hinein. In dem Moment sah sie auch ihren Vater im Spiegel und ihr wurde bewusst, dass sie laut gesprochen hat. Er wurde rot vor Zorn und seine Hände krallten sich fest an den Lenker. „Papa entschuldige, ich habe nicht mit dir geredet“, bettelte sie und biss sich gleichzeitig auf die Lippen. ‚Mit wem denn sonst ? Sie werden dir nicht glauben, dass ich da bin, oh Vogel, du bist so naiv und töricht.’ „Ach lass mich doch“, sprach Dorothee in Gedanken zu ihr. Und sie wusste, dass sie so nicht mit ihr reden durfte. Irgendetwas würde passieren. Und es passierte. Es fing mit einem Grollen in ihrem Kopf an und wurde immer lauter, sie sank tiefer in den Sitz und blickte sich nach allen Seiten um. Hörten sie das tiefe Beben etwa nicht? Ihr Blickfeld verfinsterte sich. Und ganz plötzlich und ohne Vorwarnung bekam sie fürchterliche Magenkrämpfe. Sie schrie aus Leibeskräften: „Haltet an, haltet an, ich kann nicht mehr.“ Doch Ihr Vater hielt nicht an, es schien als würde er sie nicht hören. Und sie bemerkte, dass nicht ein Ton aus ihrem Mund gekommen war, sie bewegte ihre Lippen, doch nicht ein Ton erhallte das Innere des Wagens. ‚Dich kann niemand hören, solange ich es nicht will und du weißt doch, dass ich nur dein Bestes will.’ „Warum tust du mir weh?“ ‚Ich tue dir nicht absichtlich weh, und das weißt du genau, ich muss tun, was zu tun ist, und ich muss dich vor Dummheiten beschützen, du weißt das ich dich liebe.’
„Dorothee, wir haben darüber geredet und ich, als dein Vater habe nun bestimmt, dass es das Beste für dich ist. Du weißt, dass es so nicht weitergehen kann“, ihr Vater sagte dies mit einem bestimmten, merkwürdig ruhigen Ton, so als würde er zu einem Kind reden, dass schon den Verstand und die Weisheit eines Erwachsenen hat, trotzdem aber totale Unterwürfigkeit zeigen muss. Sie schaute ihn verwundert, überrascht und gleichzeitig erschrocken an, er sah es im Rückspiegel. Sie blieb still sitzen ohne sich zu rühren, vergaß ihren Vater und wartete auf den Moment, an dem sie sich ganz der Außenwelt versperren würde. An dem sie allen den Rücken zuwenden würde und sich ganz Anne geben könnte. ‚Niemand wird uns auseinander reißen können’ , lachte sie.
„Nein Anne, niemand“, flüsterte sie leise.
Wenn ihr Vater jetzt in den Rückspiegel geschaut hätte, hätte er ein lächelndes, entspanntes Mädchen gesehen, dass die Hand fest an ihren Bauch geklammert hielt.
Langsam drehte sie dann ihr Gesicht zum Fenster und schaute hinaus. Sie sah einen Herbsttag, der noch die volle Kraft des Morgens hatte. Er spielte mit den goldtonähnlichen, heimatlosen Blättern. Er schaukelte sie im Wind, ließ sie große Bögen schlagen, um sie dann danach sanft wieder auf die Erde sinken zu lassen. Es war ein eindrucksvolles Schauspiel, besonders jetzt, da in Mai immer nur Sommer war und exakte Ordnung herrschte. Plötzlich verdüsterte sich alles, es schien als würden sie durch einen Tunnel fahren. Es war ein Tunnel aus hohen, gleichmäßig, schaukelnden Bäumen, die das Licht an der Krone auffingen und nicht nach unten weitergaben. Ihr kam der Weg entlos lange vor und als sie das Dach der Klinik vor sich sah, atmete sie irgendwie erleichtert auf. ‚Ist das schäbig, es gefällt mir nicht und ICH werde da bestimmt nicht reingehen, geschweige den wohnen, Taube.’
Ihr Vater fuhr langsam auf den Hof des Hauses und lies den Wagen ausrollen bis er stehen blieb, um dann den Motor auszumachen. Er stieg aus und holte aus dem Kofferraum ihr Gepäck. Währenddessen blieb Dorothee im Auto sitzen und ihr Blick versank in dem großen steinernen Löwen, der am Eingang thronte. „Doro, komm doch aus dem Wagen, so schlimm ist es hier doch nicht“, hörte sie ihren Vater rufen. Er hatte sie seit bestimmt drei Jahren nicht mehr „Doro“ genannt. Es klang so liebevoll und unberührt. Sie wollte aussteigen und zeigen, dass sie stark und tapfer war, es wirbelte alles in ihr auf. Aber sie konnte nicht aussteigen, geschweige denn bewegen. Es waren Sekunden voller Qual. Anne fing an zu lachen: „Oh Vogel, du siehst so erbärmlich aus.’ Ihr Vater kam näher und schaute, suchend nach dem Grund in das Auto. „Na komm Kleines oder klemmt der Gurt wieder?“, ihr Vater sagte das voller Zärtlichkeit. Das merkte sie allein schon an der angehobenen Stimme, auch aber merkte sie darin, seine Verzweiflung und Angst. ‚Anne lass mich gehen’, bettelte Dorothee. ‚Bitte.’
‚Okay ich lasse dich gehen, wir sind Schwestern.’ Langsam stand sie auf und kletterte aus dem Wagen. Sie fühlte ein Kribbeln durch ihre Beine laufen, als wären es tausend Käfer. Sie blieb wie in Trance stehen und schaute sich um. Es war zweifelsohne schön hier. Viele Bäume ließen es naturverbunden und nett aussehen. Langsam bewegte sie sich in Richtung Löwe.
Doch plötzlich hörte sie einen Schrei, so quietschend und lähmend. Er passte nicht in diese Gegend. Das ganze Haus passte nicht hier her. Sie suchte, suchte nach der Quelle dieses missmutigen, erschreckenden Schreies. Sie drehte sich um und sah ihren Vater stehend und hilflos nach oben schauen. Sie drehte sich auch in Richtung oberstes Stockwerk und erkannte nun den Grund für die Hilflosigkeit ihres Vaters. Es waren silberne, schwere Eisengitter an dem ganzen oberen Stockwerk montiert. Wahrscheinlich hatte eine Patientin geschrieen. Bevor sie überhaupt die richtige Tonlage treffen konnte, mit der sie normalerweise mit den Erdenmenschen sprach, kam schon eine kleine, kräftige Frau aus dem Gebäude. Es war die Leiterin der Station A. Dort wo Dorothee ein zeitbegrenztes Leben führen sollte. Es war komisch. Sie musste durch mindestens hundert Türen, so schien es ihr. Überall war Pflegepersonal und es roch anders. Die Luft war wie zugeschnürt, als wäre sie zu geizig den Erdenmenschen ihr Leben zu opfern. Sie gingen durch lange Flure, überall schaute man sie an und hinterher wurde geflüstert und gemunkelt. ‚Dankeschön für das Leben in Luxus und Freiheit’, kam es von Anne.
Dorothee hatte nicht die Kraft, um zu antworten, sie war aufgeregt und hatte eine unbestimmte Menge an Nervosität in ihrem Körper und als sie vor dem „Einweisungszimmer“ waren und sie geklopft und eingetreten waren und als sie sich auf das abgesessene Sofa setzen durfte, fühlte sie, wie sich Nervosität in Schwere verwandelte und sie tief in die Polsterung drücken lies. Es war ein Gefühl, als würde das Blut dicker werden und sich am Ende jedes Körperteiles festsetzen und gefrieren. Ihr Arzt, es war Francis Riibes, ein bedeutender Arzt, dem nachgesagt wurde, er könne an Menschen, schon allein durch seine Art, Wunder vollbringen, blickte sie nun ruhig an.

3

Er hatte sich das Mädchen ganz anders vorgestellt, das nun vor ihm saß. Vorhin als er ihren Bericht in der Hand hatte und sich alles noch mal durchlas, musste er sich entscheiden. Entweder er nahm sich die Zeit für sie und probierte ihr zu helfen, den Weg in die Realität zurückzufinden oder aber er lehnte ab, um sich ganz seiner psychologischen Karriere hinzugeben.
Er öffnete ihre Mappe:

Beer, Dorothee, 16J.
Frühere Krankenhausaufenthalte: Keine
Einweisungsdiagnose: Schizophrenie
Eltern: Samuel Beer/ Antiga Beer (verstorben)
Beruf des Vaters: Schriftsteller

Psychologische Tests zeigen das sie über eine hohe Intelligenz (IQ 135-145), verfügt, die besonders in den mathematisch, physikalischen Bereich fällt.
Allgemeine Fragen bezog sie immer auf sich. Wurde aggressiv und patzig bei, bei dem Versuch Kritik an ihr auszuüben.

Das Einführungsinterview schien ihr anfangs nichts aus zu machen, sie zeigte deutlich ihre angebliche Überlegenheit und gedenkte diese auch auszuspielen, indem sie hohes Vokabular zutage legte. Sie lachte mehrmals unangemessen und wurde nervös als es zur Frage des Jahres und ihres Geburtstages kam. Im Verlauf des Interview veränderte sich ihre Haltung; sie begann laut zu sprechen und berichtete wahllos von Vorfällen in ihrem Leben, die sie als Ursachen für ihre Krankheit angab. Sie erwähnte eine Schwester, deren Tod traumatisch für sie war, grausames Kindermädchen etc. (hat keine Schwester/ kein Kindermädchen). Die Vorkommnisse hatten keinerlei Beziehung zueinander. Plötzlich mitten im Bericht sprang die Patienten auf und sagte in anklagendem Ton: „Ich habe Ihnen die Wahrheit gesagt, helfen sie mir jetzt?“ Es schien ratsam, das Interview abzubrechen.

Francis Riibes hatte sich entschieden. Er wollte das Mädchen in Behandlung nehmen.

4

„Guten Tag, ich bin Dr. Riibes.“ „Hallo“, kam es von Dorothee trocken zurück. ,Er ist erstaunt über den Dunst von Verrücktheit, mit dem du das Zimmer erfüllst. Die Luft bekommt schwarze Flecken, er sieht es, er will aufhören zu atmen und ist gefangen, um den Stand des Sittsamen aufrechtzuerhalten.’ „Ich werde dein Therapeut sein.“ „Oh hört, hört, die Abscheu vor schwarzen Flecken ist nicht so groß, um den Meister abzuschrecken. Ich bin erstaunt und zutiefst beeindruckt“, sprach Dorothee mit gemeinem Sarkasmus. Es war, wie ein Pfeil und traf nicht den, der ihn erhalten sollte. Ihr Vater lief vor Scham rot an, drehte sich weg und schüttelte nur den Kopf. Dr. Riibes sah dies und veranlasste zuerst einmal die Klinikführung. „Ich möchte, dass sie genauestens darüber informiert sind, wo sich ihre Tochter aufhalten wird und dass sie eine gute Wahl getroffen haben“, erklärte der Doktor erst einmal Samuel. Er verschwieg jedoch, dass er womöglich seine Tochter lange Zeit nicht besuchen kommen dürfe, um die Behandlung nicht zu gefährden. Er rief eine der Schwestern zu sich und beauftragte sie, den Beers die Station A zu zeigen. Als sie die Beiden aus dem Doktorzimmer führte, hatte sie die Gesichtszüge eines grinsenden Honigkuchenpferdes, fand zumindest Dorothee. „Unsere Station fängt mit den Personalzimmern an, dann geht es weiter mit den Therapiezimmern. „Hier haben wir“ und sie gingen in ein kindergartenähnliches Zimmer „den Malraum. Ein heißbegehrter Ort unsrer Patienten. Deshalb müssen hier auch immer Voranmeldungen gemacht werden.“ Und wieder lächelte sie, sie lächelte so , dass Dorothee ihren schiefen Zahn sah und sich wünschte, dass sie doch einfach wieder ihren Mund zumachen solle.
,Vogel, mir ist das nicht geheuer. Und besonders dieser Clown, mit weißem - nehmt mich ernst - Kittel.‘ Dorothee fing an zu lachen. Sie lachte und lachte. Und die Schwerster schaute sie nur an. „Ach findest du die Bilder lustig?“ „Nein“, und fing wieder an zu lachen. Die Schwester tat so, als überhöre sie es und sprach mit ihrem Vater weiter. „Und hier ist das Krankenzimmer.“ Sie klopfte und als kein Zeichen der Besetzung zurückkam, machte sie die Tür auf. Zu sehen war ein spärlicher Raum mit schlecht ausgestattetem Material und einer schon abgewetzten Liegematte. „Na, sie müssen wissen, dass bei und auf der Station A nicht häufig Krankenfälle auf der Tagesstation stehen.“ Man hörte den Stolz in ihrer Stimme, als wäre es ein Konkurrenzkampf. „Wie viele Stationen haben sie denn hier?“ fragte Samuel.
„Vier Stationen, unser Alphabet geht bis D.“ Und wieder grinste sie und Dorothee hat das Gefühl, gleich platzen zu müssen.
‚Schau Vogel, wie verlogen Leute doch sein können, sie wollen Nettigkeit vorspielen, verraten sich aber von vornherein.’ „Wie meinst du das?“, fragte Dorothee Anne.
„Schön das du dich bei uns schon so wohl fühlst Dorothee“, dabei beugte sich die Schwester zu ihr und wuselte ihr kurz durchs Haar. Danach wendete sie sich zu Samuel und flüsterte: „Wenn die Patienten uns ohne Aufforderung duzen, dann heißt das schon etwas.“ Samuel schaute sie mit großer Skepsis an. Seine Tochter wusste sich normalerweise zu benehmen, aber diesmal fand er es erstens nicht schlimm und zweitens war die Schwester damit bestimmt nicht gemeint. „Ja wissen sie, das steht alles in meinem Lehrbuch“, quatschte sie weiter. ‚Wo sind wir hier nur?’, lachte Anne ‚Ich wollte damit nur sagen, dass die Erdenmenschen, wenn sie uns anlachen, alle Zeichen ihrer Hinterhältigkeit preisgeben. Sie zeigen dir ihre Zähne. Ich hoffe der Ausdruck sagt dir etwas.’ ‚Ja er sagt mir etwas. Du hast recht, sind wir nicht ein mieses Volk?’, sagte Dorothee in Gedanken zu ihr. „DU gehörst nicht dazu. Wenn du weiterhin meine Perfektion ansteuerst, wirst du dich von ihnen abgrenzen und glücklich in Mai sein.“ ‚Ich werde dafür kämpfen.’ Nun spürte sie, wie sich Anne zurück zog, in die ihr überlegene Dimension. Es war das Ziehen im Bauch und die immer deutlicher, spürbare Einsamkeit in ihrem Kopf, die sie merken lies, dass Anne sich zurückzog. Sie war neidisch auf Anne, sie brauchte nie Schlaf, ging nur, wenn sie Dorothee nicht ertragen konnte. Einmal hatte auch Dorothee versucht nicht mehr schlafen zu müssen. Sie hatte neunundsechzig Stunden durchgehalten und war dann aber auf ihrem Schreibtisch, bei den Schulaufgaben, eingeschlafen.
Sie war damals gescheitert. Da hatte sie Anne erst kennengelernt, und wollte von Anfang an so sein, wie das göttliche Wesen in ihr. Doch sie merkte es schnell, es war wie ein Zeichen, dass ihr zeigte, dass sie die Nichtperfektion in Person war. Es war ein Beweis ihrer eigenen Wertlosigkeit. „So, und hier ist dein Zimmer. Du wirst es mit Katta teilen.“ Sie waren schon an ihrem Zimmer angekommen. Sie hatte die Zeit der restlichen Durchführung durchdacht und so nichts mitbekommen, ihre Beine bewegten sich, ohne dass der Kopf die Anweisungen gab. Es war stickig im Zimmer. Und es war klein. Es standen drei Stühle um einen Tisch, ein großer Schrank, ein Regal mit Büchern und Plüschtieren und zwei Betten. Sie sahen schmuddelig und schon oft benutzt aus. Die Wände waren kalkweiß und schon mit Flecken versehen. Ein großes Fenster war vor dem Tisch, und wenn man raussah, sah man eine große Wiese. Dahinter war ein Wald. Dann dem Zimmer wieder zugewandt, saß auf dem einen Bett Katta, sie lächelte auch und grüßte höflich. ‚Noch so ein verlogenes Miststück!’, dachte Anne und schrieb im selben Moment den noch womöglich bevorstehenden Kontakt mit diesem Mädchen ab. „Es ist ein schönes Zimmer, du kannst sogar zum Wald hinausschauen und die Katta ist auch eine ganz liebe. Gefällt es dir hier?“, fragte die Schwester ganz euphorisch. Dorothee zuckte nur mit den Schultern. Aber ihr Vater lies schon ihr Gepäck auf den Boden plumpsen. ‚Das war’s dann wohl’, dachte Dorothee argwöhnisch. Dorothee war mit dem Rücken zu Schwester und Vater gewandt, konnte aber ihr Flüstern, ohne verstandenen Sinn, hören. Nun kam er zu ihr, legte von hinten seine Hand auf ihre Schulter, übte leichten Druck aus und lies wieder los. Nun hörte sie seine Schritte auf dem Flur. Sie erkannte es. Es waren Schritte, die absolute Beherrschung zeigen ließen. Heute aber war es ein wenig anders. Es waren leisere, unsichere Schritte, die ihr unterbewusst das Gefühl von Macht gaben.
„Ich bin Katta.“
„Das weiß ich.“
„Möchtest du dich nicht auch vorstellen?“
„Nein, lass mich in Ruhe!“
„Ach, mit so einer haben wir es hier also zu tun“, sagte Katta. „Du bist nichts Besseres als wir, daran wirst du dich schnell gewöhnen, und wenn nicht, werden es dir andere zeigen. Und die linke Seite des Schrankes gehört dir. Habe ich extra freigeräumt. Damals war ich hier nämlich alleine und deshalb hab ich mich EIGENTLICH auf eine Bettnachbarin gefreut.“
‚Sie versucht mich zu verseuchen, sie macht es so offensichtlich’, dachte Dorothee.
„Aber,“ und dies flüsterte sie der noch immer stehenden Dorothee ins Ohr „ich glaube mit dir werde ich hier verätzen. Siehst du die giftigen Gase, die hier herumschweben? Jetzt setzen sie sich an der Bettwäsche fest und jetzt an den Wänden und nun kommen sie langsam näher, näher zu dir!“ Nun lachte Katta dreckig und wünschte ihr im hinausgehen viel Spaß beim Auspacken. Sie fühlte Schmerzen, die sich diesmal im Rücken ausbreiteten. Sie krümmte sich bis sie sich mit den Händen am Boden abstützte. Und mit einem Mal kam die Erleichterung. Anne ist da: ‚Vogel, erzähle mir, was dein Gesicht in tiefe Wutfalten brachte.’
„Du hattest recht, die Seuche ist hier“, erzählte Dorothee. Und sie spürte einen Stich im Rücken, der ihr einen kurzen leisen Schrei entlockte. ‚Ich habe IMMER recht, du Geier. Wie wagst du das in Frage zu stellen?’ „Ich wollte es nicht in Frage stellen, wirklich nicht.“
,Also gut, erzähle weiter.‘ Und Dorothee erzählte. Um nicht weiter aufzufallen, gab ihr Anne die Kraft ihre Sachen in den Schrank einzuräumen. Anne war Perfektionistin. Alles wurde geordnet. Nach Kleidungsstück und Farbe. Plötzlich schellte eine Glocke. Und sie hörte den Tumult, der im Flur ausbrach. Sie streckte den Kopf aus dem Zimmer und die ganze Masse strömte in eine Richtung. Eine andere Schwester kam zu ihr, es war eine der Letzten, es sah aus, als hätte sie gerade eine ganze Schar Schafe auf die Weide zum grasen gebracht. Und indirekt war es auch so, wie sie gleich erfuhr. „Du bist also die Neue, komm es gibt Abendessen“, sagte die Schwester mehr zu sich als zu ihr. Nun machte Dorothee die Tür ganz auf und wollte auch in Richtung Karawane gehen, musste aber zuerst zurück und ihre Schlappen anziehen. ‚Was für ein häuslicher Flair’, grinste Anne. Jetzt war auch Dorothee es, die als verspätetes Schaf den anderen folgte. Sie kam zusammen mit der Schwester in den riesigen Speisesaal, der für Station A gedacht ist. Es war ein hoher, großer Raum, der sehr einer Halle ähnelte. Es gab große Kronleuchten, die alles klein und mickrig aussehen ließen. Lange Reihen von Tischen waren aufgebaut. Und in Reihe und Glied standen dann die Stühle dazu. So mochte es Anne. Am Ende des Raumes gab es dann die Essensausgabe, zu der sich auch Dorothee langsam näherte. Es gab Suppe. Sie bekam ein Schüsselchen und musste sich mit ihrer Zimmergenossin an einen Tisch setzen. So waren die Regeln, die sie von einer Schwester aufgedonnert bekam. Es waren fünfundvierzig lange Minuten, die sie mit diesen Verrückten, so schien es ihr, verbrachte.

5

Danach hatten sie Freizeit, das bedeutete, sie durften sich frei auf ihrer Station bewegen. Dorothee ging in das Zimmer, in dem sie nun schlafen sollte. Sie konnte sich aber nicht vorstellen, es „ihr“ Zimmer zu nennen. Alles war neu und alles war fremd. Sie musste sich noch daran gewöhnen. Gerade legte sie sich ins Bett und machte sich auf den langen Weg nach Mai. Das war das Sonderbare daran. Manchmal gab es so viele Abkürzungen in ihrer Welt, dass sie im Handumdrehen da war. Manchmal war es aber eine Qual in ihr geliebtes Reich zu kommen. Es waren überall Fallen aufgestellt und alles war düster, finster und vernebelt. Doch sie wusste jedes Mal aufs Neue, dass sich dieser Weg lohnen würde, denn in Mai schien die Sonne, in der Klinik nicht. Und so war sie schon lange unterwegs. Sie befand sich in einem Wald, der aus schwarzen, hohen Bäumen bestand. Diese jagten ihr einen Schauer ein, denn sie gaben Töne von sich und machten die Luft schwer. Sie kam nur sehr langsam voran und fiel oft hin. Doch langsam wurde es heller und ihr verschmutztes Gesicht bekam ein Leuten. Die Bäume ließen durch ihre Krone Licht herein und Dorothee wusste, dass sie es bald geschafft hatte. Sie nahm ihre Kraft zusammen und marschierte direkt ins Licht hinein. Und da war sie nun, gefangen in Pracht und Hülle der Sonne. Anne stand auf einem Hügel und winkte und lachte ihr zu. Die Leichtigkeit des Windes, die ihr eine Priese von süßem Holz in die Nase steigen lies, machte alles nur noch schöner. Sie sah die Blumen zum Buschorchester tanzen und huschte in wippenden Schritten zu Anne. Sie umarmten und küssten sich, sie lachten und weinten, sie rollten die gräsernen, weichen Hügel hinunter. Beide ärgerten den kleinen Bach und witzelten, dass dieser sich nicht rächen kann. Er hat es probiert, er wollte sie nass machen, doch er schaffte nur eine kleine Fontäne, die es noch nicht einmal bis zum Ufer schaffte.
‚Schau ist er nicht mutig, der kleine Bach?’, lachte Dorothee.
‚Und wie er das ist, ich habe ihn ja auch erzogen’, erklärte Anne stolz.
‚Anne, was soll ich jetzt tun?’, brach es plötzlich aus Dorothee heraus. ‚Wovon redest du?.’ ‚Du weißt wovon ich spreche, morgen will Riibes mit den Sitzungen anfangen.’
,Oh Vogel’, sagte Anne ‚Halte mich da bitte raus, du bist es, die sich das alles eingebrockt hat. Sag ihm was er hören möchte und dann komm wieder her. Ich werde hier auf dich warten.’ ‚Ich komme morgen, ich komme’, sagte Dorothee voller Eifer. ,Ich bin müde, leg dich schlafen,. ‚Anne ich schaffe es nicht zu den Erdenmenschen zurück zu gehen. Der Weg ist zu lang und sie sind so voller Seuche.’ ‚Schlaf kleiner Vogel, ich bringe dich zurück.’ Dorothee legte sich auf ihren Lieblingshügel, der weit weg von dem blubberndem Vulkan war und schlief. Trotzdem sah sie ,als wäre sie ein Vogel, der von oben herunter schauen könne, wie Anne da saß und ihr Haar streichelte und sie fest in den Armen hielt und sie küsste. Sie machte sich nach endlosem, nichtsbringendem Warten auf den Weg Dorothee zur Erde zurückzubringen.

„Aufstehen meine Lieben“, war der Weckruf der leitenden Stationsschwester. Es war acht Uhr morgens und Zeit zum aufstehen. Dorothee schlug ihre Augen auf und bemerkte, das beklemmende Gefühl in ihrem Inneren. Das Herz klopfte so schnell es nur konnte, der Schweiß kam aus allen Poren und sie fing an immer schneller zu atmen. Sie rang um Luft und fing im selben Moment an zu weinen. ’Du wirst verseucht werden, warte nur und sie haben dich.’ Sie war schon ganz rot im Gesicht, als Katta die Schwester rief. Diese kam und setzte sich an ihr Bett. „Hast du Heimweh, kleine Dorothee?“, fragte sie vorsichtig. Dorothee setzte sich aufrecht hin. Sie hatte einen angewiderten Ausdruck im Gesicht, war zornig und voller Gift. Dorothee sagte nichts. ,Du musst für mich kämpfen‘, hallte es in ihrem Kopf und genau dies war auch der Moment an dem sie die Schwester anspuckte. „Ich werde mich nicht von dir, du Seuche, vergiften lassen“, kam es mit zerknirschten Zähnen aus Dorothee. Plötzlich wurde ihr kalt und sie fing an zu bibbern. Sie wippte mit ihrem Oberkörper hin und her und wollte nach Mai gehen. Doch sie sah schon die riesigen Gefängnisgitter geschlossen an den schwarzen Bäumen stehen. ,Rückzug ist das beste Mittel nach einem gelungenen Angriff.‘ Also drehte sie sich zur Wand hin, legte sich ins Bett und zog die Decke bis zum Kinn. Im Zimmer war es ruhig, so ruhig, dass man diese Ruhe sogar schmecken konnte. Es war ein säuerlich, bitterschmeckender Geschmack, der die Zunge verbrennen lies. „Geh hinaus Katta!“, entschied die Schwester entschlossen. Katta verdrückte sich leise, wollte aber Dorothee am liebsten umarmen. Sie fand, dass es bewundernswert war, wie ein Mensch solche Ausmaße von Unsittsamkeit zeigen konnte. Nur schade fand sie, dass sie keine Möglichkeit mehr hatte das hochinteressante Schauspiel weiter zu beobachten. Als sie draußen war und die Tür zumachte, näherte sich der Mund der Schwester zu Dorothees Ohr: „Zieh dich an, deine Therapiestunde wurde vorverlegt.“ Dorothee lag noch einige Minuten in regungslosem Zustand, stand dann auf und ging, ohne weitere Ausfälle zu ihrem Schrank. Sie zog sich schnell, aber ohne Hast an, kämmte sich die Haare und putzte sich die Zähne. ‚Warum hat mich Anne hier her geschickt, warum will sie mich verseuchen lassen?’, dachte Dorothee traurig. Dann stellte sie sich wie ein Soldat an das Bett und wartete. Die Schwester, immer noch den Speichel an der Wange kleben, nahm ihre Hand und ging mit ihr zu Dr. Riibes. Es war ein langer, ausdrucksloser Weg. Da er sich weigerte seine Sitzungen in der Klinik abzuhalten, war sein Therapieraum ein zum Büro umgewandelter Schuppen, der noch zum Anwesen der Klink gehörte. Beide nebeneinander gingen sie, ohne zu reden oder sich anzuschauen. Die Stationsschwester, den Namen kannte Dorothee nicht, klimperte viel mit ihren Schlüsseln, die sie brauchte, um von Treppenhaus zu Treppenhaus zu kommen. Überall waren die verschlossenen Türen, die alles wie ein Gefängnis aussehen ließen, obwohl sie nicht vergittert, sondern mit aus-bruchssicherem Glas versehen waren. Dann kamen sie zum Haupteingang und Dorothee musste an die Situation von gestern Morgen denken.
‚Er hatte mich Doro genannt. War es das schlechte Gewissen, dass ihn plagte, mich zu Verrückten zu bringen?’
Sie gingen auf die andere Seite des Hauses und eine immens groß wirkende, leere Wiese erwartete sie. Das Gartenhaus, der Schuppen, stand da, wie ein verlorenes Blatt im weiten Ozean. Sie benutzen den sauerbersten Weg dorthin, ein Kiesweg. Als sie ankamen, klopfte die Schwester und Dr. Riibes machte die Tür sperrangelweit auf. Er lächelte ein warmes Lächeln und versprühte die Herrlichkeit eines Sommers. Er unterschrieb bei der Schwester, dass seine Patienten auch angekommen sei und machte somit auch gleich die Tür wieder zu. Innen sah es anders aus, als draußen. Von außen war es einfach und klein. Von innen war es klein, durcheinander und unübersichtlich. Es gab einen Schreibtisch und zwei Stühle, in einer Ecke sah man eine Couch mit einem kleinen Wohnzimmertisch und überall , wirklich überall waren Bücher. „Setz dich doch Dorothee“, sagte Dr. Riibes freundlich. „Ich bin nicht doof, also reden sie bitte auch nicht so mit mir.“ Er schaute von seinem Stuhl auf, ohne auch nur einen Gesichtszug zu verändern. Das machte Dorothee nervös, es war nicht zu erkennen, was dieser Mann dachte oder fühlte. Er zeigte keine Reaktion und ließ damit Dorothee im Dunkeln tappen. Normalerweise musterte sie so die Leute, wenn sie ihr interessant erschienen, aber hier hatte sie keine Chance.
„Es war Takt der Höflichkeit, dir den Stuhl in meinen Büro anzubieten.“
„Psychoraum!“, kam es von Dorothee, wie aus der Pistole geschossen „Psychoraum.“
„Nein, wir befinden uns in meinem Büro.“
„Ist mir doch egal“, erwiderte Dorothee gleichgültig. „Denken sie doch von mir aus, was sie wollen, aber ich werde mich nicht verseuchen lassen. Nicht von Ihnen oder der Stationsschwester, noch von der Luft.“
„Brauchst du auch nicht, wenn du möchtest kannst du auch einfach die Luft anhalten.“ Es war eine Zwickmühle für Dorothee, sie hatte sich schon im Netz der Erklärungen und Ausreden verloren. „Wenn ich die Luft anhalten würde, hätte sie doch leichte Beute mit mir, sie würde sich in mir festsetzen und an mir zerren, sie würde sich verbreiten und meinen Hass gegen mich verwenden.“
„Wen hasst du?“, hackte Dr. Riibes nach.
„Die Seuche.“
Er fing schon an, sich alles in seine Unterlagen zu schreiben und fragte dabei: „Und wer ist die Seuche?“ Dorothee antwortete nicht. Sie saß da und schaute aus dem Fenster. Es hatte angefangen zu regnen und die Tropfen prasselten an die Fensterscheibe. Das Tropfen des Regens auf die Fensterscheibe, lies Dorothee weich werden. Es schien, wie eine endlose Periode eines immer wiederkehrenden Klanges, es war Musik. Und deshalb hasste sie den Regen.
“Warum bist du hier?“, fragte Dr. Riibes sie.
„Das muss ich Ihnen sagen?“ Dorothee schaute ihn fassungslos an „Es war sicherlich nicht meine Idee, dass können sie mir glauben.“
„Ich glaube dir und weshalb bist du trotzdem hier?“ Er fragte so unschuldig und Dorothee wollte nicht so patzig sein, wie sie es bisher zu allem und jedem hier war. „Meinen sie die Frage wirklich ernst?“ „Ja.“
„Es ist Unbeholfenheit und dann noch eine ganze Liste dazu: faul, launisch, halsstarrig, unfreundlich, egozentrisch, hässlich, gemein, taktlos und grausam. Ich bin eine Lügnerin.“
„Lügen?“ fragte der Arzt weiter „Inwiefern?“
„Lügen hat zwei Kategorien bei mir, erstens ich würde Sachen man sagt ich würde Blindheit vortäuschen, würde mir Schmerzen einbilden, nicht vorhandene Hörausfälle haben, gelogene Beinverletzungen, geheucheltes Schwindelgefühl und ein nicht nachzuweisendes, böswilliges Simulieren. Zweitens würde ich ein schlechter Verlierer sein. Habe ich Unfreundlichkeit vergessen? … Also auch Unfreundlichkeit.“
Nun schwieg sie und dachte daran, dass sie zum erstem Mal ihre wahren Gefühle ausgesprochen hatte. Sie hatte sie jemandem anvertraut, nein, an den Kopf geworfen, der dies alles womöglich gegen sie und ihre Lebenshaltung verwenden würde. ‚Versager.’
Der Arzt sagte einfach: „Na, da haben wir ja eine schöne Liste, ich glaube nicht, dass alles so ist, wie du es hier gesagt hast, aber wir wollen versuchen das zu ändern. Es ist aber eine Menge Arbeit, darüber musst du dir im Klaren sein.“
„Ja natürlich, sie wollen mit mir arbeiten um mivh freundlich, süß und nett zu machen, sie sind der große Held und ich das endlich erzoene Mädchen. Bravo“
„Dir helfen gesund zu werden!“
„Das Jammern zum Schweigen zu bringen.“
„Das Jammern hinauszurufen und dir endlich bewusst zu werden, das es etwas gibt, das nicht stimmt, dass wir aber trotzdem beheben können.“
Dorothee wurde blass. Er konnte kontern, das war sie nicht gewöhnt. Es verängstigte sie, wie er ihre Vorstellungen versinken lies, ohne überhaupt zu merken, dass es wichtige Worte für sie waren. „Ach Sie, Sie als Arzt, sagen doch genau das ws man hören will. Natürlich es gibt auch Hoffnug für mich. Sagen Sie, in was für einer naiven Zeit leben Sie? Bestimmt glauben sie auch noch an das Babylonische Weltbild.“
Jetzt sah man, wie Dr. Riibes seinen Gesichtsausdruck veränderte. Sein entspanntes Gesicht bekam kleine Stirnfalten, die aussagten, dass er sich konzentrierte. Nach einem kurzen Augenblick des Überlegens sagte er: „Mir scheint, als hätte ich in Wahrheit gesagt, dass du sehr krank bist.“
Es war wie ein spitzer Nadelstich. Niemand hatte ihr jemals gesagt, dass sie krank war, zumindest nicht ins Gesicht. Sie hatten immer nur gesagt: „Dir fehlt nichts, wenn du nur…“ Hier endlich war die Rechtfertigung für all ihre Gefühle von Zorn und Wut in jenen Sprechzimmern. Doch es erleichterte sie. Schmerzen, solange es physische waren, taten schon immer gut. „Ich glaube, ich werde dich als Patienten aufnehmen“, sagte Dr. Riibes vorsichtig.
„Also kann ich gesund werden?“
„das kann ich nicht sagen, wenn du weiterhin alle Kraft in das Gefecht deiner Worte setzt, dann sicherlich nicht. Doch wenn wir zusammen arbeiten und du dich wirklich bemühst, muss es doch klappen, deine eigene Erfindung auszuschalten.“
„Und was, wenn ich nicht gesund werden möchte?“
„Dann warte ich, bis du dich in einer Welt von Anarchie und Terror bewegst“, sagte der Arzt „Spätestens dann, musst du gesund werden.“
„Ich werde es mir überlegen“, sagte Dorothee langsam. „Ein gutes Schlusswort“, lächelte Dr. Riibes „Denn unsere Stunde ist vorbei.“ Und im gleichen Augenblick klopfte es an der Tür, es war die Schwester, die Dorothee wieder in das Innere der Klink bringen sollte. Dr. Riibes sagte nur der Stationsschwester, dass er sie morgen gerne ein wenig später sehen würde. Über den morgendlichen Zwischenfall verlor jedoch keine der beiden Damen ein Wort. „Zuletzt möchte ich dir noch sagen Dorothee, dass ich dir nicht gegen deinen Willen Symptome oder Krankheit nehmen werde.“ Dorothee presste die Lippen aufeinander, sie würde sich nicht ein naives Ja entlocken lassen, sie lächelte nur und ging hinaus. Nun wandten sich Schwester und Dorothee um und gingen weg.
Die Stationsdame mit weißem Käppchen und gestreifter Uniform brachte das Mädchen zurück auf ihre Station
Der Arzt schaute beiden nach, wie sie zum Gebäude zurückgingen und dachte: ‚Irgendwo in dieser Altklugheit und Bitterkeit und irgendwo in dieser Krankheit, deren Grenzen ich noch nicht bestimmen kann, liegt eine verborgene Kraft. Sie war da und wirkte, als die Krankheit beim Namen ganz unverhohlen genannt worden war. Es war der stumme Schrei nach Hilfe, der sie diese patzigen Antworten mit viel Aussagekraft geben lies. Eine solche unterbewusste Feststellung kann nur von Heranwachsenden getroffen werden und von solchen, die noch mit ihrer Krankheit kämpfen.’
Dr. Riibes seufzte und ging an seine Arbeit zurück. „Dieses Mal… dieses Mal kann ich nichts tun, als selbst Zuschauer zu und so stark mitzufiebern und zu unterstützen, als das der Sieg bald komme.“

6

Es war Nacht und der Wald war schwarz, Dorothee war wieder auf dem Wag nach Mai. Sie ging, sie fiel und sie stand auf, doch ein Ende war nicht in Sicht. Sie war total verdreckt, müde und hungrig. ‚Anne’, schrie sie ‚Anne, wo bist du?’ Niemand antwortete. Die Bäume wippten und dadurch kam ein Rascheln zustande. Es klang geheimnisvoll für jemanden, der keine Angst hatte, doch für Dorothee war es erschreckend und furchteinflößend. Sie fing an zu weinen und schrie durch den Wald, aber niemand, außer ihr eigener Schall, antwortete ihr.
Dorothee wusste nicht was sie machen sollte. Um zurückzukehren war es zu weit und zu spät, bei den Erdenmenschen aufzuwachen, eine niederschmetternde Verseuchung. Also fing sie an zu laufen in Richtung Mai. Sie lief und lief und sah ein Licht auf sich zukommen.
‚Ist es Mai?’
Es war Licht, aber die Sonne war vernebelt und verschwommen. Sie war in Mai. ‚Anne?’, rief sie. ‚Was ist passiert?’
‚Du Rabe, eines verfluchten Schöpfers, wie kannst du es wagen mich zu verleugnen?’
‚Ich habe dich nie verleugnet Anne’, sagte Dorothee ängstlich. Sie sagte es leise, weil sie große Angst hatte. Alles war anders in ihrer Welt, es war gruselig. Es war viel schlimmer, als auf der Erde, denn das helle Licht die Sonne, schien nicht. ‚Wieso willst du gegen mich kämpfen? Ich habe doch alles für dich getan. Ich liebe dich!’ Sie streichelte dabei Dorothee über die Wange und hinterlies einen langen Kratzer mit ihrem Fingernagel ‚Anne, du weiß ich tue alles für dich. Warum tust du mir weh?’
‚Meine kleine Taube, die Grausamkeit ist zum Schutz’, erklärte Anne ‚Mit Sanftmütigkeit kommst du nicht zu deinem Ziel.’
‚Was ist mein Ziel?’ ‚Ich bin es.’ ‚Nein, du bist meine Freundin.’
Und schon wurde sie für so eine undurchdachte Aussage bestraft. Sie hatte nun viele Wunden an ihren Armen. ‚Bitte, lass mich’, bettelte Dorothee ‚Ich kann nicht mehr.’ ‚Vogel, du bist noch zu schwach, du musst Schmerzen spüren und genießen.’
„Dorothee, aufwachen“, rief jemand direkt in ihr Ohr hinein. ‚Wenn du jetzt gehst, gibt es Krieg!’ „Bitte nicht, Anne. Bitte nicht!“ Ein Grollen fing an, der Vulkan fing an zu blubbern. Alles verfinsterte sich und Blitze durchzuckten den Himmel. Jemand schüttelte Dorothee heftig durch und sie flog in der Schnelle des Windes über den schwarzen Wald, baumelte gerade so durch die Gefängnistür und wachte auf. Sie war schweißdurchtränkt und die Stationsschwester saß vor ihr. „Na endlich, wir dachten schon du willst überhaupt nicht mehr aufwachen.“
Dorothee fing an zu weinen. Sie hatte Anne enttäuscht und die würde sich dafür rächen.
„Was ist den los Kleines? Du bist ja ganz durcheinander.“ Die Schwester nahm sie in den Arm und wiegte, sie wie ein kleines Baby. hin und her,
„Geht’s wieder?“ „Ja“, kam es von Dorothee mürrisch. „Fassen sie mich niemals wieder an“, erklärte sie sachlich. Ernüchternd nahm die Schwester diese Worte auf. Mit „natürlich nicht“ antwortete sie abweisend. „Steh dann jetzt bitte auf und komm zum Doktor.“ Dorothee verstand nicht. „Wieso …?“ „Weil dein Bett blutdurchtränkt ist, schau mal an, in was du liegst.“ Dorothee sah es. Die ganze weiße Decke war mit Blut eingesaut. „Aber…?“ „Keine Wiederrede, komm jetzt. Charon wird das schon saubermachen.“ Dorothee stand auf. Sie ging wie in Trance mit der Schwester, diese brachte sie zum Stationsarzt. „Mensch was hast du denn da mit dir angestellt?“, kam es gleich von ihm. „Es sind ziemlich tiefe Schnittwunden.“ „Das war nicht ich“, antwortete sie wahrheitsgemäß „Es war Anne, sie war sauer.“ „Na dann aber, hat dir das Mädel gezeigt wo es lang geht.“ Und beide fingen, in dieser unglücklichen Situation, an zu lachen. Es war ein befreiendes Gefühl für Dorothee und sie fühlte sich gut. Der Arzt behandelte ihre Wunden und schickte sie wieder auf die Station. Es war ein peinlicher Augenblick, als sie zum Mittagessen, verspätet in die Halle eintraf. Mit einem Schlag war alles still, alle warteten. Dorothee war in diesem Moment eifrig bemüht, sich so zu benehmen, als sei sie irgendwo anders und offenbar uninteressiert an Ort und Personen. Sie ging sich ihren Teller und das Essen holen und der allgemeine Trott fing wieder an. ,Du wirst bezahlen.‘

7

Nun war sie schon einige Monate hier und es hatte sie nichts gebessert. Das Grollen war immer noch da und sie wartete zusammen mit Dr. Riibes auf den Ausbruch. Sie sprachen auch über ihren blutigen Exzess und er war stolz aus sie. Seine Worte waren: „Es ist gut, wenn der Fluss eine Mündung hat, denn dies ist die Quelle der Gefühle.“ Ganz verstanden hatte sie es nicht, aber sie wollte sich auch nicht die Blöße geben und ihn danach fragen. Eines Vormittags war sie im Malraum und malte mit den anderen an irgendwelchen abstrakten Schnörkeleien, die für sie keine Therapie, sondern einfach Zeitvertreib waren. Es war wieder ein leises Grollen, doch diesmal fing sie an zu zucken. Irgendwann konnte sie den Stift nicht mehr halten. Sie lief in IHR Zimmer und lies sich auf das Bett fallen. „Lass mich in Ruhe!“, schrie sie. „Lass mich doch endlich in Ruhe.“ Sie spürte die Schmerzen in ihrem ganzen Körper. Es war ein Gefühl, als würde sie von innen heraus verbrennen. Sie biss die Zähne in das Kissen und lies es über sich ergehen. Es waren Schmerzen, die für sie kaum zu ertragen waren. Sie bettelte und bat, doch Anne war erbarmungslos.
Endlich konnte sich Dorothee wenigstens ein bisschen bewegen, so kroch sie auf allen vieren zu Marlene, der Stationsschwester, und lies sich eine Schmerztablette geben und, auf das Zimmer, ins Bett bringen. ,Du wirst Qualen erleiden, ich werde dich vernichten‘, hallte es in ihrem ganzen Kopf. Nach Stunden der Regungslosigkeit und dem Ringen nach Ruhe, konnte Dorothee nicht mehr liegen. Sie wollte etwas gegen Anne unternehmen. Sie lief, es war Freizeit, die Station auf und ab. Sie wartete bis im Schwesternzimmer niemand war. Nach, für sie endloser Zeit, war es endlich soweit und ein noch heißer Zigarettenstummel war im Aschenbecher. Sie klaute ihn sich und lief damit auf die Toilette. Es waren die aufregendsten Minuten in ihrem Leben. Sie hatte eine unglaublich große Menge Adrenalin in ihrem Blut, bis sie endlich an ihrem Ziel war und aufatmen konnte. Dann nahm sie den Verband vom rechten Arm ab und fing an, sich den Zigarettenstummel in den Arm zu drücken. ‚Da spürst du die Schmerzen, Anne? Ich werde dich verbrennen!’, lachte Dorothee und presste noch mal den Zigarettenstummel in die schon offene Wunde. Danach kippte sie den ausgelaugten Stummel ins Klo und ging schlafen.
Am nächsten Morgen war die Wunde mit Eiter versehen. Sie wickelte, damit es die Schwestern nicht sahen, das Verband wieder um ihren Arm.
Nun saß sie wieder mal nach dem Frühstück bei Furii. So nannte sie ihn mittlerweile in Gedanken.
„Dr. Riibes, was ich sie schon länger fragen wollte: Kommt jemand jemals raus, ich meine gesund heraus?“
Nach langem Zögern kam ein entschlossenes „Ja! Aber davon sind wir noch weit entfernt. Wir müssen noch viel arbeiten, um uns diesem Ziel zu nähern.“
„Glauben sie wir schaffen das?“
„Wenn du hart mitarbeitest, bin ich fest davon überzeugt.“ Er lächelte wieder sein strahlendes Lächeln und ihr wurde ganz warm ums Herz.
„Dann wollen wir mal wieder anfangen“, sagte Furii „Erzähl mir etwas von deiner toten Schwester.“
„Also, ich war fünf Jahre alt, oder nein, ich war vier. Ich liebe meine Schwester, ehrlich. Damals jedoch war ich neidisch und habe sie verachtet. Sie hat mir meine Mama weggenommen.“ „Deine Schwester? Wie hat sie das gemacht?“, hakte Furii nach. „Sie ist bei ihrer Geburt gestorben und Papa hat sich dann nur noch um mein Schwesterherz gekümmert. Er hat mich nicht geliebt.“ „Bitte weiche jetzt nicht vom Thema ab“, sagte Furii aufmerksam „Erzähle mir was von deiner Schwester und ihrem Tod.“
„Es geht nicht.“
„Warum nicht?“, fragte er überrascht.
„Ich würde mich dann strafbar machen“, antwortete Dorothee.
„So, würdest du das? Bist du dann nicht jetzt auch schon strafbar? Ich habe außerdem Schweigepflicht.“
„Es war ein grässlicher Wintertag und ich war mit ihr alleine oben. Sie lag in ihrer Wiege und spielte mit irgendeinem Kinderkram. Ich war im Zimmer neben an. Mein Papa kam hoch, um nach ihr zu schauen. Er schaute immer nur nach ihr. Dafür habe ich sie beide gehasst, aber sie am allermeisten. Ich habe sie auch umgebracht.“ Sie sagte es in einem Ton, als wäre alles nur ein Spiel. „Wie meinst du das?“
„Sie lag in ihrem Bettchen und spielte. Ich hasste sie, also nahm ich sie auf den Arm und ging zum Fenster. Ich machte es auf und schmiss sie raus. Das Ungünstige war, dass mein Vater in diesem Moment reinkam und aus dem Fenster schaute. Er sah sie, wollte sie retten, aber es war zu spät. Er gab mir damals eine Ohrfeige, danach rief er den Krankenwagen und die sagten, dass meine Schwester tot ist.
„Und dein Vater…?“
„..hat dazu nie etwas gesagt.“
Dorothee hatte es als Tatsache hingenommen und es irgendwo vergraben wie Abfall. In Mai gab es ganz am Ende den „Grusel-Sumpf“. Anne hatte sie mal dahin geführt, um ihr die Ungeheuer und Leichen ihrer Alpträume zu zeigen, die sich dort Jahr für Jahr aus furchterregenden Träumen angesammelt hatten. Damals hatte sie Anne gefragt, was das für ein furchtbarer Gestank war. Anne hat mit den Worten ‚Scham und Heimlichkeit , Vogelwesen’, geantwortet.
„Höchst merkwürdig“, murmelte Furii und schrieb wieder seine Notizen.
„Es ist die Wahrheit“, antwortete Dorothee.
„Dein Vater will kommen, er möchte dich besuchen.“
Er sah den Schreck mit einem Mal in ihren Augen. „Ich will ihn nicht sehen.“
Leise hörte sie den Gesang von Anne. ‚Das ist alles Illusion, Mai ist wirklich.’ Anne kam näher und Dorothee ging wiederum zum Eingang. Sie ging auf die andere Seite des Gefängnisgitters, von der sie manchmal mit der Welt getrennt war. Sie waren wie von Geisterhand aufgezogen worden, als wäre es jetzt ein offenes Willkommenstor, doch als es jetzt zur Sprache von ihrem Vater kam, schlossen sie mit einem lauten Klirren. Das Klirren hörte Dr. Riibes nicht, die Wirkung aber spürte er. „Dorothee was ist los?“ „Ich kann sie so schlecht sehen“, antwortete Dorothee. „Und auch so schlecht hören.“ Sie lief immer weiter in den schwarzen Wald. Anne war es die sie hetzte. Tiefer und tiefer.
Sie ließ sie über Wurzeln stolpern und lachte.
‚Wenn du denkst, alles wird gut, weil du einen Retter hast, der keiner ist dann muss ich dich enttäuschen. Er will dir nicht helfen. Er verdient doch nur an dir.’ Und Anne flog. Sie flog mit dem Wind bis zur Gefängnistür. Machte diese auf, kroch darunter her und kam in Dorothees Körper zum Vorschein. „Hallo?“ rief Dr. Riibes. „Hörst du mich? Bist du da Dorothee?“
„Nein Dorothee ist nicht da. Ich bin Anne!“, kam es patzig vom Stuhl herüber.
„Hallo“, kam es trocken von Furii „Was hast du mit ihr gemacht?“
„Ich hab sie in den Wald gesperrt“, gackerte Anne. „Da weint das Vogelwesen jetzt.“
„Warum verschmutzt du ihre Gedanken?“, fragte der Arzt Anne. Ihre Antwort war kurz und bündig: „Die Gedanken sind entweder Freund oder Feind. Und sie hat sich gegen mich entschieden.“
Anne schaute ihn angriffslustig an. Dies war also der vorgetäuschte Retter von Dorothee. ‚Hat ihr leider nicht geholfen, dachte Anne. Und diesmal war sie es, die sich plötzlich krümmte. Dorothee hatte aus dem Wirrwarr des dunklen Waldes herausgefunden und schlug nun mit einem Baumstamm immer wieder auf die Gefängnistür ein ein. Damals wollte auch Anne so rauskommen.
Jetzt war sie aber diejenige, die draußen war und krümmte sich vor Magenschmerzen, es waren immer neue Hiebe.
„Sie sind so naiv, Mister Doktor“, krächzte Anne. „Glauben sie alles was Dorothee ihnen erzählt?“
„Ja“, antwortete Dr. Riibes ihr. „Ich vertraue ihr.“
„Soll ich Ihnen etwas, ganz im Vertrauen, zeigen?“, flüsterte Anne mit einem immer noch gekrümmten Oberkörper. „Bitte.“
Und schon krempelte sie Dorothees rechten Ärmel hoch, sie fing an sich das Verband abzurollen und bevor Furii sein zivilisiertes „nicht doch“ rufen konnte, riss sie das Verband von ihrem Arm. Es war schmerzhaft, denn das Verband klebte an dem schon antrocknenden, klebrigen Eiter. Es war ein erschütterndes Bild und sie schaute zu ihm hoch, denn sie wollte seinen Gesichtsausdruck sehen. Und sie fing an zu lachen. Anne hatte noch niemals jemanden gesehen, der so viel Ekel, Scham und Furcht auf einmal zeigte. „Dorothee spielt mit ihnen.“, sagte Anne höhnisch. „Du lügst, du Miststück, du lügst“, kam es von Dorothee.
„Meine Liebe, dein Mister Doktor kann dich nicht hören.“
„Nein, aber ich kann dich hören und ich weiß, das Dorothee da drinnen kämpft. Sie ist stark und…“
„…kommt gegen mich an, glauben Sie das wirklich?“, lachte Anne. „Ich bin es die sie erschaffen hat.“
„Nein, Dorothee ist es, die DICH erschaffen hat und sie wird es sein die dich vernichten wird.
Deshalb kämpfe Doro.“
„Das werde ich.“
Sie merkte, dass sie die Gefänginstür nicht durchbrechen würde können und deshalb buddelte sie mit aller Macht ein Loch darunter. Sie machte es wie der Hund, der aus seinem Zwinger ausbrechen wollte und sie schaffte es. Sie stieß Anne weg und in dem Moment fiel sie auch vom Stuhl. Es war nervenaufreibend und bestialisch, doch Dorothee wollte gewinnen. Denn diesmal war sie es die perfekt sein wollte.

8

„Wo bin ich?“
„In meinem Arbeitszimmer“, lächelte Furii.
„Ist es vorbei?“, fragte Dorothee zaghaft. „Habe ich das wirklich alles gemacht und auch überstanden?“
„Ja das hast du und du hast es toll gemacht“, sagte der Arzt. „Aber bitte bleibe noch ein bisschen auf der Couch liegen und ruh dich aus. Ich glaube du bist schwer gestürzt.“
„Ich?“, fragte sie erstaunt. „Vom Dach?“
„Nein“, lachte der Doktor. „Vom Stuhl. Du hattest einen schweren Kampf mit Anne, soweit ich das mitbekommen hab.“
„Ja, ich weiß. Aber wissen Sie, was mich angespornt hat zu kämpfen?“
„Nein.“
„Siewaren es und das ,Doro‘ von meinem Papa waren es“, und Dorothee lächelte. „Es ist komisch, jetzt sehe ich es so klar vor Augen. Ich glaubte meinen Vater zu hassen, aber es war starke Liebe“, sagte sie. „Die Liebe war meine Waffe gegen ihn.“
„Wozu brauchst sie?“
„Um Abstand zu gewinnen, den ich nie haben wollte.“
„Und nun vermisst du ihn?“, erkundigte sich Dr. Riibes.
„Nein, aber darüber möchte ich nicht reden. Ich bin müde“, erwiderte Dorothee.
„Na gut, dann sag mir etwas über deinen, später nicht narbenfreien, rechten Arm.“
„Ich wollte Anne damit verbrennen. Sie tat es von innen und ich von außen“, erläuterte sie fachgemäß.
„Aber Kind, siehst du denn nicht, dass diese Anne eine von dir erfundene Person ist.“
„Und wenn schon,…
…wenn ich sie auslösche, würde ich dann nicht auch einen Teil meines Selbst auslöschen?“
„Nein“, antwortete der Arzt. „Du würdest einen Teil deines Ichs auslöschen, aber das Ich wird immer wieder neu geprägt, da kommt noch etliches hinzu, so dass die Lücken des grausamen Terrors leicht gegen etwas besseres ersetzt werden können.“
„Was ist der Unterschied zwischen Ich und Selbst?“
„Das Selbst ist von Geburt an in dir und ist schon, als du noch ein Baby warst, voll entwickelt. Das Ich im Gegensatz, wird von Tag zu Tag geprägt und verändert sich auch im Laufe deines Lebens. Das Desaster ist nur, wenn Ich und Selbst zu weit voneinander leben, dass heißt, wenn die simpelsten Grundgesetze nicht übereinstimmen, dann blockt der Körper ab und man wird krank.
„Inwiefern krank?“, fragte Dorothee nun ganz neugierig.
„Entweder psychisch oder physisch. Aber die Stunde ist nun schon lange um und du brauchst jetzt wirklich ein bisschen Ruhe. Ich rufe die Schwerster, sie wird dich auf Station D bringen.“
Sie kam nun auf Station D, da sie als selbstgefährdet galt. Als die Schwester mit dem Fahrstuhl auf Station D fuhr und alle Patienten dort oben sie anschauten, war es ihr zum ersten Mal wirklich gleichgültig, denn sie wollte nur schlafen.

9

Als sie am nächsten Morgen aufwachte, hatte sie Angst. Angst vor irgendetwas Namenslosem. Nun war sie auf der Station D, der schlimmsten Station. Wie erniedrigend.
„Guten Morgen“, kam es vom anderen Bett. Hektisch drehte sich Dorothee in Richtung anderes Bett. Ein lachender Rotschopf schaute ihr entgegen. „Morgen“, knurrte sie zu ihr zurück.
„Ich bin Tosi“, und das Mädchen kam zu ihr herüber gewatschelt und setzte sich auf Dorothees Bettkante. „Das ist eine Abkürzung für Tobinka Siena. Schau mich nicht so an, ich weiß, dass es ein blöder Name ist“, sprach sie lächelnd. Dorothee war erschrocken und gerührt von soviel Nettigkeit, die aus Herzen zu kommen schien, wie sie fand. „Ich… ich bin Dorothee“, sagte sie vorsichtig. „Na, das weiß ich doch. Du warst gestern schon Gesprächsstoff Nummer Eins“, sagte Tosi. „Aber lass dich davon nicht verunsichern. Wenn du dich hier eingelebt hast, wirst du auch eine Tratschtante. Ansonsten wird man hier doch verrückt.“ Und beide fingen an lauthals zu lachen. „Das ist die einzige Möglichkeit sich auf dem neuesten Stand zu halten, denn Zeitungen, wie in der A sind hier nicht zugelassen.“
„Dorothee wurde auf einmal hellwach: „Keine Zeitungen?“
„Keine Zeitungen, Blätter, Bücher, Papier und Stifte. Hier bekommst du nichts einfach so, du wirst immer einen Sonderantrag brauchen.“
„Ich werde hier nicht lange bleiben“, sagte Dorothee.
„Na, das hab ich am Anfang aber auch gedacht“, grinste Tosi. Sie ging nun aus dem Zimmer und rief dabei: „Ich gehe Zähne putzen.“
Dorothee stand langsam auf. Hier war nichts, ihr Zimmer bestand nun aus zwei Betten.
Sie hatte ein krankenhausähnliches Nachthemd an und fühlte sich schrecklich.
‚Sie dir nun an, wo du nun ohne mich bist.’
„Halte den Mund!“, sagte sie diesmal stolz und ohne Angst.
Nun ging sie vorsichtig aus dem Zimmer und fand sich auf einem langen Flur wieder. Die Masse marschierte Richtung Baderaum. Also folgte sie ihnen und stand plötzlich in einer von Schwestern bewachten Badehalle. Sie stand verloren, ängstlich und allein in der Ecke. Doch schon kamen zu ihr die neugierigen Frauen, sie begrüßten sie so, wie sie sich fühlten, nicht seucheneinschleimend. Es war ein herrlich befreiendes Gefühl für sie. Und sie merkte mit einem Mal das „D“ überhaupt nicht die schlimmste Station war, sondern die ehrlichste. Die anderen Stationen hatten einen Ruf aufrechtzuerhalten, sie mussten die äußere Form wahren. Hier aber, als Verrückte, Wahnsinnigeund Übergeschnappte hatte sie keine Verantwortung sich sittsam zu benehmen. Und das merkte sie sofort. Unter den Duschen schrieen und hauten sich die Frauen. Es war ihnen egal, was die anderen dachten, weil die anderen genauso dachten. Dieser Kreislauf, war das Gegenteil der heute denkenden Gesellschaft.
Und plötzlich stand Tosi hinter ihr: „Na, bist du überrascht wie es hier zugeht? Ich war es am Anfang auch.“ Und schon ging sie wieder weiter, als hätte sie nie mit ihr geredet.
Später nach dem Frühstück saß Dorothee wieder auf ihrem Bett und wippte hin und her. Sie flog nach Mai, es war immer noch ihre Welt, es war zwar nicht mehr ganz so schön, wie vor einem Jahr, denn manche Blumen waren schon verwelkt und der Bach war ausgetrocknet, aber es war dennoch ihre Welt. In diesem Augenblick kam Tosi rein. „Du kannst dich nicht ewig verstecken“, sagte sie. Doch Dorothee schaute nur auf und sagte: „Warum denkt alle Welt, ich will mich in Mai verstecken? Ich lebe da, ob nun mit oder ohne Anne.“ Tosi schaute sie an. „Typischer Fall von Geisteskrankheit“, sagte sie dann nur und hüpfte auf ihr Bett.
„Warum bist du hier?“, fragte Dorothee.
„Das geht weit über deinen Verstand hinaus, ich bin schon analysiert, schocktraktiert, und durchgeschüttelt worden. Bei mir sitzt im Kopf nichts mehr an der richtigen Stelle.“
Die Worte waren hart und schonungslos, ohne Beschönigungen, die man draußen immer hört. Schonungslosigkeit und Grobheit, das würde Dorothee noch erfahren, waren zwei wichtige Vorrechte in der Klink und jeder schöpfte sie bis zur Neige aus. Die mit den Schreikrämpfen und dem starren Blick auf der Station D wurden von den anderen als <krank> bezeichnet und nannten sich selbst <verrückt>. Auch nur ihnen war es erlaubt, sich selbst mit den Wörtern wie <wahnsinnig> und <durchgedreht> zu bezeichnen, ohne dass jemand wiedersprach.

10

„Guten Morgen.“
„Morgen“, knurrte wie immer Dorothee morgenmuffelig.
„Dir geht’s doch schon wieder hervorragend“, lachte Furii. „Ich glaube nach dem anfänglichem Schock auf D, hast du dich mittlerweile gut eingelebt, oder?“
„Ja, jetzt geht es mir irgendwie schon besser. Obwohl Anne immer noch da ist, hab ich sie schon etwas besser im Griff.“
„Etwas besser?“
„Ja“
„Du hast sie das Erste mal in deinem Leben im Griff!“
„Ich weiß.“
„Und was ist mit Mai?“
„Ich liebe Mai!“, lautete die Antwort.
„Aber Dorothee du weißt, dass die Welt in deinem Kopf nicht wirklich existiert. Was du siehst und hörst ist nicht echt.“
„Die Krankheit besteht nicht darin Dinge zu sehen oder zu hören....“
„…ich glaube die Krankheit liegt dahinter! Deine Symptome sind nicht die Krankheit, es sind Panzerungen, Verteidigungen.“, erklärte Furii seinen Standpunkt.
„Du klammerst dich jetzt so sehr an Mai, da es jetzt der einzig sichere Boden für dich ist. Und wir nehmen ihn dir hier Stück für Stück weg.“
„Den Weg werde ich auf mich nehmen, ich bin jetzt schon oft gefallen und werde dieses Mal auch aufstehen.“
Dr. Riibes war erstaunt über den Mut dieses so jungen Mädchen und nickte ihr zu.
„Gut dann möchte ich es jetzt wagen ein besonders großes Stück wegzunehmen.“
„Wenn der Anfang getan ist, dass du Gefallen an der Seuchenwelt gefunden hast, dann rechne mit Grausamkeit.“
„Also“, fing Furii an, „Ich weiß nicht ob ich nun verrückt bin oder hast du die Geschichte mit deiner Schwester erfunden? Warst du wirklich vier Jahre alt, als du hereinkamst und das Baby im Kinderbettchen liegen sahst? Und du hast dein Schwesterchen wirklich so sehr gehasst, dass du es töten wolltest?“
„Ja. Ich kann mich noch sehr genau daran errinern.“
„Du magst dich wohl daran erinnern, deine Schwester gehasst zu haben, aber die Tatsachen sind mehr als nur komisch. Was hat dein Vater gesagt, als er hereinkam? Sagte er: ,Las das Kind in Ruhe!‘ oder ,Tu dem Baby nicht weh!‘?“
„Nein! Ich weiß noch ganz genau wie er lauf und grob sagte: ,Was machst du denn hier?‘ und ich erinnere mich, dass das Baby weinte.“
„Aber Dorothee“, sagte der Arzt. „Du warst nicht groß genug, um irgend etwas von dem zu tun, woran du dich erinnerst. Das Schuldgefühl, wie du sagtest, war nur die Scham, dass du deine Schwester umgebracht hattest. Und dann hast du deine Gedanken durch die Krankheit wachsen lassen, bis sie zu Erinnerungen wurden.“
„Es hätte aber genauso Realität sein können, ich habe all diese Jahre damit gelebt, als ob es real wäre.“
Ein Schweigen belegte den Raum und hielt solange an, bis es Dorothee nicht mehr aushielt und die Tränen anfingen zu kullern. „Was habe ich dann mit meiner Schwester gemacht, wie habe ich sie dann umgebracht?“
„Dorothee du kennst die Wahrheit.“
„Nein, nein, ich weiß nicht, was sie von mir wollen!“, brachte sie hinter vorgehaltener Hand vor.
„Bitte sag mir wie deine Schwester heißt“, drängte plötzlich Furii.
„Ich kann es nicht sagen.“ „Doch du kannst, du hast es schon die ganze Zeit getan.“
„Woher wissen sie das?“
„Sag nur den Namen Dorothee, sag ihn“, verlangte der Arzt.
„Anne!“, und das Mädchen vor ihm im Stuhl fiel auf die Knie und wimmerte.
Es dauerte einige Minuten, bis sie bereit war, noch einen Schritt in die gefürchteten Strömungen verworrenen Wahnsinns zu gehen. Sie setzte sich wieder hin. „Ich bin bereit.“
„Dorothee, du hattest nie eine Schwester.“
Sie war nicht fähig etwas zu sagen, sie wimmerte auch nicht mehr. Ihre Gedanken waren nicht fähig Informationen zu verarbeiten.
„Wie… wie kann das sein?“
„Du bist ein sehr intelligentes Mädchen und wusstest das schon früh einzusetzen, wie mir dein Vater berichtete.“
„Sie haben mit meinem Vater gesprochen?“
„Wie stellst du dir denn eine Therapie vor? Natürlich habe ich mit deinem Vater gesprochen. Ich habe auch ein paar seiner Bücher gelesen.“
„Habe ich nie“, widersprach Dorothee trotzig.
„Doch das hast du!“, sprach Furii. „Du warst es die sein Buch, das Buch, womit er den Tod seiner Frau und deiner Mutter überwunden hat, las und auf sich bezogen hat. Es war ein Roman, der einiges an Wahrheit beinhaltete, jedoch zum größten Teil ausgedacht war.“
Er blickte sie ernst an. „Du warst so intelligent, hatte er mir erzählt, du konntest schon mit vier lesen. Was für ein Zufall“, er fing an zu lächeln. „Kleine Dorothee, mit diesem Stock der Schuldgefühle brauchst du dich nicht mehr zu prügeln. Unsere Möchtegern- Mörderin ist nichts weiter, als eine Vierjährige Leseratte, die sich an einem schwerwiegendes Buch des Vaters vergriff und noch nicht in der Lage war zwischen Realität und Illusion unterscheiden zu können.
„Ich machte mir also Illusion zur Realität.“
„Genauso ist es.“ Dr. Riibes war erleichtert zu hören, dass Dorothee verstand, warum sie etwas hörte und sah, was andere nicht nachvollziehen konnten.
„Natürlich müssen wir jetzt noch daran arbeiten, dass die Stimme in deinem Kopf wirklich verschwindet und dass du Mai verlassen kannst.“
„Aber wohin soll ich gehen?…Wenn Mai nicht mehr da ist?“, fragte sie erschöpft.
„Du sollst hier bleiben.“
„Und ist ‚hier’ wirklich besser als Mai?“

 

Hallo Anita,

endlich hab ich deine Langgeschichte durch ... :) – Es lohnte sich aber, sie zu lesen. Ich konnte gut in die Geschichte und in Dorothee eintauchen und mich in ihre konfuse Welt hineinversetzen, ich las mit Spannung dem Ende entgegen. Die inhaltliche Idee über ihr Leben – Genie und Wahnsinn (á la A beautiful mind) – gefiel mir. Und als deine Protagonistin in diese Anstalt eingewiesen worden ist, war ich neugierig, ob Dr. Riibes mit seiner Therapie Erfolg verzeichnen würde können. Den inneren Kampf Dorothees mit sich selbst und Anne hast du meines Erachtens dabei recht anschaulich beschrieben. Hab deine Geschichte gerne gelesen. :)

Etwas enttäuscht hat mich das Ende – da ich denke, dass Dorothee weder in Mai noch in dieser Anstalt wirklich glücklich werden kann, hätte ich es besser gefunden, wenn sie am Ende auch diese verlassen hätte können –, aber schlecht finde ich es nicht, wie sich alles auflöst.

Ein paar Fehler sind noch im Text, wenn du die bei Gelegenheit noch beheben könntest? Die vielen Leerzeilen nach jedem Kapitel halte ich außerdem für unnötig und ich würde dir empfehlen, sie herauszueditieren.

Ich hoffe, meine Anmerkungen helfen dir ein klein wenig weiter.

Viele Grüße,

Michael :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Danke

Danke, das sich wenigestens eine Person die Zeit genommen hat um meine Gesichte zu lesen.
Ja stimmt es ist eine lange Geschichte, aber das war auch unsere Aufgabe (als Klassenarbeit) einen "Kurz"roman zu schreiben.

Und das mit den vielen Leerzeichen werd ich dann mal sofort probieren zu beheben...

Und nachmal Danke für die Antwort...

Lieben Gruß
Anita

 

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