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Mantel, der Verworren heißt

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25.07.2004
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Mantel, der Verworren heißt

"Gute Nacht" hat er gesagt, als er gegangen ist und dabei mit dem Kopf genickt als wolle er selbst diese Gute Nacht mit seinem Kopfnicken zu einer guten werden lassen. Sie hatte seine Gesten nie verstanden und mit der Zeit haben sie sie auch genervt. Er war so überladen, so schwer damit und manchmal vergrub er sich ganz unter diesen ganzen Gesten und Handbewegungen, dass sie genau hinschauen musste, bevor sie Teile von ihm erkennen konnte.
Er bereicherte sie auch nicht mehr oft, fast gar nicht eigentlich und als er damals wegfuhr, ging es ihr fast besser. Das gestand sie sich nicht ein- klar- und ihm erstrecht nicht, aber heute weiß sie, dass es genau so war. Sie war festgebunden, angeleint und fühlte sich zuweilen wie ein Hund, den man festgekettet, alleingelassen hatte und immer wieder kommen mitleidige Touristen vorbei, streicheln einen und geben einem ekelhaft schmeckende Leckerlies, weil sie denken, die wären ein Trost. Natürlich leint mich niemand ab, es hat ja keiner die Befähigung dazu, die Erlaubnis erstrecht nicht, denn eine Kette ist schwer zu bedienen und man braucht erst die Genehmigung um jemanden vom Schmerz zu befreien. Wo kämen wir dahin, wenn jeder schmerzlos wäre. Schmerzen haben ja einen Grund, nicht wahr?
So dachte er, jeden Tag, manchmal mehrere Tage die Woche und selten nie. Er hatte die Angewohnheit, das, was er dachte, in Worte zu wickeln, schöne, glänzende Worte, die im Licht fluorisieren (und natürlich waren sie beim Lesen immer im Licht), damit das, was er eigentlich mit ihnen sagen wollte, nicht zu grausam wurde. "Schön, was du da schreibst!" riefen dann die Menschen, während sie Impressionen eines Selbstmordes lasen, weil die Worte so sonnenähnlich waren und wer sieht in der Sonne schon ihre Hässlichkeit?
Ihre Augen waren müde, sie schrieb um Leben und Tod, um Wiederauferstehung und ewiges Sterben, nur dass sie niemals starb, niemals lebte und erstrecht nicht wieder auferstand. Man muss gelegen haben, um auferstehen zu können, und wenn sie ganz ehrlich war, hat sie das nie. Sie hat oft gestauchelt, ist gestürzt, getaumelt, ja. Aber was machte das schon aus?
Sie wusste um ihre Unbedeutsamkeit und schrieb doch so oft darüber. Wird die Unbedeutsamkeit bedeutender, je mehr man über sie spricht? Sie glaubte schon und vielleicht wollte sie genau das.
Also aß sie Buchstabensuppe, um mehr Worte kennenzulernen, aß ganz willkürlich die Buchstaben und schrieb ihre Reihenfolge auf, schrieb sie zu Gedichten um, viele Gedichte aus Buchstabensuppe und fand es danach wieder kitschig, schmiss alles um und sah sich wieder in einem Eimer, mit Müll gefüllt und lauter weggeworfenen Erinnerungen. "So wird jeder einmal weggeworfen" dachte sie, wie die Bäume, die über das Meer vom Wind getragen wurden. Es gab Menschen, die den Wind genau kannten, ihn Freund nannten und Vertrauter und sie fragte sich, wem der Wind vertrauen würde.
Lauter Schneewittchensachen mit Stühlen, die für Zwerge gemacht waren. Sie musste diesen Einfluss abschütteln, wie man das Fieber einer Krankheit abschüttelte. Vielleicht musste sie es abschreiben, doch wusste sie, dass ihre Finger sich mehr merken konnten als ihr Gehirn und je mehr sie schreiben würde (so), desto häufiger würden ihre Finger so schreiben in Zukunft, ob ihr Gehirn nun wollte oder nicht. Es wird manchmal einfach nicht gefragt.

 

Hallo Mr. oder Mrs. Veratmet,

ich bin keiner von diesen Oberlehrern, die Korrekturen vornehmen, auf die Du auch selbser kommen kannst. Deine Geschichte gefällt mir gut, hat genügend irrationales Potential, dass man verschieden deuten kann.
Super, schreib weiter so!!

Gruß von Litortour

 

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