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Max ist schuld

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25.08.2004
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Max ist schuld

Es war ein kalter und trüber Herbstag, irgendwann im November als Caroline sich auf den Weg zu ihrer Tante im Pflegeheim machte. Mit ihren 28 Jahren hatte sie sich eigentlich mehr vom Leben erhofft als tagtäglich in einem grossen Lebensmittelladen hinter der Theke zu stehen und den Kunden die Vorzüge der heutigen Aktionen zu erläutern. Ausserdem war da noch ihre Tante, Frau Herzog welche auf die täglichen Besuche ihrer Nichte bestand und die Caroline auch nicht verpassen wollte.

In früheren Jahren war die Tante für Caroline so etwas wie ein Mutterersatzt gewesen. Nicht dass sie keine Mutter gehabt hätte, sie musste nur als aleinstehende Frau einfach zuviel arbeiten um noch was von der Entwicklung ihrer Tochter mitzubekommen oder ihre Erziehung zu beeinflussen. Caroline verbrachte somit einen grossen Teil ihrer Jugend bei Ihrer Tagesmutter, ihrer Tante.

Vor 11 Jahren nun, wurde bei der alten Dame die Alzheimerkrankheit diagnostiziert. Aufgrund dieser Krankheit musste Frau Herzog vor 4 Jahren in ein Pflegeheim umgesiedelt werden, in welchem man gut für die mittlerweile stark verwirrte Frau sorgen konnte. Sie erkannte bis auf Caroline nichts und niemanden mehr, was für die Nichte ein Grund mehr war, ihre Tante so oft wie möglich zu besuchen.

Caroline schlug zitternd den Kragen ihres alten, braunen Mantels hoch. Mit ihrer grossen, schlanken Gestalt, den braunen Haaren und Augen die wie zwei Bernsteine in einem hellen, fast gelben Ton schimmerten, hätte sie in einer anderen Welt und mit einer anderen Vergangenheit sicher eine ganze Reihe von Verehrern ihr eigen nennen können. Dafür hatte aber die Caroline aus dieser Welt und mit dieser Vergangenheit keine Zeit und kein Interesse.

Bewusst kleidete sie sich auf nicht gerade vorteilhafte Weise, was der alte braune Mantel einmal mehr eindrücklich demonstrierte. Eigentlich machte es ihr sogar Spass, in Menschenmengen unterzutauchen und sich dabei wie eine unsichtbarere Beobachterin frei bewegen zu können. Was sollte sie auch mit aufdringlichen Verehrern die vehement Zeit und Aufmerksamkeit von ihr forderten anfangen? Es war schon anstrengend genug, müde von der Arbeit die zwei Kilometer zum Pflegeheim zu gehen und dort angekommen sich die Schimpftriaden ihrer Tante anzuhören. „Niemand mag mich, alle sind gegen mich, die Schwestern sind alle böse, die Ärzte wollen mich mit ihren Spritzen foltern und vergiften, deine Mutter besucht mich auch nicht mehr“, so oder so ähnlich ging es die ganze Zeit ihrer Besuches über, jeden Tag in der Woche, 12 Monate im Jahr. Dass ihre Schwester, Carolines Mutter, vor 2 Jahren an Krebs verstorben war, konnte sich die alte Frau in ihrer Verwirrtheit nicht merken.

Es gab aber auch schöne Momente in Carolines Leben. Da war zum Beispiel der junge Hund, Max, welcher seinem Besitzer jedes Mal ausriss wen er die junge Frau erblickte. Natürlich war Caroline an diesem ungehörigen Verhalten nicht ganz unschuldig, denn sie hatte es sich zur Angewohnheit gemacht immer ein paar Hundekuchen in der Tasche ihres alten Mantels mit sich herumzutragen. Natürlich blieb das auch dem Besitzer von Max, einem jungen schlanken, breitschultriger, Mann mit Augen die immer zu lachen schienen, nicht verborgen. Dank Max, dem lustigen kleinen Kerl, konnte sich Caroline jeden Tag auf die Begegnung und die Plauderei mit seinem Besitzer Thomas, freuen.

Obwohl sich Caroline gerne mit Thomas unterhielt und auch die Spielereien mit Max genoss, wäre es ihr nie in den Sinn gekommen mit Thomas gezielt eine Verarbredung zu vereinbaren. Eigentlich fand sie die, mehr oder weniger, zufälligen Begegnungen im Park des Altersheimes sehr amüsant. Es war das einzige in ihrem Leben das nicht genau nach einem Zeitplan geordnet und vorhersehbar war. Das wollte sie auf keinen Fall verlieren.

Auch an diesem kalten Novembertag sah Caroline schon von weiten die grossen Ohren von Max lustig auf und ab wippen, als er in grossem Tempo und lautem Gebell auf sie zugeschossen kam. Er hatte sie natürlich wie immer zuerst entdeck und sich in einem günstigen Moment von Thomas abgesetzt. Dieser hetzte nun ärgerlich „Max, bei Fuss! Wirst du wohl! Warte! Halt! So ein Mist…! schreiend hinter seinem Hund her. Caroline musste lachen, bei jeder ihrer Begegnungen war es das gleiche Spiel. Thomas versuchte die nötige Autorität in seine Stimme zu legen, welche nötig war um Max von seinem Vorhaben, dem erreichen des Hundekuchen, zu hindern und Max wurde ebenso regelmässig auf mysteriöse Weise von einer zeitlich begrenzten totalen Taubheit befallen.

So gut Caroline diese Szenen auch schon kannte, heute war es irgendwie anders. Sie blieb stehen, um auf Max zu warten und schaute während sie in der Tasche ihres Mantels nach einem Hundekuchen grub, in Richtung der beiden. Eigentlich ist Thomas ein ganz attraktiver Mann, dachte sie bei sich und schalt sich aber sogleich eine Närrin. Solche Gedanken passten nicht zu ihr.

Mittlerweile hatte der Hund sein Ziel erreicht und schnappte sich fröhlich und mit einem lauten „Wau“ die für ihn bestimmte Leckerei. Einige Sekunden später kam auch Thomas ganz ausser Atem angestolpert. Die Hände auf die Knie gestützt und den Oberkörper nach vorne gebeugt musste er zuerst ein paar Mal tief durchatmen. „Hallo, dachte mir schon dass sie mal wieder der Grund für das schlechte Benehmen von Max sind“. Caroline war erstaunt und verärgert, dass war nicht der fröhliche, junge Mann den sie von ihren anderen Begegnungen her kannte. Solch einen forschen Ton hatte er noch nie angeschlagen. „Ich kann ja wohl nichts dafür dass sie ihren Hund nicht im Griff haben“. Alle positiven Gedanken die sie noch vor wenigen Minuten bezüglich Thomas hatte, waren wie weggeblasen.

„Es tut mir leid“ langsam richtete sich Thomas wider auf. „Ist heute nicht mein Tag, ich musste meinen Vater ins Pflegeheim einweisen, weil er nach einem Schlaganfall eine halbseitige Lähmung erlitten hat. Durch meinen Job bin ich einfach nicht in der Lage für ihn zu sorgen“. Nun war es an Caroline sich zu entschuldigen: „Schon OK, wenn ich Max nicht immer mit Hundekuchen bestechen würde, hätten sie sicher auch keine Probleme ihn unter Kontrolle zu halten. Gegen saftige Leckereien kommt der stärkste Mann nicht an. Ausserdem kann ich gut nachvollziehen wie sie sich fühlen. Meine Tante lebt auch hier, schon seit mehreren Jahren. Sie war, oder besser ist, so etwas wie eine zweite Mutter für mich“. „Sie sind also auch auf dem Weg ins Pflegeheim?“ Thomas setzte wieder sein lausbuben Lächeln auf und schaute Caroline interessiert an. „Ja, wie jeden Tag“. Thomas nickte „darf ich sie begleiten, ich möchte auch noch schnell meinen Vater besuchen“. Natürlich hatte Caroline nichts dagegen.

Den Rest des Weges verbrachten die zwei damit, über private Dinge zu sprechen welche ihnen auf dem Herzen lagen. Es war schön mit jemandem zu sprechen der genau wusste wie man sich mit einem nahen Verwandten im Heim fühlte. Die Vorwürfe die man sich machte weil man für sie/ihn nicht selber sorgte, die Blicke der Nachbarn und Bekannten wenn sie erfuhren dass man die Angehörigen nicht zu Hause pflegte, das schlechte Gewissen über den Wunsch diese Last endlich los zu werden und trotzdem von der Zeit Angst zu haben wenn es soweit war.

Viel zu schnell waren sie beim Heim angekommen. „Vielen Dank, dass sie sich soviel Zeit genommen haben. Für mich ist die Situation noch so neu und ungewohnt. Es tut gut mit jemanden zu reden der diese Situation schön länger kennt.“ Thomas schien ehrlich dankbar zu sein. „Das ist doch kein Problem. Ich wäre auch froh gewesen damals als Tanti ins Heim gekommen ist, mit jemanden sprechen zu können“. Etwas verlegen schauten sie sich an, keiner wusste so genau was er jetzt sagen sollte. „Ähm, also ich werde jetzt mal gehen und nach Vater sehen, danke nochmals“. „Hab ich gerne gemacht, ich muss jetzt auch zu meiner Tante, auf Wiedersehen“. „Wiedersehen“ sagte auch Thomas wollte durch den Haupteingang tretten. „Halt, wollen sie etwa den Hund mit hinein nehmen?“ Caroline musste lächeln. „Oh, das habe ich ganz vergessen, was mach ich denn jetzt mit ihm?“. Thomas schaute ratlos von Max zum Pflegeheim und wider zurück. „Ich passe auf Ihn auf bis sie zurück sind. Ich mag Max und meine Tante wird sich sicher noch eine halbe Stunde gedulden können“. Überrascht schaute Thomas sie an. „Das ist wirklich sehr nett von ihnen, Danke. Ich habe einfach nicht daran gedacht, dass Hunde im Heim nicht erlaubt sind und mein Vater wartet doch auf mich.“ mit einem Grinsen fügte er noch hinzu: „ Als Dank müssen sie mir aber erlauben, dass ich sie später zum Essen in den Italiener an der Ecke einlade. Dort sind Hunde nämlich erlaubt“.

Caroline überlegte nicht lange. Das nette Lachen von Thomas und natürlich der treue Hundeblick von Max hatten sie schnell überzeugt. Es wurde noch ein richtig schöner Abend mit viel Gelächter aber auch mit ernsten Diskussionen. Caroline fühlte sich zum ersten Mal seit Langem richtig wohl. Als es Zeit wurde nach Hause zu gehen, lies Thomas es sich nicht nehmen sie zu begleiten. „Es ist schon dunkel und ich möchte nicht, dass du so späht alleine durch den Park gehen musst“ mittlerweile waren sie zum vertrauten Du übergegangen, „ausserdem kann ich so noch etwas länger deine Gesellschaft geniessen.“. Langsam schlenderten sie durch die dunklen Gassen zu ihrer Wohnung und Caroline bedauerte schon jetzt den Zeitpunkt an dem sie sich von Ihm verabschieden musste. Bei ihrer Wohnung angekommen fragte Thomas „darf ich dich mal anrufen?“. Erfreut stimmte Caroline zu und dachte für sich „Männer sind doch nicht so anstrengend wie ich gedacht habe. Ich glaube ich muss dringend neue Kleider kaufen gehen“. Mit einem sanften Kuss verabschiedete sich Thomas von ihr und verschwand, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, in der Dunkelheit.

 

Hi Haeckse (CCC-Haeckse?),

In früheren Jahren war die Tante für Caroline so etwas wie ein Mutterersatzt gewesen.

„Es tut mir leid“ langsam richtete sich Thomas wieder auf.

dass du so spät alleine durch den Park gehen musst

Den Rest des Weges verbrachten die zwei damit, über private Dinge zu sprechen welche ihnen auf dem Herzen lagen.

Der Satz kommt etwas lapidar daher. Ich denke man könnte den Rest etwas umformulieren und diesen Kandidaten dafür streichen.

Insgesamt könntest Du vielleicht etwas an Deinen Dialogen arbeiten. Teilweise klingen sie wie aus einer Seifenoper. Beispiel:

„Es tut mir leid“ langsam richtete sich Thomas wider auf. „Ist heute nicht mein Tag, ich musste meinen Vater ins Pflegeheim einweisen, weil er nach einem Schlaganfall eine halbseitige Lähmung erlitten hat. Durch meinen Job bin ich einfach nicht in der Lage für ihn zu sorgen“

Das ist so ähnlich, als wenn der Bösewicht sich vor den Helden stellt und ihm seinen bösen Plan erklärt, wenn Du verstehst, was ich meine. Man merkt zu deutlich, dass der Dialog die Story vorantreiben soll.

So, insgesamt hast Du es aber geschafft, die Geschichte glaubhaft zu verpacken. Auch der Einsatz der alten Kleidungsstücke, "um sich die Männer vom Leib zu halten", charakterisiert die junge Dame recht deutlich. Schön, dass am Ende dann doch noch alles gut wird. Ich hätte mir allerdings noch eine Szene im Inneren des Altenheims gewünscht... Vielleicht aber auch nur aus purem Voyeurismus.

Fazit: Sprachlich recht gut, aber verbesserungsfähig, inhaltlich nicht rasend originell, dafür aber gut umgesetzt.

Gruß

MisterSeaman

 

Hallo Mr. Seamann

Um deine Frage am Anfang zu beantworten, mir ist der Chaos Computer Club sehr wohl ein Begriff, aber letztes Mal war ich in Berlin nicht dabei (musste arbeiten *heul)

Für deine Kritik danke ich dir auf jeden Fall. Ich werde versuchen, die Dialoge in Zukunft etwas glaubwürdiger zu gestallten (ist sicher eine Schwachstelle von mir).

Über eine Szene im Altersheim habe ich auch nachgedacht. Ich hatte aber das Gefühl, dass es für die Storie nicht wichtig ist. Werde nochmals darüber nachdenken.

Liebe Grüsse

Haeckse

 

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