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Mein Nachbar, der Stalker

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28.07.2019
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Mein Nachbar, der Stalker

Ellie wird es wohl ewig bereuen, vor zwei Jahren das Haus mit lichtgeflutetem Wohnzimmer, großen Fenstern und wunderschönen Blick auf den Garten gekauft zu haben. Aber sie konnte ja nicht Wissen, dass sich ihr Nachbar als Stalker entpuppen würde.
Jetzt lief er wieder hin und her in seinem Garten, auf den Ellie einen wunderschönen Ausblick hatte - so wie er auf ihren. Er legte sich die Hand an die Stirn, um seine Augen vor den Sonnenstrahlen zu schützen. Und sah genau in ihre Richtung. Ellie sah schnell weg. Das war ihr dann doch etwas zu intensiv. Jetzt ging er wieder an ihrem Zaun entlang und betrachtete ihre Blumen.

“Vielleicht ist er bloß neugierig”, sagte ihre Freundin Caro neulich. “Schließlich macht er doch nix schlimmes oder? Jeder guckt doch mal in den Garten der Nachbarn.”

Natürlich wollte Caro ihr nicht glauben. Aber Ellie wusste, dass sie sich nicht unnötig Sorgen machte. Schließlich machte er jeden Tag nach der Arbeit einen Umweg an ihrem Auto vorbei, um zu sehen, ob sie zuhause war. Und dann machte er sogar Fotos, wenn sie am Fenster stand oder im Garten saß. Er dachte wohl, Ellie würde das nicht mitbekommen. Aber sie war gut im Beobachten.

“Es kann doch auch sein, dass er dich einfach nur kennenlernen möchte. Schließlich hast du dich ihm ja noch nie vorgestellt”, fügte Caro hinzu.

Ellie schnaubte verächtlich. Warum sollte sie sich auch ihrem Stalker vorstellen, und ihm noch einen Grund mehr geben, in ihr Leben herein zu schnüffeln.

***
Ellie hatte diese Ungewissheit langsam satt. Sie musste einfach unbedingt heraus finden, ob dieser Nachbar wirklich nur so harmlos ist, wie alle sagen. Die perfekte Gelegenheit bot sich am nächsten Morgen, als der Mann vergaß sein Gartentor abzuschließen. Langsam schlich sich Ellie in seinen Garten. So nah war sie seinem Haus noch nie gekommen. Alle ihre Beobachtungen fanden aus ihrem Garten oder durch ihre Fenster statt. Vorsichtig erhaschte sie einen Blick durchs Küchenfenster. Es sah sehr sauber und ordentlich aus. Kein dreckiger Teller oder anderes Geschirr stand herum. Alles war penibel ins Regal sortiert worden. Es machte den Anschein, als würde hier nicht mal jemand drin wohnen. Das machte Ellie noch misstrauischer. Sie schlich sich zum nächsten Fenster. Darin war ein kleines Bett mit weißem Laken, eine präzise gefaltete Decke, ein Bücherregal, das drohte auseinander zu platzen, und ein großer Kleiderschrank mit vielen Schubladen. Auf einem Nachttisch stand eine Kamera. Das ließ Ellies Herz höher schlagen. Was, wenn da noch Fotos drauf waren ? Was, wenn sie auf welchen zu sehen war ? Ihr wurde übel. Sie musste unbedingt wissen, ob er Fotos von ihr hatte.
Sie schlich sich weiter zum nächsten Fenster und konnte ihr Glück kaum fassen! Es war das Badezimmer, und er hatte doch tatsächlich das Fenster offengelassen !
Mit Mühe kletterte sie auf die Fensterbank und rein ins Haus. Das Badezimmer war genauso steril wie die Küche. Alles hatte seinen festen Platz, und es roch nach billigen Raumerfrischern.
Sie schlich sich auf den Flur, der aus knarrendem Holzboden bestand. Sie öffnete die Tür zu dem Zimmer, dass sie zuvor als Schlafzimmer identifiziert hatte. Sie schnappte sich die Kamera und untersuchte sie auf gespeicherte Fotos, doch sie war leer. Wäre ja auch zu einfach gewesen.
Als nächstes wühlte sie wie eine Wilde durch die Schubladen des Kleiderschrankes. Diese Fotos mussten hier doch irgendwo sein! Ganz sicher hatte sie sich nicht vertan.
Doch bevor sie ihre Suche fortsetzen konnte, flog die Tür auf und der Mann, den sie schon so oft aus der Ferne gesehen hatte, stand vor ihr. Seine Stirn war schweißgebadet und seine schwarze Brille war ihm fast komplett von der Nase gerutscht.
Er griff in die Tasche, die er bei sich hatte, und Ellie wurde ganz schwindelig bei dem Gedanken, dass er vielleicht eine Waffe dabei haben könnte. Wäre sie doch nur vorsichtiger gewesen! Plötzlich wurde sie von einem grellen Licht geblendet. Als sie wieder sehen konnte, bemerkte sie, dass der Mann ein Handy auf sie gerichtet hatte. Seine Hände zitterten so sehr, dass es ihm fast aus der Hand fiel.

“Ich hatte Recht!”, rief er und stieß eine Mischung aus einem nervösen Lachen und einem erleichterten Seufzer aus. “Da mache ich extra Beweisfotos, und die Polizei wollte mir heute morgen trotzdem nicht glauben”, fuhr er fort. “Aber jetzt bin ich mir sicher, dass ich nicht verrückt bin! Ständig beobachtest du mich, egal wohin ich gehe. Und dann stehst du auch noch wie eine Irre an deinem Fenster und starrst mich an. Du bist ein Stalker ! Und jetzt bist du auch noch in meinem Haus. Aber das geht zu weit. Ich rufe jetzt die Polizei.”

 

Hallo @Carmen B

willkommen bei den WK und toll, dass du deine Geschichte mit uns teilst.

Ich steige direkt in deine Geschichte ein und gebe meinen Senf dazu ab. Wird ein Livekommentar, also ich lese sie jetzt zum ersten Mal und werde parallel direkt kommentieren:

Ellie wird es wohl ewig bereuen, vor zwei Jahren das Haus mit lichtgeflutetem Wohnzimmer, großen Fenstern und wunderschönen Blick auf den Garten gekauft zu haben. Aber sie konnte ja nicht Wissen, dass sich ihr Nachbar als Stalker entpuppen würde.

Nach den ersten zwei Sätzen weiß ich schon, was in deiner ganzen Geschichte passieren wird.

Elli kauft sich ein Haus, ihr Nachbar ist ein Stalker. (Auch wenn am Ende ein Twist versteckt ist - soweit wird der Leser nicht mehr kommen - weil er davor ablegt)

Der normale Leser hätte jetzt aufgehört zu lesen. Warum: Ab jetzt ist es für dich unmöglich, Spannung aufzubauen, denn der Leser weiß, was passieren wird (auch wenn was völlig anderes passiert)

Lösche die beiden ersten Sätze ersatzlos raus.
Zum Glück sind wir bei den WK ja keine normalen Leser.
Also weiter gehts.


“Vielleicht ist er bloß neugierig”, sagte ihre Freundin Caro neulich. “Schließlich macht er doch nix schlimmes oder? Jeder guckt doch mal in den Garten der Nachbarn.”

Also ... *räusper* wenn, ich "nix" so geschrieben sehe, da kann ich eigentlich schon gegen eine Wand laufen : - )

Schauen wir mal was Dr. Duden dazu sagt:

"nichts"

bringt die vollständige Abwesenheit, das absolute Nichtvorhandensein von etwas zum Ausdruck; nicht das Mindeste, Geringste; in keiner Weise etwas

BEISPIELE

  • nichts sagen
  • nichts hören können
  • alles oder nichts
  • nichts wollen
  • (verstärkt) überhaupt nichts
  • absolut nichts
  • ein nichts ahnender Besucher
  • nichts von alledem

In Prosa Texten, in der Erzählung oder Dialogen (Anders, wenn du eine Email, einen Brief oder eine elektronische Kurznachricht in deiner Geschichte darstellst.) , egal ob, Kurzgeschichte, Roman, Novelle, Drama, usw. immer auf die Rechtschreibung und Kommasetzung achten!

Er dachte wohl, Ellie würde das nicht mitbekommen. Aber sie war gut im Beobachten.
Fast habe ich das Gefühl, dass eher Ellie die Stalkerin ist...

Warum sollte sie sich auch ihrem Stalker vorstellen, und ihm noch einen Grund mehr geben, in ihr Leben herein zu schnüffeln.
kein Komma vor der Konjunktion ("und"), da der zweite Teilsatz unmittelbar mit dem ersten zusammenhängt.

Ellie hatte diese Ungewissheit langsam satt. Sie musste einfach unbedingt heraus finden, ob dieser Nachbar wirklich nur so harmlos ist, wie alle sagen.

jetzt noch auf die Konjugation achten. Deine Geschichte spielt im Präteritum, also brauchen wir das Indikativ von sein. In dem Fall "war" und "sagen".

... so harmlos war, wie alle sagten.

Die perfekte Gelegenheit bot sich am nächsten Morgen, als der Mann vergaß sein Gartentor abzuschließen. Langsam schlich sich Ellie in seinen Garten. So nah war sie seinem Haus noch nie gekommen.

Vorhin konnte er über den Zaun in ihren Garten schauen, jetzt ist ein verschlossenes Gartentor ein Hindernis? Hummm...

"in den Garten" reicht völlig aus. Du brauchst keine Possessivpronomen-Schlacht. Der Leser weiß, um welchen Garten es sich handelt.

Es sah sehr sauber und ordentlich aus.
Die Küche oder?
"Sie" sah sehr sauber und ordentlich aus.

Es sah sehr sauber und ordentlich aus. Kein dreckiger Teller oder anderes Geschirr stand herum. Alles war penibel ins Regal sortiert worden. Es machte den Anschein, als würde hier nicht mal jemand drin wohnen.

Hier sind wir an einem Punkt, wo man einen erfahreneren Autor von einem Anfänger (nicht negativ gemeint, wir alle waren mal Anfänger) unterscheidet.

Der Erfahrene wird den blauen Satzteil nicht schreiben (Denn das wird in der Lit. Sprache als "Tell" bezeichnet und dient dem Leser als Info.)

Der grüne Satzteil ist genau der richtige. Du beschreibt, was sie sieht. (In der Lit. Sprache als "Show" bezeichnet.)

Die goldene Regel lautet: "Show! Don't tell."

Nur so baut man Spannung und eine ansprechende Atmo auf.

Was, wenn da noch Fotos drauf waren ? Was, wenn sie auf welchen zu sehen war ?
Kein Leerzeichen vor dem Fragezeichen!

Es war das Badezimmer, und er hatte doch tatsächlich das Fenster offengelassen !
Leerzeichen vor dem Ausrufezeichen löschen.
Komma vor "und" falsch. Die Sätze hängen zusammen.

Sie schlich sich auf den Flur, der aus knarrendem Holzboden bestand.
Das ist wieder Tell -> Klingt wie eine Aufzählung, wie eine Beschreibung. Einfach langweilig.

Show wäre: Sie schlich über den Flur, der Holzboden knarrte unter ihren Füßen.

Sie öffnete die Tür zu dem Zimmer, dass sie zuvor als Schlafzimmer identifiziert hatte.
Wow, was für eine räumliche Orientierung in einer heiklen Lage... Muss ja gewohnt sein, solche Einbrüche zu machen. Sie ist die Stalkerin!


Als nächstes wühlte sie [KOMMA]wie eine Wilde[KOMMA] durch die Schubladen des Kleiderschrankes.

“Ich hatte Recht!”, rief er und stieß eine Mischung aus einem nervösen Lachen und einem erleichterten Seufzer aus. “Da mache ich extra Beweisfotos, und die Polizei wollte mir heute morgen trotzdem nicht glauben”, fuhr er fort. “Aber jetzt bin ich mir sicher, dass ich nicht verrückt bin! Ständig beobachtest du mich, egal wohin ich gehe. Und dann stehst du auch noch wie eine Irre an deinem Fenster und starrst mich an. Du bist ein Stalker ! Und jetzt bist du auch noch in meinem Haus. Aber das geht zu weit. Ich rufe jetzt die Polizei.”
Jup, mein Verdacht bestätigt sich, sie ist der Stalker.

Nette Geschichte. Handwerklich könnte man sie natürlich viel spannender gestalten. Hier fehlt noch ein Stück. Die Spannung kommt überhaupt nicht auf.

Du musst auch noch bei den Zeiten aufpassen.
Mehr Zeigen, statt erklären.

Der Plot ist interessant. Ich bin mir sicher, dass du hier noch einige Hinweise von anderen kriegst.
Dann würde ich mich wieder an die Geschichte machen und diese umsetzen.

Viel Spaß dabei.

Gruß
Napier

 

Hallo @Carmen B,

das Spiel mit Rollenklischees, falsche Fährten setzen etc, finde ich sehr gute Ideen.
Frauen als Täter kommen auch eher selten in der Literatur vor und das finde ich schade. Nur kam das Ende doch sehr überraschend für mich. Napier hat es aber kommen sehen (zumindest habe ich seinen Komm. so verstanden), daher liegt es vielleicht nur an mir. Vielleicht kommentiert noch jemand anders. Denn es ist natürlich schwierig, wenn du zwei sich widersprechende Meinungen erhältst.

Sprachlich könnte die Story m.E. noch bisschen Politur erfahren. Aber das ist völlig normal.

Aber Ellie wusste, dass sie sich nicht unnötig Sorgen machte.

Ich mag keine doppelten Verneinungen. Es verkompliziert einen Text, hört sich immer so wissenschaftlich an.

Und dann machte er sogar Fotos, wenn sie am Fenster stand oder im Garten saß. Er dachte wohl, Ellie würde das nicht mitbekommen.

Füllwörter könnten gestrichen.

Sie schlich sich weiter zum nächsten Fenster und konnte ihr Glück kaum fassen!

Als nächstes wühlte sie wie eine Wilde durch die Schubladen des Kleiderschrankes

.

Leicht klischeehaft.

Lieben Gruß
Aurelia

 

Hallo @Napier und @Aurelia. Danke für die hilfreichen Kommentare. Ja, mit "show don't tell" habe ich so meine Probleme. Das muss ich definitv noch mehr üben.

Ich dachte immer in Dialogen kann man ruhig umgangsprachliche Schreibweisen benutzen, da die meisten Menschen im normalen Alltagsgespräch gerne mal Kurzformen verwenden. Aber dann weiß ich jetzt ja, dass ich mich auch in Dialogen an Rechtschreibregeln halten sollte. :thumbsup:

Nun hat ja nur einer von zwei Lesern das Ende kommen sehen. Aber ich tendiere eher zu dem was Napier gesagt hat, denn deine Erklärungen klangen sehr einleuchtend. Da muss ich den Leser wohl noch mehr auf die falsche Fährte leiten.

Liebe Grüße
Carmen

 

Hallo @Carmen B

Ich dachte immer in Dialogen kann man ruhig umgangsprachliche Schreibweisen benutzen, da die meisten Menschen im normalen Alltagsgespräch gerne mal Kurzformen verwenden. Aber dann weiß ich jetzt ja, dass ich mich auch in Dialogen an Rechtschreibregeln halten sollte.
Sprachlich auf jeden Fall, aber das Wort "nichts" bleibt nun mal "nichts".

Wenn es jetzt z. B. eine SMS wäre, dann könntest du das gerne mit x schreiben. Aber im Dialog musst du dir das so vorstellen, dass der gegenüber das hört und nicht visuell sehen kann. Sind ja keine Sprechblasen über den Köpfen.


Nun hat ja nur einer von zwei Lesern das Ende kommen sehen. Aber ich tendiere eher zu dem was Napier gesagt hat, denn deine Erklärungen klangen sehr einleuchtend. Da muss ich den Leser wohl noch mehr auf die falsche Fährte leiten.
So eindeutig war es nicht. Ich hatte einfach den richtigen Riecher. Warte doch noch weitere Kommentare ab.

Konzentriere dich mehr auf das handwerkliche.

Viele Grüße
Napier

 

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