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Mick Gärtner drückte ab

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18.10.2016
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Mick Gärtner drückte ab

Es war noch nicht einmal ganz hell. Mit müde verschwollenen Augen ging ich durch den Montagmorgen und zog meine Kapuze gegen den Nieselregen tief ins Gesicht. Aus der Bäckerei gegenüber wehte mich warmer Brotduft an. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, noch bevor mein Hirn ihm zuflüstern konnte, dass die Brötchen immer pappig schmeckten. Ohnehin wollte ich nur Teil dieses Arbeitstages werden, hin und wieder zurück.

Fast wäre ich daran vorbeigelaufen. Auf meinem Rückweg am Abend hätte ich es nicht mehr gesehen. Selbst jetzt war es nur noch schwach zu erkennen.
Aber noch stand es. Ich weiß gar nicht, warum es mir so auffiel. Vielleicht, weil es neu war. Auf jeden Fall blieb ich stehen, plötzlich neugierig und hellwach, und betrachtete die dünnen Kreideworte an der Friedhofsmauer.

„Mick Gärtner drückte ab.“

Ich trat einen Schritt zurück. Grübelte. Warf meine Gedanken gegen den Beton und fegte sie wieder zusammen. Wer war Mick Gärtner? Gegen wen hatte er eine Waffe gerichtet und warum? Und wer hatte diesem Schicksalsmoment hier auf der Friedhofsmauer gedacht? Fragen huschten wie Spinnen durch meinen Kopf und spannen wirre Gedankennetze.
Es regnete inzwischen stärker und die Tropfen nahmen den Kreidestaub mit sich. Aber ich hatte keine Zeit, dem Gedanken an Mick Gärtner beim Sterben zuzusehen. Niedergeschlagen ließ ich den Kopf sinken und trollte mich zur Arbeit.

Das Stückchen Himmel vor meinem Bürofenster war grau wie immer, doch meine Gedanken wirbelten knallbunt um Mick Gärtner, der eine Waffe in der Hand hielt und davon Gebrauch machte.
Weder im Internet noch in der Zeitung hatte ich Berichte gefunden, die mit Mick Gärtner in Verbindung gebracht werden konnten. Bis zur Mittagspause liefen sie wie ein Hamsterrad in meinem Kopf herum. Von meinem Tisch aus sah ich Meike Ammerberg die Kantine betreten. Zwischen den Büroräumen lächelten wir uns manchmal zu, doch ich hatte mich nie getraut, sie anzusprechen.
Vielleicht waren Mick Gärtner und sein mir unbekanntes Schicksal der Grund, dass ich jetzt meinen Arm von der Gabel löste und ihn wie eine Lotsenflagge in ihre Richtung schwenkte. Tatsächlich stutzte sie und sah zu mir herüber. Rückte stückchenweise näher. Eine dünne Blondine mit Himmelfahrtsnase und einem Hang zum Erröten.

Nun stand sie vor mir. Ein wenig heiser bat ich: „Setzt du dich zu mir?“

"Eigentlich wollte ich nur kurz ..." Sie räusperte sich. Ließ sich auf den Stuhl mir gegenüber sinken. Errötete. „Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“, fragte sie. „Du wirkst so abwesend.“

Ich nickte. „Kennst du jemanden mit dem Namen Mick Gärtner?“

Sie schüttelte den Kopf. „Wer soll das sein?“

„Ein Gangster. Ein verzweifelter Familienvater." Meine Stimme war zu laut. Einige Köpfe drehten sich zu uns herum. "Ich weiß es einfach nicht!"

Sie lächelte unsicher. „Verstehe.“ Rückte auf ihrem Stuhl herum.

Ich wollte nicht leichtfertig aufgeben. „Der Name stand heute Morgen an der Friedhofsmauer. ‚Mick Gärtner drückte ab‘.“

"Wo?" Meike fuhr mit der Hand über den Tisch. „An der Friedhofsmauer?“

"Stell' dir vor, es wäre eine Botschaft!" Ich lehnte mich weiter zu ihr hinüber. "Eine Nachricht an alle, die dort vorbeikommen und verstehen. Die Tat einer geheimen Schreibguerilla!"

Vorsichtig hob sie ihre schmalen Schultern. "Wer sollte das sein?"

"Keine Ahnung." Ich runzelte die Stirn. "Irgendwelche Leute, die wollen, dass man sich mit Kreideworten an einer Mauer beschäftigt."

"Und du überlegst jetzt, was es mit Mick Gärtner auf sich hat?"

Ich atmete auf. "Genau! Was trieb Mick Gärtner dazu, abzudrücken?"

"Vielleicht hatte er es einfach satt?"

Erstaunt hob ich die Augenbrauen. "Wer? Was satt?"

„Mick Gärtner.“ Ihr schmaler Rücken versteifte sich. "Vielleicht hatte Mick Gärtner sein ganzes Leben einfach satt. Seinen Alltag im Büro. Das Alleinsein zwischen den Menschen." Tränen waren ihr in die Augen gestiegen.

Ihre heftige Reaktion verblüffte mich. „Und deshalb drückte Mick Gärtner ab? So eine Art Amoklauf?“

„Genau! Eine Kurzschlusshandlung!“ Sie nickte mir zu. Ihre Augen funkelten und der rötliche Schimmer auf ihrem Gesicht vertiefte sich. "Ich kann dir seine Geschichte erzählen!"

Verblüfft zwinkerte ich sie an, doch Meike redete schon weiter. „Es war noch nicht einmal ganz hell, als Mick Gärtner wie jeden Morgen mit dem Bus zur Arbeit fuhr. Von außen tröpfelte der Nieselregen gegen die großen Scheiben, von innen das Schweigen der über ihre Handys gebeugten Menschen. Mick hatte nicht gut geschlafen und sah mit müde verschwollenen Augen um sich.“

Ich wollte etwas einwerfen, doch sie ließ mich nicht zu Wort kommen.

„Eine junge Frau mit Kopftuch stieg ein, hochschwanger. Mick Gärtner beobachtete, wie eine ältere Dame hastig ihre Handtasche auf den einzigen freien Platz neben sich legte. Zwei junge Männer begannen, sich lautstark über ein Mädchen zu unterhalten, mit der sie beide auf der letzten Party ihren Spaß hatten.“

Sie grinste, fletschte bösartig ihre Zähne. „Mick versuchte, seine Ohren zu verschließen. Aber ihre Worte krabbelten wie Obstfliegen in seinen Kopf und lösten dort einen vertrauten Schmerz aus.“

"Einen vertrauten Schmerz?" Mir stand der Mund offen.

Wieder nickte sie. "Mick hatte sich immer aus allem heraushalten können. Hatte nie Ärger gemacht. War seiner Arbeit nachgegangen, obwohl er sie langweilig fand. Goss die Blumen seiner Nachbarn, wenn diese im Urlaub waren, obwohl er die Leute nicht ausstehen konnte. Doch während er so still seinen Weg durchs Leben ging, wuchs der Schmerz in ihm. Wie ein fauler Zahn pochte er zuerst nur ganz leise an, vertiefte sich, verschwand fast ganz und kam dann in immer kürzeren Abständen mit immer größerer Wucht zurück." Sie hob ihre Stimme. "Mick versuchte noch, ihn zurückzudrängen, doch es war zu spät: Der Schmerz überspülte ihn wie eine Tsunamiwelle."

"Ich nehme an, es war ein Montagmorgen?", fragte ich mit trockenem Mund. "Dort im Bus, meine ich."

Sie hob den Kopf und sah mir direkt in die Augen. "So ist es. Ein grauer, kalter Montagmorgen", fuhr sie fort. "Mick starrte die alte Frau an. Er hörte die Stimmen der beiden Männer und wusste, dass er den Schmerz keinen Moment länger ertragen konnte." Langsam schraubte sich Meike aus dem Kantinenstuhl. „Er stand auf.“

Unbewusst hatte ich mich mit ihr erhoben und beobachtete mit großen Augen, wie ihre rechte Hand hinter ihren Rücken fuhr.

Ihre Stimme wurde zu einem Flüstern. „Mick hatte mit der Waffe niemals auf einen anderen Menschen als sich selbst schießen wollen. Er war sogar ein wenig erstaunt, als er ihren kühlen Griff in seiner Hand spürte.“

Wieder dieses Raubtierlächeln. War das überhaupt Meike Ammerberg?

Mit der linken Hand fuhr sie sich über das Gesicht. „Schweißperlen liefen Mick die Stirn hinunter.“

Mir wurde heiß.

Meike kannte kein Erbarmen. „Blutrote Wirbel tanzten vor seinen Augen. Er richtete die Waffe auf die alte Frau, dann auf die beiden Männer. Schreie spritzten durch den Bus.“

Sie zog etwas aus ihrer hinteren Hosentasche. Als ihre Hand nach vorne schnellte, knickte ich instinktiv weg.

„Mick Gärtner drückte ab.“

Ich konnte hören, wie sie etwas auf den Tisch warf. Zwischen den Tischbeinen hindurch sah ich ihre Stiefel aus der Kantine gehen.

Erst nach einer ganzen Weile nahm ich das Gemurmel um mich herum wahr. Ich starrte die Menschen an und sie starrten zurück. Mit weichen Knien erhob ich mich. Ein Stück weiße Kreide lag neben meinem Teller. Verschämt grinste ich durch den Raum und steckte es in meine Tasche.
Ich hatte verstanden. Morgen würde mein Satz an einer Mauer stehen.

„Er warf den Revolver in die dunkelsten Tiefen des Sees ...“

Für einen kurzen Moment, vergänglich wie Kreidestaub, fühlte ich mich als Teil.

 

Hallo Willi

Ich mag die Geschichte, die hat was sehr Sympathisches. Chutney hat von einer Theaterszene gesprochen, mir ging es ähnlich, ich könnte mir das so als kurzen Film mit Knetmännchen vorstellen (das meine ich überhaupt nicht abwertend, das würde ich mir gerne reinziehen). Auch weil der Dialog wirklich gut rüberkommt. Wie Meike sich da reinsteigert, aus sich herauskommt, das ist gut gemacht, nicht übertrieben.

Und das Ganze hat ja auch so einen Effekt auf der Metaebene, eine der wenigen Geschichten über das Erfinden von Geschichten, wo das das nicht so aufrdringlich daherkommt.

Ja, die Sprache. Ich schreibe es halt auch noch mal. Obwohl du inzwischen offenbar etwas redzuiert hast, sind mir einzelnen Sätze noch immer zu gewollt (Flüsternde Hirne, Gedanken gegen den Beton werfen, psychodelicbuntes Wirbeln von Gedanken). Ja, das ist Geschmacksache. Dennoch: Mein Gefühl jeweils, wenn das zu häufig vorkommt, ist, dass der Autor zeigen will, was er drauf hat. Ich sehe das ähnlich wie Novak, man muss da nicht darauf verzichten, im Gegenteil, das ist ja eine Sache, die Sprache kann und andere Medien nicht. Aber vielleicht kannst du schauen, Metaphern und Vergleiche dosierter und präziser einzusetzen. Ein gewagter Vergleich alle drei Seiten, der dann aber wirklich hinhaut, das kann einen Text unglaublich bereichern.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo Willi,

weißt du was? Beim erstenmal Lesen vor etlichen Tagen habe ich überhaupt nix verstanden. Außer den extravaganten Sätzen und skurrilen Anspielungen fand ich keinen roten Faden, der mich durch das Labyrinth geführt hätte.
Aber im Zweifel für den Angeklagten, dachte ich, der Willi wird sich schon was dabei gedacht haben.

Und jetzt habe ich mich richtig amüsiert, wie die zwei an der Geschichte weiterspinnen, sich geradezu selbst in die Story hineinkatapultieren. Da dürfen einzelne Bilder schon mal schräg sein.

Klar, du hast gute Hilfe bekommen. Aber es ist deine Idee, und jetzt finde ich das Thema pfiffig (schön altmodisch, gell) umgesetzt.

Mein Lieblingssatz:

Schreie spritzten durch den Bus

Ha, ich sehe schon das Blut spritzen, bevor geschossen wird. Eine selffulfilling prophecy. Gut getroffen.

Witzige Geschichte, gern gelesen

Freundliche Grüße
wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

„Mick Gärtner drückte ab“,

ein vollständiger Satz als titelgebende, mehr oder weniger verständliche Wandschmiererei, wie sie seinerzeit am Hofe Belsazars noch in Palästen zu finden war. Als Subjekt der (mehr oder weniger vollständige) Name eines hoffentlich erkennenden, mit einem Bewusstsein ausgestatteten Ich mit dem zwoteiligen Namen Mick (mutmaßliche Kurzform des Michael, hebr. = „Wer ist (wie) Gott?“, ziemlich starker Tobak von Michael Kohlhaas - der eigentlich Hans hieß - bis dem Jagger, der sich die Zunge darüber abgebissen hat) und Gärtner (einer Berufsbezeichnung, der seit einer denunziatorischen Reimerei eines heute noch freilaufenden Liedermachers jeder Mord angehängt wird, mutmaßlich weil der spezialisierte Friedhofs-Gärtner – wenn auch nicht mehr unbedingt per Hand – das Grab aushebt, das Gras über einem wachse).

Nicht näher bestimmt ist das Prädikat, für das die Zusammensetzung ab und drücken im Präteritum herhalten muss. Präpositon wie Adverb der Buchstabenfolge aus den ersten Teilen des Alpha-Beetes aus Flora und Fauna ist vieldeutig und, ich kann ab x Uhr ab dem Bahnhof mir die Füße ab-laufen und vieles mehr. Ich kann es aber auch lassen, und um x Uhr vom Bahnhof aus mich weg-bewegen usw. Dass "aber" ein Komparativ wäre, ist trotz der Verwandtschaft von ab und ab+er eher abzuweisen. Das Verb drücken ist nun noch bedeutungsreicher als das schlichte ab. Man kann auf was auch immer Druck ausüben (etwa, um Zahncreme aus der Tube auf die Bürste zu pressen), im Ring wird einer herunter-gedrückt unter Aufwendung erheblicher Kraft (darum auch schon mal synonym als niederringen bezeichnet, wobei der Dr. Luther seinerzeit nicht den Teufel niederrang und unterdrückte, sondern nur mit einem Fässchen Dinte bewarf und nicht mal traf, dass die Reinemachefrau oder die diplomierte Bodenmasseuse die ganze Arbeit hatte, die Dinte wieder wegzukriegen, bis der Watbürger darauf kam, die Dinte wieder an die Wand (!) zu klecksen, aus geschäftlichen und touristischen Gründen).

Wer sich unauffällig wohin begibt, drückt sich manchmal vor einer Aufgabe, die er also somit aufgibt. Was mir so fremd ist wie dem Fremden in der Fremde. Mal drücken die Gedanken, mal der Mieder und die Miete usw. Der Drücker und des Drückens nimmt kein Ende!

Folglich ist diese Wandmalerei sehr vieldeutig, dass wir uns schwer tun müssten – entgegen des weiteren Verlaufs der Erzählung,

liebe Willi -
gut, dass ich den potentiellen Geschlechtertausch durch Vorabgucken ins Profil verhindern konnte -
und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts -

wäre da nicht der bedeutungsschwangere Vorname des Herrn Gärtner, dass sich da der Akt zum Zähneputzen schon mal streichen lässt: Michael heißt der Erzengel, der die himmlischen Heerscharen befehligt. Ein ernsthafter Gegner also jeden GröFaZ‘. Und das ist ja schon mal was, selbst wenn hier

Niedergeschlagen ließ den Kopf sinken und trollte mich zur Arbeit.
m. E. was fehlt oder zu viel ist i. d. S., dass der personifizierte Niederschlag den Kopf hängen lässt.

Und hier

Der rötliche Schimmer auf Meikes Gesicht vertiefte sich zu signalfarben.
Die Bedeutung des Adjektivs signalfarben – wahrscheinlich schimmert das Gesicht … wie eine Signalanlage des Straßen-, Bahn- und sonstiger Verkehre sie an oberster Stelle anzeigt. Und dann der Satz, der alle Mühsal belohnt
Ich grinste verschämt durch in den Raum und steckte es in meine Tasche.
Nicht lange Grübeln, was das Dante Friedchen meine, denn es folgt der schöne Schluss
Für einen kurzen Moment, vergänglich wie Kreidestaub, fühlte ich mich als Teil.

Harren wir der Dinge, die sich da ent - wickeln werden.

Tschüss

Friedel

 

Hi Willi!

Ich dachte immer, der Gärtner sei immer der Mörder - scheint hier ja auch zu stimmen, wenn man Meike glauben schenken will.;)

Insgesamt fand ich die Geschichte ganz amüsant und kurzweilig - und in der Tat seltsam. Hat also jetzt Meike diesen mysteriösen Satz an die Friedhofsmauer geschrieben? Und dein Protagonist schreibt jetzt einen anderen Satz dahin. Und dadurch hat das alles kein Ende. Ist das also so ne Art Spiel, was die beiden da spielen?

Die Szene, wo dein Prot von Angst "volle Deckung" in der Kantine nimmt, fand ich zwar ein bisschen zu sehr Slapstick-Torte-ins-Gesicht, aber das war jetzt nichts, dass man nicht verschmerzen konnte. Wie gesagt, ganz spaßig, das Teil.

Grüße vom EISENMANN

 

Hallo Willi,

ich steige mal direkt ein.

Aus der Bäckerei gegenüber wehte mich warmer Brotduft an. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, noch bevor mein Hirn ihm zuflüstern konnte, dass die Brötchen immer pappig schmeckten.
Wofür ist das mit den pappigen Brötchen für die Geschichte wichtig?
Eine KG sollte sich auf das Wesentliche konzentrieren.

den Montagmorgen
im Montagmorgenalltag.
Ist der Wochentag so wichtig, oder warum wird er zweimal erwähnt?
Könnte es nicht auch ein Mittwoch sein?

Gegen wen hatte er eine Waffe gerichtet und warum?
War ja klar, dass er oder sie (?) direkt an eine Waffe denkt bei „abdrücken“. :D
Obwohl ja auch vielleicht was anderes gemeint sein könnte …?
Internets erster Fund zu "abdrücken": "eine Dichtigkeitsprobe verlegter Rohrleitungen" :lol:

Mit müde verschwollenen Augen glitt ich durch den Montagmorgen
Ohnehin wollte ich nur Teil dieses Arbeitstages werden, hin und wieder zurück, eine Reise ohne Aufenthalt.
Vielleicht, weil es neu war, sozusagen ein Fremdling im Montagmorgenalltag.
Warf meine Gedanken gegen den Beton und fegte sie wieder zusammen.
Diese Fragen huschten wie Spinnen durch meinen Kopf und spannen wirre Gedankennetze.
Es regnete inzwischen stärker und die Tropfen nahmen den Kreidestaub mit sich. Niedergeschlagen ließ den Kopf sinken und trollte mich zur Arbeit.
Generell mag ich ja solche Satzkonstrukte. Doch wenn sie sich, wie hier, so häufen (in jedem zweiten, dritten Satz), finde ich das übertrieben, bzw. wirkt das für mich gekünstelt und mir vergeht normalerwesie schnell die Lust am Weiterlesen.

Die Namen „Mick“ und „Meike“ finde ich zu ähnlich.
Warum machst du immer Leerzeilen nach der wörtlichen Rede? :confused:

Zwischen den Büroräumen lächelten wir uns manchmal zu, doch ich hatte mich nie getraut, sie anzusprechen.
„Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“, fragte sie. „Du wirkst den ganzen Morgen schon so abwesend.“
Wo sie ja nicht zusammen im Büro sitzen und sich doch nur manchmal auf dem Flur bloss zulächeln (ein paar Sekunden Sichtkontakt), wie kann sie da bemerkt haben, dass er den ganzen Morgen abwesend wirkt? :confused:

Meike riss die Augen auf. „Wo? An der Friedhofsmauer?“

Irgendwie beunruhigte mich ihre Reaktion. Mit der flachen Hand bedeutete ich ihr, die Stimme etwas zu senken. „Egal. Was, glaubst du, steckt dahinter?“

Wieso und vor allem inwiefern beunruhigte sie ihn?

Der rötliche Schimmer auf Meikes Gesicht vertiefte sich zu signalfarben
zu Signalfarben

unter ihre Handys gebeugten Menschen.
Häh? Ne, also ...

Aber ihre Worte krabbelten wie Obstfliegen in seinen Kopf und lösten dort einen vertrauten Schmerz aus
Die Hakennasenfrau spricht ja genauso geschwollen wie der Ich-Erzähler :confused:

Wieder dieses Raubtierlächeln. War das überhaupt Meike Ammerberg?
Das gefällt mir. :thumbsup:

Ich mag die Idee deiner Geschichte. Mit den geschwollenen Sätzen kann ich leider nicht so viel anfangen.

Wünsche dir einen schönen Tag.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo Peeperkorn,

vielen Dank für deinen Kommentar! Kennt hier eigentlich noch jemand Wallace und Gromit?

Ich würde übrigens lieber nicht zeigen wollen, was ich draufhabe :Pfeif: ... aber ich dachte, ich würde für so eine abstruse Geschichte gern auch mit bekloppten Wortkombinationen spielen - maria.meerhaba nannte es 'kindisch' und hatte recht damit - Kinder spielen gern. Der Sandkuchen schmeckt dann eben irgendwie ein bisschen eigenartig.

Besserung habe ich bereits gelobt!

Viele Grüße

Willi


Liebe wieselmaus,

auch dir vielen Dank!

Aber im Zweifel für den Angeklagten, dachte ich, der Willi wird sich schon was dabei gedacht haben.

Immer eher nicht. :dozey: Deshalb bin ich auf die gute Hilfe hier angewiesen und sie ist mir ja auch reichlich zugekommen! Schön, dass dir meine spitzen, äh, spritzenden Schreie gefallen haben!
Viele Grüße

Willi


Lieber Friedrichard,

deinen Kommentar könnte man ohne Probleme als eigenständigen Textbeitrag einstellen, super!

Verschämt grinsend muss ich allerdings einräumen, dass der Name 'Mick Gärtner' eher aus meinem Bauch als aus meinem Kopf stammt ... wobei das Lied vom Mörder und vom Gärtner natürlich trotzdem ganz weit hinten im letzteren herumklingelte.

Fehler ist verbessert und der Text nebst meinem Schreiberlingkönnens wird sich hoffentlich auch entwickeln!

Vielen Dank!

Willi

 

Lieber Eisenmann (cooler Name),

Der Mörder IST immer der Gärtner :D

Wer den Satz geschrieben hat, ist dem Prot bis zuletzt ebenfalls unklar - es könnte Meike gewesen sein. Oder jemand anderes, der dieses Spiel ebenfalls spielt. So wie hier - jemand schreibt einen Satz ins Forum und alle beginnen zu spielen.

Vielen Dank fürs Hereinlesen!

Willi


Hallo @Go Music,

auch dir vielen Dank für deinen Kommentar und überhaupt für die ganzen Einstiegshilfen!

Wofür ist das mit den pappigen Brötchen für die Geschichte wichtig?

Sollte ausdrücken, dass der Prot mit seinem Alltag unzufrieden ist, von der Illusion enttäuscht, dass man hierzulande alles haben kann, was man möchte.

Zweimal Montag ist gestrichen, aber mit Dichtigkeitsproben kenne ich mich nicht wirklich aus. :hmm:

Zum Sprachstil: Klar, ist zu viel und ich habe weiter eingedampft (wobei es mir um meine kleine Reminiszenz an Tolkien besonders weh tat). Aber ebenso wie ich sind Meike und der Prot Schreibanfänger, da haut man schon manchmal arg daneben und es schwillt dann böse an ...

'Mick' und 'Meike' sind ähnlich, wie Meike (vielleicht) 'Mick' ist, also eventuell den Satz geschrieben hat. Auf jeden Fall wollte ich das damit suggerieren. Ähem.

Wo sie ja nicht zusammen im Büro sitzen und sich doch nur manchmal auf dem Flur bloss zulächeln (ein paar Sekunden Sichtkontakt), wie kann sie da bemerkt haben, dass er den ganzen Morgen abwesend wirkt?

Frauen mit Himmelfahrtsnasen sind eben sensibel! Außerdem finden sich die beiden ja auch schon eine ganze Weile spannend ..

Wieso und vor allem inwiefern beunruhigte sie ihn?
Habe versucht, diese Stelle deutlicher zu machen.

'Signalfarben' ist hier als Adjektiv gemeint.

Viele Grüße

Willi

 

Willi

Ich habe die alte Fassung gelesen, eine Kritik dazu verfasst und dann ist irgendwas schief gelaufen und es ist nicht gepostet worden. Da hatte ich noch wesentlich mehr zu meckern, wobei ich betonen möchte, dass mir die Grundidee von Anfang an gefallen hat. Auch ich finde es gut, dass du sprachlich dir was zutraust, da bin ich voll mit Nowak auf einer Linie. Die Überarbeitung hat dem Text gut getan, denn vorher waren neben vielen guten auch einige ziemlich schräge Bilder dabei. Da hast du eine Menge verbessert, Kompliment.
Ich mag die Geschichte in der Geschichte und die Leidenschaft, mit der Meike diese vorträgt. Überhaupt finde ich Meike eine interessante Figur. Auch hierfür ein Kompliment.
Wäre ich korinthenkackerisch, könnte ich noch fragen, warum dein Prot eigentlich so felsenfest davon ausgeht, das Mick eine Pistole abdrückt. Steht ja nirgendwo, aber es gibt doch noch so viel mehr, das man abdrücken könnte. Nein ...just kidding ... das passt schon. ;)
Hier noch ein paar Sachen zum Text:

Aus der Bäckerei gegenüber wehte mich warmer Brotduft an.
... wehte/stieg mir warmer Brotduft in die Nase fände ich besser. Bleibt die Frage, kann ein Duft warm sein? Erscheint mir eher schief.

Aber noch stand es.
Ich fände besser: Die Schrift war noch gerade so lesbar.

Ich trat einen Schritt zurück. Grinste. Grübelte. Warf meine Gedanken gegen den Beton und fegte sie wieder zusammen.
Gutes Bild, frage mich aber, wäre „setzte zusammen“ hier nicht sinnvoller?

„Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“, fragte sie. „Du wirkst den ganzen Morgen schon so abwesend.“
das ganzen Morgen irritiert mich, bisher klang es so, als würden sie sich zwar bei der Arbeit sehen, aber nicht durchgehend oder zumindest länger andauernd. Ich würde es entweder streichen, oder deinen Protagonisten darüber überrascht sein lassen, denn eigentlich kann er damit gar nicht rechnen.


von innen das Schweigen der unter ihre Handys gebeugten Menschen.
ich beuge mich immer ÜBER mein Handy.


Wieder dieses Raubtierlächeln. War das überhaupt Meike Ammerberg?
Finde ich super, diese Stelle. :thumbsup:
Schreie spritzten durch den Bus.
Schiefes Bild, Schreie spritzen nicht...

Ich lächelte. Diese Geschichte jedenfalls nahm kein

Ende.

Den Absatz zwischen Satz und Schlusswort finde ich nicht gut. Ist eine völlig unnötige Spielerei und schwächt das Ende für mein Empfinden eher ab.

Klingt nach viel Gemecker, soll es aber gar nicht sein, ich habe die Geschichte gern gelesen.
LG svg

 

Lieber svg,

vielen Dank für deine Anregungen!

Die Verbesserung des Textes ergeben sich natürlich aus den ganzen guten Kommentaren hier, aber ich merke auch (vielleicht nur Trotzreaktion), dass ich einiges von meinen 'Restbildern' gern stehen lassen würde, weil sie so, wie sie sind, am besten ausdrücken, was ich meine. Zum Beispiel:

Aus der Bäckerei gegenüber wehte mich warmer Brotduft an.

Das habe ich so geschrieben, weil der Duft nach frischem Brot, der aus den Bäckereien weht, warm ist: Er wird aus Marketinggründen mit der Lüftung nach draußen geweht, um Kunden anzulocken.

Den

ganzen Morgen

habe ich herausgenommen und nun steht da:

Du wirkst so abwesend

Was irgendwie auch nicht passt. :hmm: Darüber muss ich nochmal nachdenken.

Schreie spritzen nicht, da hast du völlig recht - aber der Satz lässt ein Bild entstehen (wenn auch ein schiefes) und passte für mich in diese ganze schiefe Geschichte.

Über das Ende am Ende würde ich auch gern noch einmal nachdenken, ich hoffe, du nimmst mir das nicht übel.

Klar liege ich mit meinen Sprachverschrobungen ziemlich oft daneben, aber es hat Spaß gemacht, einmal so schreiben zu können, wie es mir durch den Kopf rollt. Ich lerne sicher im Laufe der Zeit dazu.

Viele Grüße

Willi

 

Über das Ende am Ende würde ich auch gern noch einmal nachdenken, ich hoffe, du nimmst mir das nicht übel.
Überhaupt nicht, das ist dein Text, du entscheidest und egal wie du entscheidest, alles ist gut :)... Bei den Wortkriegern ist man nicht beleidigt ;)
LG

 

Hallo Willi
Ach ja: und noch ein verspätetes: willkommen hier. :thumbsup:

Von allen Geschichten der Challenge, die ich bisher gelesen habe, setzt dein Text das Thema am ehesten um. Was auf der Mauer steht, ist der eigentliche Kern des Plots. Du machst daraus so eine Art Whodunnit. Das hat mir echt gut gefallen, weil ich als Leser eine Weile hingehalten wurde, bis ich wusste, wer Mick ist und warum alles passiert ist.

So richtig mitgerissen hat mich die Geschichte dennoch nicht, weil die Figuren etwas blass bleiben. Die Motivation von Meike bleibt verstehe ich nicht (da könnte man nachlegen) und auch der Erzähler mit seiner Beziehung zu ihr. Sprachlich ist das weitgehend sauber, lässt sich aber daran arbeiten.

Paar Textstellen:

doch meine Gedanken wirbelten psychodelicbunt
der Begriff psychodelic-bunt ist bunt und cool, (nur falsch geschrieben) :hmm:

Eine dünne Blondine mit Himmelfahrtsnase und einem Hang zum Erröten.
ziemliches Klischee, aber der Hang zum Erröten ist lustig. Und dünn ließe sich streichen oder präzisieren :lol:

„Das Büro. Die Menschen. Dieses ewige Grau.“
hier spricht mehr der Erzähler, das klingt nicht natürlich.

Aber ihre Worte krabbelten wie Obstfliegen in seinen Kopf und lösten dort einen vertrauten Schmerz aus.“
das Bild ist klasse, aber auch hier zweifle ich, dass jemand das so sagen würde.

Schreie spritzten durch den Bus.“
starker Satz, wo bleibt das Blut? :D

viele Grüße
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Willi,
ich musste den Text zu Ende lesen, weil ich gespannt war auf die Auflösung. Von daher funktioniert Dein Spannungsablauf für mich. Die Kürze der Geschichte kommt dem natürlich entgegen. Man lässt sich sehr gerne drauf ein. Die Thematik "Trister Alltag trifft auf Irrationalität" ist reizvoll und für mich schlüssig umgesetzt.
Klar, der Rubrik "seltsam" geschuldet ist die Story höcht, höchst unwahrscheinlich. Aber das ist ja wohl auch nicht die Messlatte. Das nehme ich einfach hin und bin für den Moment des Lesens gut unterhalten.
Ein paar Sachen sind mir aufgefallen. Die Szenerie im Bus bleibt für mich zu unklar, da hätte ich vielleicht einen dezidierteren Hinweis gebraucht oder gewollt, was da jetzt tatsächlich abgeht. Gut, aus den Motiven Kopftuch-Stuhl mit Tasche besetzen-bewusst anzügliche Geschichten erzählen kann man sich schon was zusammen reimen. Und Du wolltest da wahrschienlich auch im Ungefähren bleiben, weil es dem gesamten Duktus der Geschichte entspricht.
Die Auflösung oder Weiterführung mit offenem Ende ist für mich zu abrupt. Da bekomme ich die Verbindung zur Kreide auf dem Tisch und seinem Flash der Parole, die er schreiben muss, nicht her. Das empfinde ich als besonders nebulös und da hätte ich auch in der Seltsam-Abteilung ein wenig mehr gebraucht.
Sprachlich finde ich ein paar Bilder nicht so passend, andere hingegen, bei denen ich zunächst gestolpert bin, dann auch wieder originell. Schön, dass sie mit "Es war noch nicht einmal ..." den Anfang aufgreift und so den Eindruck des Zyklischen reinbringt. Die wörtliche Rede von ihr finde ich allerdings zu gestelzt. Das ist Erzählton, kein Sprechton. Dass sie sich in der Kürze so wandelt von erst ganz fern und plötzlich fast diabolisch. Wie gesagt, nehme ich so hin als Leser, wenn ich Seltsames haben will.
Ein paar Formulierungen:
Das finde ich ein wenig künstlich, aber gut, vielleicht auch genretypisch. Das kommt öfter, die Abkoppelung vom Objektträger. Später: ich sah ihre Stiefel rausgehen.

mein Hirn ihm zuflüstern konnte
Habe ich erst komisch gefunden. Angesichts der Psychedelik dann aber passend.
Warf meine Gedanken gegen den Beton und fegte sie wieder zusammen.
Sie bezieht sich da auf Gedanken. Von daher finde ich die Weiterführung zu vage und zu allgemein.
In der Mittagspause waren sie an den Punkt gelangt, der Menschen nach dem nächstliegenden Rettungsring greifen lässt.
Ich dachte eher: Blut. Oder vielleicht soll es auch ein akustisches Äquivalent dazu sein.
Schreie spritzten durch den Bus
Gabel als Lotsenflagge finde ich aber wirklich originell. Obstfliegen und Spinnen im Kopf: zunächst habe ich mich gewehrt, dann aber, mit fortschreitendem Einstieg in die Unwahrscheinlichkeit des Textes, habe ich ihnen gern Eintritt in mein Hirn gelassen.
Noch: Den Übergang, dass der Gedanke an Mick so obsessiv wird, finde ich zu schnell. Das könnte vieleicht allmählicher entwickelt sein.
Herzlich
rieger

 

Hallo Isegrims,

danke für dein Willkommen und deinen Kommentar! Deine Anregungen sind allesamt richtig und es ist in der Tat etwas eigenwillig von mir, trotzdem bei vielen ursprünglichen Formulierungen zu bleiben (Vieles habe ich auch schon verändert). 'Psychodelicbunt' aber z. B. möchte ich gern in ein Wort verpacken, die 'dünne Blondine' wäre fast eine 'schmale Blondine' geworden, aber das fand ich dann irgendwie nicht so treffend.

Andere Anregungen von dir habe ich aber gern aufgegriffen und überhaupt noch einmal an dem Text gearbeitet, damit klarer wird, dass Meike hier eine Geschichte erzählt und den Bereich des Small Talks verlässt, hoffentlich ist das gelungen!

Viele Grüße

Willi

Hallo rieger,

in die Rubrik 'Seltsam' habe ich den Text eingeordnet, weil er so etwas völlig Absurdes hat und ich mir nicht vorstellen kann, dass etwas wirklich so geschieht. Die Geschichte ist also reiner Spinnkram ... zur Unterhaltung, klar, und auch, um ein wenig Kopfkino zu betreiben (wir sind hier ja alle Kinobesitzer).
Ich habe aber versucht, Meikes Auftritt zu verlangsamen und insgesamt deutlicher werden zu lassen, was sie eigentlich beabsichtigt: Eine Geschichte zu erzählen, für die sie dann auch Erzählsprache benutzt. Da der Prot ja bereits auf die Geschichte angesprungen war, hoffe ich, werden die beiden gemeinsam schöne, bekloppte Geschichten weiterspinnen.

Dank für deinen Kommentar und deine Anregungen!

Viele Grüße

Willi

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Willi,

ich bin spät dran und es kann sein, dass ich etwas aufnehme, was schon andere bemerkt haben. Überlies es dann einfach.

Deine Geschichte hat mir unterm Strich ganz gut gefallen, zumindest die Idee, die du darin verarbeitet hast. Ein bisschen erinnert mich das Ganze an etwas, was wir in meiner Jugend öfter gemacht haben: Jemand sagt den ersten Satz und einer nach dem anderen fantasiert weiter, so dass zum Schluss oft eine wildbewegte Geschichte entstanden war, ähnlich deiner Meike-Geschichte.

Und doch habe ich das Gefühl, dass sich aus deiner Idee mehr hätte machen lassen. Du schreibst sehr flüssig und sicher, bleibst aber für mein Gefühl im Ansatz stecken. (dazu unten mehr)

Einige deiner Bilder gefallen mir sehr gut, auch wenn sie mMn nicht immer das treffen, was sie zeigen sollen:

Warf meine Gedanken gegen den Beton und fegte sie wieder zusammen.

Diese Fragen huschten wie Spinnen durch meinen Kopf und spannen wirre Gedankennetze.

doch meine Gedanken wirbelten psychodelicbunt um Mick Gärtner, der eine Waffe in der Hand hielt und davon Gebrauch machte.

Wenn ich das richtig verstehe, so können das nicht so viele Gedanken und Fragen sein, die da gegen den Beton geworfen werden, wie Spinnen durch den Kopf huschen bzw. psychedelischbunt herumwirbeln.
Mir fallen nämlich zu der Schrift nur zwei Fragen ein: Wer ist Mick Gärtner? Warum drückte er ab? Vielleicht solltest du da deine Fragen konkretisieren?

Ich geh mal durch den Text und nenne ein paar Sachen, die mir außerdem noch aufgefallen sind:

Ich trat einen Schritt zurück. Grinste. Grübelte.
Das Grinsen verstehe ich nicht. Warum sollte er grinsen? Ich würde es wegnehmen. ‚Grübeln’ reicht hier mMn und macht die Sache griffiger.
Niedergeschlagen ließ ich den Kopf sinken
Warum ist er ‚niedergeschlagen’?

„Ein Gangster. Ein verzweifelter Familienvater." Meine Stimme war zu laut. Einige Köpfe drehten sich zu uns herum.
Warum wird er laut?

„Mick Gärtner.“ Ihr schmaler Rücken versteifte sich und sie wurde lauter. "Vielleicht hatte Mick Gärtner sein Leben einfach satt. Seinen Alltag im Büro. Die Menschen. Das Alleinsein zuhause."
Und warum wird sie laut?

Von außen tröpfelte der Nieselregen gegen die großen Scheiben, von innen das Schweigen der unter ihre Handys gebeugten Menschen.“
’tröpfelt’ da auch das Schweigen der unter ihren Handy gebeugten Menschen?

Aber ihre Worte krabbelten wie Obstfliegen in seinen Kopf und lösten dort einen vertrauten Schmerz aus.“

Wie ein fauler Zahn pochte er zuerst nur ganz leise an, vertiefte sich, verschwand fast ganz und kam dann in immer kürzeren Abständen mit immer größerer Wucht zurück.

Schöne Bilder.

Erst nach einer ganzen Weile nahm ich das Gemurmel um mich herum wahr. Ich starrte die Menschen um mich herum an und sie starrten zurück. Mit weichen Knien erhob ich mich. Ein Stück weiße Kreide lag neben meinem Teller. Ich grinste verschämt durch in den Raum und steckte es in meine Tasche.

Für einen kurzen Moment, vergänglich wie Kreidestaub, fühlte ich mich als Teil.

‚fühlte ich mich als Teil’ von was. So bleibt das ohne Aussage (für mich).

Fazit: Du hast hier eine gute Idee gehabt und sie auch teilweise gut verwirklicht. Aber – wie oben schon gesagt – du hast für mein Gefühl zu schnell aufgegeben, warst zu schnell zufrieden mit deiner Geschichte. Diese Meike-Szene im Bus hätte für mein Empfinden das Potential zu einer richtig spannenden Geschichte in der Geschichte, wenn du in ihr Mick weniger berichtend charakterisieren würdest und seine sich entwickelnde Genervtheit eindringlicher darstellen würdest. Da muss doch einiges in ihm passieren, wenn aus einem unbescholtenen Menschen plötzlich ein Amokläufer wird. (Übrigens finde ich, dass du nicht schon am Anfang von Meikes Erzählung das Ende (Amoklauf) präsentieren solltest.)
Wenn du allerdings die Interaktion Meike/Ich-Erzähler in den Fokus des Erzählten stellen möchtest, dann solltest du deinen schönen Bildern auch noch einiges an spannender Handlung hinzufügen.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Liebe barnhelm,

der Vorteil von 'späten' Kommentaren ist, dass sie die Teile des Textes aufdecken, die trotz Überarbeitungen immer noch nicht funktionieren. Deshalb habe ich deinen Kommentar noch einmal zum Anlass genommen, tiefer in die Korrektur einzusteigen und auch inhaltlich weiter zu verändern, deshalb vielen Dank für deine Anregungen!

Da muss doch einiges in ihm passieren, wenn aus einem unbescholtenen Menschen plötzlich ein Amokläufer wird.

Gerade an dem Punkt habe ich nachgebessert, will aber auch nicht allzu sehr 'betreutes Lesen' schaffen, indem ich alles bis ins Kleinste erkläre. Ich habe aber jetzt den Gedanken an die Schreibguerilla hereingenommen, um den Hintergrund etwas mehr auszuleuchten. ... In Sachen Informationsmenge bin ich immer noch ziemlich unsicher. Gerade deshalb helfen mir Kommentare wie deine enorm weiter.

Viele Grüße

Willi

 

Hej Willi,

deine regennasse Montagmorgengeschichte hat mir wirklich gut gefallen. Sie wirkt so leicht und auch die Charaktere schweben, sind unscheinbar, wie die blonde Meike und unaufdringlich. Die Story scheint gewichtiger zu sein als die Protagonisten. Gefällt mir gut.

Die Idee mit dem staffelstab der Kreide ist wirklich eine ungewöhnliche Idee, nur leider habe ich zwei Dinge nicht ganz zusammen bekommen. Wieso ist jetzt zufällig die Kollegin die Schriftführerin an der Friedhofsmauer und was treibt sie so zu Tränen und Verzweiflung?

Das Gespräch verläuft spannend und ist auch leicht abstrakt, weil zwei unbekannte Frauen über ein bizarres Ereignis reden, was sie beide verbindet. Ich weiß ja auch nicht, ob Meike nicht doch noch psychopathisch reagiert und eine Waffe bereit hält. Nicht schlecht.;)

Dass deine Protagonistin gleich geschnallt hat, dass sie einen neuen Satz schreiben soll ... Also mir hätte das nicht passieren können. :D

Tolle Idee. Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Willi,

nachdem ich alle Challengegeschichten lesen und kommentieren möchte, auch zu Deiner Geschichte ein paar Gedanken.

Gefallen hat sie mir eigentlich gut, vor allem, weil Du die Challenge selbst ein wenig auf die Schippe nimmst. Für mich ist das schon fast eine Satire über die Challenge.

Mit einigen der Bilder "wehte mich an", "war Gedanken an die Wand, fegte zusammen", etc. habe ich auch meine Schwierigkeit und zwar aus zweierlei Gründen.
i) Sie fügen sich nicht richtig in den Text ein, sondern hauen mich als Leser aus der Kurve, weil sie leicht schief sind und unvermittelt kommen.
ii) Bei der Ich-Perspektive bin ich immer sehr sensibel, was Unstimmigkeiten anbelangt. Schließlich erzählt der Protagonist die Geschichte, es sind seine Eindrücke über die er berichtet, etc. Bei diesen Bildern denke ich mir daher beim Lesen ständig: wer redet denn so? Was ist das für ein Typ? Diese Probleme habe ich bei einem auktorialen Erzähler nicht, da ich den einfach ausblende.

Trotzdem hat die Geschichte Spaß gemacht.

Gruß
Geschichtenwerker

 

Hallo Willi,

ich glaube die Geschichte hat mich von allen Texten in der Challenge am meisten überrascht. Es ist eine von den Geschichten, die das vorgegebene Thema am direktesten umsetzen, aber sie hat sich sehr schnell in eine Richtung entwickelt, die ich überhaupt nicht erwartet hätte. Und das ist eine ziemlich coole Richtung.

Das klingt ein bisschen komisch, weil es ja keine Fantasy-Geschichte ist, aber ich wünschte, ich würde in der Welt dieser Geschichte leben. Es wäre cool, wenn so etwas wirklich passieren würde. Wenn man morgens eine seltsame Botschaft auf einer Mauer entdecken würde, und man könnte einem anderen Menschen, den man gar nicht besonders gut kennt, davon erzählen, und würde nicht etwa schräg angeguckt, sondern es würde so ein kreatives Spiel daraus entwickeln. Ein bisschen, als würde die Challenge aus dem Internet in die „richtige Welt“ übertragen. :)

Außerdem sind mir in diesem Text viele Formulierungen aufgefallen – viele positiv, weil sie unverbraucht und trotzdem passend wirken. Manche fand ich allerdings etwas gewöhnungsbedürftig. Ich werde die einfach mal hervorheben, dann kannst du schauen, ob du an der einen oder anderen Stelle noch etwas überarbeiten willst:

Mit müde verschwollenen Augen ging ich durch den Montagmorgen und zog meine Kapuze tief gegen den Nieselregen ins Gesicht.
Ich glaube „gegen den Nieselregen tief ins Gesicht“ würde mir besser gefallen.

Mir lief das Wasser im Mund zusammen, noch bevor mein Hirn ihm zuflüstern konnte, dass die Brötchen immer pappig schmeckten.
Das gefällt mir, dieses Phänomen, dass manche körperlichen Reaktionen schneller sind als das Gehirn, finde ich auch immer ärgerlich. :)

Fragen huschten wie Spinnen durch meinen Kopf und spannen wirre Gedankennetze.
Normalerweise wäre mir das glaube ich ein bisschen zu viel. Aber zu der Geschichte passt es irgendwie. Vielleicht, weil der Protagonist jemand ist, der eine ganze Menge unterdrückte kreative Energie mit sich rumschleppt, die irgendein Ventil sucht. Da kaufe ich ihm ab, dass er in solchen Metaphern denkt. :)

Das Stückchen Himmel vor meinem Bürofenster war grau wie immer, doch meine Gedanken wirbelten psychodelicbunt um Mick Gärtner, der eine Waffe in der Hand hielt und davon Gebrauch machte.
Die Wortschöpfung gefällt mir nicht so. „psychedelisch bunt“ wäre glaube ich korrekt, ist aber vielleicht ein bisschen schwerfällig. Den Kontrast grauer Himmel/bunte Gedanken finde ich nicht verkehrt, aber vielleicht geht es irgendwie kürzer und knackiger … mir fällt jetzt allerdings kein guter Alternativvorschlag ein.

In der Mittagspause war mein Kopf an den Punkt gelangt, der Menschen nach dem nächstliegenden Rettungsring greifen lässt.
Das finde ich dann doch ein bisschen überzogen. Das klingt, als hätte ihn die Kreidebotschaft regelrecht in Verzweiflung gestürzt. Eigentlich habe ich den Eindruck, er freut sich über das Rätsel, weil es von seinem langweiligen Arbeitsalltag ablenkt. Deshalb finde ich die Formulierung mit dem Rettungsring nicht ganz passend.

Die Tat einer geheimen Schreibguerilla
Das Wort Schreibguerilla gefällt mir wiederum sehr. Passt zu den Wortkriegern. :)

Von außen tröpfelte der Nieselregen gegen die großen Scheiben, von innen das Schweigen der unter ihre Handys gebeugten Menschen
An sich ein sehr schöner Satz, aber ich bin doch sehr dafür, dass die Menschen sich über ihre Handy beugen. Sonst wäre es eine seltsame Vorstellung. :)

Schreie spritzten durch den Bus
Den Satz finde ich clever, weil das Wort „spritzen“ quasi die blutigen Einzelheiten andeutet, ohne dass sie tatsächlich erwähnt werden.

Sie zog etwas aus ihrer hinteren Hosentasche. Als ihre Hand nach vorne schnellte, knickte ich instinktiv weg.
„wegknicken“ passt irgendwie nicht, das stelle ich mir so vor, dass jemand in die Knie geht, vielleicht bewusstlos wird. Ich würde „duckte ich mich instinktiv“ schreiben.

Für einen kurzen Moment, vergänglich wie Kreidestaub, fühlte ich mich als Teil.
Der letzte Satz gefällt mir, weil er am Anfang nur Teil des Arbeitstags sein wollte, und jetzt sieht er, dass er auch Teil von etwas anderem sein könnte. Es wird nicht gesagt, von was eigentlich, weil der Protagonist das wahrscheinlich selbst nicht genau weiß, aber es ist ein schönes Ende. Hoffnungsvoll, obwohl die Story von Mick Gärtner so brutal war.

Bei der Geschichte hatte ich den Eindruck, dass viel Kreativität drin steckt, dass du mit der Sprache experimentierst und auch nicht davor zurückschreckst, etwas zu auszuprobieren, was vielleicht nicht funktioniert und komisch wirkt. Das passt sehr gut zum Inhalt der Geschichte, auch wenn manche Formulierungen für mich tatsächlich nicht so ganz funktionieren. :)

In dem Text steckt eine große Wertschätzung für Kreativität an sich, das fand ich sehr ansprechend. Kreativität muss nicht zielgerichtet sein, die muss keinen bestimmten Zweck erfüllen. Erwachsenen, berufstätigen Menschen ist so ein zweckloses Spielen leider nicht sehr oft möglich – aber ich gönne das deinem Erzähler und Meike von Herzen und hoffe, sie machen noch lange weiter.
Go Schreibguerilla! :)

Grüße von Perdita

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kanji,
endlich ein wenig Zeit, um auf die Beiträge hier einzugehen, sorry, dass es so lange gedauert hat.
Als Weiblein hatte ich den Protagonisten zwar nicht angedacht, aber warum eigentlich nicht :)
Zugeben, die beiden sind und sprechen ziemlich eigenartig, der ganze Text ist eigenartig und ich habe ziemlich herumexperimentiert. Um so schöner, wenn es dir trotzdem gefällt.
Meines Verzweiflung ergibt sich aus ihrem tristen Alltag, der wenig Raum für Eigenartigen lässt. Das verbindet die beiden. Wenn Sie diesen Raum aber einmal bekommen, platzt alles heraus.
Viele Grüße
Willi

 

Hallo Geschichtenwerker,

auch dir vielen Dank für deinen Kommentar. Eigentlich wollte ich auch alle Geschichtenicht kommentieren, bisher hat die Zeit aber nur fürs Lesen gereicht ...
Aufnehmen wollte ich das Thema der Challenge unbedingt, wenn auch nicht gerade auf die Schippe. ;)
Interessanter Gedanke, die Story aus einer anderen Perspektive zu schreiben ... hier habe ich den Ich-Erzähler gewählt, weil dieser ebenso wie ich erst in die Schreibkunst einsteigt und deshalb - ja - total übertreibt.
Ich freue mich, dass du dich trotzdem freuen konntest.
Viele Grüße
Willi

 

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