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Mission: Dark Summer
„Mission: Dark Summer…“, flüsterte Frank mit erstarrtem Gesicht. Er ahnte nur, dass es schlimm sein musste. Der Mann hinterm Schreibtisch hatte von der letzten Möglichkeit gesprochen, den Krieg zu gewinnen.
„Haben Sie an diesem Befehl etwas nicht verstanden, Colonel Dean?“, fragte die kräftige Stimme Silbe um Silbe rhetorisch betont.
Franks Nasenflügel zitterten. Der Mann dort mit den vier Sternen auf der Schulter erwartete Antwort.
„Dean!“
Stahlgraue stechende Augen fixierten Frank, der jenseits des Schreibtisches stand.
„Sir…“
„Ihre Entscheidung?!“
Geschlossene Lider, drei tiefe Atemzüge. Dann hob Frank den Kopf und sagte: „Ich werde es tun – Alia iacta est…“
„Dean, Sie haben sich für die richtige Seite entschieden!“
Der stämmige Mann stand auf und schritt hinter seinem Schreibtisch hervor.
„Man wird Ihnen Orden anstecken und Sie in Geschichtsbüchern erwähnen, Colonel!“
„Ja, Sir.“, sagte Frank leise.
„Kommen Sie mit zum Kontrollraum; Sie und das Team müssen eingewiesen und ausgerüstet werden.“
Die Männer gingen durch einen geraden sterilen Korridor. Ihre Schritte hallten von der Decke wider. Dort oben waren lange Neonröhren montiert. Ihr Licht war von der Art, das all die Sorgen und Befürchtungen einer Person schonungslos beleuchten und dabei noch spöttisch mit dem Finger auf einen zu zeigen schien.
Frank fröstelte, als General Tomahawk vor den Scanner trat und hineinblickte. „Das wird ein großes Feuerwerk, Dean! Das verspreche ich Ihnen!“
Die Schleuse öffnete sich und sie betraten einen großen Raum. Menschen saßen an Kontrollstationen und an den Wänden hingen flache Bildschirme, die Graphen, topografische Karten und komplexe Molekülmodelle zeigten.
„Hier entlang, Colonel!“
General Tomahawk führte Frank zu einer weiteren Schleuse.
„Was Sie gleich sehen werden, unterliegt strengster Geheimhaltung. Im Normalfall ist diese Sektion ausschließlich Generälen der Prioritätsstufe 10 vorbehalten.“
Frank nickte.
Die Titaniumtür öffnete sich lautlos. Ein Raum, viel kleiner als die Zentrale, lag in gedimmten Licht. In der Mitte stand ein ovaler Tisch; darum schwere Ledersessel.
„Ne Coke?“, fragte Tomahawk, nachdem er Frank einen Platz zur Rechten zuwies.
„Danke…“
„Für meinen besten Mann tue ich doch alles!“, sagte der General, holte die Flasche aus dem Wandschrank und gab sie Frank.
„Nehmen Sie meinen Öffner!“
Die Tür öffnete sich erneut.
„Ah, Lieutenant General Texas und das Team.“ Tomahawks Stimme trieb zur Eile.
Frank nickte den drei Männern und der Frau zu. Sie kamen ihm bekannt vor.
„Setzen Sie sich, wir fangen an.“
Tomahawk nahm vor Tisch Platz und betätigte eine Tastatur, wodurch sich eine holografische Karte über dem Tisch bildete.
„Wie Sie unschwer erkennen können, ist dies eine topografische Karte des Areals 9/11, ihres Zielgebietes. Der mit einem X markierte Gebäudekomplex gilt es zu infiltrieren, die Planquadrate A2 und A3 zu sichern und den Raum, hier A1, unter Kontrolle zu bringen.
Dort befinden sich zwei Terminals, die synchron zu bedienen sind, um so 'Code: Dark Summer' zu initiieren.
Um den Gebäudekomplex befindet sich ein Sicherheitszaun, den sie überwinden müssen. Das gesamte Gebiet liegt in einer bewaldeten Senke. Unser Geheimdienst hat bestätigt, dass ein Störfeld jeglichen Funkverkehr verhindert. Ihre erste Aufgabe wird sein, einen Sender im Gebirge zu stationieren, der ein Fenster im Feld öffnet. Leiter der Mission ist Colonel Dean. Noch Fragen? Gut! Sie werden ausgerüstet und nächste Nacht über dem Zielgebiet abspringen. Viel Erfolg!“
Frank schaute zum Himmel. Ein schwarzes Tuch ohne Mond und Sterne.
„Team meldet Einsatzbereitschaft, Sir.“, flüsterte die Frauenstimme. „Colonel?“
„Wie?!“ Frank senkte den Kopf aus seinen Gedanken.
„Die Mission kann beginnen. Ihre Befehle?“
Frank schaute durch das Gerät vor seinem linken Auge. „Gut, Major Pas: Positionieren Sie Captain Folk auf der Anhöhe. Er soll das Funkfenster öffnen. Sie und Captain Butch folgen mir zum Waldgebiet.“
„Ja, Sir!“
Der Trupp stieg in die Senke und erreichte durch die detaillierte Gebietskenntnis sicher den Wald.
„Wir werden auf Fallen achten müssen.“, sagte Captain Pas.
„Befestigt einen dünnen Ast am Gewehrlauf und haltet ihn gesenkt.“
„Was soll das bringen, Sir?“
„Butch, haben Sie noch nie Militärfilme gesehen?“
„Nein Sir, dies war im Ausbildungsplan nicht vorgesehen.“
„Zwanzig Jahre alt und noch nie den Spiegel des Krieges vor Augen gehabt?“
„Sir, jegliche Materialien, die Zweifel am Sieg der A.S.U. bedingen könnten, stehen auf dem Index. Militärische Filme, von denen Sie sprechen, sind seit Beginn des Konfliktes verboten.“
Frank schüttelte den Kopf. „Aber das kann nicht sein. Ich erinnere mich genau, vor einiger Zeit…“
„Colonel, Sie müssen sich irren, Sir!“, beharrte Butch.
„Genug jetzt!“, unterbrach Pas. „Das hier ist Realität und kein Hollyoak.“
Wieder stutzte Frank. Es hieß Hollywood. Jeder kennt es und niemand verwechselt…
„Stopp!“, rief er plötzlich und blieb abrupt stehen. Schweiß bildete sich auf Rücken und Stirn.
Sein Stock hatte sich verbogen. „Ein Draht – vielleicht eine Sprengfalle.“
Vorsichtig sondierte Frank den Boden dahinter. „Nur ein Draht. Steigt vorsichtig darüber!“, befahl er.
Etwa eine Stunde später hatten sie den Wald hinter sich gelassen und kamen an den Rand einer Lichtung.
„Gebäudekomplex X in Sicht, Sir!“, meldete Captain Pas. „Keine Wachen zu sehen. Weder Schützen auf den Türmen noch Patrouillen am Boden.“
Merkwürdig, dachte Frank. Ein Komplex dieser Wichtigkeit und keine Wachen? Ein ungutes Gefühl zog sich krampfend durch den Magen.
„Wir sollten die Gunst der Stunde nutzen, Sir!“, sagte Butch.
Frank riss sich zusammen. „Sie haben Recht! Vorwärts!“
Nachdem Butch mit einem Lasergerät ein Loch in das Gitter geschnitten hatte, schlichen sie durch Schatten. Plötzlich erlosch das Licht vor dem Haupteingang und das Gelände tauchte noch tiefer in das Dunkel.
Frank dachte: Irgendetwas an der Sache…
„Jetzt! Das ist unsere Chance!“, von Butch.
„Jetzt oder nie!“, von Pas.
Frank durfte nicht zögern. „Also los…“
Sie erreichten die Sicherheitstür. Butch tippte einen Code ein.
Surrend öffnete sie sich. „Da soll noch jemand sagen, unser Geheimdienst liefere falsche Informationen.“, grinste Pas maskenhaft durchs Dunkel.
„So etwas haben wir gelernt“, triumphierte Butch.
„Okay“, sagte Frank. „Weiter nach Plan!“
Der Trupp schlich vorsichtig durch eine hohe Halle. Grünliches Licht flimmerte von den Seiten und ein dumpfes Geräusch, vielleicht das eines Ventilators, brummte im Raum.
Frank schaute nach oben. Dort verliefen viele Stahlträger.
Was für eine Funktion sie haben mögen, fragte er sich, als er ein hohles Geräusch vernahm. Er hielt inne und schaute nach unten. Eine stählerne Platte aus zwei Halbkreisen war unter seinen Füßen angebracht.
„Weiter, Sir! Wir müssen weiter!“, drängte Pas.
„Woher?“, fragte Butch, als sie vor zwei Korridoren standen, die in verschiedene Richtungen führten.
„Der rechte!“, sagte Pas. „Er wird uns zu A1 führen.“ Sie klappte den Laptop wieder zusammen und verstaute ihn im Rucksack.
Gerade wollte Frank zustimmen, als er Stimmen hörte. „ Möglicher Feindkontakt!“, flüsterte er. „Hinter die Kisten dort!“
Drei Männer, unbewaffnet, kamen in die Halle und sprachen in einer fremden Sprache.
„Drei gezielte Schüsse und wir sind das Problem los!“, meinte Pas.
Frank schüttelte den Kopf. „Nein, niemand wird getötet!“
„Sir, wir sind Soldaten. Das ist unsere Pflicht!“, widersprach Pas.
„Wir werden keine unbewaffneten Menschen ermorden!“
„Colonel…“
„Keine Diskussion!“
Die Männer verschwanden im anderen Korridor.
„Weiter jetzt!“, befahl Frank.
Auch in diesem Korridor flackerte das Licht. Er endete an einem weiteren, horizontalen Gang. „Ich orte eine Person. Sie geht den Gang entlang, Sir.“ Butch entsicherte sein Gewehr.
„In Stellung, Soldaten…“, befahl Frank.
Als ein Mann in Sichtweite kam, wurde er von Pas durch einen Elektroschock zu Boden niedergestreckt.
Mit weit aufgerissenen Augen starrte er in ihr Gesicht.
„Ich werde mein Messer in seiner Bauchhöhle versenken: dann wird er uns verraten, wie wir sicher ins Areal A1 kommen, Colonel!“
Gerade wollte Pas zudrücken, da stieß Frank sie von dem zitternden Mann. „Keine Opfer sagte ich!“, fuhr er sie an.
Pas schüttelte den Kopf - als wollte sie sagen: Schwächling! – da durchsuchte Frank die Uniform und zog eine Magnetkarte aus der Hemdtasche des Mannes. „Hiermit wird es gehen!“
Pas schlug den Mann mit dem Gewehrkolben bewusstlos und spuckte aus.
Sie erreichten den Zielraum.
Die Magnetkarte öffnete den Raum.
Wenig später standen sie vor den Terminals.
Butch tippte einige Befehlszeilen ein und sagte: „Colonel Sir: Sie und Pas müssen nun synchron die Knöpfe Alpha, Omega, Omega, Alpha drücken, um den Raketenstart zu initiieren.
Frank erstarrte. „Raketenstart?!“ Die große Halle mit dem grünlichen Licht schlug in sein Bewusstsein. „Eine Startrampe…“
Pas griff das Funkgerät. „General Tomahawk, wir sind in Position!“
Kurzes Rauschen, dann: „Freigabe erteilt!“
„Auf drei, Frank: Wir haben nur einen Versuch. Also: Eins, zwei, drei…“
Ihm war schwindelig, und sein Kopf brummte.
Langsam öffnete er die Augen und sah in gleißendes Licht.
Er brauchte einige Sekunden, um wieder scharf sehen zu können.
Ein Mann in Uniform und einige andere in weißen Kitteln standen um die Liege herum.
Frank richtete sich auf.
„Mr. Dean?“
„Ja…“, sagte er schwer und leise, noch immer benommen.
„Ich bin Second Lieutenant der ‚Allgemeinen Staatlichen Union’- Army.
Sie haben den Test nicht bestanden. Ihr Verhalten im „Virtual War“ war nicht unseren Vorstellungen entsprechend. Sie haben es versäumt, sowohl die Zahl der Feinde zu dezimieren als auch den Gegner vernichtend zu schlagen, als sie die einmalige Gelegenheit dazu hatten. Ich teile ihnen hiermit mit, dass sie nicht am Krieg gegen das östliche Terrain teilnehmen werden. Guten Tag.“
Der Mann drehte sich um und ging.
Frank sagte nichts, dachte nichts.
Er war ausgemustert worden.