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Mitternachtstraum

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02.05.2003
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Mitternachtstraum

Gestern Abend bin ich wieder an unserem Platz gewesen. Dort, wo wir uns immer getroffen haben, früher, als es noch besser war.
Der Platz ist schön. Immer noch blüht alles um einen herum, wenn man dort liegt. Es ist friedlich, so zwischen den Bäumen, ganz allein, auf der Lichtung.
Das Gras ist etwas höher geworden in den letzten Jahren, aber das machte mir nichts. Ich genoss die zarten Berührungen am ganzen Körper, als ich mich sanft im hohen Gras bettete.
Wo bist Du?
Ich sehe dich über die Bäume gleiten, in weißem Seidengewand. Alles andere ist plötzlich dunkel. Nur Du nicht, Du leuchtest, schaust auf mich herab. Wie ein Engel, wie ein wunderschöner Engel. Ich blinzle. Versuche krampfhaft, mich zu bewegen.
Öffne die Augen.
Du warst ein Traum. Nur ein Traum.
Ich lag immer noch auf der Lichtung, im hohen Gras. Die Vögel zwitscherten in den Bäumen, was seltsam war, denn eigentlich gab es damals schon gar keine Vögel mehr. Ich sah nach oben. Zur Sonne. Meiner alten Freundin. Die Sonne, die mich immer erwärmt hat. Mein ganzes Leben lang.
Es ist traurig. Traurig ist es, dass ich Dich so verlieren musste. Ohne Grund, ohne Kommentar, einfach so, weil es eben sein sollte.
Ist es fair?
Wahrscheinlich.
Tut es weh?
Vielleicht.

Ich setze mich auf. Sehe mich um. Nichts ist, wie es war. Die Sonne ist weg und auch die Vögel. Alles ist dunkel. Die Welt versinkt in Dunkelheit. Tiefer, dunkler Dunkelheit.
Es ist traurig. Ich drehe mich um, laufe davon.
Der Mond bröckelt schon auseinander.
Ich träume von Dir.

 
Zuletzt bearbeitet:

verschoben von Seltsam nach Alltag

 

Eine Geschichte mit lyrischem Zeilencharakter. Liebesklage, Stimmungsbild. Mitternacht und Tag, Mond und Sonne. Vom Im-Gras-Liegen und Vermissen.

Schwierigkeiten habe ich mit der Zeitstruktur im Text: der Traum im Präsens, das will mir einleuchten. Unmittelbarkeit. Aber ich bin nicht sicher, ob der Wechsel zwischen Präsens und Präteritum immer sinnvoll und beabsichtigt ist.

Der Protagonist hört Vögel, es verwundert ihn. Vögel, jetzt? Es gab doch damals schon keine mehr? In welcher Welt spielt dieser Text? In einer Zukunft, die nicht nur die Vögel ausgelöscht hat, sondern auch den Mond zerbröckeln läßt?

Ich finde keinen Zugang; irgendwo im Hinterkopf dieser Film; Rutger Hauer und Michelle Pfeiffer in Ladyhawke. Aber nichts schließt sich.

 

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