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Morgens

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28.03.2004
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Morgens

(Vorweg: Der Titel hat nicht direkt etwas mit der Geschichte zu tun, wer etwas über "Morgens" lesen möchte, der sollte es mit einer anderen Geschichte probieren.)

Er schreckte hoch und saß aufrecht im Bett. Die Sonne strahlte durch das große Fenster. Warum hatte der Wecker nicht geklingelt? "Uhrzeit?" fragte er und die sanfte Frauenstimme des Raumcomputers antwortete "Es ist 10:37 Uhr.". Erschrocken sprang er aus dem Bett, doch dann fiel ihm wieder ein, warum der Wecker nicht geklingelt hatte: Die IQ- und Belastungstests in der Firma waren vorbei und er hatte eine Woche Urlaub bekommen. Wie die Ergebnisse wohl waren? Immerhin entschieden sie über die nächsten paar Jahre seines Lebens, wenn nicht sogar über den ganzen Rest seines Lebens. An der Notwendigkeit der Tests gab es nichts zu zweifeln, im Gegensatz zu der anderen Welt draußen waren hier alle unvollkommen und jeder hatte einen unfertigen Mix aus unschiedlichen Begabungen.
Er zog sich an und ging durch das Wohnzimmer auf den großen Balkon. Beim durchqueren des Wohnzimmers wurde der große Fachbildschirmplasmafernseher aktiviert.
Vom Balkon aus konnte man einen Teil der Parkanlage überblicken. Momentan war alles grün, der Frühling war endlich gekommen, vorbei war der triste, graue, langweilige und kalte Winter. "Buchen sie jetzt - nur 7500 Servii für eine Woche Karibikfeeling. Garantiert kein Blick auf Grenzanlagen oder die Metropolis." tönte es aus dem Wohnzimmer. Das muss wohl die neue Insel sein, von der man in letzter Zeit jeden reden gehört hat. Das war das erste Mal, dass dieser Bezirk vergrößert worden ist. Eigentlich ganz nett, dieses Customer Behaviour Tracking. Data Mining war schon nützlich, immerhin wird man so immer über die Produkte informiert, die man gerade gebrauchen konnte. 7500 Servii sind zwar eine Menge Geld, aber das Angebot auch sehr außergewöhnlich - ohne Metropolis und Begrenzungsanlagen die Welt um sich herrum zu vergessen, dass bekommt man nicht oft geboten, vielleicht nur ein mal in seinem Leben. Wenn er in den Tests versagt hatte, dann wäre er seinen Job, seine Wohnung und seine sonstigen Luxusleistungen los. Aber noch hatte er das Geld und wegnehmen konnte man es ihm nicht, vor allem, wenn er es bereits ausgeben hatte. Ganz schlecht konnte er eigentlich nicht abgeschnitten haben, er war ja ein Romantikerkind. "Romantikerkind", dass klingt total harmlos. Allerdings ist es auch das beste, was einem in dieser Welt passieren konnte, der durchschnittliche IQ eines Romanikerkindes liegt bei 147 und damit um etwa 41 Punkte höher als der Gesamtdurchnitt und sogar 63 Punkte über dem der Arbeiterschicht. Dem Verdienst entsprechend war dann nicht viel Urlaub möglich, aber die Grundversorgung der breiten Bevölkerung war gesichert.
Gedankenverloren schaute er in den Park und seh Alexandra vorbei joggen. Das beklemmende Gefühl in der Brust kehrte sofort wieder. Sehnsucht? Liebe? Hass? Ein seltsamer Mix, seine gute Laune war verflogen. "Das Hotel beinhaltet ein 5 Sterne Restaurant, eine große Poolanlage und ein gut ausgestatteten Fitnessraum". Am liebsten würde er jetzt ins Wohnzimmer rennen und den gesamte Einrichtung zertrümmern. Und das alles nur wegen der blöden Idee des Humanismus, die völlig falsch verstanden wird von der Welt da draußen. Oder ist es human, ein Teil der Bevölkerung aus der Gesellschaft zu verstoßen und wie vor 100 Jahren leben zu lassen? Auch wenn dieses Thema hier totgeschwiegen wurde, konnte man in dem Netz viel darüber finden, es war ihm sogar gelungen durch eine Sicherheitslücke aus dem geschlossenen Netz der Bezirke in das offene Netz zu kommen. Dort konnte man viel über das Thema finden, es wurde jedes Jahr groß gefeiert. "Ich träume von einer Welt, in der es keine Gewalt, keine Drogen, keine Probleme und keine Verlierer mehr gibt" verkündetet Dr. Mandela Sightu damals, als es gelungen war, mittels Genetik beliebige Attribute eines Embryos zu ändern. Jeder, der das Geld hatte, konnte sein Wunschkind zusammenstellen. Groß, stark, intelligent, gutaussehend, leistungsfähig, ausdauernd, belastbar - alles war möglich, sofern man es bezahlen konnte. Das erzeugte jedoch schnell neue Probleme. Wie soll man als normales Kind gegen eine auf Leistung gezüchtete Konkurrenz ankommen? Normale Kindern wurden Problemkinder - Gewaltätigkeit, Kriminalität und schlechte Leistungen machten sie zu Außenseitern, die zusammen mit ihren Eltern "beseitigt wurden". Man steckte sie in große abgesperrte Gebiete, sogenannte Bezirke und gab ihnen alles, was sie zum Leben brauchen. Arbeit, ein bischen Bildung und Unterhaltung. Das Problem war aber, dass sie nicht aufhörten, sich zu vermehren und damit eine minderwertige, nicht wettbewerbsfähige Unterschicht erzeugten, die ihre eigene Probleme hatte.
Aber er war ein Romanikerkind. Romantiker sind Menschen, die meinen, sie müssten auf die Geburtenkontrolle verzichten und einfach so Kinder in die Welt setzen. Auch wenn diese Kinder für normale Verhältnisse weit überdurchschnittliche Fähigkeiten hatten, waren sie in der schönen Gesellschaft nicht erwünscht und wurden in die Bezirke gebracht.
"Sie haben eine neue Nachricht von Dr. Mingh" meldete der Raumcomputer. "Öffnen" sagte er gedankenverloren.
"Beginn der Nachricht."
"Wir freuen uns, Ihnen Ihre Ergebnisse der Tests mitzuteilen - ihr IQ beträgt 163, der Belastbarkeitsgrad ist 203. Aufgrund der sehr guten Ergebnisse würden wir uns freuen, wenn sie unserer Einladung zum Essen der Firma GenPoolTech in zwei Tagen folgen. Genauere Informationen finden Sie in Ihrem geschäftlichen Postfach."
"Ende der Nachricht."
GenPoolTech, das war die Firma, die Draußen am erfolgreichsten ist, sowohl geschäftlich als auch wissenschaftlich. Und sie zahlte das hier alles, solange es sich nicht selbst finanzierte. Sie war an an seiner Misere schuld und wollte jetzt, dass er für sie arbeitet. Das wäre eine gute Gelegenheiten, seine Rachegedanken zu verwirklichen. Oder zumindest ein Schritt in diese Richtung.
Er wurde in seinen Gedanken unterbrochen. "Neue Nachricht von Alexandra Bunthu".
Nein, diese Nachricht wollte er nicht lesen. Er wollte sich nicht verlieben und am Ende vielleicht auch noch eine Familie bekommen. Zumindest nicht hier, in dieser Welt. Ein Kind, dass ungefragt in diese häßliche Welt gesetzt würde, könnte er niemals verantworten. Wobei es zwei Auswege aus dem Problem gab, zumindest kannte er nur zwei. Er könnte sich in der Firma hocharbeiten und vielleicht eine Resozialisierung erreichen und alles hier hinter sich lassen, oder aber seine Fortplanzungsfähigkeit operativ entfernen lassen. Die erste Möglichkeit erschreckte ihn immer wieder - Zusammenarbeit mit dieser verlogenen Gesellschaft, wirklich widerlich. Aber das Leben hier konnte auch Spass machen. Das war etwas, dass er gerne vergass.
"Hi Tom, was hälst du davon, wenn wir uns heute Abend treffen? Melde dich mal, würde mich freuen! Alex"
Die automatisch-nachrichten-von-freunden-öffnen war aktiviert und der Computer spielte die Nachricht ab. Verärgert kickte er gegen den nächsten Stuhl, der in seiner Reichweite war. Ein großer, bunter Schmetterling flog von den Blumen davon, in denen der Stuhl landete.
"Neue Nachricht" sagte er und der Computer meldete seine Bereitschaft: "Bereit zur Aufzeichnung, bitte sprechen sie jetzt."

 

Hallo michael, zunächst einmal herzlich willkommen auf kg.de und im SF-Forum! :thumbsup:

Deine erste Geschichte hier liest sich für mich sehr, sehr träge. Du hast meines Erachtens einen Fehler gemacht: Du erklärst, wie Du Dir die Welt in der Zukunft vorstellst. Aber Du erzählst keine Geschichte. Erst ganz am Schluss passiert mal was, und das ist nicht viel. Eine Geschichte, die direkt mit Handlung beginnt, reißt einen Leser viel mehr mit als schier endlose Variationen über eine mögliche Zukunft. Dein Text hat inhaltlich mehr von einem Aufsatz als von einer richtigen Story. Deine Voraussagen können eintreten oder nicht, da lasse ich mich gar nicht erst auf eine Diskussion ein. Eine andere Entwicklung der Gesellschaft wäre ebenfalls denkbar. Was eine Story aber einmalig macht (machen sollte), ist die Geschichte um die Figur, die darin auftritt. Und das ist eben ziemlich wenig. Da sind dann auch Deine Voraussagen automatisch wenig überzeugend.

Hinzu kommt die sehr vereinfachende Verwendung des IQ. Da solltest Du Dir mal die Definition anschauen. Schau mal z.B. bei wissen.de nach. Zitat: "Die jeweilige Altersnorm wird mit 100 festgesetzt. Ein IQ von 110 bis 120 gilt als gute Intelligenz, ein Wert von 140 als außergewöhnliche Intelligenz." und: "127 und mehr entspricht einem Anteil der Bevölkerung von 2,2 %." Entspricht, wohlgemerkt! Darüber ist der IQ definiert.
Ein Wert von über 160 ist für eine Figur, wie Du sie beschreibst, einfach unsinnig - er würde vermutlich ungefähr zu den 100 intelligentesten Menschen des Landes gehören ;)

Die Handlung endet, bevor sie eigentlich richtig beginnt - ein zwischenmenschlicher Konflikt wird angedeutet, aber nicht ausgetragen. Dabei sind die Menschen doch das interessante! In dem Fall Deine Hauptfigur, die sich die ganze Zeit jede Menge Gedanken macht, aber die Du nicht wirklich mit der Welt interagieren lässt, in die Du sie gesetzt hast.

Sprachlich habe ich nicht viel einzuwenden, allerdings ist der Stil sehr nüchtern, wie man es sonst eben von Aufsätzen kennt. Ein weiterer Grund, warum keine Spannung aufkommt.

Fazit: sprachlich nüchtern, inhaltlich mehr erklärt als erzählt, daher nicht sonderlich spannend oder unterhaltend.

Uwe
:cool:

 

Besten Dank für die Antwort.

Hinzu kommt die sehr vereinfachende Verwendung des IQ. Da solltest Du Dir mal die Definition anschauen. Schau mal z.B. bei wissen.de nach
Ich habe die Werte _absichtlich_ so extrem übertrieben dargestellt, weil ich verdeutlichen wollte, dass in der idealisierten Leistungsgesellschaft ein Mensch aus unserer heutigen Zeit total verloren ist. Ausserdem spricht nichts gegen eine Verschiebung der Kurve auf der x-Achse, wenn damit eine Vergleichbarkeit mit alten Messergebnissen erhalten wollte. (Im Prinzip kommt ja die 100 nur zustande, weil man 100 + (Messergebniss - Erwartungswert) / Standardabweichung rechnet. Wenn die Menschen allgemein intelligenter wären, änderten sich zwar Erwartungswert und Standardabweichung auch, aber man kann das nicht mehr mit den alten Ergebnissen vergleichen)

reißt einen Leser viel mehr mit als schier endlose Variationen über eine mögliche Zukunft
Das war zum Teil auch beabsichtigt. Vermutlich bin ich nicht fähig, das ganze in eine nette Handlung einzubauen - es geht mir wohl eher um den Entwurf einer anderen Welt als um den Konflikt einer darin lebenden Person - mein Fehler.

Fazit: sprachlich nüchtern
Für den Fall, dass ich meine Gedanken noch einmal niederschreiben sollte, werde ich mich um eine blumigere Ausdrucksweise bemühen.

michi

 

Hallo Michael,
auch von mir ein herzliches Willkommen im SF-Forum.

Ich habe an deiner Geschichte hauptsächlich einen Punkt zu bekriteln, den auch Uwe schon erwähnt hat: Es passiert zu wenig.

Eigentlich nichts.
Du verzettelst dich in Beschreibungen, die zwar ganz nett, aber für die Geschichte an sich unwichtig sind. Und dein Charakter macht nichts, außer auf seinem Balkon zu stehen und zum Schluss einen Sessel zu werfen.

Grundsätzlich fand ich deine Ideen für die zwei Klassen Gesellschaft der Zukunft sehr gut, aber du solltest wirklich versuchen, damit deinen Leser mehr zu fesseln.

Zur Sprache:
Sie ist einfach gehalten, das stimmt. Aber zumindest ist sie ohne lesestörende Fehler, und das ist für eine Erstlingsgeschichte auch schon was *g*
Was Uwe, denke ich, gemeint hat ist, deine teils sehr monotone Wortwahl. Du schreibst weder "Blumig" noch in Metaphern, noch wirklich spannend mitreißend.
Daran solltest du noch arbeiten.

glg Hunter

 

Servus,

ein Willkommen von einem nOOb zum anderen (obwohl DU wenigstens ne Reaktion von nem Admin bekommen hast :mad: )!

Huiuiui, da hat wohl jemand Gattacca gesehen! Junger Mann, Romantikerkind (im Film "Gotteskind"), trotzdem überdurchschnittlich, Bewerbung bei Elitefirma, Probleme einer Beziehung und die ganze genmanipulierte 80:20-Gesellschaft... Ist mir sehr, sehr vertraut, aber damit hab ich kein Problem, schließlich ist das nach wie vor eine relativ realistische Zukunftsaussicht (und den Film find ich total genial).
Problematisch wirds halt, das in eine Kurzgeschichte zu packen. Auf höchstens ein paar Seiten eine ganze Welt unterzubringen.. du hast mein Mitleid. :)
Das nächste mal probiers nur mit ner halben Welt,

Artnuwo :D

 

Geschrieben von Artnuwo
Servus,

ein Willkommen von einem nOOb zum anderen (obwohl DU wenigstens ne Reaktion von nem Admin bekommen hast :mad: )!


Sind Dir Mods lieber als Normal User? OK werde ab jetzt Deine Storys nicht mehr kommentieren Artnuwo ...

Zur Story:

Hoi Michael

Du erklärst zuviel statt eine wirkliche Handlung zu erschaffen - so hat die Geschichte eher etwas von einer Mischung aus Exposee zu etwas größerem und Aufsatz ... Da ist zuviel SciFi-Welt und zuwenig Menschen-in-dieser-Welt - schwer auszudrücken .. ich lass es lieber :D

 

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