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Nervenkitzel

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02.01.2002
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Nervenkitzel

Mutproben, immer wieder Mutproben. Timo konnte nicht genug davon bekommen. Wir kletterten auf die Apfelbäume unserer Nachbarn, wir durchquerten barfuß den Fluss am Stadtrand und wir ärgerten den bissigen Hund des Metzgermeisters. Einmal wurden wir um ein Haar erwischt, wie wir auf dem Autodach unseres Lehrers herumtobten. Wir konnten gerade noch Reißaus nehmen, bevor er uns entdeckte. Anschließend hatte Timo über uns gelacht, während wir keuchend hinter der nächsten Ecke Schutz suchten. Ich hasste ihn in diesem Moment, hasste sein selbstgefälliges Grinsen. Ich schwor mir, nie wieder eine seiner blöden Mutproben mitzumachen, ihm beim nächsten Mal ins Gesicht zu blicken und mich zu weigern. Und gleichzeitig wusste ich, dass ich es nicht tun würde.

Es war ein Frühlingsabend. Der Nachhauseweg vom Kino führte am alten Friedhof vorbei. »Lass uns mal drübersteigen«, sagte Timo in selbstverständlichem Ton und zeigte mit seiner Bierflasche auf die Mauer. Es war nicht das erste Mal, dass er den Friedhof in seine dämlichen Mutproben miteinbezog. Kay, ein Junge aus unserer Clique, hatte vor ein paar Wochen einen Blumenstrauß von einem frischen Grab klauen müssen. Keine große Sache, aber mir war mulmig dabei zumute gewesen. Nicht wegen der Gefahr, erwischt zu werden. Sondern weil es ein Friedhof war. Timo hätte mich ausgelacht oder Schlimmeres getan, wenn ich es gesagt hätte, aber es gefiel mir nicht, diesen Scheiß an solch einem Ort durchzuziehen. Es gefiel mir damals nicht und es gefiel mir auch jetzt nicht.

Timo kniff die Augen zusammen. »Schiss, hm?«, fragte er. Ich schüttelte den Kopf. Timo betrachtete mich nachdenklich, trank einen Schluck Bier und warf die leere Flasche ins Gras. Anschließend trat er so nah an mich heran, dass ich den Alkohol in seinem Atem riechen konnte. Er grinste. »Komm schon. Es wird Spaß machen.«

Das sagte er immer, wenn wir zögerten. »Es wird Spaß machen.« Manchmal machte es das tatsächlich. Manche Mutproben waren lustig und nicht so riskant, dass es schlimm wäre, wenn etwas dabei schiefging. Aber manche Mutproben waren so wie mit dem Auto unseres Lehrers. Oder wie mit dem Blumenstrauß.

Einen Moment lang wollte ich mich weigern. Ich fragte mich, was Timo dann unternehmen würde. Mich auslachen? Wütend werden? Mit beidem konnte ich leben. Außerdem war Timo mein Freund. Sicher, er war launisch und er wollte immer alles bestimmen, aber er war zweifelsohne mein Freund. Trotzdem gab es etwas, das mich davon abhielt, ihm zu widersprechen. Ich konnte nie genau festmachen, was mich dazu brachte einem Konflikt mit Timo aus dem Weg zu gehen. Vielleicht war es sein Tonfall, wenn er über frühere Freunde sprach, mit denen er sich einst gut verstanden hatte und die ihm heute mal im Mondschein begegnen konnten. Vielleicht waren es seine zusammengekniffenen Augen, wenn man ihm bei etwas nicht beipflichtete. Vielleicht waren es Erinnerungen wie an das Sportfest, als Timo derjenige gewesen war, der den wahren Grund herausgefunden hatte, warum der Junge aus der Parallelklasse nicht teilnehmen durfte. Kleinigkeiten. Kleinigkeiten, die sich zusammengenommen zu einer Facette in Timos Charakter verdichteten, mit der ich nicht konfrontiert werden wollte. Und vielleicht würde es ja wirklich Spaß machen.

Ich nahm einen kleinen Anlauf, sprang und zog mich an der Mauer hoch. Es war nicht schwierig. Timo nickte anerkennend. Wenn etwas nach seinen Vorstellungen lief, war er großzügig. Er wischte sich die Hände am T-Shirt ab und kletterte zu mir herauf. Mein Blick schweifte über die Gräberreihen.

»Und wenn uns der Wärter erwischt?«, murmelte ich. Timo stieß einen verächtlichen Laut aus. »Was glaubst du, wer schneller rennen kann - wir oder er?«

*

Das Wort »Totenstille« kam mir in den Sinn und beinah hätte ich nervös aufgelacht. Die Ruhe auf dem Friedhof war anders als sonst. Nicht die andächtige Stille eines Nachmittages, die einen mahnte, sich ruhig zu verhalten. Sondern das bedrückende Schweigen des Abends, das einem verriet, dass man unerwünscht war.

Timo unterbrach die Atmosphäre hin und wieder mit einer albernen Bemerkung, während wir durch die Reihen schlenderten. Ich spürte seine Energie in jeder seiner Bewegungen. Es war die Art wie er den Weg entlangschritt, die Art wie er den Kopf drehte, die Art wie er sich umblickte. Alle alkoholisierte Lethargie war von ihm abgefallen. Er blühte auf in seinen kleinen Nervenkitzeln. Wenn ich Timo sah, konnte ich die Menschen verstehen, die einen riskanten Beruf wählten. Sie gingen darin auf. Genau wie er.

Völlig unvermittelt blieb Timo stehen. »Das ist ja cool«, flüsterte er heiser. Ein Leuchten überzog sein Gesicht. Ich wagte es kaum, seinem Blick zu folgen. Als ich es doch tat, entdeckte ich am Wegrand einen Schuppen. Und ich bemerkte noch etwas: Die Tür stand einen Spalt offen.

Timo ignorierte meine Warnungen, dass uns ein Arbeiter ertappen könne und ging zu der verfallenen Hütte. Ich folgte ihm. Aus der Nähe betrachtete war der Schuppen größer als gedacht. Timo spähte durch den Türspalt. Er grinste und zeigte dabei zu viele Zähne.

»Sieh mal an«, sagte er. »Jetzt weiß ich endlich, wo man die alten Särge zwischenlagert.«

Mit klopfendem Herzen hörte ich mir seinen Vorschlag an. Wenn ich den Mut besäße, sollte ich mich in die Hütte wagen und dort mindestens fünf Minuten bleiben. Bei verschlossener Tür. Ich sah zum Schuppen hinüber. Er hatte kein Fenster.

»Warum soll ich alleine reingehen?«, fragte ich. »Hast du etwa Angst?«

Einen Augenblick lang sah Timo überrascht aus. Dann verfiel er wieder in sein unangenehmes Grinsen. »Im Gegenteil. Ich komme gerne mit.«

Ich glaubte ihm sogar.

*

Die Tür quietschte beim Öffnen. Die Luft in der Hütte war staubig und ich unterdrückte ein Husten. An der hinteren Wand erkannte ich einen Stapel Bretter. Sargbretter. Manche waren auf den Boden gerutscht. Ich schluckte.

Sekundenlang schossen mir Horrorszenarien durch den Kopf. Timo, wie er die Tür hinter mir zusperrte. Ratten, die über meine Füße liefen. Schatten, die sich aus der Wand lösten und auf mich zutraten. Näher und immer näher ... Hatte sich dort in der Ecke nicht eben etwas bewegt? War dort nicht eben etwas über den Boden gehuscht? War da hinten nicht ...

Ein ersticktes Keuchen ließ mich herumfahren. Timo starrte auf eine Stelle an der Wand. Sein Gesicht war weiß. Ich sprach ihn an, doch er reagierte nicht.

Ich folgte seinem Blick zu den aufgetürmten Sargbrettern. Der matte Lichtstrahl von draußen erhellte eine Stelle in der Ecke. Timo fixierte einen Deckel. Ich sah das morsche Holz, die abgeblätterte Farbe und das Moos. Und ich sah noch etwas. Mehrere lange Kratzspuren, die sich tief eingegraben hatten. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff.

Sie waren nicht außen.

 

So. Wie bei der letzten Geschichte um das nette Blümchen bin ich mir nicht sicher, ob Horror/Grusel die angemessene Rubrik dafür ist. Besser in Alltag/Spannung/Sonstige?
Trotzdem will ich's zunächst mal hier probieren.

Ergebensten Dank.

G.

 
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Hi Ginny Rose,

ist es richtig, das du es der Fantasie des Lesers überläßt, wer oder was in diesem Sarg gelegen hat?

Zuerst dachte ich an einen Vampier. Doch die lieben es ja gemütlich und steigen in einen gepflegten Sarg.
Solltest du es so gemeint haben, wäre hier der Horror, das deine Prots den Friedhof wohl nicht mehr lebend verlassen werden.

Doch viel eher glaube ich, dass ein lebendig begrabener versucht hat, aus dem Sarg zu entkommen.
Diese Vorstellung finde ich noch horrormäßiger.
Eine leise Horrorgeschichte, die mehr unter die Haut gehen kann, als Blut und fletschende Zähne.

glg, coleratio

 

Hallo Ginny-Rose

Dachte zuerst, es geht in Richtung wandelnde Tote o. ä., wurde dann aber am Ende mit diesem sehr realen Horror angenehm Überrascht.
Deine Geschichte ist für mich absolut in der richtigen Rubrik.
Meiner Meinung nach muss Horror nicht immer nur blutrünstig und Würgfaktor 7 besitzen. Ich mag eben auch die subtileren Formen des Gruselns.
:cool:

Schön flüssig geschrieben, gute Beschreibung der Stimmung auf dem Friedhof. Konnte mich in die Geschichte reinfühlen.

Lieben Gruss
dot

 

Salut Ginny,

Ich fand deine Geschichte angenehm zu lesen, auch wenn es nicht wirklich horrormäßig ist, kann man es schon als "gruselig" beschreiben ;). Der Friedhof ist atmosphärisch dicht beschrieben und das Ende lässt freiraum für eigene Interpretationen. Vielleicht aber auch ein wenig zu viel - ich hätte gern gewusst, was da nun in diesem Sarg lag und ob deine Prots die Hütte jemals wieder lebendig verlassen. ^^

Darf man fragen an was für ein "Wesen" du beim Schreiben der Geschichte gedacht hast?

Gruß :)
Thorn

 

Hi Ginny,

ich fand deine kleine Gruselstory gut! Stilistisch sehr sauber und auch die Szenarien hast du gut rübergebracht, so etwa dieser Satz:

Das Wort »Totenstille« kam mir in den Sinn und beinah hätte ich nervös aufgelacht. Die Ruhe auf dem Friedhof war anders als sonst. Nicht die andächtige Stille eines Nachmittages, die einen mahnte, sich ruhig zu verhalten. Sondern das bedrückende Schweigen des Abends, das einem verriet, dass man unerwünscht war.
Echt gut! Ich finde das ist die beste Beschreibung von "Friedhofsstimmung" die ich bisher gelesen habe. Und dazu braucht es also nur zwei Sätze von dir ;)

Ansonsten muss ich sagen, dass ich ein wenig über die Stelle gestolpert bin, in der dieser Timo (an einer Stelle reimt er sich blöderweise auf Kino) dem anderen Kerl nen Bier anbietet. Anfangs bin ich nämlich einfach mal davon ausgegangen, dass es sich bei den beiden um Kinder handelt. Hatte immer die Vier Jungs aus "Stand by me" vor Augen :)
Naja, auf jeden Fall hat mich diese Stelle stutzig gemacht. Ab diesem Zeitpunkt konnte ich mich jedenfalls nicht mehr richtig in die beiden reinversetzen.

Das Ende fand ich in Ordnung, obwohl ich einen kleinen Logikfehler bemerkt habe. Wenn es doch so unglaublich Dunkel in diesem Schuppen ist, wie kann man diese Kerben dann eindeutig als Kratzspuren identifizieren? Ich glaube ich wüsste noch nicht einmal, ob das nun die Ober oder Unterseite des "Deckels" ist, immerhin war der ja auch von Moos überwuchert.
Aber der Gedanke ist natürlich schon ziemlich unheimlich und ich denke das ist ohnehin die Hauptsache.
Ich dachte bis zum Ende hin, dass der verschwunde Blumenstrauß wohl wieder aufgetaucht wäre, keine Ahnung warum. Wahrscheinlich, weil du vorher erwähnt hattest, dass sich der Kleine unwohl dabei gefühlt hatte, den Friedhof zu betreten und das Teil zu klauen.

Naja, aber es ist dir auf jeden Fall eine nette, kleine Gruselgeschichte gelungen, die sogar vielleicht ein wenig zu kurz war ;)

besten Gruß
*Christian*

 
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Tach zusammen.

Zur Erklärung des Endes: Kein Vampir oder sonstige Monster - einfach "nur" ein Sarg mit Kratzspuren. Sehr realer "Horror" also - und daher war ich mir nicht sicher, ob es in die Rubrik passt.
<g> Aber du bringst mich dabei auf eine Idee für eine neue Geschichte, Thorn ...

@Anima:

Wenn es doch so unglaublich Dunkel in diesem Schuppen ist, wie kann man diese Kerben dann eindeutig als Kratzspuren identifizieren?
Jep, hab die Stelle ein bisschen überarbeitet. Ich hab das "undeutlich" herausgenommen und einen Lichtstrahl eingebaut (da die Tür nicht geschlossen wird).
Was das Alter der Figuren angeht: Sollen schon Jungs sein, aber schon so um die 14 oder 15.

Danke Euch für's Lesen und Kritisieren.

Ginny

 

Hi Ginny, :)

zunächst einmal zu Deiner Unsicherheit bezüglich der Rubrik:
Natürlich würde die Geschichte auch in "Spannung" passen, aber da doch eindeutig gruselige Elemente enthalten sind, geht "Horror/Grusel" aus meiner Sicht absolut in Ordnung. Und da ich größtenteils Horrorromane lese, bilde ich mir ein, das auch zuordnen zu können. ;)

Zur Geschichte:
Sehr gut erzählt, man fühlt mit dem / der Prot absolut mit. Das Alter, das Du in einer Deiner Antworten für die Prots grob angegeben hast, passt absolut. Ein Alter, in dem sich Vieles im Umbruch befindet. In dem Menschen sich zum Teil stark ändern. In dem sich die spätere Persönlichkeit erst formiert und langsam an Gestalt gewinnt. Das passt aus meiner Sicht besonders zu Timo, der von dem Prot sehr ambivalent wahrgenommen wird. Ein guter Freund, mit dem man Spaß haben kann, aber auch ein Mensch, dem alles nach seinem Willen gehen muss und der sehr unangenehm werden kann, wenn dem nicht so ist. Ich denke, die Freundschaft der beiden besteht schon viele Jahre, zeigt jedoch jetzt erste Risse und wird sicherlich bald ganz zerbrechen. Spätestens dann, wenn der Prot auf diese pubertären Spielchen keine Lust mehr hat und den Mut aufbringt, sich Timo zu widersetzen. Denn beide scheinen sich in verschiedene Richtungen zu entwickeln.

Der Stil ist sehr flüssig. Ich habe sehr gerne weitergelesen, wollte auf jeden Fall wissen, wie es weitergeht. Am Ende warten keine mordlustigen Außerirdischen, keine wildgewordenen Friedhofsarbeiten mit schaurigen Masken oder Sonstiges, was man in einigen Horrorgeschichten findet. Sondern ein ganz reales Grauen. Das hat auf mich viel erschreckender und nachhaltiger gewirkt, als alle möglichen Alternativen es je gekonnt hätten. Sicherlich der Alptraum Vieler, den Du hier gekonnt erzählt hast.

Aus meiner Sicht eine gelungene Geschichte, die die Rubrik verdient hat.

Liebe Grüße
Kerstin

 

Hi Ginny,

da sieht man mal wieder, was Gruppenzwang so alles bewirken kann. Fühlte mich regelrecht in meine Jugend zurückversetzt. Auch wir waren so "mutig" und haben nachts Bier auf dem Friedhof getrunken. Habe mir immer eingeredet, den Toten müsse es doch gefallen, wenn mal ein bißchen Stimmung da ist ...

Zu Deiner Geschichte selbst: Absolut Horror! Allein durch die bedrückende Atmosphere die Du auf dem Friedhof und in der Hütte beschreibst, versetzt Du den Leser hinein in Deine Protagonisten.

Sekundenlang schossen mir Horrorszenarien durch den Kopf. Timo, wie er die Tür hinter mir zusperrte. Ratten, die über meine Füße liefen. Schatten, die sich aus der Wand lösten und auf mich zutraten. Näher und immer näher ... Hatte sich dort in der Ecke nicht eben etwas bewegt? War dort nicht eben etwas über den Boden gehuscht? War da hinten nicht ...
- einfach genial -

(hatte nur zwischendurch "befürchtet", dass es wieder so harmlos endet ;) )
Aber das Ende war noch fast bedrückender als der Friedhofsgang selbst. Super gelungen!

Zwei Mankos habe ich dann doch noch.

An der hinteren Wand erkannte ich einen Stapel Bretter. Manche waren auf den Boden gerutscht. Sargbretter. Ich schluckte.
Hier hast Du mich ein wenig aus dem Lesefluß gebracht. Ich hätte besser gefunden:
An der hinteren Wand erkannte ich einen Stapel Bretter. Sargbretter! Manche waren auf den Boden gerutscht. Ich schluckte.
Aber ich denke, das ist Ansichtssache.

Das Zweite ist: Sie ist zu kurz! Nein, es passt alles zusammen, aber ich habe mich so reingefühlt, dass es schade war, dass sie so schnell zu Ende ging. :(

Noch mal großes Kompliment; hat Spaß gemacht. :thumbsup:

Liebe Grüße! Salem

 

Hey Ginny!

Bei dem Ende musste ich, um ehrlich zu sein, zweimal überlegen und es mir nochmal durchlesen, ehe ich es verstanden hatte :dozey:
Aber wir weiter oben schon gesagt wurde - real Horror. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie das ist, lebendig in einem Sarg eingesperrt zu sein. *schauder*
Insgesamt finde ich es auch gut, dass Timo bleich wird. Er ist sonst immer der harte Draufgänger (wenn man das so sagen kann) und jetzt ist er geschockt.
Die Beschreibungen haben mir auch gut gefallen... du erzeugst dadurch eine gewisse Atmosphäre.
Stilistisch sauber und schön geschrieben :)

Ich würde jetzt auch gerne was negatives sagen, aber irgendwie fällt mir dazu grad nichts ein. Hmpf. *heul* ;)

Liebe Grüße
Ally

 

Ah ja, das scheint die Geschichte zu sein, von der du im Auto gesprochen hast.

Ginny-Rose schrieb:
Timo konnte nicht genug davon bekommen. Wir kletterten auf die
Dieser Perspektivenwechsel ist nicht leseflußfreundlich.
Ansonsten schöne Aufzählung von Mutproben-Beispielen. Sehr erfreulich, mal wieder einen Text zu lesen, wo die Dinge beim Namen genannt werden und nicht mit einer vagen Umschreibung abgetan werden.
Ich konnte nie genau festmachen, was mich dazu brachte einem Konflikt mit Timo aus dem Weg zu gehen. Vielleicht war es sein Tonfall, wenn er über frühere Freunde sprach, mit denen er sich einst gut verstanden hatte und die ihm heute mal im Mondschein begegnen konnten. Vielleicht waren es seine zusammengekniffenen Augen, wenn man ihm bei etwas nicht beipflichtete. Vielleicht waren es Erinnerungen wie an das Sportfest, als Timo derjenige gewesen war, der den wahren Grund herausgefunden hatte, warum der Junge aus der Parallelklasse nicht teilnehmen durfte. Kleinigkeiten. Kleinigkeiten, die sich zusammengenommen zu einer Facette in Timos Charakter verdichteten, mit der ich nicht konfrontiert werden wollte. Und vielleicht würde es ja wirklich Spaß machen.
Langes Zitat, aber ich mußte es tun. Das ist echte Literatur! So stelle ich mir die nachvollziehbare und hautnahe Schilderung unfaßbarer Gründe vor.
Timo nickte anerkennend. Wenn etwas nach seinen Vorstellungen lief, war er großzügig.
Auch das ist wieder ein Kleinod: Wir erfahren mit ganz wenigen Worten zwischen den Zeilen, daß der Prot. die Anerkennung seines Freundes sucht, und ein Nicken ist schon "großzügig".
Die Ruhe auf dem Friedhof war anders als sonst.
Das "sonst" besagt: Sonst ist es anders - auf dem Friedhof!
Nicht die andächtige Stille eines Nachmittages, die einen mahnte, sich ruhig zu verhalten.
Das ist jetzt nicht ganz nachvollziehbar. Nachmittage sind still? Und sie gemahnen einen, sich ruhig zu verhalten?
Sondern das bedrückende Schweigen des Abends, das einem verriet, dass man unerwünscht war.
Siehe vorherige Anmerkung.

Faszinierend, daß Anima gerade diese letztgenannten Stellen als genial empfunden hat.

Er grinste und zeigte dabei zu viele Zähne.
Das ist irgendwie surreal.

Ich muß jetzt leider die Rolle des Miesepeters übernehmen (buchstäblich, hehe), denn ich finde, daß die Geschichte genau da aufhört, wo sie beginnt, interessant zu werden.
Klar ist es übel und grausig, lebendig begraben zu werden, aber daran wird man nur entfernt erinnert; der Bezug zu den beiden Prots, welche du so schön aufgebaut hast, ist überhaupt nicht gegeben.
Wenn da wenigstens tatsächlich ein Hinweis wäre, wie coleratio ihn gesehen haben will, daß den Prots jetzt irgendwas Unangenehmes blühen wird.
Klar, die Gefühle, Atmosphäre und Charaktere bringst du exzellent rüber. Aber der Plot ist ein Verbrechen am Leser. Würde ich sowas gedruckt lesen, würde ich wahrscheinlich richtig sauer werden.

r

 

Hallo Ginny!

Hatte mir schon länger vorgenommen, die Story zu lesen und zu kommentieren - schon allein deshalb, weil ich weiß, von wem sie kommt. :cool:

Also, ich hatte schon mal erwähnt, dass mir dein angenehm ruhiger, sachlicher Stil gut gefällt. Es gibt natürlich Geschichten, die du damit nicht schreiben kannst, aber diese hier gehört nicht dazu.
Fast alles schon gesagt, was ich mir notiert hatte. Der Absatz, den relysium erwähnt, auch mir hat er ausnehmen gut gefallen.
Du kannst es, einen Menschen beschreiben.

Er grinste und zeigte dabei zu viele Zähne.

Diese Wendung hat mir nun wiederum sehr gut gefallen. Ich habe zwar gestutzt, habe sie dann aber so genommen, wie sie offensichtlich gemeint war.

Der Schluß - he-he-he - ist ein Ginny-Schluß. (Tales from the crypt) Einstellung auf die Kratzspuren, möglichst noch Gänsehautmusik, Blende - und Schluß. Sieh zu, was du daraus machst! Mir gefällt es, obwohl der Kopf fragt: "Was, bitteschön, soll das nun wieder heißen?!"

Also, wie gesagt, habe mich wieder mal gut unterhalten.

Viele Grüße von hier!

 

Hallo @all.

Wollte nur vermelden, dass ich Eure Kritiken (danke dafür) nicht vergessen habe. Ich hab mich nur erstmal zurückgezogen und gehe dann demnächst darauf ein.

Bye.

Ginny-Rose

 

So.

Danke erstmal fürs Lesen, @Katzano, Salem, Ally, relysium und Hanniball. Hat mich sehr gefreut, dass die Story bei euch überwiegend positiv ankam - mir liegt nämlich einiges an ihr.

@Seziermeister Rel:

Würde ich sowas gedruckt lesen, würde ich wahrscheinlich richtig sauer werden.
Keine Sorge, so schnell wirst du nichts Gedrucktes von mir lesen, hehe.

Mir liegt einiges an dieser Geschichte, mehr als an manch anderer von mir und ich bin gerne bereit sie zu überarbeiten - nur hab ich leider keinen blassen Schimmer, wie ich dabei deinen Wunsch umsetzen konnte. Vielleicht ruft die Rubrik Horror/Grusel andere Erwartungen hervor?
Katzano hat ziemlich genau formuliert, worauf es mir in der Geschichte ankam, vor allem in diesem Absatz:

Ich denke, die Freundschaft der beiden besteht schon viele Jahre, zeigt jedoch jetzt erste Risse und wird sicherlich bald ganz zerbrechen. Spätestens dann, wenn der Prot auf diese pubertären Spielchen keine Lust mehr hat und den Mut aufbringt, sich Timo zu widersetzen. Denn beide scheinen sich in verschiedene Richtungen zu entwickeln.
"Horror" oder auch nur "Grusel" ist vielleicht wirklich der falsche Ausdruck, was mir im Sinn stand war dieses unangenehme, betretende, beklemmende Gefühl, dass die beiden Jungs beim Anblick dieses Sarges gehabt haben müssen. Sicher haben sie keine Angst davor dass gleich ein Monster auftaucht auch dass ihnen ein solches Schicksal blühen könnte muss nicht in ihre Gedanken kommen. Aber vor allem Timo sollte mit einem Mal spüren, dass er zu weit gegangen ist, sollte wenigstens einmal während seiner Mutproben selber sprachlos sein. Ob ihn das davon abhält in Zukunft solche Spielchen abzuziehen weiß ich nicht, aber zumindest die Möglichkeit dürfte bestehen.
_Inhaltlich_ da etwas zu verändern, es gar gruseliger zu gestalten oder eine Bedrohung für die Protagonisten zu suggerieren wäre deshalb wohl am Ziel meiner Intention vorbei. Zumindest weiß ich da momentan keine Möglichkeit - am Willen den Text weiterhin zu verbessern liegt es sicher nicht.

Ginny

 

Ginny,

wenn du nicht die Intention hast, eine Gruselgeschichte zu schreiben, sondern eine Jungenfreundschaft zu beleuchten, warum zum Kuckuck postest du den Text dann in Horror/Grusel?
Aber das ist nicht das Hauptproblem, die Rubrik ist zweitrangig.
Der Text endet nicht, er bricht einfach ab, als es interessant wird. Und das ist einfach nicht akzeptabel.
Möglicherweise hältst du den letzten Satz aber auch für eine Pointe, mit der man den Text enden lassen kann. Nun ist es aber ziemlich unspektakulär, einen Sarg zu finden, der irgendwelche Kratzspuren innen aufweist. Selbst wenn man voraussetzt, daß da jemand lebend begraben wurde, was ja gar nicht sicher ist: Was geht das die beiden an? Oder hat gerade Timo plötzlich eine gesteigerte Empathie? Wenn es eh nur darum geht, daß er auch mal sprachlos ist, ist diese Pointe erst recht keine. Interessant sind hier dann die weiteren Konsequenzen, zumindest würde ich dann noch einen Nachsatz erwarten, der beinhaltet, daß Timo ein paar Wochen lang wie verändert war oder sowas.

r

 

wenn du nicht die Intention hast, eine Gruselgeschichte zu schreiben, sondern eine Jungenfreundschaft zu beleuchten, warum zum Kuckuck postest du den Text dann in Horror/Grusel?
Warum meinst du habe ich nach dem Posting gefragt ob die Rubrik okay ist oder ob "Alltag" oder "Spannung" oder "Sonstige" besser wäre? ;-) Ich hielt es für möglich und hab's einfach gehofft, dass die (sehr wenigen) Gruselelemente ausreichend sind.
Ganz ehrlich, mir erscheint sonst nur "Sonstige" wirklich passend unbd da möchte ich den Text einfach sehr ungern stehen haben.
nteressant sind hier dann die weiteren Konsequenzen, zumindest würde ich dann noch einen Nachsatz erwarten, der beinhaltet, daß Timo ein paar Wochen lang wie verändert war oder sowas.
Das war ursprünglich in meinem Sinne. Ursprünglich hatte die Geschichte noch einen kleinen Absatz in dem der Ich-Erzähler sagt, dass die beiden nie wirklich über dieses Erlebnis redeten, dass aber Timo von da an vorsichtiger mit seinen Mutproben wurde und der Ich-Erzähler es seinereits wagte sich zu widersetzen und Timo dies duldete. Dieses Erlebnis hat ihn zwar nicht zu einem anderen Menschen gemacht, aber vielleicht doch einen kleinen Funken Betroffenheit ausgelöst.
Danach aber entschloss ich mich, dieses Absatz zu streichen, weil es mir "zuviel" erschien und ich mir sicher war: Das kann sich der Leser auch denken.
Kann er nicht? - Dann bau ich ihn vielleicht wieder ein.

 

Du, wie man in der Teamwork-Rubrik sehen kann, kann sich ein Leser eine ganze Menge denken und die Geschichte sogar fortschreiben.
Nur ob das hier gewollt ist, bezweifle ich.

Irgendwie scheinst du nicht zu verstehen, was ich meine.
Das Ende ist ein "so what?" (wen juckt der Sarg?) gepaart mit einem "Huch!" (wieso ist das jetzt zu Ende?)
Das heißt, wenn du das letztere behebst (wofür ich dir jedenfalls dankbar wäre, weiß nicht was die anderen sagen), bleibt noch die Schwäche des ersteren bestehen.

Vielleicht wird es klar, wenn ich dazu eine Minisatire schreibe:

Mullow grinste, während er mit dem Messer spielte. Es sah nicht gut aus für mich, er kam näher und näher, und ich bekam die Hände nicht frei. Jede Faser seines narbenübersäten Gesichtes triefte in Vorfreude auf das, was er vorhatte. Es gab kein Entrinnen, jetzt mußte ich für meine Sünden büßen.
Plötzlich stockte mir der Atem:
In China war ein Sack Reis umgefallen.

Wenn jetzt immer noch nicht klar ist, was mir an deiner Geschichte nicht gefällt, gebe ich auf.

r

 
Zuletzt bearbeitet:

Naja, dich lässt das kalt wenn du einen Sarg mit Kratzspuren siehst. Mich nicht. Ich bin halt davon ausgegangen, dass jeder automatisch eine Art Beklemmung verspürt, wenn er sowas sieht. Inklusive meinen Protagonisten.

Möglicherweise hältst du den letzten Satz aber auch für eine Pointe, mit der man den Text enden lassen kann. Nun ist es aber ziemlich unspektakulär, einen Sarg zu finden, der irgendwelche Kratzspuren innen aufweist. Selbst wenn man voraussetzt, daß da jemand lebend begraben wurde, was ja gar nicht sicher ist: Was geht das die beiden an?
Und genau das sehe ich anders. :confused:
Klar ist es nicht supergruselig und die zwei haben wohl keine schlaflosen Nächte danach. Aber mir gehts einfach darum dass sie bei ihrer eigentlich dämlichen und kindischen Mutprobe unverhoffterweise auf grausige Realität stoßen.
Ich lass mir gerne sagen, dass das nicht genügt, nur bin ich momentan überfragt, wie man es dann verstärken kann.

 

Du bist überfragt? So will ich es dir sagen: Timo öffnet in seinem Übermut einen Sarg und es kippt ihm eine nicht mehr taufrisch riechende Oma entgegen.

Ganz kalt läßt es mich nicht, wenn ich einen Sarg sehe. Trotzdem ist das zuwenig. Paß auf: Der Anblick großer haariger Spinnen läßt auch die meisten Menschen nicht kalt. Wird meine Ministory dadurch aber besser?

Mullow grinste, während er mit dem Messer spielte. Es sah nicht gut aus für mich, er kam näher und näher, und ich bekam die Hände nicht frei. Jede Faser seines narbenübersäten Gesichtes triefte in Vorfreude auf das, was er vorhatte. Es gab kein Entrinnen, jetzt mußte ich für meine Sünden büßen.
Plötzlich stockte mir der Atem:
An der Wand hockte eine riesige, haarige Spinne.

r

 

... die Diskussion erinnert mich fatalerweise an meine ursprüngliche "Mutproben"-Geschichte, wo du der Meinung warst, der Zettel mit den Namen des toten Mädchens reiche nicht als Schockwirkung, es müsse mindestens die Leiche sein. Was in der letzten Geschichte noch möglich gewesen wäre, hier aber ... nunja, recht unrealistisch ist. Timo könnte höchstens auf ein paar Knochen stoßen - aber das fände ich dann wiederum nicht mehr so gruselig.

Das eigentliche worauf ich in meiner Geschichte hinauswill, liegt außerhalb des Textes. Ich impliziere, dass diese Entdeckung des Sarges vermutlich irgendetwas bei mindestens einem der Protagonisten auslöst. Was genau ist unwichtig, deswegen bin ich darauf nicht mehr eingegangen, der Leser sollte im Idealfall nur nach dem Lesen denken: "In Zukunft werden diese Mutproben womöglich nicht mehr so stattfinden."

Beim Anblick eines Sarges in dem evtl ein Lebender mal eingesperrt war, gehe ich davon aus, dass es zwar für den Augenblick nicht unbedingt so schlimm ist, dass es aber weitere Überlegungen nach sich ziehen wird, dass es den beiden im Gedächtnis bleiben und in ihrer Fantasie ein gewisses Ausmaß an Schrecken annehmen wird.
Den beiden soll irgendetwas passieren was nicht unrealistisch ist, was sie nicht erwarten, was Beklemmung hervorruft und was ihnen eine Weile im Gedächtnis bleibt - da fällt mir nichts geeigneteres ein. :confused:

 

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