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Nix da!

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12.04.2007
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Nix da!

"Children, don't do what I have done
I couldn't walk and I tried to run"​

„Nix da!“, sagte der in der Mitte zum Mann zur Linken, schüttelte den Kopf so wenig er konnte und war schon wieder in den halb schlafenden, teils wachen, kurz: den dösenden Zustand zurückgefallen.

Heut noch stehn in dem Garten auf der steil sich hebenden, gleichwohl niedrigen Kuppe westlich der Mauern der allzu irdischen Stadt alte Ölbäume, von denen drei bereits vor Zeiten geblüht haben müssen, da an ihnen je zwo uralte Querhölzer am Stamm angebracht sind – einer nur ein wenig überm Boden als „Ständer“ und weniger als ein Meter darüber der „Sitz“. Frage sich kein bequemer Sesselfurzer, was es an einem Baum zu stehen oder zu sitzen gebe!

Nun, das weitausladende Geäst dieser drei Bäume hatte dazu eingeladen, den blühenden Garten auch anderweitig als nur landwirtschaftlich zu nutzen und zur Hinrichtungsstätte des nahen Ortes umzuwidmen - was eine doppelte Rationalisierung bedeutete. Zum einen sparte man von nun an mit jeder Hinrichtung das Marterholz ein, andererseits erließ man Geistlichen die Peinlichkeit, an Übeltätern Hand anlegen zu müssen zur Letzten Ölung, fand die doch nunmehr auf quasi natürliche Weise am und durch den Baum statt, nachdem er einmal geweiht und gesegnet war – denn auch das übelste Pack gab sich durchaus rechtgläubig und hatte somit bei seinem letzten Gang ein Anrecht auf geistlichen Beistand, Trost und Vollzug des Ritus.

Bliebe noch mitzuteilen, dass dieser Ort den Namen „Schädelhöhe“ erhielt, nicht wegen der neuerworbenen Funktion, da wäre er „Galgenberg“ genannt worden, sondern – eine Ironie der Naturgeschichte - wegen der Form der Kuppe, die noch heute von Weitem betrachtet an einen menschlichen Schädel erinnert.

Wer die Geschichte kennt, wird darum schwerlich diese Stätte des Grauens mit dem Ölberg verwechseln, der mit einer Höhe von gut achthundert Metern eine ansehnliche Erhebung östlich der Stadt abgibt. Blühten auf der Westseite des Berges die Namen spendenden Bäume,
so liegt der Wüste zugewandt ein Friedhof, die am meisten gepflegte Parkanlage von Steingarten weit und breit, denn das Andenken der Verstorbenen wurde höher gehalten und gehandelt als das so mancher lebendigen, aber armen, da verlornen Seele. Zudem hatte die Nekropole mit seinen stummen und friedlichen Bewohnern die Funktion, der sich ausbreitenden Wüste einen Riegel vorzuschieben. Elite und Schriftgelehrte sahen im Ölberg ein Modell der Gesellschaft, wie sie sein sollte.

Diesen Berg hatte sich ein Konzern von Weltgeltung ausgesucht, um dort eine Raffinerie zu errichten, wodurch der Berg zwar seinen Namen beibehielte, wenn auch der Name seine Bedeutung durch das ungenießbare, dort zu reinigende Öl änderte. – War das Vorhaben in der politischen Gemeinde zunächst umstritten, setzte sich nach und nach die wirtschaftliche Vernunft durch - versprach die Industrieanlage doch Beschäftigung und Wohlstand –

womit der Leidensweg Js begann, als es hieß, unterm Asphalt der Fabrik breite die Wüste sich aus. Dem galt, sich zu widersetzen! Dieser J entstammte einer alteingesessenen Familie von Handwerkern, deren ehemals florierende Schreinerei und Holzhandlung durch die große Industrie bedrängt wurde und zu einem Einmannbetrieb verkam, der gerade mal das tägliche Brot der Familie durch kleinere Aufträge abwarf, an denen die Industrie kein Interesse fand.

Obwohl aus der Plebs und prekärer Lage, hatte J sich ein reichhaltiges Wissen erworben über Gott, Welt und allem, was darinnen sei, und gewisse rhetorische Fähigkeiten angeeignet. Das Naturtalent stieg binnen kurzer Zeit zum Führer einer charismatischen Bewegung auf, die gegen die Kommerzialisierung der Gesellschaft wetterte. Eine eher symbolische Aktion sollte am ersten Frühlingsvollmond des Jahres mit der Besetzung des Ölberges stattfinden.

Doch wer ließe sich gern das Geschäft verderben? Um die Bewegung ein für allemal zu vernichten, genügte nach herrschender Meinung, den Kopf der Bewegung auszuschalten. Also nahm man Kontakt auf, versucht’ es zunächst im Guten und bot J eine sichere Führungsposition in der künftigen Raffinerie an mit der Aussicht, im Konzern bei Bewährung aufzusteigen. Worauf der Umworbne gar nicht einging, betrat er doch gerade den Tempel, in dem die Gemeinde der Gläubigen ums Goldne Kalb tanzte, dass es J schüttelte. Dennoch fand er die Kraft, den Muttertieren mitsamt der geleasten Zeugung, dem Handel mit Embryonen wie der Versteigerung von Organen und – zumeist kindlichen - Körpern Einhalt zu gebieten. Als er aber den Betrieb der Genbanken bekrittelte, das Entziffern und Vermarkten des Gencodes über Bibliotheken beklagte wider Leerverkauf von Seelen an der Börse wetterte, sah man die Ordnungsmäßigkeit aller Buchmacherei gefährdet. Da brauchte es nicht mehr der erwarteten Ablehnung des großzügigen Angebotes des Energieriesen, dem eh klar war, dass J nach anderm der Sinn denn nach Macht und Reichtum stünde.

Gegen diese verbohrte Haltung wetterten Kirchengründer und Säulenheilige, nach deren Wort dem Kaiser zu geben wäre, was des Kaisers sei. Selbst Bruder Martin, Papst zu Wittenberg, dozierte, dass „jedermann […] der Gewalt und menschlichen Ordnung untertan [sei], dass er nicht erschlagen werd als irgendein Lump.“ Doch wurde dabei seine Denkschrift „Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern“ nur soweit zitiert, als es den Eliten nützlich erschien: „Solch wunderlich’ Zeiten sind itzt, dass ein Fürst den Himmel mit Blutvergießen verdienen kann bass denn andere durchs Beten“, da selbst des Kohlhaasens Anfrage keine Fürsprache im Doktor erfuhr.

Was soll hier Weiter’s erzählt werden, ohne dass wir uns aufs Niveau des Pöbels herabließen, welcher ein kindlich’, nein, ein kindisches Vergnügen find’t am Elend des andern, was im Schauer und Horror als literarischer Verlängerung öffentlicher - weil angeblich abschreckender - Hinrichtung eine Fortsetzung findet, so lange man selbst nicht betroffen wär?

Als ein kleiner Trupp Fremdlegionäre anrückte, die Besetzung des Ölberges aufzulösen, rang J mit sich selbst: Flucht oder konsequent Bleiben und Konfrontation mit der Staatsmacht. Obwohl nur sechs Leute kamen, die Demonstration aufzulösen - vier Legionäre, ein bewährtes staatliches Mittel von alters her, Fremde einzusetzen, könnten sich doch Rechtsbrecher und Ordnungshüter kennen und verbrüdern -, ein Offizier und der Verräter, der bis gerade noch als der beste Freund Js gegolten hatte und sich nun als V-Mann offenbarte.

Während J blieb, flohen die elf, die mit ihm waren, denn bis auf den Verräter kamen dort ausgebildete und ausgewiesene Handwerker des Todes, die weder fragen, noch fackeln, ob ihr Tun gerechtfertigt wär, die auch nicht – vor wem auch immer - zu Ölberggötzen erstarrten, wie es uns eine spätere Presse glauben machen will.

Also nennen wir nur, dass nach der Festnahme gegen Mittag das Urteil gesprochen und sofort vollzogen wurde mit der Entkleidung und Geiß’lung Js bis auf die Knochen, dass ihm das Gedärm durchgehen musste. Das Volk aber, das ihm zuvor zugejubelt hatte, mutierte zum Mob, jubilierte und applaudierte nun dem Mordsgesind’.

Den Querbalken sollt’ er tragen und war doch zu schwach für einen solchen letzten Gang von nicht mal einer halben Meile. Ahasver weigerte sich, denn niemand könne sein Kreuz per se aussuchen - womit er nicht unrecht hat, was selbst den Legionären einleuchtete: denn den meisten kommt das Kreuz von selbst, um den Leib und den aufrechten Gang niederzudrücken. Dem Simon aber wurd ungefragt des Fremden Querbalken aufgetragen und der trugs Kreuz an dessen statt zur Schädelhöhe.

Hier wurden die Arme Js an den Balken gebunden. Die sonst übliche Nagelung hätte beim Zustand des Mannes ein vorschnelles und somit unerwünschtes Ende des Schauspiels in drei Akten aus Geißeln zum ersten, wahlweise zum zweiten, wie’s die Sachzwänge zu einem ergreifenden und ansehnlichen Schauspiel halt erforderten, Nageln oder Binden und letzlich dem Verreckenlassen zum Unterhalt und zur Belehrung des Publikums erfordert.

"Father, you left me but I never left you
I needed you but you didn't need me"​

Querholz und J wurden am mittleren Ölbaum hochgestemmt. Zwischen den Ästen kam der Balken zu liegen. Söldner rückten J zurecht, dass die Füße auf den Ständer kamen, das geschändete Hinterteil aber zugleich vom Sitz gestützt wurde. Gleiches geschah rechts und links von J, der noch den vom Centurio gebotenen Trunk ablehnte, um dann in den dösenden Zustand zu verfallen, in den hinein der zur Linken fragte, ob ein Gott sei.

J antwortete, dass keiner sei. „Suchte den Vater, ging durch die Welt, stieg zu den Sonnen und flog über Milchstraßen durch den Himmel, aber der ist wüst und leer, bisschen Staub wird aufgewirbelt, sonst ist da nix. Ich rief nach dem Vater und es antwortet’ Stille. Allein die Ewigkeit wie der Augenblick nagen an sich, fressen sich auf. –
Alle sind wir verwaist und allein im starren, stummen Raum, nichts denn schier unendliche Leichengruft“, und schließt nach dieser letzten Rede mit dem „nix da!“, schüttelte den Kopf so wenig er konnte und starrte mit weit aufgerissnem Auge auf einen Futtertrog zu Füßen des Galgens. Am Trog aber stünd’ der Sohn des großen Herodes und hielte mit der einen Hand einen kleinen Balg am dürft’gen Schopf und in der andern ein römisches Kurzschwert. Der spräche dem Kinde: „Wenn Abrams Herz im Leibe weint’ und keinen Trost wollt’ finden, rief’ ich ihm zu, ich wär’ ein Freund, zu tilgen seine Sünden! –
Was jammert dich, klein’s Brüderlein? Du solltest guter Dinge sein – ich treibe deine Schulden ein!“ Der aber am Galgen verreckte mit dem Schrei „Papa, Papa! Warum hastu uns verlassen?“

Johann Paul, der mit Js Mutter an der Stätte stand, notierte als letzte Worte: „Maria hilf!“
Da es weder einen Dienstplan noch eine vorgeschriebene Form der Exekution gab und Johann Paul halbtaub war, könnte es auch „Mama, hilf!“ geheißen haben und überhaupt alles ganz anders gewesen sein. Auf jeden Fall schließt Götz – Schüler des Johann Paul – seinen Abend auf Golgatha mit den Versen

„Nicht ganz blieb verlassen ihr Schöpfer: den Pfeiler des Kreuzes
Hielt umfangen das Weib, das J zur Mutter sich schuf“,

derweil züngelte es aus allen Himmeln und die Schleusen öffneten sich. Mit Pauken und Trompeten verfinsterte sich der Tag und die Erde bebte, dass der Tempel zerbrach, als eine weiße Taube herabstieg und eine Botschaft absetzte.

"Mother, you had me but I never had you
I wanted you but you didn't want me
So I got to tell you
Goodbye goodbye"​

 

Wert(h)er? Nich' doch,

lieber Berg,

>... die Hauptfigur, bleibt in diesem Text sehr blass<, was auch am Kreuz gar nicht anders sein kann ...

Aber im Ernst: ich denk schon, dass ich dem Inhalt eine angemessene Form gegeben hab, mir fiele zumindet jetzt keine bessere ein.

Ich dank Dir!

Gruß

Friedel

 

>Wie lange dauern die Werke? So lange als bis sie fertig sind. So lange sie nämlich Mühe machen, verfallen sie nicht<, sagt der oll Brecht. Und da Texte bei mir nie fertig werden, ...

Naja, oben, an die erste Stelle setz ich dann mal den geänderten, der Jahreszeit angepassten Text, der dann auch nicht mehr zur Wintersonnenwende passt. Da nun der Tag exakt zu berechnen ist, erhält die kleine Legende eine historische Dimension ...

Die alte Fassung steht hier. Alle vorherigen Kommentare beziehn sich auf den folgenden Text:

Nix da!

»Nix da!«, sagte der in der Mitte zum Mann zur Linken, schüttelte den Kopf so wenig er konnte und war schon wieder in den halb schlafenden, teils wachen, kurz: den dösenden Zustand zurückgefallen.

Heute noch stehen in dem Garten auf der steil sich hebenden, gleichwohl niedrigen Kuppe westlich der Mauern der Stadt alte Ölbäume, von denen drei bereits vor Zeiten geblüht haben müssen, da an ihnen je zwo uralte Querhölzer am Stamm angebracht sind – einer nur ein wenig überm Boden als „Ständer“ und weniger als ein Meter darüber der „Sitz“.
»Was gibt’s an einem Baum zu stehn oder zu sitzen?«, fragt neugierig das Publikum.

Nun, das weitausladende Geäst dieser drei Bäume hatte dazu eingeladen, den blühenden Garten auch anderweitig als nur landwirtschaftlich zu nutzen und zur Hinrichtungsstätte des nahen Ortes umzuwidmen - was eine doppelte Rationalisierung bedeutete. Zum einen sparte man von nun an mit jeder Hinrichtung das Marterholz ein, andererseits erließ man Geistlichen die Peinlichkeit, an Übeltätern - die durchaus rechtgläubig sein konnten und somit bei ihrem letzten Gang ein Anrecht auf geistlichen Beistand, Trost und Vollzug des Ritus hatten – Hand anlegen zu müssen zur Letzten Ölung, fand die doch nunmehr auf quasi natürliche Weise am und durch den Baum statt, nachdem er einmal geweiht und gesegnet war.
Bliebe mitzuteilen, dass dieser Ort den Namen „Schädelhöhe“ erhielt, nicht wegen der neuerworbenen Funktion, da wäre er „Galgenberg“ genannt worden, sondern wegen der Form der Kuppe, die noch heute von Weitem betrachtet an einen menschlichen Schädel erinnert.

Wer die Geschichte kennt, wird darum niemals diese Stätte des Grauens mit dem Ölberg verwechseln, der mit einer Höhe von gut achthundert Metern eine ansehnliche Erhebung östlich der Stadt abgibt. Blühten auf der Westseite des Berges die Namen spendenden Bäume, so erblüht’ der Wüste zugewandt ein Friedhof, zu seiner Zeit die am meisten gepflegte und somit aufs höchste kultivierte Parkanlage der Stadt, denn das Andenken der Verstorbenen wurde höher gehalten und gehandelt als das so mancher lebendigen, aber armen, da verlornen Seele. Zudem hatte der Friedhof mit seinen stummen Bewohnern die Funktion, der sich ausbreitenden Wüste einen Riegel vorzuschieben.

Diesen Berg hatte sich seinerzeit ein Konzern von Weltgeltung ausgesucht, um dort eine Raffinerie zu errichten, wodurch der Berg zwar seinen Namen beibehielte, wenn auch der Name seine Bedeutung durch das ungenießbare, dort zu reinigende Öl änderte.
In der politischen Gemeinde war das Vorhaben zunächst umstritten, jedoch setzte sich die Vernunft des homo oeconomicus durch - versprach die Industrieanlage doch Beschäftigung und Wohlstand - womit der Leidensweg Js begann, denn es hieß, unterm Asphalt der Fabrik breite die Wüste sich aus.
Dem galt es sich zu widersetzen.

Dieser J entstammte einer alten Familie von Handwerkern. Obwohl aus der Plebs, hatt’ er sich ein reichhaltiges Wissen erworben über Gott und die Welt und allem, was darinnen sei, und gewisse rhetorische Fähigkeiten angeeignet. Das Naturtalent stieg binnen kurzer Zeit zum Führer einer charismatischen Bewegung auf, die sich gegen die Kommerzialisierung der Gesellschaft wandte.

Eine eher symbolische Aktion fand am ersten Frühlingsvollmond des Jahres statt: die Besetzung des Ölberges – was der Elite zu weit ging. Niemand lässt sich gern das Geschäft verderben. Um die Bewegung ein für allemal zu vernichten, reicht’ es nach herrschender Meinung, J auszuschalten. Also nahm man Kontakt auf, versucht’ es zunächst im Guten und bot J eine sichere Führungsposition in der künftigen Raffinerie an mit der Aussicht, im Konzern bei Bewährung aufzusteigen.

Erwartungsgemäß lehnte J das Angebot ab: Ihm stehe nach anderm der Sinn denn nach Macht und Reichtum.

Gegen diese verbohrte Haltung wetterte selbst der Papst zu Wittenberg, nach dessen Wort man dem Kaiser gebe, was des Kaisers sei, und jedermann sei der Gewalt und menschlichen Ordnung untertan, dass er nicht erschlagen werd als irgendein Lump. Doch wurde seine Denkschrift „Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern“ nur soweit zitiert, als es den Eliten nützlich erschien: »Solch wunderlich’ Zeiten sind itzt, dass ein Fürst den Himmel mit Blutvergießen verdienen kann bass denn andere durchs Beten«, da selbst des Kohlhaasens Anfrage keine Fürsprache im Doktor erfuhr.

Was soll hier Weiter’s erzählt werden, ohne dass wir uns aufs Niveau des Pöbels herabließen, welcher ein kindlich’, nein, ein kindisches Vergnügen find’t am Elend des andern, was im Schauer und Horror als literarischer Verlängerung öffentlicher - weil angeblich abschreckender - Hinrichtung eine Fortsetzung findet, so lange man selbst nicht betroffen ist?

Als ein kleiner Trupp Fremdlegionäre anrückte, die Besetzung des Ölberges aufzulösen, rang J mit sich selbst: Flucht oder konsequent Bleiben und Konfrontation mit der Staatsmacht. Obwohl nur sechs Leute kamen, die Demonstration aufzulösen - vier Legionäre, ein bewährtes staatliches Mittel von alters her, Fremde einzusetzen, könnten sich doch Rechtsbrecher und Ordnungshüter kennen und verbrüdern -, ein Offizier und der Verräter, der bis gerade noch als der beste Freund Js gegolten hatte.

Während J blieb, flohen die elf, die mit ihm waren, denn bis auf den Verräter kamen dort ausgebildete und ausgewiesene Handwerker des Todes, die weder fragen, noch fackeln, ob ihr Tun gerechtfertigt wär’, die auch nicht – vor wem auch immer - zu Ölberggötzen erstarrten, wie es uns eine spätere Presse glauben machen will.

Also nennen wir nur, dass nach der Festnahme gegen Mittag das Urteil gesprochen und sofort vollzogen wurde mit der Entkleidung und Geiß’lung Js bis auf die Knochen, dass ihm das Gedärm durchgehen musste. Das Volk aber, dass ihm zuvor zugejubelt hatte, mutierte zum Mob, jubilierte und applaudierte nun dem Mordsgesinde.

Den Querbalken sollt’ er tragen und war doch zu schwach für einen solchen letzten Gang von nicht mal einer halben Meile. Ahasver weigerte sich, denn niemand könne sein Kreuz per se aussuchen - womit er nicht unrecht hatte, was selbst den Legionären einleuchtete: denn den meisten kommt das Kreuz von selbst, um den Leib und den aufrechten Gang niederzudrücken. Dem Simon aber wurd ungefragt des Fremden Querbalken aufgetragen und der trugs Kreuz an dessen statt zur Schädelhöhe.

Hier wurden die Arme Js an den Balken gebunden – die sonst übliche Nagelung hätte beim Zustand des Mannes ein vorschnelles und somit unerwünschtes Ende des Schauspiels eingeleitet. Querholz und J wurden am mittleren Ölbaum hochgestemmt. Zwischen den Ästen kam der Balken zu liegen.
J wurde von den Soldaten zurechtgerückt, dass die Füße auf den Ständer kamen, das geschändete Hinterteil aber zugleich vom Sitz gestützt wurd. Gleiches geschah rechts und links von J, der noch den vom Centurio gebotenen Trunk ablehnte, um dann in den dösenden Zustand zu verfallen, in den hinein der zur Linken fragte, ob ein Gott sei.

J antwortete: »’s ist keiner. –
Suchte den Vater, ging durch die Welt, stieg zu den Sonnen und flog über Milchstraßen durch den Himmel, aber der ist wüst und leer, bisschen Staub wird aufgewirbelt, sonst ist da nix. Ich rief nach dem Vater und es antwortet’ Stille. Allein die Ewigkeit wie der Augenblick nagen an sich, fressen sich auf. –
Alle sind wir verwaist und allein im starren, stummen Raum, nichts denn schier unendliche Leichengruft«, und schließt nach dieser letzten Rede mit dem »nix da!«, schüttelte den Kopf so wenig er konnte und verreckte mit dem Schrei »Papa, Papa! Warum hastu uns verlassen?«
Johann Paul aber, der mit Js Mutter an der Stätte stand, notierte als letzte Worte: »Maria hilf!«

Da es weder einen Dienstplan noch eine vorgeschriebene Form der Exekution gab und Johann Paul halbtaub war, könnte es auch »Mama, hilf!« geheißen haben und überhaupt alles ganz anders gewesen sein. Auf jeden Fall schließt Götz – Schüler des Johann Paul – seinen Abend auf Golgatha mit den Versen »Nicht ganz blieb verlassen ihr Schöpfer: den Pfeiler des Kreuzes / Hielt umfangen das Weib, das er zur Mutter sich schuf.«

 

hallo friedel,

da ich als atheist nur wenig ahnung von der geschichte jesus' hab, kann ich inhaltlich auch nicht so viel besteuern. ich finde die geschichte sehr unterhaltsam und obwohl ich auch die von dir angeführten quellen nicht kenne, kann ich wenigstens mit martin aus wittenberg und kohlhaas was anfangen. die kommen ja aus meiner gegend. ;)
auch ich finde den berichthaften stil etwas anstrengend zu lesen, aber ich denke, in anbetracht des themas ist das durchaus passend, denn berichte überliefern geschichte/mythen ...

ciao

mik

 

Hallo mik,

danke fürs Lesen, schön, dass Du den Text trotz Unkenntnis der christlichen Urlegende und der Anstrengung unterhaltsam findest. Diesmal scheint Dich der zwar Neuhochdeutsche, aber sehr frühe, Text im Luther-Original weniger zu stören als vor Jahren beim Wallenstein-Text das klassische Deutsch (selbst mit dem Jargon des ollen Grimmelshausen, der ja satte hundert Jahre jünger ist als der lutherische). Aber als Atheist hättestu Dich nicht outen müssen, wie's heute nhd. heißt.

Ich dank Dir und bin neugierig auf Deinen nächsten Text!

Gruß aus dem vom Lenz überfallnen Pott

Friedel

 

Hallo Leute,

wieder einmal bestätigt sich, dass nix fertig werde bei mir, mit einer weiteren, m. E, nicht unbedeutsamen Änderung. Durch die Einfügung eines wenig konventionellen Krippenspiels, das die Versuchung Abrahams (1. Mose 22) mit dem Kindermord des Herodes verknüpft, rückt die Geschichte in die Nähe des unter #15 vom 23.12.2009 erwähnten Altar des Hans Memling aus dem 15. Jh. Die Verse mögen es verraten: ein fast vergessnes Weihnachtslied, welches aus Erfahrungen des Dreißigjährigen Krieges gespeist ist, nämlich Paul Gerhardts „Ich steh an deiner Krippen hier“, gab Anregung.
Hinzu kommen kleinere Änderungen – wie z. B. am Ende des zwoten Abschnitts, wenn das Verb „geben“ vom Konjunktiv II in den Konj. I versetzt wird, oder aber Variationen über die Zeit gestrichen werden, wie z. B. auch der Begriff "Pfingsten", den jeder aus der Taubenszene erkennen mag – die aber i. d. R. so unbedeutend sind, dass ich sie nicht weiter benennen will.

Was noch zu verarbeiten wäre, wäre die Flucht nach Ägypten und somit in die späthellenistische Welt, womit wir gänzlich in Mythologie und Aberglaube abtauchen:

„Io“, Tochter eines griechischen Flussgottes, war Priesterin der Hera. Zeus, lockerer Geselle & Hallodri, der er war, nahm die Priesterin zur Geliebten, was wiederum Eifersucht bei der olympischen Chefin erregte. Die Priesterin floh vor dem Hausrachen nach Ägypten.
Nach griechischer Auffassung wurde Io als „Isis“ verehrt. Die personifizierte den Thron Ägyptens – was schon die historischen Verdrehungen offenbart - wird also einiges älter sein, als die Hellenen sich träumen ließen. Als Gemahl des Osiris wurde sie Mutter des Horus.

Was das soll?, fragt sich der geneigte Leser; nun: Mit dem Horuskind wird sie in wenigen Tagen mit dem Wintersolstitium – welches gemeinhin als Wintersonnenwende gefeiert wird, da die Tage nun wieder um je einen Hahnenschrei länger werden - hierzulande in jedem ordentlichen Wohnzimmer auftauchen, auf oder bei jedem Altar stehen und in Krippenspielen verherrlicht. Mit dem Horuskind ist sie Vorbild für Madonnendarstellungen, heißt nun nicht mehr Isis oder Io, sondern „Maria“ …

So also finden wir selbst die mythische Welt auch von der zeitlichen Dimension her bereits globalisiert.

Ich wünsche dennoch weiße Weihnacht!

Friedel

 

Hallo Friedel

Wie ich sah, hast du da ein Martyrium für den Leser nicht aus der Taufe, aber dem schlummernden Dasein gehoben, eine neue Komposition eingefügt, es anheimgestellt, es liesse sich sogar noch hellenisch erweitern. Na heiter, dachte ich mir beim Lesen, wieder forderst du alle Konzentration. Zwar in einzelnen theologischen Schriften nicht unbelesen, doch als Ungläubiger dennoch Bibelunkundig, versuchte ich diese hieroglyphischen Omen zu deuten. Einmal war ich schon durch, doch eine zweite Lesung schien angezeigt, um es wirklich zu erfassen.

Die originale Geschichte, so fragmentarisch ich sie kenne, gewinnt da neue Deutungen und Sinnesfülle. Die gepflegte Parkanlage mit ihrer Steinanhäufung, schändlicher Weise assoziierte ich einen Zen-Garten, dabei ist es ein natürlicher ökologischer und ökonomischer Wall, die wüsten Staubkörner im Getriebe der Mächtigen zurückweisend. Doch den erlösenden Schlüsselsatz zum Verständnis gewann ich dann durch den Leerverkauf von Seelen an den Börsen, wobei ich mich fragte, ob es da nicht auch verschiedene Qualitäten gibt.

Das humorvolle an der Geschichte gab mir seinen Reiz, das Geschichtsverständnis war mir damit zwar nicht erweitert, doch versteh ich endlich den Gehalt der Botschaft, den die weisse Taube abgesetzt haben soll.

Geläutert ging ich aus zweiter Lesung nun hervor, das Verständnis gewonnen zu haben, bin ich froh. Meine fragmentarischen Kenntnisse sind nun erweitert, um eine modern-theologische Weihnachtsgeschichte.

Gruss

Anakreon

 

Ich dank Dir,

lieber Anakreon,

fürs doppelte Lesen des inzwischen verdreifachten Martyriums (J und Kinds-/Brudermord - mit dem die Passionszeit spätestens beginnen müsste, gern aber in den Krippenspielen ausgeblendet wird, und dem geneigten Leser) und fürs

Na heiter
Kommentieren und den interessanten Hinweisen. Nun, dass nicht ein Gerücht aufkomme, Theologe zu sein, sei gestanden, dass ich eher irreligiös (was wäre durch Atheismus gewonnen?) bin. Entscheidend für die Sicht der Dinge war für mich vor Jahren die Interpretation des Krippenspiels durch den bereits genannten Hans Memling.

Gruß & nochmals Dank vom

Friedel

 

Nun hat es mich während einer Nacht mit John Lennon erwischt, dass ich bei der Interpretation von Mother – einem eher schlichten Blues, der seine Genialität aus der umso schlichteren Wahrheit wider traditionelle Gerüchte um Liebe und Abhängigkeiten zwischen Mutter und Kind und auch dem Vater gewinnt – fast tot umgefallen wäre, hätte ich das nicht selbst als übertrieben empfunden. Es kann aber nicht schaden, wie nebenbei an einen durchaus wahrhaftigen Text zu erinnern, ohne dass ich behaupten werde, dass Lennon in einer Reihe mit den im Text genannten Personen stehe.

Die Erstveröffentlichung von Mother erfolgte 1970 auf dem Album Plastic Ono Band, die Musiker sind John Lennon, Klaus Voormann (Bass) und Ringo Starr.

Und eine letzte Erinnerung, warum dieser Text unter Weihnachten firmiert, findet sich in meiner Antwort an Woltochinon (# 14) in der Schilderung des Memling Altars, der mit den Worten „Menschen neigen dazu, Angenehmes gerne anzuschauen, Ungemach aber auszublenden ...“ beginnt.

Ich wünsch Euch im Sinne Wolfgang Neuss’ frohe Ostern und fröhliche Western!

Friedel

 

Heute habe ich zum ersten Mal eine Geschichte von Dir gelesen.
- was mich nun wiederum sehr freut,

liebe Marai,

und Du kannst auch getrost sagen

eine solche Weihnachtsgeschichte habe ich noch nie gelesen
, wie auch ich noch nie ein Gemälde wie das des Hans Memling gesehen habe, der Weihnachts- und Kreuzigungsgeschichte miteinander verknüpft: die eine ist nix ohne die andere Geschichte, wie ja auch A und O zusammengehören - sinnigerweise hab ich das am 23.12.2009 in meiner Antwort an Wolt ähnlich und ausführlicher niedergeschrieben. Das Gemälde haut einen um, zumindest mich!

Was nun die genannte Verwechselung betrifft nebst anderem, muss ich mir die Geschichte noch einmal anschauen. Aus dem Gedächtnis bliebe es nun bloße Behauptung, ich hätte die Stätten eben nicht verwechselt wie auch nicht Nagel und Seil. Darauf werde ich zurückkommen. Und wenn es wie Du schilderst wäre, hätt' ich keine Bedenken, die Geschichte umzuschreiben.
Zu den von Dir angerissenen religiösen Themen werde ich auch nachdenken, schon allein, weil ich niemand - und erst recht keinem gläubigen Menschen - vor den Kopf hauen mag. Nur so viel vorweg, dass ich in den 1980-ern bis in die 1990-er Jahre hinein Presbyter war - aber da schon nicht an Gott glaubte, denn es kommt nicht darauf an, was einer glaube, sondern was er tut. Und wenn Du starke Nerven hast - die braucht's sicherlich für einen Gläubigen - kannstu meine Meinung gebündelt im Moses Roman des Sigmund Freud unter http://www.kurzgeschichten.de/vb/showthread.php?t=46935
erfahren.

Was ich aber sofort beantworten kann, soll nun hier geschehen:

Ich frage mich auch, weshalb Du immer nur J schreibst?
Du kennst sicherlich Samuel Becketts Warten auf Godot - und wer außer einem Gott (God) könnte da erwartet werden? Godot klingt, als riefe jemand "Gott, oh Gott!", was in den Soziolekten des Ruhrgebiets (der Westfale spricht anders als der Rheinländer und der wieder anders als der Niederrheiner, hinzu kommen zunächst Polen und heutigentags Italiener, Griechen, Türken etc., die die Soziolekte prägen) von "Gottegott" bis "Jott'e'jott" klingt - und da bietet sich die Inititiale J(ehushua) oder auch latinisiert J(esus) an: Laut-malerei ergibt's ein JOTT (da wären die britischen Dialekte und Soziolekte mit ihrem Dschai (Lautschriftzeichen gibt's hier im Internetcafé leider nicht) benachteiligt und nicht zur Globalisierung fähig).
Für mich hat der Name Jesu eine grosse Bedeutung.
Für mich auch - und wär's allein die Ethik oder das konsequente Leben - hätte ich mich sonst irgendwelchen Wahlen gestellt?

Ich freu mich auch - und wie Du siehst, geht das mit dem Kennenlernen schneller als man -

glaubt.

Gruß

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Marai,

dies ist nicht der richtige Ort, um die Frohe Botschaft zu verkuenden. Glaubensfragen koennen zwar in Bezug auf die Geschichte (nicht auf den Autor) eroertert werden, sollten aber hier nicht voellig losgeloest diskutiert werden. Das waere off-topic und ich werde es dementsprechend loeschen.

Ein Austausch ueber private Mitteilungen ist aber selbstverstaendlich moeglich.

lg,
fiz

 

Da bin ich wieder,

liebe Marai,

habe mir Text und Kommentare (mitsamt Hinweis' meines großen Bruders, ich hoff, Du kennst den Parzival) noch einmal angeschaut, um Dir antworten zu können, denn selbst das beste Gedächtnis lädt manches Unangenehme ab, um der Erinnerung Angenehmes hinzuzufügen.

Beginnen wir mit den m. E. am leichtesten zu beantwortetenden Fragen / Problemstellungen.

Dabei ist [Dir] aufgefallen, dass ich den Garten Gethsemane mit der Schädelstätte verwechsel[te].
Tatsächlich formulierte ich
Heut noch stehn in dem Garten auf der steil sich hebenden, gleichwohl niedrigen Kuppe westlich der Mauern der allzu irdischen Stadt […] / Bliebe noch mitzuteilen, dass dieser Ort den Namen „Schädelhöhe“ erhielt, nicht wegen der neuerworbenen Funktion, da wäre er „Galgenberg“ genannt worden, sondern – eine Ironie der Naturgeschichte - wegen der Form der Kuppe, die noch heute von Weitem betrachtet an einen menschlichen Schädel erinnert.

Sicherheitshalber habe ich mich nicht auf meine ursprüngliche Quelle (W. Bösen: Der letzte Tag des Jesus von Nazaret ..., s. # 2 vom 22.11.09) verlassen, sondern auch in Lexika nachgeschaut (von Wiki… und ihren Varianten halt ich nix, weiß doch kein Mensch, was darin verkappte Werbung und somit Schwindel ist).

Danach heißt „Schädelstätte“ auf aramäisch – das ja statt des Hebräischen die Sprache Jesu und Palästinas zur Zeitenwende war – „Golgatha“ hieß und eher ein Hügel denn ein Berg außerhalb der Stadtmauern war. Konstantin der Große ließ diese Stätte in die Grabeskirche einbeziehen - satte vier Jahrhunderte nach den historischen Ereignissen.

Gethsemena hinwiederum ist ein Grundstück am Ölberg – und der liegt im Osten Jerusalems, wie ich es auch niedergeschrieben habe

Wer die Geschichte kennt, wird darum schwerlich diese Stätte des Grauens mit dem Ölberg verwechseln, der mit einer Höhe von gut achthundert Metern eine ansehnliche Erhebung östlich der Stadt abgibt.

Unschwer lässt sich erkennen, dass es mir nicht um Historie, sondern um eine Erzählung ging, die Altes mit Neuem, die alte mit neuen Märkten - genannt sei der
Leerverkauf von Seelen
-verbindet und eine moderne Utopie
Zudem hatte die Nekropole mit seinen stummen und friedlichen Bewohnern die Funktion, der sich ausbreitenden Wüste einen Riegel vorzuschieben. Elite und Schriftgelehrte sahen im Ölberg ein Modell der Gesellschaft, wie sie sein sollte
zeigt. Wobei Ruhe als erste Bürgerpflicht auch ein Thema jeden Gemeinwesens ist.

Der Text ist somit fiktiv, der sich anderer Erzählungen bedient, und warum Seile statt der Nägel verwendet werden, wird sogar im Text begründet. Tatsächlich wird es umgekehrt gewesen sein: Üblich wurde der Übeltäter mit Seilen ans Kreuz gebunden, dem Staatsfeind aber gebührte der Nagel. Ich bin kein Freund von Horror (selbst ETA Hoffmann hab ich deshalb nie ganz gelesen …), denn trotz aller Entwicklung ist der reale Horror mir Horror genug. Und auch das ist in einem nun nicht gerade elend langen Text begründet.

Und – um noch kurz die Glaubensfrage anzureißen - wie darf man das Bildverbot (das ja auch die Namensnennung beinhaltet) in der Einleitung zum Dekalog verstehen? Ist es da nicht kurios, wenn viele Eltern / Erzieher / Lehrer / Idole ihre Zöglinge gerne nach ihrem Bilde formten?

Die Glaubensfrage hat m. E. Erich Kästner in genialer Weise in neun Wörtern auf den Punkt gebracht:

„Moral​
Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es.“​

Gruß

Friedel

 

Nix zu danken,

liebe Marai,

aber Kästner meinte mehr als Gute Taten (die ja heute auch Sponsoring, Spenden heißen mögen und mich an Ablasshandel erinnern).

Aber ich gewinn' den Eindruck, dass die Geschichte Dich wie ein Blitz getroffen hat. Ich neig an sich dazu, meine Geschichten nicht selbst deuten zu wollen (keine Bange, ich folg auch eigenen Intentionen und hab eine feste Vorstellung davon), und jene Geschichten für in literarischem Sinne wertvoller zu halten als andere, die verschiedene - bis hin zu gegensätzlichen - Interpretationen offenlassen. Schrieben wir eindeutige Sachen, wir schrieben Gebrauchsanweisungen.

Für Weiteres send ich Dir eine PM,

bis gleich!

 

Friedel nur in Kürze, weil ich gleich in Urlaub bin ...

Das Volk aber, dass ihm zuvor zugejubelt hatte, mutierte zum Mob, jubilierte und applaudierte nun dem Mordsgesind’.

ein s ist überflüssig

LG, GD

 

Zitat:
Das Volk aber, dass ihm zuvor zugejubelt hatte, mutierte zum Mob, jubilierte und applaudierte nun dem Mordsgesind’.
ein s ist überflüssig

Huppsa,

liebe Goldene Dame,

wäre das nicht meine Aufgabe ...

Aber muss ich nachschaun, schließlich gibts ja nicht nur mit und ohne Genitiv-s, sondern auch Gesinde (Bedienstete, also wie das neueste Steuerrecht so schön definiert: Haushaltsnahebeschäftigte) und Gesindel (Lumpen), womit der Apostroph von mir ganz schön raffiniert gewählt wäre.

Aber ich will Deinen Urlaub nicht mit den vier Möglichkeiten

Mordgesinde - Mordsgesinde // Mordgesindel - Mordsgesindel

beschweren. Schönen Urlaub wünscht der

Friedel

 

Hallo Friedrichard,

Das Volk aber, dass ihm zuvor zugejubelt hatte, mutierte zum Mob, jubilierte und applaudierte nun dem Mordsgesind’.
ein s ist überflüssig

meint sie nicht das ", dass", viertes Wort im Satz ...?

Kubus

 
Zuletzt bearbeitet:

Mein J.

jetzt hätt'et mich erwischt.

Klar, hastu Recht,

lieber Kubus,

und G. D. möge mir den fleurt verzeih'n und über meine Flappsigkeit lachen

Tschüss, dank Euch beiden und

ein schönes Wochenende vom

Friedel

 

Hallo Friedel, nix da! Ist schon ein ungewöhnlicher Titel! Und klar wie Kloßbrühe der Inhalt dieser Weihnachtsgeschichte. Die christliche Welt, feiert Jesus Geburt und hier wird sein Tod erzählt. Passt das zusammen? Dieses Nix da erinnert mich an das Spiel Stille Post. Einer flüstert ins Ohr des Nächsten und der letzte erzählt das Überlieferte. Und was sagt dann der Urheber? Nix da, das ursprünglich Erzählte war gänzlich anders! Leider kann uns der Messias nicht selbst berichten, ob die Christen nun den Tag seiner Geburt oder seiner Empängnis feiern. Denn gestorben soll er ja Ostern sein und als ein großartiger charismatischer Menschen -an/ver- füherer hat er zur Formvollendung seines Lebens nicht auch an seinem Geburtstag gestorben zu sein? Es kann so oder auch so gewesen sein. Die Wahrheit ist eine Möglichkeit von vielen Wahrnehmungen desselben Geschehens. Glauben ist es nicht zu wissen und das wiederum macht den Reiz aus, an die Existenz eines Gottes Sohn zu glauben. Was für ein Spektakel? Weihnachten heute ist und warum es sich so entwickelt hat. Man könnte meinen, alles nur eine Erfindung der Ökonomen! Bis dann GD

 

Ist nicht nur ein ungewöhnlicher Titel, wie die Kommentare mir kundtun,

liebe G. D.,

Und klar wie Kloßbrühe
Die christliche Welt, feiert Jesus Geburt und hier wird sein Tod erzählt.
Weihnacht und Ostern gehören zusammen, wie schon über ein Gemälde von Hans Memling (s. Antwort an Wolt vor Jahr und Tag) referiert wurde. Zur Geburt gehört der Kindermord im Auftrage Herodes des Großen - und da zieht dann auch das Bild mit der stillen Post, die bei mir gar nicht funktionieren kann (links taub).
Leider kann uns der Messias nicht selbst berichten
und es ist auch zweifelhaft, ob der Rabbi je eine eigene Religion begründen wollte. Tatsächlich feiern wir ägyptische wie persische Feste - verkleidet im lateinischen Gewand. Dein Hinweis auf einen frühen Tod hingegen hat was Griechisches: Wen die Götter lieben ... Aber da hätte wieder der Senior was gegen (gegen die Konkurrenten).
Es kann so oder auch so gewesen sein.
Wie halt im richtigen Leben. Darum hält's auch Naturwissenschaft weniger mit der Wahrheit als mit Wahrscheinlichkeiten.
Man könnte meinen, alles nur eine Erfindung der Ökonomen!
und da haben wir's doch, wenn die bis dahin unverkauften Weihnachtsmänner (der jpke von Coke) zu Osterhasen umgeschmolzen werden.

Ein selten seltsames Schlusswort -

aber danke fürs Lesen & Kommentieren!

Gruß

Friedel

PS: Ist der Urlaub schon zu Ende - hab den Eindruck, Du wärest gestern erst entschwunden ...

 

Friedel, bin noch in Urlaub, auf einer einsamen Insel und mir war wichtig, dir das Bild der stillen Post mitzuteilen. Ich bin Atheistin und feiere Weihnachten mit Tannenbaum der ungetauften Kinder wegen, weil es doch allzu seltsam wäre, wenn sie die einzigen sind, die nach den Winterferien nicht mit Geschenken prahlen können. Mir hat man vor 35 Jahren in der Schule zugerufen, ich wär eine Heidin, und ich fühlte mich aufgrund des anklagenden Tons schuldig. Das Jahr darauf wurde ich getauft und konfirmiert und ich hatte, glaube ich, einen Glauben und die Geschichten aus der Bibel konnte der Pastor mitreißend erzählen. Je älter ich wurde, desto skeptischer wurde ich, und das was ich heute denke kann ich dir gerne per PM mitteilen. Jedenfalls hat mich deine Geschichte wieder darauf gestoßen. Die Sonne kämpft sich durch die Wolken und daher bis denne! GD

 

... und mir war wichtig, dir das Bild der stillen Post mitzuteilen
, was ich schon verstanden hab, was doch aber einer tauben Nuss und einem uneinsichtigen Rüpel wie mir noch stiller als still erscheinen muss. Abgrundtief, um der Akkustik auch eine Optik zu geben.

Wünsch Dir,

G. D.,

noch mehr Sonne. Helios scheint heute hier seine Gäule oder seinen Kampfwagen nicht gefunden zu haben, da bleibt einem nix als der Sonnenschein im Herzen ...

Gruß

Friedel

 

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