- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 6
Olgi
Seine Augen waren rot unterlaufen, das Jucken machte ihn wahnsinnig. Ringsum ihn herum konnte Olgi, nur noch verschwommene schemenhafte Abbilder seiner Umgebung wahrnehmen. Grün wabernde Wände aus natürlichem Zellstoff, rötlich braune Felsformationen, helle und dunkle Schatten rauschten an ihm vorbei, um innerhalb eines Sekundenbruchteils wieder in der Dunkelheit außerhalb seines verschwommen Blickfeldes zu entschwinden. Wo war er nur? Wie konnte er sich dermaßen verirren? Er hatte Angst, große Angst, unermesslich große Angst. 1000 mal hatte ihm seine Mutter gesagt das er sich nicht zu weit von zu Hause entfernen soll, da er noch zu jung für längere Ausflüge sei. Aber wie das im Leben mal so ist, welcher Teenager hört schon gerne auf seine Mutter? Tja, hätte das Olgi lieber mal getan. Selbst sein hohes Fieber, aufgrund der Erkältung, und die ständige im Frühling wiederkehrende Allergie, welche ihm unsagbare Qualen in den Augen bereitete, konnten seinen Bewegungsdrang nicht bremsen. Und so kam es wie es kommen musste. Er kannte den Weg zu seinem Freund Eesdron eigentlich auswendig. Die paar 100 Meter hatte er in seinem Leben schon unzählige Male zurückgelegt. Bereits als er das Haus verließ, welches sich am Rande eines tiefen Abgrundes befand und ganz aus Stein gebaut war, hatte er ein unwohles Gefühl. War es wirklich so eine gute Idee, Eesdron zu besuchen? Aber was war die Alternative? Zuhause bleiben und den ganzen Tag, so wie es der Arzt befohlen hatte, das Bett zu hüten? Nein, das war für einen Teenager in seinem Alter unmöglich. Das unwohle Gefühl verstärkte sich mit jedem Meter, den er sich von ihrem Haus entfernte, bis ihm das Malheur passierte. Irgendwie war er vom rechten Weg abgekommen, wahrscheinlich als er sich wieder einmal besonders ausgiebig die Augen wischte um die Tränen und das Jucken zu unterbinden. Und jetzt war er hier. Aber wo war das hier? Er fühlte sich verzweifelt, er fühlte sich alleine. Was hätte er nur dafür gegeben, wenn jetzt seine Mutter oder sein Vater an seiner Seite aufgetaucht wären. Wenn das Wörtchen wenn nicht wär. Waren das gerade eben Stimmen die er da gehört hatte? Konzentration, dachte sich Olgi. Da war doch etwas?! Direkt hinter dem großen Farn neben den rötlich braunen Felsen, den er gerade noch so erkennen konnte, sah er einen Schatten. Sein Herzschlag erhöhte sich drastisch. Er hörte das Hämmern in seinen Kopf. Dadum, Dadum, Dadum. Seine Augen fingen wieder an zu tränen. Diese verfluchte Allergie. Neben dem Schatten tauchte ein weiterer auf. Au backe. Ihm wurde kalt. Angstschweiß trat ihm aus allen Poren und brachte seine Haut besonders zum Glänzen. Er fing an, am ganzen Körper zu zittern, als die Schatten sich lautlos auf ihn zu bewegten. Unfähig sich auch nur einen Meter weit zu entfernen, hing sein Blick wie unter Hypnose stehend, direkt auf den Schatten. Sein Gehirn versuchte noch den Körper zu reaktivieren, die Angst jedoch war zu groß. Die Schatten kamen unterdessen immer näher. Langsam nahmen die Schatten Formen an. Ihm kam es so vor als ob sie ihn umkreisten, als ob sie sich ein Spiel mit ihm erlauben würden, mit ihm der doch so krank war. Urplötzlich spürte er eine Bewegung direkt hinter sich. Er versuchte noch krampfhaft die Deep Blue Drehung zu vollführen die sie im Gefahrenunterricht so oft geübt hatten, sein geschwächter Körper jedoch spielte einfach nicht mehr mit.
Das letzte was er in seinem viel zu kurzen Leben sah, war wie der Weißspitzenriffhai sein gewaltiges Maul aufsperrte, um ihn mit einem einzigen Biss seiner rasiermesserscharfen Zähnen, in seine Einzellteile zu zerreißen.
Haie lieben eben Thunfisch.