Was ist neu

Orkus

Seniors
Beitritt
08.07.2012
Beiträge
900
Zuletzt bearbeitet:

Orkus

In zwanzig Metern Tiefe kamen die Rochen. Einar Nordström hielt inne, um das Schauspiel zu genießen. Die mächtigen Tiere ließen sich von der Drift tragen und schwebten anmutig durch die blaue Leere. Bei jedem Flügelschlag schimmerten ihre an der Unterseite salzweißen Körper im Licht der Abendsonne, die mit Strahlenspeeren von der Oberfläche herabstieß.
Der Kopfhörer knackte. "Nordström, das ist keine Safari." Williams, der Sicherungstaucher, schob sich ins Blickfeld und deutete auf die Uhr an seinem Handgelenk.
Auf dem Weg in die Tiefe erleben Taucher manchmal ein sonderbares Gefühl des Heimkehrens. Vielleicht ist es das Echo prähistorischer Zeiten; ein Nachklang des evolutionären Ursprungs von den hydrothermalen Quellen am Grund des Meeres. Nordström kannte das Phänomen und überließ sich bereitwillig der Empfindung, in einen Zustand des Friedens zu gleiten: Meter um Meter sank er hinab, abwärts, fort von all den Verwirrungen des Lebens an der Oberfläche.
Seine Atemzüge unterteilten den Abstieg in akustische Einheiten – ein Zischen beim Luftholen, wenn der Lungenautomat das komprimierte Flaschengas auf den Umgebungsdruck entspannte und dann das Geräusch brodelnder Blasen beim Ausatmen. Und mit jedem Flossenschlag, der ihn weiter hinabtrieb, verblassten einige der Bilder, die Nordström seit fünf Wochen begleiteten, verblassten die Erinnerungen an Mayas leblose Augen.
Als sein Tauchcomputer vierzig Meter Tiefe anzeigte und die Konturen des Plateaus sichtbar wurden, drückte er die Mikrofontaste an seiner Maske. "Beginne mit der Suche nach der Bruchkante."
Während das Tauchen mit Pressluftgeräten einen weichen, dämmerigen Trip darstellte, blieb man beim Trimix-Tauchen völlig klar. Nordström spürte den zunehmenden Druck; allmählich verflüchtigte sich die Empfindung friedlichen Schwebens. Das Plateau, auf dem er jetzt wie ein subaquatischer Fallschirmspringer landen würde, war ein kahles, von Furchen und Klüften vernarbtes Felsmassiv. Still und abweisend dräute es in der Tiefe.
"Abhang auf elf Uhr, zwanzig Meter voraus", meldete der Sicherheitstaucher. Der Heliumanteil im Gemisch des Atemgases und der Umgebungsdruck quetschten die Stimme zu einem schaurigen Krächzen zusammen. Weiter unten würden sie sich nur noch mit Hilfe des elektronischen Entzerrers verständigen können.
Solange es bei einem Tauchgang im offenen Meer senkrecht hinab ging, fiel es leicht, die über dem Kopf lastende Wassersäule zu vergessen. Der Abstieg an einer Felswand war dagegen etwas vollkommen anderes. Nordström spürte, wie sich etwas in seinem Bauch zusammenzog, als er an dem jäh in die Finsternis stürzenden Bruch hinab blickte.
"Okay, dann Lampen an und los", knirschte es im Kopfhörer. Auf ein Zeichen von Williams hin kippte Nordström vornüber. Der Strahl seiner Lampe leckte über die schartige Gesteinswand und schreckte eine Geistermuräne auf. Ihr weißer Schlangenleib schnellte aus einer Spalte des Kliffs, wand sich wie unter Schmerzen und mäanderte schließlich in die Dunkelheit davon.
"Eigentlich dürfte ich Sie noch nicht wieder in Dienst stellen", hatte Colonel Bright gesagt. "Aber die Zeit drängt, und mir gehen die Optionen aus. Sind Sie bereit, diese Mission anzunehmen?" Nordström hatte die Frage mit Ja beantwortet, aber das war nur die halbe Wahrheit, denn er war zu allem bereit. Sind Sie bereit, Ihr Haus in Brand zu setzen und sich eine Kugel in den Mund zu schießen?
Ein Kratzen riss ihn aus den Gedanken. "Sie sinken zu schnell, Mann."
"Okay, danke", sagte Nordström. "Ich gleiche aus." Er betätigte den Inflator und hörte, wie Gas in die Tarierweste strömte. Dann schaute er auf den Computer am Handgelenk. Sie hatten eine Tiefe von sechzig Metern erreicht.
"Verdammt kühl hier unten", meldete sich der Sicherungstaucher erneut. "Fülle den Anzug etwas auf."
"Roger", bestätigte Nordström und beobachtete, wie Williams das Ventil der Argonflasche öffnete, um die Wärmedämmung seines Anzugs zu verbessern. Nachdem Williams das Ventil wieder zugedreht hatte, gaben sich die beiden Taucher das Handzeichen für o.k. und schwammen weiter.
Während sie zum Fuß des Kliffs hinab sanken, rekapitulierte Nordström einen Nebensatz in Brights Missionsbeschreibung, der sich auf verschiedene Weise interpretieren ließ: Bei den Ermittlungen müssen die besonderen psychologischen Bedingungen des Langzeitaufenthalts in der Tiefe berücksichtigt werden. Viel wusste man bisher nicht über diese Bedingungen. Es ließen sich kaum mehr als ein paar dünne Akten zum Verlauf der SEALAB- und Tektite-Missionen auftreiben. Unzweifelhaft war jedoch, dass die menschliche Psyche trotz ihrer immateriellen Natur unter dem Druck von einhundert Tonnen auf den Quadratmeter nachgab. Während der Aufbruchsjahre der Unterwasserforschung hatten sich Enthusiasten für Wochen und Monate in Tauchhabitaten aufgehalten und den Biss der Tiefe zu spüren bekommen. Die beschriebenen Symptome waren Verwirrungszustände, Desorientierung, Angst– und Panikgefühle, Schwierigkeiten im Beurteilen von Risiken, beim Planen und Erinnern. Wie würde eine Ermittlung unter diesen Umständen ablaufen?
Im Schein der Lampen schälten sich die Umrisse einer Geröllebene aus der Finsternis. Sie hatten das Basisplateau erreicht.
"Timer läuft ..."
Nordström konnte den Sicherungstaucher trotz Entzerrer kaum noch verstehen.
Es war erstaunlich, wie schwierig sich die Suche nach einem Objekt hier unten gestaltete, das die Größe eines Flugzeughangars hatte. Neben Faktoren wie Strömungsabdrift, geringer Sichtweite und dem Fehlen von GPS spielte das kleine Zeitfenster, das für den Aufenthalt am Grund blieb, die größte Rolle, denn bei einem solchen Tieftauchgang konnte der Aufstieg mit den notwendigen Dekompressionspausen Stunden dauern.
"Beginne mit Suchmuster Alpha", sagte Nordström und rief im Tauchcomputer das Kompass-Display auf.
"Roger", war Williams Roboterstimme zu hören. "Schwimme fünf Meter über Grund …"
"Die Sichtweite ist ja miserabel", sagte Nordström, obwohl sie beim Briefing darüber gesprochen hatten. Seit einigen Tagen herrschte in diesem Gebiet Planktonstau. Der Strahl der Lampe irrte stumpf durch das trübe Wasser. Unter den beiden Tauchern bewegten sich die bräunlichen Wedel eines Kelpfeldes. Wenn es hier unten Algenwälder gab, dann musste die Sichtweite normalerweise sehr hoch sein.
"Hey Nordström, in dieser Suppe … an der Titanic vorbeischwimmen", rauschte es im Kopfhörer.
Nordström drückte die Mikrofontaste und sagte: "Ja, aber die Titanic ist nicht beleuchtet. Kontakt auf neun Uhr."
Der Anblick einer Forschungsstation am Meeresboden, die in beinahe einhundert Metern Tiefe dem gewaltigen Druck des Wassers trotzte, war unvergleichlich - hier mischten sich die romantischen Ideen eines Jules Verne mit der kalten Präsenz des modernen technologischen Genius. Nordström betrachtete fasziniert, wie sich Thetis III in einem Kokon aus Licht an den Grund des Ozeans schmiegte. Die beiden Taucher schwammen auf die Basis zu, und nun wurde klar, dass man sie erwartete - hinter den Panzerglasscheiben des länglichen Habitat-Trakts versammelten sich einige Bewohner der Station und winkten herüber.
Jetzt meldete sich die Crew über Funk: "Thetis III an … Einstiegsluke … grünes Licht …"
Nordström drehte sich zu Williams herum, während es im Kopfhörer noch einmal knackte: "… wiederhole … Einstiegsluke am vorderen Pylon …"
"Roger", sagte Nordström, und sein Blick folgte dem Handzeichen des Sicherheitstauchers, der ihm den Weg wies.

Nordström durchbrach den Wasserspiegel und schwamm an den Rand des Einstiegsbeckens. Er packte den Sicherheitsgriff des Lifts und stellte sich auf die Füße. Jetzt folgte auch Williams. Während die Kettenkonstruktion des Lifts rasselte, nahm Nordström die Maske ab. Es roch nach steriler Luft und Maschinenschmiermittel. Sofort fiel auch der ungewöhnliche Raumklang im Nassbereich des Einstiegstrakts auf. Die dichte Atmosphäre zerrte an der Tonhöhe aller Geräusche und zerfetzte die Akustik in einem heiseren Knirschen. Mit einem Ruck stoppte der Aufzug.
Zwei Männer in den Zebrahemden der norwegischen Marineinfanterie kamen herbei, salutierten und nahmen den Tauchern die Carbonflaschen ab. Nachdem Nordström aus dem Anzug geklettert war, wurde er durch die Schleuse in die Ausrüstungskammer geführt, wo eine blaue Dienstkombi, das rote Barett der Militärpolizei und ein Headset bereitlagen. Kurz darauf kam auch Williams. Er öffnete den Mund, sagte etwas und hielt inne, befremdet vom Klang seiner Stimme. Obwohl es seine Aufgabe war, regelmäßig Besucher und Bewohner der Station nach unten zu geleiten, meist gemeinsam mit einem zweiten Sicherungstaucher, hatte er Thetis III heute zum ersten Mal betreten.
In diesem Augenblick öffnete ein Mann mit Vollmondgesicht in der Offiziersuniform der Royal Navy das Schott der Ausrüstungskammer. Er trat herein, salutierte und forderte Nordström und Williams mit einer Geste auf, ihre Kopfhörer aufzusetzen. Die Modelle waren sehr leicht und man sah, dass sie ein findiger Ingenieur für den Dauereinsatz konzipiert hatte.
"Lieutenant Watts", stellte sich der Offizier mit leiernder Elektrostimme vor, nachdem Nordström und Williams ihre Headsets aktiviert hatten. "Willkommen auf Thetis III. Commander Olafson möchte Sie sofort sprechen."

Das Quartier des Commanders bot reichlich Entschädigung für die Mühen des Aufenthalts am Meeresgrund – vier stahlgefasste Panoramascheiben aus Panzerglas ließen an die Innenarchitektur der Nautilus denken, und Nordström stellte sich Olafson vor, wie er an seinem schmalen Schreibtisch über Dienstplänen saß und hinaus auf das wogende Kelpfeld blickte.
Der Commander war ein schwerer Mann mittleren Alters mit der Statur eines Athleten. Er drückte Nordströms Hand und sagte: "Willkommen, Major."
Dann wandte er sich Williams zu, doch statt eines Handschlags nickte er nur und sagte: "Sergeant, gibt es einen besonderen Grund dafür, dass Sie den Major nicht mit seinem Dienstrang ansprechen?" Der Entzerrer ließ einen schneidenden Unterton ahnen.
Williams wollte etwas sagen, doch dann schwieg er und blickte irritiert zu Nordström hinüber.
"Wir hören bei allen Tauchern in Reichweite den Funkverkehr mit", sagte Olafson. "Ich erwäge einen Ordnungsverweis."
"Commander, Sergeant Williams kannte meinen Rang nicht", schaltete Nordström sich ein. "Colonel Bright wollte meinen Einsatz möglichst unauffällig halten."
"Aha", sagte Olafson. "Gut, dann wäre das geklärt."
Er schien einen Moment zu überlegen, dann sagte er an Williams gewandt: "Sie sind zum ersten Mal auf der Basis. Suchen Sie den Stationsarzt auf, und lassen Sie sich durchchecken. Melden Sie sich danach bei Lieutenant Watts. Er wird Ihnen ein Quartier zuweisen."
Nachdem Williams gegangen war, sagte der Commander: "Ich bin etwas empfindlich, was unsere britischen Kollegen betrifft. Dies ist ein Gemeinschaftsprojekt, aber ich werde den Eindruck nicht los, dass die Jungs von den Royal Marines das anders sehen. Englische Kommandosprache und Rangbezeichnungen, ein Brite als Oberkommandierender – ein bisschen zu viel Westminster bei diesem Unternehmen."
"Ja, Sir", sagte Nordström.
"Nun gut", fuhr Olafson fort. "Ich möchte unseren Wissenschaftsoffizier beim Briefing dabeihaben. Was dagegen?"
Nordström schüttelte den Kopf. "Nein, Sir."
Olafson machte einen Schritt zu seinem Schreibtisch hinüber, drückte die Taste einer Kommunikationseinheit und sagte: "Lieutenant Anderson, melden Sie sich in meinem Quartier."
Kurz darauf betrat der Wissenschaftsoffizier die Unterkunft des Commanders und begrüßte Nordström mit Handschlag und einem mürrischen Lächeln.
"Gut, dass Sie uns gefunden haben", sagte er. "Es gab schon Teams, die bei solchem Planktonstau abbrechen und wieder auftauchen mussten."
Anderson mochte kaum Dreißig sein, aber sein kurzgeschorenes Haar zeigte bereits einen silbernen Schimmer.
"Bitte setzen Sie sich", forderte Olafson die beiden Männer auf, während er selbst vor den Panoramascheiben stehen blieb und tief Luft holte.
"Bevor wir über die jüngsten Ereignisse sprechen, werde ich Ihnen Funktion und Bedeutung dieses Projekts in den Grundzügen umreißen, denn ich gehe davon aus, dass Sie nicht über ausreichende Informationen verfügen."
Nordström nickte.
"Thetis III ist ein Top-Secret-Unternehmen. Die Station wird von Großbritannien, Norwegen, Schweden und Dänemark finanziert und von Spezialkräften aus Marine und Heer dieser Länder betrieben."
"Sie haben Staubfresser an Bord?", erkundigte sich Nordström überrascht.
"Ja", sagte Olafson. "Sergeant Pyke wurde uns von der Sechsten Infanterie Division geschickt. Sie ist unsere Botanik-Expertin und betreut den hydroponischen Garten. Sie werden sie später kennenlernen."
Olafson verschränkte die Hände hinter dem Rücken und begann, auf und ab zu gehen. Hinter der Gestalt des Commanders schwebte ein riesiger Zackenbarsch heran, berührte das Fenster mit seinem grimmigen Maul und jagte in einer plötzlichen Bewegung davon.
"Diese Station wurde in den späten neunziger Jahren gebaut", sagte Olafson. "Zwei Vorgängermodelle mussten wegen erheblicher technischer Schwierigkeiten aufgegeben werden. In Betrieb ist Thetis III seit elf Jahren, und leider hatten wir bei diesem Projekt einige Rückschläge zu verkraften."
"Todesfälle?", fragte Nordström.
Der Commander nickte. "Auch das."
Anderson räusperte sich und sagte: "Ein gewisses Risiko liegt in der Natur unserer Arbeit hier unten. Das weiß jeder, der sich auf diesen Job einlässt."
"So ist es", sagte Olafson. "Bei jährlichen Betriebskosten von etwa fünfzig Millionen Pfund und Einnahmen in mehr als der zehnfachen Höhe ist offenkundig, dass es sich bei dieser Station um ein Projekt mit einiger finanzieller Bedeutung handelt. Weit wichtiger ist aber, dass hier Forschungsergebnisse von unschätzbarem Wert erzielt werden."
Nordström verstand, worauf die Argumentation des Commanders hinauslief.
"In elf Jahren gab es vier Unfälle mit tödlichem Ausgang", sagte Anderson. "Zwei dieser Unfälle wurden durch die narkotische Wirkung von Wasserstoff verursacht. Zum damaligen Zeitpunkt war die Zusammensetzung des Atemgasgemischs noch experimentell. Die beiden anderen Fälle ereigneten sich bei Montagearbeiten am Außenskelett der Basis."
Nordström sagte: "Ich würde gern noch einmal auf die von Ihnen erwähnten Einnahmen zurückkommen, Commander. Wie verdient man mit einer Unterwasserstation so viel Geld?"
"Der Löwenanteil kommt von der Raumfahrtindustrie", sagte Olafson. "Weltweit werden in diesem Sektor von staatlichen und privaten Unternehmen Milliarden ausgegeben. Natürlich ist die Mars-Mission das wichtigste Prestigeprojekt der Raumfahrt. Aber es geht auch um andere Ideen, beispielsweise um den Bau einer Basis auf dem Mond."
"Und in welchem für die Raumfahrt relevanten Bereich forschen Sie hier?"
"Ein wichtiger Bereich der Forschung ist der Aufbau von autonomen, sich selbstversorgenden Stationen", antwortete Anderson auf eine Geste des Commanders hin. "Aber ebenso bedeutend ist die psychologische Forschung, insbesondere die Frage, wie sich die Mannschaft einer autonomen Basis unter Extrembedingungen verhält."
"Mit anderen Worten", sagte Olafson, "wir sind die Versuchskaninchen."
Nordström bemerkte, wie sehr ihn die Besprechung erschöpfte. Die Hyperdruck-Atmosphäre der Station machte ihm zu schaffen.
"Wie wurde bei den vier Todesfällen ermittelt?", fragte er ein wenig zusammenhangslos.
Olafson schien nicht sofort zu verstehen, doch dann sagte er: "Da die Unfallursachen eindeutig waren und vom Stationsarzt zweifelsfrei bestätigt werden konnten, gab es in diesen Fällen keine externe Ermittlung." Und als sei dies der Tiefpunkt seiner Karriere, fügte er mit einem Blick auf die blaue Finsternis hinter den Glasscheiben hinzu: "Es ist das erste Mal, dass wir die Militärpolizei an Bord haben."
Ein unangenehmes Schweigen breitete sich im Raum aus.
"Commander", sagte Nordström schließlich, "wie viele Personen halten sich normalerweise hier auf, und welche Funktionen üben sie aus?"
Olafson erwachte aus seiner Starre und sagte: "Es befinden sich regulär einundzwanzig Personen auf der Basis. Sie arbeiten in den verschiedensten Bereichen als Techniker, Montage– und Transporttaucher, im hydroponischen Garten … Sie erhalten die genaue Aufstellung, Major."
"Das heißt, nach dem jüngsten Todesfall befinden sich zusammen mit Williams und mir jetzt zweiundzwanzig Personen an Bord?"
"Ja, richtig", bestätigte Olafson.
"Commander, was können Sie mir zu den Vorkommnissen sagen, die vor drei Tagen zum Tod von Corporal James Graham führten?"
"Der Unfall ereignete sich gegen sechs Uhr dreißig abends. Das auf der Basis stationierte Kampfschwimmerteam kehrte von einem mehrstündigen Trainingseinsatz zurück und war weniger als eine Achtelseemeile entfernt, als Corporal Graham den Anschluss zum Trupp verlor. Der Teamführer, Lieutenant Raskid, bemerkte das Fehlen des Coporals und versuchte, Graham über Funk zu rufen, was jedoch erfolglos blieb. Daraufhin begann der Trupp mit der Suche, musste aber nach etwa einer Stunde ohne Ergebnis abbrechen, weil das Atemgas knapp wurde."
"Wann wurde die Station über das Verschwinden von Graham informiert?", fragte Nordström.
"Raskid meldete es sofort per Funk, nachdem er versucht hatte, Graham zu rufen. Das war Schlag achtzehnhundert."
"Wurden weitere Taucher zur Suche abkommandiert?"
"Ja, es gingen buchstäblich alle raus, die Flossen hatten."
"Wie viele Taucher waren das genau?"
"Neben den vier Kampfschwimmern waren acht weitere Taucher draußen."
"Wie lange wurde gesucht?"
"Die Kampfschwimmer kehrten kurz vor sieben Uhr zurück und wollten die Suche trotz Anzeichen von Unterkühlung fortsetzen, aber dazu kam es nicht mehr."
"Und warum nicht?"
Der Commander zog scharf die Luft ein. Sein Gesicht wirkte jetzt sehr blass.
"Weil um sieben Uhr, genau zur Zeit der Vesper, die Überreste des Corporals an den Fenstern der Messe vorbeitrieben."
"Ich verstehe", sagte Nordström.
"Ein Trupp der Suchmannschaft barg, was von Graham übrig geblieben war."
"Wurde nach weiteren Körperteilen oder Spuren gesucht?"
"Ja, wir überprüften insbesondere die drei Strömungsturbinen, denn wir vermuteten zunächst, Graham könnte in eine der Maschinen geraten sein. Aber es fanden sich keine Spuren."
"Sie sagten vorhin, dass sich der Unfall – falls es sich um einen solchen handelt – gegen sechs Uhr dreißig ereignete. Wie kommen Sie zu diesem Schluss?"
Olafson hob das Kinn und sagte: "Haben Sie Zweifel daran, dass es sich um einen Unfall handelt, Major?"
"Zu diesem Zeitpunkt lässt sich das noch nicht sagen", antwortete Nordström. "Ich bin hier, um das herauszufinden. Also, Commander, noch einmal …"
"Wir haben eine Aufnahme", fiel Olafson ihm ins Wort. Er machte ein paar Schritte hinüber zum Schreibtisch, ergriff ein Tablet, aktivierte das Display und reichte es Nordström. "Bitte, schauen Sie es sich an. Lieutenant Watts hat das am Tag nach dem Vorfall bei der Auswertung der Videodateien entdeckt."
Das Video stammte offenbar von einer Außenkamera der Station. Zunächst war kaum mehr zu sehen, als einige Wasserpflanzen, die sich sanft inmitten von Planktonwirbeln bewegten. Das Wasser war trübe.
Nordström achtete auf die eingeblendeten Aufnahmedaten: 04-08-2014, 18:29:14. Das war vor drei Tagen. Jetzt schob sich ein Taucher mit ruhigen Flossenschlägen ins Bild und verschwand wieder.
Nordström blickte Olafson fragend an und wollte das Tablet schon zurückgeben, doch der Commander sagte: "Warten Sie, da kommt noch etwas."
Die Kamera schien Schwierigkeiten mit dem Fokus zu haben, denn die Aufnahme wurde kurzzeitig unscharf. Während die Autofokusfunktion die Brennweite justierte, glitt ein dunkler, stromlinienförmiger Körper am hinteren Rand des Bildausschnitts entlang. Nordström hob die Augenbrauen.
"Kann ich das noch einmal sehen?", sagte er.
"Sicher", erwiderte der Commander. "Sie können das Tablet mitnehmen. Ich habe Ihnen in einer Datei auch alle relevanten Informationen zur Station zusammenstellen lassen."
Nordström verfolgte erneut, wie zuerst der Taucher und kurz darauf sein Verfolger durch das Bild schwamm.
"Was ist das für ein Hai?", fragte er.
"Wir sind nicht sicher", antwortete Anderson. "Wie Sie selbst sehen, ist die Aufnahme nicht besonders scharf, und die geringe Sichtweite macht die Sache nicht einfacher."
"Welche Arten kommen in Frage?"
"Könnte ein Schwarzhai sein. Oder ein Mako. Möglicherweise auch ein Sechskiemerhai."
Nordström ließ das Video noch einmal laufen.
"Wie groß ist dieses Tier?", fragte er.
"Ziemlich groß, unserer Schätzung nach etwa fünf Meter Körperlänge und circa zweitausend Pfund Gewicht."
Nordström stoppte das Video und betrachtete nachdenklich den metallisch schimmernden Körper des Hais.
"Wir sollten unsere Besprechung an dieser Stelle beenden und alles Weitere auf morgen verschieben", sagte der Commander. "Sie haben noch einen Termin beim Stationsarzt, und ich schlage vor, dass Sie sich danach aufs Ohr hauen. Die ersten Stunden in unserer Wasserstoffatmosphäre sind nicht leicht zu verkraften. Holen Sie sich ein paar Stunden Schlaf. Watts wird Ihnen Ihr Quartier zeigen."

Auf dem Weg zur medizinischen Station spürte Nordström, wie sich die Erschöpfung in seinem Körper ausbreitete. Er fühlte sich müde, steif und krank. Der Hall seiner unsicheren Schritte wurde von den Platten der Wandarmierungen zurückgeworfen und peitschte durch seinen Kopf. Er musste sich abstützen, um über die handbreiten Schottrahmen zu steigen und zuckte dann jedes Mal zusammen, weil ein schneidender Schmerz in seine Hüftgelenke fuhr.
Der Stationsarzt, Lieutenant Westfield, begrüßte ihn mit den Worten: "Keine Sorge, das ist nur der Druck und der Wasserstoff." Er gab Nordström die Hand, stellte sich kurz vor und wies mit einer Bewegung des Kinns auf die Untersuchungspritsche. "Legen Sie sich da hin. Öffnen Sie Ihre Kombi und machen Sie Ihren Arm frei. Ich gebe Ihnen etwas gegen die Übelkeit und die Schmerzen."
Nordström streckte sich aus und öffnete den Reißverschluss seines Overalls. Während er den rechten Ärmel hochschob, beobachtete er, wie der Arzt ein Paar Latexhandschuhe überstreifte und dann eine Spritze aufzog.
"Ich schätze, Sie sind zu schnell auf Tiefe gegangen", sagte Westfield und trat an die Untersuchungsliege. Nordström verfolgte, wie der Arzt seine Armbeuge desinfizierte. Westfields glänzende Augen waren dunkel und gaben seinem harten Gesicht das Aussehen eines Falken. "Außerdem kann der abrupte Wechsel von Trimix-Atemgas auf unsere Hydrox-Atmosphäre Beschwerden verursachen."
Nordström hielt kurz die Luft an, als er den Stich der Nadel spürte. "Kein Helium in der Atmosphäre?", fragte er dann.
"Nein", erwiderte Westfield. "Wir atmen hier nur Sauerstoff und Wasserstoff. Sie sollten sich ein wenig Zeit für die Eingewöhnung nehmen. Drücken Sie das Mullpäckchen auf den Arm", fügte er mit einem Nicken hinzu.
"Sagen Sie, Doktor, Sie haben doch die Überreste von Corporal Graham untersucht?", fragte Nordström, während ihm Westfield eine Blutdruckmanschette um den linken Arm wickelte.
"Ja, richtig."
"Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?"
"Immer im Dienst, was", sagte Westfield, machte ein paar Schritte hinüber zum Eingang der Krankenstation und schloss die Tür des Schotts. Als er wieder an die Pritsche trat und Nordströms Blick sah, sagte er: "In einer Basis, die einhundert Meter tief im Meer liegt, ist es nicht klug, die Mannschaft zu beunruhigen. Lassen Sie uns diesen kleinen Check hier beenden, dann zeige ich Ihnen alles."
Nordström lehnte sich zurück und schloss die Augen. Er fühlte sich noch immer ziemlich elend, aber die Schmerzen ließen bereits nach. Minuten versickerten.
"Ich höre mir jetzt mal Ihre Lunge an, Major. Entspannen Sie sich."
Nordström spürte die Kühle des Stethoskops auf seiner Brust. Er lauschte dem Rascheln von Westfields Kittel und dem Summen der Laborelektronik.
Wie stellten sich der Commander und Anderson den Ablauf der Ereignisse vor? Graham hatte aus einem unbekannten Grund den Kontakt zu seinem Team verloren. Dass es technische Probleme gegeben haben musste, schien eindeutig, denn der Teamführer hatte ihn nicht über Funk erreicht. Irgendwie fand der Corporal schließlich seinen Weg zur Basis, wo er von einer Kamera gefilmt, jedoch von keinem Taucher der Suchmannschaft gesehen wurde. Dann erwischte ihn der Hai. Wie wahrscheinlich war dieses Szenario?
Wie wahrscheinlich war es, dass er, Nordström, sich in eine Frau verliebt hatte, die sterben musste, bevor sie ihren dreißigsten Geburtstag feiern konnte? Wie wahrscheinlich war es, dass er Dutzende von Einsätzen heil überstanden hatte, Maya hingegen einer verschleppten Grippe erlag?
"Wie haben Sie reagiert, als Sie von Thetis III erfuhren?", fragte Westfield und ging zu seinem Schreibtisch hinüber.
Nordström rieb sich die Augen. "Ich reagiere immer noch", sagte er.
Westfield lachte heiser. "Ich weiß noch, wie es mir damals ging. Konnte es nicht glauben, bis ich die Station mit meinen eigenen Augen sah."
"Sind wir mit dem Check fertig?"
"Ja, Sie können sich anziehen. Soweit ich sehen kann, ist alles in Ordnung. Trotzdem werde ich mir morgen noch Ihre Blutwerte anschauen."
Nordström nickte.
Westfield drehte den Schirm seines Computers herum und sagte: "Das ist der Fall Graham. Ich schicke Ihnen die Akte auf Ihr Tablet."
"Was halten Sie von der Hai-Geschichte, Lieutenant?"
Westfield schürzte die Lippen und hob die Hände.
"Tja, das ist eine sehr … farbige Geschichte, Major."
"Was meinen Sie damit?"
"Natürlich greifen Haie gelegentlich Taucher an", sagte Westfield. "Das kommt vor."
"Aber?"
"Aber in diesem Fall kann ich mir keinen Reim darauf machen."
"Und warum nicht?"
Westfield ging ein paar Schritte durch den Raum und blieb vor dem Laborkühlschrank stehen.
"Wollen Sie die Überreste sehen?", fragte er.
"Unbedingt."
Während Westfield den Schrank öffnete und einen Kunststoffbehälter aus dem untersten Fach zog, sagte er: "Seit der Inbetriebnahme der Station gab es hier unten keinen Haiangriff auf einen Taucher."
Nordström beobachtete, wie der Arzt die Kiste auf den Operationstisch hievte und den Deckel abnahm.
"Schauen Sie sich diese Verletzungen an", sagte Westfield. Er griff in die Kiste, und eine Minute später lag der kümmerliche Rest von Graham auf dem polierten Edelstahltisch – die untere Hälfte des Schädels, ein Teil von Brustkorb und Schultergürtel und der rechte Oberarm.
"Wie Sie sehen können, haben wir es mit massiven Verletzungen zu tun."
Nordström trat an den Tisch, und etwas in ihm schreckte zurück.
"Sie sehen blass aus, Major. Wollen wir das auf morgen verschieben?"
Nordström wischte sich eine Schweißperle aus der Stirn und sagte: "Nein, es geht schon."
"Gut", sagte Westfield. "Also, was sehen Sie?"
"Die Geweberänder sind glatt, die Faszien nur leicht zerfasert."
"In der Tat", erwiderte Westfield. "Nun hört man ja häufig, wie scharf die Zähne von Haien sind, aber das hier sind wirklich sehr saubere Schnitte …"
"Und weiter?"
Westfield nahm eine Pinzette und schob das Muskelgewebe an Oberarm und Rippen zurück, bis die Knochen sichtbar wurden. Nordströms Augen verengten sich. "Ebenfalls glatte Schnitte und Brüche", sagte er.
"Ja", bestätigte Westfield. "Es gibt im Bereich der Rippen zwar einige Kompressionsfrakturen, wie man sie auch von Haiangriffen her kennt, aber ich habe keinerlei Riefen, Einkerbungen oder Abschabungen gefunden."
"Und was schließen Sie daraus?"
"Entweder haben wir es hier mit dem schärfsten und stärksten Haigebiss aller Zeiten zu tun oder diese Verletzungen rühren von einer Maschine her."

"Sozusagen unsere Gäste-Suite, Sir." Lieutenant Watts, der Kommunikationsoffizier, fiel durch sein weichliches Erscheinungsbild auf. Der Bärenkörper des Commanders, die Wolfsgestalt von Anderson und Westfields Falkengesicht ließen annehmen, das Leben in der Tiefe modelliere Menschen nach animalischen Vorbildern. Doch wenn dies zutraf, nach welchem Wesen war dann Watts geraten?
"Schauen Sie sich diesen Ausblick an, Major. So etwas haben Sie sicher noch nicht gesehen."
"Ich bin nicht hier, um aus dem Fenster zu schauen, Lieutenant", bemerkte Nordström.
"Natürlich nicht, Major", erwiderte Watts ohne eine Spur von Verlegenheit.
"Sie sagten Gäste-Suite. Ich nehme nicht an, dass die Queen zu Besuch war." Nordström sah sich im Quartier um. Neben einem Bett, an dessen Fußende zwei Panoramascheiben mit dem Blick auf ein Riff aus Steinkorallen prunkten, standen Schreibtisch und Stuhl. In einer Nische befand sich ein geräumiger Wandschrank und daneben eine Schiebetür, die zu einem vollausgestatteten Bad führte; ein Luxus den man auf einer Unterwasserstation kaum erwartete.
"Nicht die Queen, nein. Aber wie Sie vielleicht wissen, ist Frederik von Dänemark ausgebildeter Kampfschwimmer." Watts schien das Spiel um die kleine Indiskretion zu genießen.
"Wollen Sie sagen, dass Pingo die Station besichtigt hat?"
"Nun, das haben Sie nicht von mir gehört, Sir."
Nordström massierte sich die Stirn, in der es noch immer pochte und hämmerte.
"Lieutenant, der Commander sagte, Sie haben das Videomaterial mit Graham und dem Hai entdeckt."
"Das ist richtig, Sir."
"Wie kommt es, dass Sie erst einen Tag nach Grahams Tod darauf aufmerksam wurden?"
"Sir, der Crewman, der die Livefeeds überwachte, muss es übersehen haben", antwortete Watts. "Die Einspielungen der zwölf Außenkameras werden auf dem Beobachtungsmonitor nach Zufallsprinzip durchgeschaltet. Sie haben selbst gesehen, dass Graham nur ein paar Sekunden im Bild war und der Hai ebenfalls."
"Werden die kompletten Aufnahmen im Archiv gespeichert?"
"Selbstverständlich, Sir."
"Tauchen Graham und der Hai auf dem Material anderer Kameras auf?"
"Nein, Sir. Bedauerlicherweise nicht."
Nordström musterte Watts mit einem strengem Blick.
"Muss ich die offensichtliche Frage stellen, Lieutenant?"
"Nun, Sir, unser Kameraüberwachungssystem hat eine Abdeckung von einhundert Prozent im Perimeter – bei Normalsicht."
"Was soll das heißen?"
"Also bei diesem trüben Wasser …"
"Wollen Sie sagen, der Angriff wurde wegen der schlechten Sichtbedingungen nicht aufgezeichnet?"
"Anders kann ich es mir nicht erklären, Sir."
In der ersten Nacht quälten Nordström schlimme Träume. Mehrere Male erwachte er heftig atmend mit dem Gefühl eisigen Prickelns auf der Haut. Als er gegen fünf Uhr unter der Dusche stand, erinnerte er sich vage an Bilder von schwingenden Tangblättern und an den Anblick eines Frauenleibes, der bewegungslos zwischen Algen trieb.
Nach dem Ankleiden verbrachte Nordström eine halbe Stunde mit dem Studium des Dossiers, das Olafson für ihn zusammengestellt hatte. Wenn er herausfinden wollte, was hier geschehen war, würde er nicht nur jedes Mitglied der Mannschaft unter die Lupe nehmen müssen. Es ging auch darum, zu verstehen, wie diese Station funktionierte.
Auf dem Weg zur Messe stieß er mit einer Frau in der Felduniform der British Army zusammen, als er um eine Ecke bog. Alica Pyke sprang erschrocken zurück und schob ihr Barett zurecht.
"Entschuldigung, Sir. Ich war in Eile. Meine Schuld." Sie salutierte und wartete darauf, dass Nordström den Gruß erwiderte. Das Crescendo ihrer von Druck, Wasserstoff und Entzerrer verfremdeten Stimme klingelte in Nordströms Ohr. Er betrachtete sie einen Moment lang, musterte die Abzeichen der Sechsten Infanterie Division und hob dann die Hand zur Schläfe. "Sergeant Pyke?"
"Ja, Sir."
"Ich mache heute einen Rundgang durch alle Bereiche der Basis", sagte er. "Sie betreuen das Greenhouse?"
"Den hydroponischen Garten, ja, Sir."
"Dann werde ich meine Tour bei Ihnen beginnen, Sergeant. Halten Sie sich um Nullneunhundert bereit."
"Verstanden, Sir."
Es mochte schwierig sein, als einzige Frau unter zwanzig Männern auf einer Tauchbasis zu arbeiten. Fatal jedoch war, dass hier außer Pyke, die zur Army gehörte, nur Marinesoldaten lebten. Nordström schaute ihr nach und stellte sich vor, wie sich die Seebären das Maul über die kleine Dreckwühlerin zerrissen.

Die stählernen Außenbewehrungen der Basis glänzten im Dämmerschein des anbrechenden Tages. Das schwache morgendliche Sonnenlicht reichte kaum, um die Einzelheiten der Stationsarchitektur zu erkennen, und die stagnierende Planktonschicht trübte noch immer die Sicht.
"Unsere Hydrox-Entzerrer arbeiten auch im Taucheinsatz sehr effizient", kratzte Andersons Stimme im Kopfhörer. "Besser als die Helium-Entzerrer, die Sie und Williams mitgebracht haben."
"Stimmt, Lieutenant, die Verbindung ist einwandfrei."
"Okay, also das hier dürfte Sie interessieren. Das gesamte Gewicht des Aufbaus wird von sechs Pylonen gestützt."
Nordström schwenkte die Nase seines Tauchscooters herum und steuerte auf den Wissenschaftsoffizier zu, der in der Nähe eines mächtigen Tragpfeilers schwebte und mit dem Strahl seiner Leuchte die Längsachsen und Querriegel des von Muscheln überwucherten Stahlfachwerks nachzeichnete.
"Der Sinn dieser Architektur besteht darin, die seismischen Stöße des Meeresbodens abzufangen. Die Pylonen fungieren als Lager, mit denen der Baukörper der Station vom Untergrund entkoppelt wird."
Nach einem faden Frühstück in der Messe und dem anschließenden Kurz-Briefing im Quartier des Commanders, hatte sich Nordström dafür entschieden, den Perimeterbereich der Station zu inspizieren, denn Lieutenant Raskid, von dessen Vernehmung er sich viel erhoffte, leitete eine Trainingseinheit außerhalb der Basis und würde erst am Abend zurückkehren. Nun war er mit dem Wissenschaftsoffizier unterwegs, der entschlossen schien, ihm die Besonderheiten der Stationskonstruktion in allen Details vor Augen zu führen.
"Die im Meeresboden versenkte Grundplatte hat ein Gewicht von zweitausend Tonnen", sagte Anderson. "Das klingt gewaltig, aber wenn man die Gesamtmasse der Station bedenkt … Der symmetrische Grundriss der Basis bietet zusätzlichen Schutz gegen die bei Seebeben auftretenden Massenkräfte."
"Wo wurden die Leichenteile geborgen?", fragte Nordström.
"Ein wenig abseits der Westfront, in der Nähe der Messe. Ich bringe Sie hin."
Anderson warf seinen Scooter an und steuerte entlang der Ostseite der Basis. Nordström folgte ihm. Der Bereich zwischen Grundplatte und Unterdeck lag in trüber Dämmerung. Eigentlich sprach nichts dagegen, den Weg zur Westseite abzukürzen, aber Anderson schien nicht gewillt, unter der Station hindurch zu schwimmen.
Falls es in der Umgebung einen gefährlichen Hai gab, ging es Nordström durch den Kopf, mussten die Außenteams ihre Sicherheitsregeln neu überdenken und sich besser schützen. Die Druckluftharpune, die jetzt nach Grahams Tod jeder Taucher in seiner Ausrüstung führte, würde im Ernstfall nicht viel ausrichten.
Nordström hatte Mühe, Andersons Tempo zu halten. Seine Schultern schmerzten, und das Pochen hinter der Stirn war zurück. Natürlich wäre es sinnvoll gewesen, den ersten Tag auf Thetis III ruhig anzugehen. Aber etwas trieb ihn, sich in die Ermittlungen zu stürzen.
Nordströms Blick irrte immer wieder zurück, zu der im Schatten der Basis starrenden Zwischenwelt, jenen klaffenden Spalt von etwa drei Metern Höhe, in den auch tagsüber nur wenig Licht von der Oberfläche drang. Im Bereich des Einstiegstrakts am ersten Pylon dienten Flutlichtstrahler den Tauchern als Orientierung, aber weiter hinten, gähnte ein schwarzes, konturloses Nichts.
In den vergangenen Wochen hatte sich Nordström über dem Mysterium von Mayas Tod das Hirn zermartert. Warum sie? Warum in diesem Alter? Warum überhaupt? Sein ganzes Leben lang war er der epikureischen Überzeugung gefolgt, der Tod sei für die Lebenden bedeutungslos: Denn solange wir da sind, ist der Tod nicht da, wenn aber der Tod da ist, dann sind wir nicht da.
Er hielt diesen Gedanken aufrecht, als sein Vater vor sechs Jahren einen grausamen Alzheimer-Tod starb und konnte dabei sogar etwas Tröstliches finden, denn jenes endgültige Nicht-Mehr-Da-Sein war dem Siechtum der Demenz allemal vorzuziehen. Auch als die Kugel eines Scharfschützen das Leben seines Freundes und Kameraden Erik Sjölander beendete, fand Nordström nicht, dass dies etwas Grundsätzliches änderte, denn ein Mann, der beim norwegischen Küstenjägerkommando diente, wusste, worauf er sich einließ. Erst die Myokarditis einer achtundzwanzigjährigen Meeresbiologin brachte Nordströms Grundsätze ins Wanken.
Im Bereich vor den Fenstern der Messe bewegten sich mächtige Braunalgen in sanftem Tanz.
"Wie groß ist dieses Kelpfeld?", fragte Nordström.
"Riesentang gibt es überall in der Nähe der Station", antwortete Anderson. "Es ist eine genetisch veränderte Variante mit einer deutlich erhöhten Photosynthesefähigkeit."
"Ich habe mich schon gefragt, wie Algen in dieser Tiefe wachsen können."
"Wenn es uns gelingt, Tangwälder dauerhaft auf diesem Niveau anzusiedeln, wird das enormen Einfluss auf das gesamte Ökosystem hier unten haben. Im Grunde ist das ein Terraforming-Projekt."
Nordström ließ sich vom Scooter auf die Höhe der Messefenster ziehen. Der Speisesaal war leer. Man konnte sich gut vorstellen, welchen Schock die vorbeischwebenden Leichenteile bei den Besatzungsmitgliedern ausgelöst hatten, die hier vor vier Tagen ihr Abendessen einnehmen wollten.
"Wo sind diese Strömungsturbinen, von denen der Commander sprach?"
"Etwa zweihundert Meter nördlich", sagte Anderson. "Hinter dem Kelpwald."
Schon vor dem Eintauchen in den Algenwald hatte Nordström wiederholt den Impuls gespürt, über die Schulter zurück zu blicken. Sein Instinkt drängte ihn, anzuhalten und nach Geräuschen zu lauschen, von denen er nicht wusste, ob er sie gehört oder sich lediglich eingebildet hatte. Das Gespräch mit Anderson schien ihn von etwas abzulenken, das sich hier, ganz in der Nähe verborgen hielt.
Jetzt, zwischen den schwingenden Armen der Kelpalgen, erfasste ihn eine solche Unruhe, dass er kurzzeitig daran dachte, den Tauchgang abzubrechen. Seetangranken von mehr als zwanzig Metern Länge streckten sich über drei Etagen dem Licht der Oberfläche entgegen. Am Grund des Algenwaldes herrschte nahezu vollständige Finsternis. Nordström vermied es, sich die Kreaturen vorzustellen, die hier ein nährstoffreiches Habitat gefunden hatten. In der mittleren und oberen Schicht schillerten Schwärme bunter Fische. Nordström entdeckte Seeanemonen und Schirmquallen. Zwischen bräunlichen Girlanden schwamm ein kleiner Kalmar.
Als der Algenwald dichter wurde, verlor Nordström Anderson aus den Augen.
"Lieutenant, ich sehe Sie nicht mehr."
"Roger, ich warte. Suchen Sie nach den aufsteigenden Blasen."
Die Algenwedel waren überall. Sie verschlangen sich in den Armaturen der Tauchflaschen und behinderten Nordström beim Schwimmen. Als er einen Stich in der rechten Hand spürte, durchfuhr es ihn eiskalt. Das abrupt einsetzende Schäumen und Brodeln um ihn her sagte ihm, dass er hyperventilierte. Aus einem schrägen Blickwinkel sah er, wie sein Scooter im Algendschungel davon zischte. Die Blätter des Riesentangs rückten näher, und es war, als zöge ihn die dunkle Bodenschicht des Kelpwaldes in die Tiefe. Nordström begann, hart mit den Flossen zu treten, aber er sank immer weiter.
"Lieutenant, meine Tarierung ... ich sinke."
"Bleiben Sie ruhig, Major. Ich komme zu Ihnen. Nutzen Sie den Inflator, um die Höhe zu halten."
Was zur Hölle war noch einmal der Inflator? Während Nordström mit den zerfließenden Gedanken rang und versuchte, die Bedeutung dieses ominösen Inflators aus einem glitzernden Schwarm von Begriffen zu fischen, schwebte er hinab in das schlammige Sediment des Algenfeldes.
"Halten Sie sich vom Grund fern, Major", rauschte es sehr weit entfernt im Kopfhörer. "Wenn Sie im Morast versinken, finde ich Sie nicht mehr."
Nordström trat mechanisch mit den Beinen. Doch anstatt ins Helle zu schwimmen, musste er die Richtung verfehlt haben, denn der Meeresboden stürzte auf ihn zu, kippte wie eine fallende Wand auf ihn herab und schob sich knirschend vor die Gläser seiner Maske.
Der Schmerz war das Zentrum jeder Erfahrung in diesem Universum. Und der Tod war die Achse diese Zentrums. Man konnte sein Leben damit zubringen, der Wirklichkeit dieses universellen Defekts davonzulaufen. Man konnte es mit einem alten Griechen halten und den Tod zur Illusion erklären. Doch die Wahrheit war, dass Nordström jetzt im schlammigen Boden des Indischen Ozeans erstickte. Die Wahrheit war, dass ihn dieses Schicksal gänzlich unvorbereitet traf, denn er hatte es vierzig Jahre lang vermieden, sich der unabweisbaren Realität von Verfall, Sterben und Tod zu stellen. Jetzt, in diesem Augenblick, der vom stotternden Geräusch des Lungenautomaten ausgefüllt wurde, war diese Realität nicht mehr zu leugnen. Genau wie Sjölander, Graham und Maya wollte er, Einar Nordström, leben, doch die Wünsche eines Sterblichen waren nicht mehr als Schaum auf den Wellen.
Wasser sprudelte ins Maskeninnere. Der Lungenautomat musste sich beinahe vollständig zugesetzt haben, denn bis auf Nordströms Keuchen wurde es still. Die Eiseskälte des Meerwassers kroch an seinem Gesicht empor. Dieser letzte Blick in die Schwärze des Algenmorasts machte Nordström wild. Er spannte einen Muskel an, welchen wusste er nicht, denn er hatte die Kontrolle über seinen Körper verloren. Dann ließ er locker. Spannte an. Ließ locker. Gut möglich, dass er sich auf diese Weise weiter in den Untergrund grub. Gut möglich, dass seine letzte Handlung darin bestand, sich wie ein Lemming in den Boden zu wühlen. Doch immerhin tat er etwas, und dieser Gedanke erleichterte ihn ein wenig.
Als das Wasser den letzten Rest Atemgas aus seiner Maske verdrängt hatte, presste Nordström die Lippen zusammen und bereitete sich darauf vor zu sterben - unversöhnt, leidend, bitter. Er hielt die Luft an und zählte die Sekunden. Als er die Zweiundsiebzig erreichte, packte ihn ein Arm und riss ihn aus der Schwärze.

"Sie übertreiben, Major", sagte Westfield. "Hatte ich Ihnen nicht geraten, ein bisschen auf die Bremse zu treten?"
Nordström öffnete die Augen und rieb sich mit den Händen über das Gesicht. Der Arzt hantierte im hinteren Teil der Krankenstation mit einigen blutgefüllten Reagenzgläsern. "Mein vorläufiger Befund lautet Wasserstoffnarkose, aber nageln Sie mich nicht drauf fest."
"Wie lange war ich bewusstlos?"
"Etwa drei Stunden. Ihr Rendezvous mit Sergeant Pyke haben Sie verpasst, und ich schätze, das wird auch noch ein wenig warten müssen."
Nordström richtete sich auf.
"Was ist passiert?"
"Lieutenant Anderson hat Sie aus dem Kelpfeld gezogen und hergebracht."
"Mein Maske ist vollgelaufen …"
"Anderson steckte Ihnen den Backup-Regler in den Mund, und Sie haben sich brav retten lassen."
Nordström schüttelte ungläubig den Kopf.
"Das alles ist …"
Westfield trat an die Liege. "Hören Sie, Major. Jedes Besatzungsmitglied hier unten wurde in monatelangen Trainings auf den Einsatz vorbereitet. Um ganz offen zu sprechen: Ich weiß nicht, wie der Colonel auf die Idee kommen konnte, Sie von einem Tag zum anderen hierher zu schicken. Ihr Organismus braucht Zeit, um sich anzupassen."
Nordström stellte sich auf die Füße, rückte das Headset zurecht und ergriff seinen blauen Dienstoverall, der auf einem Bügel an der Wand hing.
"Ich gehe ins Treibhaus."
"Es wäre mir lieber, Sie würden den Tag hier auf der Krankenstation verbringen."
"Ich verstehe, Doc", sagte Nordström, zog den Reißverschluss seiner Kombi bis unter das Kinn und schleppte sich aus dem Raum.

Sergeant Pyke zog ihre Hand aus dem Boden, starrte Nordström an und sagte: "Oh, verdammt!"
Es überraschte ihn nicht, Alica im erdbeschmierten Arbeitsoverall anzutreffen, kniend zwischen Büscheln aus Schwertfarn und Bergpalmen. Die Gewächshausstation war eine lichte Oase mit hoher Luftfeuchtigkeit, in der es nach Humus und Aloe Vera roch.
"Entschuldigung, Sir", sagte Alica. "Sie sehen grauenhaft aus."
Nordström winkte ab. "Ein kleiner Zwischenfall beim Tauchen heute früh."
"Ich weiß", sagte Alica. "Ich habe Sie auf der Krankenstation gesehen."
"Neuigkeiten sprechen sich schnell herum, wie?", sagte Nordström leise.
Alica zuckte mit den Schultern. "Es war nur, weil Sie um neun mit mir sprechen wollten …"
"Was ist Ihre Aufgabe hier, Sergeant?", fragte Nordström.
"Ich kümmere mich um die Pflanzen und um den Boden. Und ich führe auch einige Experimente durch."
"Welchen Zweck hat diese Gewächsstation?"
"Der Hauptzweck besteht im Anbau von Gemüse, Beerenfrüchten, Kräutern, Gewürz- und Heilpflanzen."
"Zur Ergänzung Ihrer Lebensmittelreserven?"
"Ja. Die Basis hat in diesem Bereich nahezu Selbstversorgerniveau erreicht. Die Mannschaft ernährt sich von Fisch, Algen und den Produkten des hydroponischen Gartens."
"Welche Gemüsepflanzen ziehen Sie?"
Alica lächelte.
"Was ist, Sergeant Pyke? Habe ich etwas Witziges gesagt?"
"Nun, Sir, dass sich ein Offizier der Militärpolizei nach meinen Auberginen erkundigt, kommt nicht alle Tage vor."
"Aha, Auberginen also. Was noch?"
Während Alica von den Schwierigkeiten sprach, das Gewächshausklima so zu regulieren, dass man unterschiedliche Sorten wie Gurken, Tomaten, Kartoffeln, Zwiebeln und Karotten gleichzeitig ziehen konnte, wanderten Nordströms Gedanken zurück zum Algenfeld, in dem er vor wenigen Stunden beinahe den Tod gefunden hätte. Was genau war da geschehen?
"Und neben den Gewürzkräutern kultivieren wir auch einige Pflanzen mit medizinischer Wirkung."
Natürlich sprach einiges für Westfields Theorie der Wasserstoffnarkose. Das kam beim Hydrox-Tauchen häufig vor.
"Welche Pflanzen sind das?", fragte Nordström mechanisch.
"Warten Sie, ich spüle mir kurz die Hände ab, dann zeige ich es Ihnen."
Alica ging ein paar Schritte hinüber zu einem Arbeitsbereich mit Werkplatte und Geräteschrank und wusch ihre Hände in einem Bottich, der offenbar dazu diente, Gießwasser abstehen zu lassen.
Nordström wies mit einer Geste auf den Kübel: "Das Süßwasser gewinnen Sie durch Destillation aus dem Meer?"
"Wir erproben verschiedene Verfahren, aber den Hauptteil unseres Wassers gewinnen wir durch Umkehrosmose-Technologie."
Alica führte ihn einen schmalen Weg entlang, vorbei an Birkenfeigen, Einblattstauden und Philodendron. Sie betraten einen Bereich, so dicht und exotisch wie ein tropischer Dschungel, in dem Nordström keine essbaren Pflanzen entdecken konnte. Alica schien seine Gedanken zu erraten, denn sie sagte: "Viele dieser Gewächse dienen als natürliche Sauerstoffproduzenten und Luftfilter. Das ist nämlich eine weitere Aufgabe des hydroponischen Gartens. Wir erforschen die Eigenschaften von Grünlilien, Bogenhanf, Drachenbaum, Einblatt und vielen anderen Pflanzen."
Schließlich blieben sie vor einem Feld mit mehreren Beeten stehen, in denen bodennahe Pflanzen und Kräuter wuchsen.
"Hier ziehen wir Heilkräuter wie Teufelskralle, Bärlauch, Thymian aber auch Ginseng und Aloe Vera. Einige dieser Pflanzen können in entsprechender Dosierung wie ein Gift wirken, beispielsweise Waldmeister, Eisenhut und Schöllkraut."
Im Nebel der Erinnerungen tauchte zwischen den Algen des Kelpwaldes etwas auf, das Nordströms Aufmerksamkeit erregte, denn es passte nicht zur Wasserstoffnarkose-Theorie.
"Wie ein Gift", wiederholte Nordström leise.
"Bitte?"
"Vielen Dank für den Rundgang, Sergeant." Nordström drehte sich abrupt um. "Ich komme später noch einmal vorbei."

Im Trainingsraum der Basis roch es nach Schweiß und Eisen. Lieutenant Raskid beobachtete die Bewegungen seiner beiden Männer, die sich zwischen Klimmzugstangen und einer Hantelbank einen Übungskampf lieferten.
"Wenn du schon auf den Boden gehst, dann nimm deinen Gegner mit", rief er gerade einem seiner Leute zu, als Nordström den Trainingsraum betrat. Doch es war zu spät. Nordström sah, wie ein Armhebel den Kampf beendete.
"Achtung! Offizier anwesend!", rief Raskid, und die drei Kampfschwimmer salutierten.
Nachdem Nordström den Gruß erwidert hatte, sagte er zu Raskid: "Ich habe ein paar Fragen, Lieutenant. Der Commander hat Ihnen ja bereits gesagt, dass ich den Tod von Corporal Graham untersuche."
Raskid nickte, warf einen Blick auf die Uhr und sagte dann zu seinen Männern: "Training fortsetzen. Dreißig Minuten. Dann auslockern, abdehnen und unter die Dusche."
Nordström schlug den Weg zur Messe ein. Es ging auf Mitternacht zu, jetzt würde kaum ein Besatzungsmitglied die Befragung stören.
"Sie waren den ganzen Tag im Außeneinsatz und führen trotzdem noch ein Nachttraining durch, Lieutenant?", fragte Nordström im Gehen.
"Wir sind Kampfschwimmer, Sir. Wir haben keinen Achtstundentag."
Nachdem sie sich in der Messe in der Nähe der Panoramafenster an einen Tisch gesetzt hatten, holte Nordström sein Tablet hervor und aktivierte es. Im Speisesaal waren bis auf die Lampen des leeren Buffets alle Lichter gelöscht. Der Meeresgrund vor den Fensterscheiben lag im Dämmerschein der Nachtbeleuchtung.
"Bitte schildern Sie mir die Ereignisse vom Abend des vierten August, Lieutenant."
Raskid sprach monoton und kontrolliert. Seine Darstellung entsprach der des Commanders in allen wesentlichen Punkten. Nordström betrachtete ihn aufmerksam.
"Glauben Sie, dass Corporal Graham von einem Hai angegriffen wurde, Lieutenant?"
Raskid zuckte die Schultern. Er zögerte. "Es ist die einzige Erklärung, die wir im Augenblick haben", sagte er schließlich.
Nordström nickte und schaute auf sein Tablet. "Hat man Grahams Scooter eigentlich gefunden?"
"Nein, bisher nicht", antwortete Raskid.
"Sie sind immer mit den Scootern unterwegs?"
"Nicht immer. Es gibt auch Trainingseinsätze, bei denen die Männer in die Flossen treten müssen."
Nordström notierte Raskids Aussagen. Schließlich sagte er: "Von wo kamen Sie an diesem Abend?"
"An dem Tag stand Strömungstauchen auf dem Programm. Wir trainierten in einer Klamm am Ende des Riffs, etwa eine Seemeile von der Basis entfernt."
"Ich habe mir das Logbuch dieses Tages angesehen, Lieutenant. Sie waren ziemlich lange fort. Mehr als sieben Stunden."
"Für uns ist das ein normales Training."
Nordström nickte. "Das habe ich gesehen, als ich das Logbuch durchgegangen bin. Ihre Einsätze dauern häufig länger als acht Stunden, oft sogar zehn oder sogar vierzehn Stunden."
"Wie gesagt", erwiderte Raskid, ohne mit der Wimper zu zucken. "Wir sind Kampfschwimmer."
Nordström legte das Tablet auf den Tisch. Er stützte die Ellbogen auf, und ohne einen Muskel zu rühren fasste er Raskid über die gefalteten Hände hinweg scharf ins Auge.
"Lieutenant, heute morgen gab es vor der Station einen Zwischenfall."
"Ich hörte von Ihrem Unfall, Sir. Tut mir leid."
"Der Doktor hielt zunächst eine Wasserstoffnarkose für die Ursache."
Raskid reagierte auf diese Bemerkung nicht.
"Doch dann kam mir eine Idee", fuhr Nordström fort. "Ich ließ mich noch einmal untersuchen. Lieutenant Westfield fand eine winzige Einstichstelle in meiner rechten Hand, und eine gezielte Analyse meiner Blutproben erbrachte einen eindeutigen Befund: Kegelschneckengift."
Raskid erwiderte jetzt den bohrenden Blick Nordströms und betrachtete den Major mit kalter Neugier. Ein höhnischer Zug umspielte seine Lippen, als er sagte: "Tja, das ist ein gefährlicher Ort hier unten. Wir alle auf der Station leben mit einem gewissen Risiko."
Nordströms Hand krachte auf den Tisch. "Blödsinn!", rief er und erhob sich abrupt. "Das war kein Unfall. Es war ein gezielter Angriff."
Während er ein paar Schritte auf und ab ging, versuchte er sich zu sammeln.
"Ich habe Westfield recherchieren lassen, wie viele dokumentierte Attacken dieser Tiere auf Menschen vorliegen", sagte er. "Es sind weniger als fünfzig Fälle bekannt. Wie wahrscheinlich ist es, dass mir das ausgerechnet während dieser Untersuchungsmission passiert?"
Er hielt inne und drehte sich zu Raskid herum, der ihn mit unverhohlener Feindseligkeit von seinem Stuhl aus beobachtete.
"Wissen Sie, was ich darüber denke?", sagte Nordström schließlich. "Wer auch immer dahinter steckt, verfolgt das Motiv, mich von meinen Ermittlungen abzuhalten."
"Darf ich offen sprechen, Sir?" Raskid schien vom Gefühlsausbruch des Majors unbeeindruckt.
"Nur zu, Lieutenant, ich bitte darum!"
Raskids Augen blickten starr auf die polierte Tischplatte vor ihm. Sein Gesicht wirkte jetzt leblos und kalt.
"Diese Station erfüllt eine wichtige Funktion. Und die Männer hier unten, die versuchen ihren Dienst zu tun, folgen damit einem inneren Ruf. Sie sehen es als Pflichterfüllung an. Doch das hat man da oben bei euch vergessen. Männer hinter Schreibtischen schicken uns Ermittler auf den Hals, die unsere gefährliche Arbeit noch schwieriger machen."
"Ich verstehe nicht, was Sie damit sagen wollen", unterbrach ihn Nordström. "Hier unten ist ein Mann unter ungeklärten Umständen zu Tode gekommen. Sollen wir es einfach dabei belassen?"
"Dieser Mann war ein Soldat", erwiderte Raskid. "Soldaten sterben in der Ausübung ihres Berufes. Das ist nichts Neues."

Williams erhob sich von seiner Pritsche und salutierte, als Nordström das Quartier betrat. Die Enge der Unterkunft war bedrückend. Ein winziges Bullauge ließ das Schimmern des anbrechenden Tages ahnen. Quartiere mit Panoramafenstern waren offenbar Offizieren vorbehalten.
„Wie geht´s Ihnen, Sergeant?“
„Gut, danke, Sir.“
„Ich suche etwas Ablenkung. Lust auf eine Schachpartie? Ich habe ein nettes Programm auf dem Tablet entdeckt.“
Williams betrachtete Nordström verblüfft, der ein beschriebenes Blatt Papier hochhielt: „Audio-Überwachung. Sagen Sie ja.“
„Ähm, gern, Sir.“

Im diffusen Licht des Morgens schwamm Nordström an der Kante des Riffs entlang, das sich südlich der Station erstreckte. Williams folgte in weniger als zehn Metern Abstand. Mit jedem Flossenschlag, der Nordström vorwärts trieb, begannen die Ziffern auf dem Display des Tauchcomputers zu tanzen. Das Gefälle mochte nur ein paar Prozent betragen, aber es war klar, dass die eingeschlagene Richtung in die Tiefe führte.
Williams schien sich die gleichen Gedanken zu machen: "Wie erreichen die HPNS-Grenze, Major. Ich weiß nicht, ob ich fit genug für einen solchen Abstieg bin."
"Verstanden", erwiderte Nordström. "Melden Sie jedes noch so geringfügige Symptom." Nordström warf einen Blick auf das Navigationsdisplay. Sie befanden sich jetzt außerhalb der Funkreichweite der Station. Bei einem Unfall bestand keine Möglichkeit, Hilfe zu rufen. Nordström wusste, dass sich das High Pressure Nervous Syndrome meist mit einem Zittern der Finger ankündigte. Niemand war davor sicher. Die HPNS-Grenze schob sich wie eine unsichtbare Barriere zwischen ihn und das Treiben der Kampfschwimmer, die offenbar weit unterhalb einhundert Metern Tiefe ihrem geheimen Training nachgingen.
Auf die Anfrage Nordströms bei Olafson, worin die konkreten Aufgaben von Raskids Kommando bestünden, hatte er nur neumodische militärische Phrasen zu hören bekommen: Ausbildung für Einsätze im Bereich asymmetrischer Kriegsführung und Terrorismusbekämpfung, Entwicklung von Einsatzkonzepten auf der Basis des Sättigungstauchens usw. Diese ausweichende Antwort des Commanders verstärkte Nordströms Verdacht, dass die Aktivitäten der Kampfschwimmer den Dreh- und Angelpunkt des Rätsels um Grahams Tod darstellten. Oder … Oder hatte er sich in eine fixe Idee verrannt, die mehr auf seiner Antipathie gegenüber Raskid als auf einer vorurteilsfreien Analyse der Fakten beruhte? Kamen hier die besonderen psychologischen Bedingungen der Tiefe ins Spiel, von der Colonel Bright gesprochen hatte? Mochte womöglich wirklich ein großer Hai den Kampfschwimmer getötet haben?
"Major, ich fürchte, bei mir geht es los", kratzte es im Kopfhörer. Nordström hielt inne, drehte sich herum und sah, dass Williams sich auf die Knie gesetzt hatte. Er schaute auf seine Hände und sagte: "Ich habe meine Finger nicht mehr ganz unter Kontrolle. Es ist wie ein leichtes Krampfen in den Handflächen."
"In Ordnung, Sergeant. Lassen Sie mich kurz nachdenken." Nordström bereute jetzt, dass sie keine Scooter mitführten. Seine Vermutung, die Kampfschwimmer könnten in der Lage sein, das elektromagnetische Feld eines Scooters zu orten, mochte richtig sein, doch was nützte nun alle Vorsicht, wenn es nicht einmal gelang, Raskids Team aufzuspüren.
"Ich lasse Sie ungern allein zurückschwimmen, Sergeant, aber ich fürchte, wenn ich es heute nicht versuche, verliere ich den Überraschungsvorteil."
"Machen Sie sich keine Sorgen, Sir", erwiderte Williams. "Ich komme zurecht. Kann nur nicht tiefer tauchen. Ich werde hier auf Sie warten."
Nach kurzem Zögern sagte Nordström: "Gut. Warten Sie hier auf mich. Sollte ich nicht innerhalb einer Stunde zurück sein, schwimmen Sie zur Basis und erstatten dem Commander vollständigen Bericht. Brechen Sie die Funkstille nur im Notfall."
Williams gab das Zeichen für o.k.
Jeder Anfänger lernte die Grundregel, niemals allein zu tauchen. Das galt auch in militärischen Einsätzen, und wenn diese Regel gebrochen werden musste, dann geschah es oft mit schwerwiegenden Folgen. Während Nordström weiter abwärts an der Riffkante entlang schwamm, schaute er auf das Display des Tiefenmessers – hundertvierzig Meter Wassersäule lagen jetzt über ihm. Unter diesen Bedingungen war das Risiko für einen einzelnen Taucher enorm: eine vereiste Membran im Lungenautomaten, ein Defekt am Doppelventil - man durfte nicht daran denken, was alles schiefgehen konnte.
Die Sichtweite besserte sich ein wenig, obwohl das Umgebungslicht immer weiter abnahm. Offenbar stagnierte das Plankton nur innerhalb der Tiefenschicht der Station. Nordström bemerkte, dass die Riffkante hier in ein Plateau auslief, das sich einige Meter in südlicher Richtung ausdehnte und dann abrupt in noch größere Tiefe abfiel. Er schwamm bis zum Bruch des Plateaus und schaute hinab. Einige Sekunden lang wusste er nicht, wie er das, was er sah, deuten sollte. Es war nicht ausgeschlossen, dass ihn seine Augen täuschten.
In der Klamm unter ihm schimmerten Lichter, wie Positionsbaken im Nebel. Die Entfernung war schwer zu schätzen, es mochten vierzig oder fünfzig Meter sein. Nordström spürte, wie sein Herz gegen die Brust schlug. Es grenzte an Wahnsinn, sich auf diesen Trip einzulassen. Doch gegen alle Bedenken schob er sich über die Klippe und sank wie ein Stein in den Abgrund.
Während er dem diffusen Schein der geheimnisvollen Lichtquellen entgegen schwebte, wurde ihm plötzlich klar, dass es nur einen Grund dafür geben konnte, weshalb er jetzt innerhalb einer Mission alle Sicherheitsregeln über den Haufen warf, an die er sich immer gehalten hatte: Er legte es darauf an, zu sterben. Sein Todeswunsch mochte von der Motivation, die Ermittlungen zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen, verschleiert werden, aber je tiefer er in die Klamm sank, desto deutlicher spürte er die klaffende Wunde seines ausgehöhlten Lebens – Maya. Was sollte er mit diesem Leben anfangen, jetzt, wo der Mensch verschwunden war, der ihm Freude, Glück und Geborgenheit geschenkt hatte?
Als sein Tauchcomputer anzeigte, dass er sich zweihundert Metern Tiefe näherte, bemerkte Nordström ein Taubheitsgefühl in den Fingerspitzen. Mit einigen Griffen, die ihm vorkamen, als handle ein anderer, öffnete er das Ventil des Inflators und tarierte so lange, bis er nicht mehr weiter sank. Einige Zeit hing er so in der Schwebe, neben ihm die Steilwand, die ihn aufwärts heraus aus der Klamm führen konnte, wenn er jetzt den Entschluss dazu fasste. Unter ihm leuchteten ein halbes Dutzend gelblicher Lichter in der Schwärze des Abgrundes. Offenbar hatte sich Nordström verschätzt, was ihre Entfernung betraf.
Wertvolle Sekunden verstrichen. Also gut, dachte Nordström schließlich und ließ mit einem Knopfdruck Gas aus der Tarierweste ab. Erneut begann er zu sinken. Es war, als würde er an einem unsichtbaren Seil in die Tiefe eines Schachtes gelassen. Er schloss die Augen und spürte feine Nadelstiche in den Fingern, Händen und Unterarmen. Die Symptome des HPNS waren jetzt unverkennbar.
Wer das Leben eines Kriegers wählt, wird im Krieg umkommen, ging es ihm plötzlich ohne erkennbaren Zusammenhang durch den Sinn. Eine Weile grübelte er über diese Eingebung nach und gelangte allmählich zu größter Klarheit über die folgenschwerste Fehleinschätzung seines Lebens. Während all dieser Jahre, die er in Armlänge des Todes verbracht hatte, war ihm nie zu Bewusstsein gekommen, dass er seine Kräfte aus der Liebe zu Maya schöpfte. Blind und taub für die Zeichen des Universums hatte er sich von Selbstgefälligkeit blenden lassen. In Wahrheit gehörten seine beruflichen Erfolge, gehörten die gelungenen Einsätze, Missionen und Ermittlungen nicht ihm. In Wahrheit gehörten sie seiner einzigen wirklichen Tugend, der Liebe zu Maya. Und nun war diese Quelle von Tapferkeit, Mut und Willenskraft versiegt.
Als Nordström den Grund der Klamm erreichte, war er nicht mehr in der Lage, aus eigener Kraft zu schwimmen. Arme und Beine fühlte er nicht mehr, das Atmen fiel ihm schwer. Wie ein auf dem Rücken liegender Käfer trieb er hilflos über die felsige Sohle der Meeresschlucht. Die Carbonflaschen schrammten knirschend gegen das Gestein, bis Nordström an einem Geröllblock hängenblieb.
Er machte einen halbherzigen Versuch, sich aus dieser tödlichen Falle zu befreien, aber es war hoffnungslos, denn seine Glieder gehorchten ihm nicht mehr, selbst die Stimmbänder versagten ihren Dienst.
Das ist also das Ende, dachte Nordström mit einem Anflug von Belustigung und schaute nach oben, in Richtung der Meeresoberfläche, die sich als schwach leuchtendes Grau von der Schwärze der Klammwände abhob. Es schien ihm, als läge eine besondere Ironie in der Tatsache, dass diese Mission so endete, wie es eigentlich vorherzusehen war: Ein von Trauer entkräfteter Ex-Kampfschwimmer findet bei seinem letzten Einsatz als Ermittler der Militärpolizei ein kaltes Grab im Meer. Gerade als ihm bewusst wurde, dass in dieser Entwicklung keinerlei Ironie, sondern vielmehr eine geradezu formelhafte Folgerichtigkeit lag, schob sich ein riesiger Körper über ihn.
Die zylindrische Masse glitt beinahe lautlos durch die Klamm. Erst als Nordström den Atem anhielt, hörte er das surrende Geräusch von Schiffsschrauben. Einige Sekunden vergingen, in denen sich Nordströms Gedanken überschlugen. Dann verstand er.
Der zerfetzte Körper des Corporals, die geheimen Aktivitäten der Kampfschwimmer in der Nähe der Station, die Positionsleuchten am Grund der Klamm - das alles ergab jetzt Sinn. Nordström hatte seinen letzten Fall gelöst. Er wusste nun, dass Raskids Team mit der Wartung und Betreuung einer geheimen, submarinen U-Boot-Station beauftragt waren. Gut möglich, dass Thetis III nur dem Betrieb dieser Anlage diente. Er wusste auch, dass Graham nicht von den Kiefern eines großen Hais zermalmt, sondern von den Schrauben eines Jagd-U-Bootes zerfetzt worden war. Der Unfall musste in der Nähe von Thetis III geschehen sein. Zu dumm, dass die Überreste des Corporals vor die Panoramafenster der Station getrieben wurden und so eine offizielle Ermittlung ausgelöst hatten. Zu dumm auch, dass er, Nordström, sich nach dem Vorfall im Kelpwald nicht von den Ermittlungen zurückgezogen hatte.
Er würde niemals erfahren, welche Personen an Bord von Thetis III eingeweiht waren. Offenbar hatte Watts, der Kommunikationsoffizier, die Videodateien gefälscht. Doch wie stand es mit dem Commander und mit Anderson? Wussten sie, was gespielt wurde?
Die Gesichter der Mannschaft tauchten vor Nordström im Dunkel des Meeres auf. Als er Alicas lächelnde Lippen sah, entspannte sich sein schmerzender Körper ein wenig. Es mochte an den Wirkungen des HPNS oder an den narkotischen Effekten des Wasserstoffs liegen, aber er fühlte sich diesem Lächeln jetzt sehr nah.
Ein letzter guter Gedanke, dachte Nordström. Bitte. Aus der Schwärze des Meeres schälte sich eine Gestalt. Nordström konnte sie gut erkennen, obwohl er die Augen geschlossen hatte. Der an der Unterseite salzweiße Leib der riesigen Gestalt bewegte sich, als gleite er mit ausgebreiteten Schwingen durch die Dunkelheit. Schließlich war die Gestalt so nahe, dass Nordström ihren sanften Flügelschlag spürte, und er sah, wie ihr Körper im Licht der Abendsonne schimmerte.

 

Hallo Achillus

Gern geschehen, ich bin immer gespannt auf deine Geschichten. Deshalb leg ich bei dir auch schon strengere Maßstäbe an ;).

Betreffend der Spannung muss ich mich ein bisschen korrigieren. Es gab schon eine gewisse Grundspannung, jedoch war es leider auch irgendwie vorhersehbar (vielleicht sollte ich aber nach Mitternacht einfach keine Geschichten mehr lesen ;) ). Auch das mit der Psyche von Nordström nahm ich während dem Lesen entsprechend zur Kenntnis. Wie du es aber selber sagst, könnte man es noch besser strukturieren.

Inhaltlich ist deine Geschichte nicht schlecht (entschuldige bitte, wenn dies in meinem ersten Kommentar so aussah). Meiner Meinung nach kannst du dich hier aber noch steigern, währenddessen sprachlich du schon auf dem sehr gutem Niveau bist. Sozusagen mein Haupthinweis für deine nächste Geschichte ;).

Dass wirtschaftlich verwertbare Ergebnisse aus einem Geheimprojekt gewonnen werden können, sehe ich nicht als Widerspruch an.

Da hast du absolut recht. In deiner Geschichte sieht es aber so aus, dass sie schon während dem Betrieb damit Geld machen und dies ist doch sehr unwahrscheinlich. Denn Innovationen brauchen normalerweise eine große Vorlaufzeit und dann gibt es noch die Sperrfrist. Doktorarbeiten in der Industrie werden z.B. meisten für vier Jahre gesperrt, ganz zu schweigen der horrenden Strafen bei der Veröffentlichung sensibler Daten. Für mich als Leser war es aber nun nicht so wichtig, wie hier der Sachverhalt genau ist.

Mit dem geopolitischen Hinweis wollte ich eigentlich folgende Unstimmigkeit (für mich) aufzeigen. Die beteiligen Länder agieren weit entfernt mit viel Aufwand – warum? Dies wird in deiner Geschichte nicht beantwortet. Du schreibst zwar, dass alles sehr wichtig ist, aber warum? Wie hat sich die Welt verändert, dass GB & co eine hoch geheime militärische UW Station im Indischen Ozean benötigen? Hier würden ein paar Sätze in der Geschichte helfen.

Und was den geopolitischen Aspekt betrifft, ist der Indische Ozean durchaus von Bedeutung: Man vermutet beispielsweise, dass China Birma deshalb unterstützt hat, weil das den Zugang zum Indischen Ozean garantiert. In diesem Gebiet findet ca. 40% der weltweiten Offshore-Ölproduktion statt. Das ist schon mal aus ökonomischer Sicht ein wichtiger strategischer Sachverhalt. Und wenn Du Dir Anrainerstaaten wie Israel, Saudi-Arabien, Kuweit, Indien, Irak, Birma, Ägypten, Kenia, Indonesien anschaust, dann fallen Dir sicher auch ein paar weitere strategische Aspekte ein.

Was für eine Begründung kommt, überlasse ich dem Autor. Sie sollte aber natürlich plausibel sein. Ich hätte kein Problem mit deiner obigen Begründung, wenn du vorher z.B. gesagt hättest, das China die amerikanischen Stützpunkte in der Region überrannt hätte und ihre Trägerflotten (welche eine immense Schlagkraft besitzen) auch nicht mehr präsent sein können (oder nicht mehr dominierend). Aus dem Grunde ist man daher gezwungen eine geheime UW Station zu bauen. Es ist selbsterklärend, dass so eine Ausgangssituation sich fundamental von der heutigen unterscheidet.

Heute ist es aber so, dass die USA ihre Stützpunkte um China massiv aufrüsten und großangelegte militärische Übungen mit den Staaten um China abhalten. China versucht natürlich dagegen zu halten. Es gibt aber außerdem noch eine 200-Seemeilen-Zone alias ausschließliche Wirtschaftszone genannt, in welcher der entsprechende Staat das alleinige Recht zur wirtschaftlichen Ausbeutung hat. Dahinter gibt es die offene See, wo bisschen banal gesagt, jeder machen kann was er möchte (ist natürlich nicht ganz so, aber wirtschaftliche Ausbeutung der Hohen See steht jedem offen).

So, ich hoffe, dir wieder ein paar gute Anregungen gegeben zu haben. Bin schon sehr gespannt auf deine nächste Geschichte :).

viele Grüße
Kroko

ps: natürlich braucht es die Kampfschwimmer als Security Truppe, nur den Softwarebug werden die nicht beheben ;). Und ausserdem sollte es wohl eine 24h Bewachung sein - sind ja keine Schweizer dabei ;) (Interventionsmöglichkeiten nur zu Bürozeiten)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kroko,

fein, dass Du nochmal reinschaust. Es geht mir beim Geschichtenschreiben so, wie bei anderen kreativen Übungen. Je weiter man voranschreitet, desto klarer wird, wie komplex das Ganze ist. Ich kenne das vom Zeichnen. Kaum hat man die ersten Hürden gemeistert, wird einem bewusst, wie unglaublich schwierig es ist, wirklich gut zu zeichnen.

Die Kluft zwischen einer Geschichte, die sich gut lesen lässt, ein interessantes Thema bearbeitet und Spannung erzeugt auf der einen Seite und wirklich guter Literatur ist schon gewaltig, und diese Kluft kann einem Schreibenden angst machen: Werde ich jemals wirklich etwas Gutes schreiben?

Glücklicherweise erfreut sich auch weniger gute Literatur (Dan Brown, Stephen King) großer Beliebtheit, so dass der Trost bleibt, auch dann Menschen erfreuen zu können, wenn das, was man schreibt nur durchschnittlich ist.

In deiner Geschichte sieht es aber so aus, dass sie schon während dem Betrieb damit Geld machen und dies ist doch sehr unwahrscheinlich. Denn Innovationen brauchen normalerweise eine große Vorlaufzeit und dann gibt es noch die Sperrfrist. Doktorarbeiten in der Industrie werden z.B. meisten für vier Jahre gesperrt, ganz zu schweigen der horrenden Strafen bei der Veröffentlichung sensibler Daten. Für mich als Leser war es aber nun nicht so wichtig, wie hier der Sachverhalt genau ist.

Das wusste ich nicht. Macht aber natürlich Sinn, wenn man darüber nachdenkt.

Was die gesamte Hintergrundgestaltung der Geschichte betrifft, versuche ich einfach, ein bisschen mehr zu leisten, als mir alle Aspekte einer Geschichte aus den Fingern zu saugen. Ich finde bei einigen Texten (auch hier im Forum), dass es sich die Autoren zu leicht machen und einfach drauf los phantasieren. So habe ich das am Anfang auch gemacht. Man kann eine Actiongeschichte aus Versatzstücken zusammenbasteln, die jeder kennt (Hochhaus, Tiefgarage, Autoverfolgungsjagd, 9mm Pistole etc.) Aber das finde ich mittlerweile zu wenig.

Bei Orkus habe ich versucht, auch etwas über die reale Welt mitzuteilen, das über das Durchschnittswissen hinausgeht. Dabei geht es mir nicht so sehr darum, etwas "Lehrreiches" zu vermitteln, sondern auf Erfahrungswelten, die uns häufig verschlossen bleiben. Nehmen wir als Beispiel mal "Das Parfüm" von Süskind. Man mag von dem Roman halten, was man will, aber ich fand es spannend, von dieser Welt der Düfte und Gerüche auch aus handwerklicher Sicht zu erfahren.

Kroko, vielen Dank für Deine Zeit und Mühe.

Beste Grüße
Achillus

 

Hi Achillus

Es geht mir beim Geschichtenschreiben so, wie bei anderen kreativen Übungen. Je weiter man voranschreitet, desto klarer wird, wie komplex das Ganze ist. Ich kenne das vom Zeichnen. Kaum hat man die ersten Hürden gemeistert, wird einem bewusst, wie unglaublich schwierig es ist, wirklich gut zu zeichnen.

Absolut. Man sollte aber auch nicht vergessen, ab und zu mal zurückzuschauen, um zu erkennen (und zu genießen), was man eigentlich schon erreicht hat.

Ich war nun ein gutes Jahr abwesend und kann dir sagen, dass du dich gerade sprachlich nochmals massiv gesteigert hast. Warst vorhin schon richtig gut aber nun ist es wirklich ein Genuss.

Werde ich jemals wirklich etwas Gutes schreiben?

Das hängt davon ab, was du und dein anvisiertes Zielpublikum unter gut verstehen ;). Wirklich gut fand ich deine „Tiefraumflug T77 Galateia“ Geschichte. Eine der wenigen Geschichten insgesamt, an die ich mich jetzt noch erinnere.

Was die gesamte Hintergrundgestaltung der Geschichte betrifft, versuche ich einfach, ein bisschen mehr zu leisten, als mir alle Aspekte einer Geschichte aus den Fingern zu saugen.

Meiner Meinung nach der richtige Ansatz! Auch der Versuch, Einblicke in neue, nicht alltägliche Welten zu geben, finde ich sehr gut. Ist dir bei dieser Geschichte auch schon gut gelungen.

Beste Grüße
Kroko

 

Hallo Kroko,

vielen Dank für das Lob. Ich finde es ist eine heikle Frage, ob man für ein Publikum schreiben will und falls ja, wie weit man dabei gehen möchte. Ich fand beispielsweise die Sachen, die ich von Tom Clancy angelesen habe, ziemlich schwach. Aber der Mann hatte eine Riesenfangemeinde.

Eine bestimmte Art von Literatur (Wunscherfüllungsprosa) wird sich immer verkaufen. Aber kann man sich selbst beim Verfassen solcher Texte weiterentwickeln?

Wirklich gut fand ich deine „Tiefraumflug T77 Galateia“ Geschichte. Eine der wenigen Geschichten insgesamt, an die ich mich jetzt noch erinnere.

Tiefraumflug T77 Galateia finde ich rückschauend noch immer krass und genial (Yipee!) Hoffentlich nicht nur ein Glückstreffer.

Beste Grüße
Achillus

 

Hallo Achillus,

so ein Schrott, dass die Geschichte nur so kurz ist. Ich will mehr davon! Hat mir außerordentlich gut gefallen, war spannend, die Charaktere interessant, sie hat einfach funktioniert.

Habe mich so richtig in die Tiefe versetzt gefühlt. Schön auch diese Balance zwischen Erklärungen, wenn du Szenenbilder einführst und Dialogen.

Eine Frage - du schreibst ja sehr routiniert - gibts von dir auch Längeres? :)

Bis bald,
yours

 

Hallo Yours!

Freut mich natürlich, wenn die Geschichte gut bei Dir ankommt. Vielen Dank für das Lob. Das Versetzen des Lesers in die Tiefe war mir besonders wichtig, deshalb habe ich mich beim Schreiben oft gefragt, welche Sinneseindrücke bei diesem Abenteuer besonders stark wirken (würden).

Du fragst, nehme ich an, ob ich mich auch schon an Romanen versucht habe. Das habe ich tatsächlich vor einiger Zeit, aber ich fand es schwierig, die Geschichte fertigzustellen, weil ich nicht an einem Stück daran arbeiten konnte. Die Idee ist aber nicht aus der Welt.

Vielen Dank für Deine Zeit.

Beste Grüße
Achillus

 

Hallo Achillus,

ich fand die Texte, die ich von dir kenne, bisher immer sehr beeindruckend, und ich habe schon sehr von deinen konstruktiven, gründlichen Kommentaren profitiert. Trotzdem ist das glaube ich das erste Mal, dass ich selbst eine Geschichte von dir kommentiere. Ich hoffe, ich kann das ein bisschen wieder gut machen, indem ich sage, dass das bisher meine Lieblingsgeschichte von dir ist. :)

Es ist immer schwierig, noch etwas Konstruktives zu sagen, wenn schon viele ausführliche Kommentare geschrieben wurden. Und bei einem Autor, dessen Fähigkeiten schon sehr gereift sind, ist man als Kritiker auch viel stärker gefordert. Ich meine, bei dir brauche ich nicht ankommen und fragen, ob du schon mal etwas von "Show, don't tell" gehört hast. :lol:

Die Geschichte entwickelt wirklich eine große Faszination, ich konnte nicht aufhören zu lesen. Es steckt offensichtlich sehr viel Detailwissen drin, aber das verstellt nie den Blick auf die Handlung und die Figuren. Die Länge habe ich beim Lesen gar nicht bemerkt - eigentlich fand ich das Ende sogar eher überstürzt. Also es war klar, dass Nordström nicht überleben würde, aber es kommt doch ein bisschen plötzlich und die Auflösung des Falls ist recht schnell abgehakt, das hätte von mir aus noch ausführlicher sein können.
Aber das ist ja auch eine Art Kompliment, wenn man am Schluss einer Geschichte noch mehr will. Ich würde richtig gern eine Verfilmung der Geschichte sehen oder einen Roman lesen, der vor dem Hintergrund dieser Unterwasser-Forschungsstation spielt.

Hier sind ein paar Details, die mir aufgefallen sind:

Er betätigte den Inflator und hörte, wie Gas in die Tarierweste strömte.
Es gibt manche Stellen, wo die Beschreibungen der Technik so ins Detail gehen, dass ich als Laie nicht weiß, wovon die Rede ist. Es war nie so, dass ich gedacht habe: Da will der Autor mit seinem Wissen angeben, oder: Mann, auf den Technobabbel könnte ich verzichten. Und es ist auch völlig in Ordnung, dass du an solchen Stellen nicht innehältst und erklärst, was ein Inflator ist. Die Figuren sind Profis, für die solche Dinge selbstverständlich sind und die verschwenden da keinen Gedanken dran, demzufolge sollte das auch die Geschichte nicht machen.
Aber ich denke es wäre möglich, die technischen Details noch etwas "zurückzufahren", also etwa an dieser Stelle zu sagen, dass Nordström mit seinem Equipment hantiert und den Druck ausgleicht, ohne dass die Fachbegriffe zwingend fallen müssten. Auf der anderen Seite erzeugen die schon ein Gefühl größerer "Echtheit", würde ich sagen, also man nimmt den Figuren auf die Art stärker ab, dass es professionelle Taucher sind. Das ist eine Ermessensfrage, ich wollte den Gedanken nur mal erwähnen, damit hier nicht bloß steht "tolle Geschichte, weiter so!". :)

Hinter der Gestalt des Commanders schwebte ein riesiger Zackenbarsch heran, berührte das Fenster mit seinem grimmigen Maul und jagte in einer plötzlichen Bewegung davon.
Die Beschreibungen der Umgebung sind toll, das ist eine ganz große Stärke der Geschichte. Du lässt einen nie vergessen, wo sich das ganze abspielt, und was das bedeutet. Es gibt so viele Geschichten, die behaupten, auf fremden Planeten oder in irgendwelchen anderen exotischen Locations zu spielen und wo dann wegen der Bequemlichkeit oder Unwissenheit des Autors trotzdem alles so aussieht und funktioniert, wie man es von zu Hause gewöhnt ist. Hier habe ich wirklich in jeder Szene das Gefühl: Das spielt hundert Meter unter dem Meeresspiegel.

Nordström spürte die Kühle des Stethoskops auf seiner Brust. Er lauschte dem Rascheln von Westfields Kittel und dem Summen der Laborelektronik.
Das ist auch etwas, was sehr gut durchgezogen ist in der Geschichte, die Sinneseindrücke. Man ist wirklich sehr nah dran an dem, was Nordström erlebt.

Dass es technische Probleme gegeben haben musste, schien eindeutig, denn der Teamführer erreichte ihn nicht über Funk.
Also hier würde ich sagen: hatte ihn nicht über Funk erreicht. Dass danach nicht alles im Plusquamperfekt stehen muss, sehe ich ein, weil das schnell sperrig wird, aber für den einleitenden Satz zu diesen davor liegenden Ereignissen fände ich es angebracht.

Während Nordström mit den zerfließenden Gedanken rang und versuchte, die Bedeutung dieses ominösen Inflators aus einem glitzernden Schwarm von Begriffen zu fischen,
[...]
die Wünsche eines Sterblichen waren nicht mehr als Schaum auf den Wellen
Das gefiel mir auch sehr gut, wie die Metaphern quasi der Umgebung angepasst sind. :)

Alica führte ihn einen schmalen Weg entlang, vorbei an Birkenfeigen, Einblattstauden und Philodendron.
Hmm, also bei der Gartenszene kommt mir der Detailreichtum der Beschreibungen doch etwas übertrieben vor. Dass Nordström sich mit dem Taucherequipment gut auskennt, das glaube ich gern, das muss er ja. Aber dass er auch die Namen all der Pflanzen im Gewächshaus kennt ... möglich ist das, aber auf mich wirkt es doch so, als ob hier ein auktorialer Erzähler ein bisschen viel Enzyklopädie-Wissen verstreut hat.

Während er dem diffusen Schein der geheimnisvollen Lichtquellen entgegen schwebte, wurde ihm plötzlich klar, dass es nur einen Grund dafür geben konnte, weshalb er jetzt innerhalb einer Mission alle Sicherheitsregeln über den Haufen warf, an die er sich immer gehalten hatte: Er legte es darauf an, zu sterben.
Das ist auch so eine Ermessensfrage, aber ich fand, das müsste nicht unbedingt so explizit gesagt werden. Das wird eigentlich deutlich.

Alles in allem ist das eine sehr gute Geschichte, bei der ich mich schon ziemlich anstrengen musste, um was zum Kritisieren zu finden. Aber man wächst ja mit der Herausforderung. :)

Grüße von Perdita

 

Hallo Perdita,

vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich habe mich sehr darüber gefreut, auch, weil ich ja einige Deiner Texte kenne und weiß, dass Du ein Faible für Science Fiction hast.

Du bist die erste Frau, die sich zum Text äußert, und ehrlich gesagt bin ich ziemlich erleichtert über Dein Lob. Ich habe die Geschichte nach der Fertigstellung etwa ein Dutzend Mal gelesen und finde, dass sie ein wenig kühl geraten ist. In Verbindung mit den technischen Aspekten der Erzählung mag das für Frauen ein bisschen abschreckend sein. (Ich beziehe mich jetzt auf den Anteil des Klischees, der der Realität entspricht.) Auch aus dem Grund fand ich es toll, dass Du den Text zu schätzen weißt.

Die Länge habe ich beim Lesen gar nicht bemerkt - eigentlich fand ich das Ende sogar eher überstürzt. Also es war klar, dass Nordström nicht überleben würde, aber es kommt doch ein bisschen plötzlich und die Auflösung des Falls ist recht schnell abgehakt, das hätte von mir aus noch ausführlicher sein können.

Ja, das hast Du gut beobachtet. Ich muss gestehen, dass ich das Ende ein wenig herbei gezwungen habe. Nachdem ich etwa fünfzig Stunden für die ersten zwei Drittel des Textes gebraucht hatte und noch lange kein Ende in Sicht war, dachte ich mir: Junge, so wirst du nie fertig. Jetzt musst du mal etwas aufs Gas drücken.

Das ist bei mir ein Defizit in der Konstruktion von längeren Geschichten. Als ich den Text dann fertig hatte, war ich froh, dass er nun nicht mehr halbfertig in einer Datei verrotten würde.

Aber ich denke es wäre möglich, die technischen Details noch etwas "zurückzufahren", also etwa an dieser Stelle zu sagen, dass Nordström mit seinem Equipment hantiert und den Druck ausgleicht, ohne dass die Fachbegriffe zwingend fallen müssten.

Sehe ich grundsätzlich auch so. Es ist immer ein heikle Frage, wie viel Fach- und Detailwissen man beim Leser voraussetzen darf. Was ein Inflator ist, gehört sicher nicht zum allgemeinen Wissen. Ich hatte gehofft, es würde aus den Beschreibungen ersichtlich, worum es sich dabei handelt. In jedem Fall werde ich das bei meiner nächsten Geschichte noch genauer beachten. Zum Umschreiben dieser Geschichte fehlt es mir gerade etwas an Motivation, kennst Du sicher: Nichts ist so erledigt, wie der letzte Text.

Die Beschreibungen der Umgebung sind toll, das ist eine ganz große Stärke der Geschichte. Du lässt einen nie vergessen, wo sich das ganze abspielt, und was das bedeutet. Es gibt so viele Geschichten, die behaupten, auf fremden Planeten oder in irgendwelchen anderen exotischen Locations zu spielen und wo dann wegen der Bequemlichkeit oder Unwissenheit des Autors trotzdem alles so aussieht und funktioniert, wie man es von zu Hause gewöhnt ist. Hier habe ich wirklich in jeder Szene das Gefühl: Das spielt hundert Meter unter dem Meeresspiegel.

Schön, dass das so bei Dir angekommen ist. Ich glaube, dass das ein wichtiges Motiv bei meinem Schreiben ist – sich in die Empfindungen zu versetzen, die wir in besonderen Welten, besonderen Situationen erleben (können). Ich langweile mich so unheimlich bei Alltagsgeschichten, auch wenn das ungerecht sein mag, was die Qualität der Texte und die Fähigkeiten der Autoren betrifft. Aber dahinter steckt vielleicht die Sehnsucht, dass wir mehr erleben können, als das ewige Mann-Frau-Drama, mehr als Familie, Job und Karriere.

Also hier würde ich sagen: hatte ihn nicht über Funk erreicht. Dass danach nicht alles im Plusquamperfekt stehen muss, sehe ich ein, weil das schnell sperrig wird, aber für den einleitenden Satz zu diesen davor liegenden Ereignissen fände ich es angebracht.

Habe ich korrigiert.

Hmm, also bei der Gartenszene kommt mir der Detailreichtum der Beschreibungen doch etwas übertrieben vor. Dass Nordström sich mit dem Taucherequipment gut auskennt, das glaube ich gern, das muss er ja. Aber dass er auch die Namen all der Pflanzen im Gewächshaus kennt ... möglich ist das, aber auf mich wirkt es doch so, als ob hier ein auktorialer Erzähler ein bisschen viel Enzyklopädie-Wissen verstreut hat.

Kann ich nachvollziehen. Das wirft die Frage auf, ob der Text behauptet, Nordström wüsste über all das, was er im Gewächshaus sieht, so genau Bescheid, wie der Erzähler es beschreibt. Für mich sind das zwei verschiedene Perspektiven. Auch wenn mein Erzähler nicht allwissend ist, so weiß er doch hinsichtlich der objektiven Aspekte der Situation, wie z.B. Namen, Begriffe, Zusammenhänge, mehr als die Protagonisten. Ich werde darüber mal noch ein bisschen nachdenken.

Perdita, vielen Dank für Deine Zeit und Deine Mühe!

Beste Grüße
aus dem verschneiten Berlin
Achillus

 

Hallo Achillus,

Eine sehr gute Geschichte hast du hier abgeliefert, besonders sprachlich

Bei jedem Flügelschlag schimmerten ihre an der Unterseite salzweißen Körper im Licht der Abendsonne, die mit Strahlenspeeren von der Oberfläche herabstieß.
:thumbsup:
Die Geschichte hat ein durchaus etwas langsameres Tempo, was an Sätzen wie diesem liegen mag:
Auf dem Weg in die Tiefe erleben Taucher manchmal ein sonderbares Gefühl des Heimkehrens. Vielleicht ist es das Echo prähistorischer Zeiten; ein Nachklang des evolutionären Ursprungs von den hydrothermalen Quellen am Grund des Meeres.
was jetzt weder Kritik noch Lob sein soll.
und wieder ein Satz, der Bilder zu malen weiß:
Seine Atemzüge unterteilten den Abstieg in akustische Einheiten – ein Zischen beim Luftholen, wenn der Lungenautomat das komprimierte Flaschengas auf den Umgebungsdruck entspannte und dann das Geräusch brodelnder Blasen beim Ausatmen.
Das ist die ganz große Stärke.
Nun aber auch zu schwächen, oder besser gesagt, zu weniger Perfekten Aspekten deiner GEschichte.
Zur Logik:
Also, dass man am Ende ein U-Boot nicht von einem Hai unterscheiden kann, finde ich schon etwas weit hergeholt.
Auch dass der U-Bootstützpunkt derartig geheim ist, dass nicht einmal die untersuchende Militärpolizei davon weiß: Ebenfalls unglaubwürdig.
Diese Szene hier wirkt etwas gezwungen, um dem Leser Hintergrundinfo einzutrichtern:
"Bevor wir über die jüngsten Ereignisse sprechen, werde ich Ihnen Funktion und Bedeutung dieses Projekts in den Grundzügen umreißen, denn ich gehe davon aus, dass Sie nicht über ausreichende Informationen verfügen."
weiters passen hier für mich einige Aspekte nicht rund zueinander:
Nordströms Trauer, er lernt eine Frau kennen, aber eigentlich spielt sie in der Geschichte keine wirkliche Rolle und dann sein Tod, der für mich nicht wirklich stimmig ist und mich unzufrieden zurück lässt. Der Fall ist aufgeklärt, eigentlich ein Wendepunkt und seine Gedanken sind auch noch klar. Für mich unverständlich, dass er nicht über Funk Hilfe ruft. Kurz gesagt, ich nehme ihm nicht ab, dass er zu diesem Zeitpunkt wirklich sterben will.
Sicher keine leichte Aufgabe, dass zu lösen, aber das ist wohl der Unterschied zwischen einer sehr guten und einer perfekten Geschichte ;)
lg
Bernhard

 

Hallo Achillus,

gelesen, den Text.

Ich habe die anderen Kommentare jetzt nicht durchgelesen, also ein frischer Leseeindruck. Für mich ist das eine Genre-Geschichte. Ich hatte sofort Bilder im Kopf (das ist gut): Abyss, Deep Space Nine, auch Das Boot. Aber auch: The Descent, The Cave. Enge, Isolation, und so auch immer nah am Wahnsinn. Das setting ist dir gut gelungen, das passt. Ich muss sagen, für mich war die Sprache zu voll. Das ist immer nah am ultimo, so als ob du als Autor lange recherchiert hättest und jetzt all dein Wissen in die Geschichte packst. Mir hätten da ein paar Details an den passenden Stellen gereicht. Natürlich ist so ein setting auch dankbar: Jeder kennt die Filme, auch aus der Kindheit, Nautilus etc, jeder kann da sofort auf Bilder im Unterbewusstsein zurückgreifen, da bietet die Geschichte schon naturgemäß Identifikationspotential an. Auch bei manchen Dialogen finde ich die Sprache etwas ungelenk. Sagt so ein Major und abgewichster Typ "Blödsinn"? Ich würde mir da ein eigentümlicheren, idiosynkratischen Idiom wünschen, etwas, das mehr Charakter zeigt. So funktionieren die Figuren in dieser Geschichte für mich oft als Stichwortgeben, die dann etwas erklären. Ich glaube, so viele Erklärungen braucht es gar nicht.

Der Plot. Ich hätte zuerst auf so eine magischer Realismus btw Phantastik-Sache getippt, aber so ist es ja eine eher nüchterne, gradlinige Story, Militär und geheim. Mir offenbart sich als Leser nicht, was da genau passiert. Du hast so viel Energie in die korrekte Sprache und die Szenerie gelegt, da hätte ich jetzt erwartet, Nordström deckt da echt was auf, aber so bleibt dieser U-Boot Hafen irgendwie ominös im Hintergrund. Für mich hätte sich auch die Fallhöhe des Charakters Nordström dramatisch erhöht, wenn er tatsächlich etwas findet und dann, mehr oder weniger, umgebracht wird. Das würde auch diesen seltsamen Kodex innerhalb der Kampfschwimmer nochmals bekräftigen: Das sind Soldaten, die Befehlen gehorchen, und der Rest interessiert sie nicht. So geschieht hier alles mehr oder weniger aus Zufall, also der Auslöser ist ein Zufall - das finde ich auch gut und angemessen, aber dann würde ich mir mehr, keine Ahnung, ich sage mal Detektivarbeit wünschen. Den Konflikt innerhalb dieser Station, der würde sich so noch einmal drastisch verschärfen lassen. Na klar, dann wird die Story noch länger und du kannst einen Roman draus machen. Der Vorteil hier bei deinem Text ist, er liest sich spannend. Man will wissen, wie es weitergeht.

Das Ende. Tjo, ich glaube, du wolltest da einfach rausgehen. Man könnte das sicher anders machen, aber so in dieser Konfiguration, die dein Text jetzt hat, wäre es wahrscheinlich folgerichtig. Er könnte auch noch gerettet werden und dann feststellen, dass er als Ermittler der ganzen Sache gegenüber ohnmächtig ist, weil andere einfach am längeren Hebel sitzen. Das würde den Leser aber eher unbefriedigt zurücklassen. Ich weiß nicht, schwierig. Die Geschichte könnte auch noch an Land weitergehen, etc.

Ja, mal was ganz anderes für mich, muss ich sagen. Hat mir Spaß gemacht. Ich kann nicht sagen, ob mein feedback dir was bringt, da ich sonst wenig in dieser Richtung lese, aber ich fand es sehr gut gemacht und auch wirklich spannend. Die Tiefe, das kam sehr gut rüber. Ich bin in Neuseeland und Australien auch mal tauchen gewesen, aber so Billo-Touri mässig, und die Unterwasserwelt, das ist schon eine ganz eigene, das hast du auch sehr gut eingefangen.

Gruss Jimmy

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Bernhard,

vielen Dank für Deinen Kommentar. Schön, dass Du wieder mal reingeschaut hast. Ich freue mich natürlich über Dein Lob zur sprachlichen Qualität des Textes. Aber ich kann Deine Zweifel an der Story insgesamt durchaus auch nachvollziehen. Es gibt da sicher ein paar Logikschwächen.

Zu den Details:

Also, dass man am Ende ein U-Boot nicht von einem Hai unterscheiden kann, finde ich schon etwas weit hergeholt.

Das U-Boot hat ja niemand gesehen, außer den Kampfschwimmern. Die Videodatei war eine Fälschung des Com-Offiziers.

Auch dass der U-Bootstützpunkt derartig geheim ist, dass nicht einmal die untersuchende Militärpolizei davon weiß: Ebenfalls unglaubwürdig.

Ich bin davon ausgegangen, dass Geheimdienste häufig in ranghöheren Ebenen der staatlichen Hierarchie operieren, und dass die Polizei nicht zwangläufig von Geheimdienstprojekten wissen muss.

Nordströms Trauer, er lernt eine Frau kennen, aber eigentlich spielt sie in der Geschichte keine wirkliche Rolle und dann sein Tod, der für mich nicht wirklich stimmig ist und mich unzufrieden zurück lässt.

Hm, das stimmt schon. Alicia dient der Geschichte nur so als ein Licht in der Dunkelheit, als Kontrast zur harten, männlichen Realität auf der Station. Aber ich gebe Dir recht. Sie speilt keine tragende Rolle im Laufe der Geschichte. Was den Tod von Nordström betrifft, da gab es ja auch bei einigen anderen Kommentaren Zweifel. Ich verstehe das schon. Vielleicht hätte ich das besser vorbereiten sollen. Vielen Dank für den Hinweis.

Bernhard, ich danke Dir für Deine Zeit und Mühe.

Beste Grüße
Achillus

Hallo Jimmy, vielen Dank für Deinen Kommentar.

Ich hatte sofort Bilder im Kopf (das ist gut): Abyss, Deep Space Nine, auch Das Boot. Aber auch: The Descent, The Cave. Enge, Isolation, und so auch immer nah am Wahnsinn. Das setting ist dir gut gelungen, das passt.

Ja, das freut mich. Ich glaube, Bilder entstehen nur dann, wenn der Autor sich ebenfalls genau vorstellt, was da läuft, wie es dort aussieht. Ich habe in den Wochen, als ich die Geschichte schrieb, viele Filme gesehen, Websites angeschaut, viel über das Tauchen gelesen und mich bei meinem eigenen Training auch immer wieder gefragt, wie würde Nordström das jetzt wahrnehmen bzw. sein Erzähler beschreiben.

Ich muss sagen, für mich war die Sprache zu voll. Das ist immer nah am ultimo, so als ob du als Autor lange recherchiert hättest und jetzt all dein Wissen in die Geschichte packst. Mir hätten da ein paar Details an den passenden Stellen gereicht.

Das verstehe ich. Wahrscheinlich lesen die Freude des SF-Genres solche Stories auch aus ganz verschiedenen Gründen. Mich persönlich interessiert beim Lesen schon die Technik, insbesondere militärische Technik. Andere finden das wiederum völlig nebensächlich. Aber ich stimme Dir auf jeden Fall zu, so viele Details hätte es nicht gebraucht, um die Geschichte zu erzählen.

Auch bei manchen Dialogen finde ich die Sprache etwas ungelenk. Sagt so ein Major und abgewichster Typ "Blödsinn"? Ich würde mir da ein eigentümlicheren, idiosynkratischen Idiom wünschen, etwas, das mehr Charakter zeigt. So funktionieren die Figuren in dieser Geschichte für mich oft als Stichwortgeben, die dann etwas erklären. Ich glaube, so viele Erklärungen braucht es gar nicht.

Da sprichst Du mehrere Aspekte an, wenn ich Dich richtig verstehe. Erstens könnte man die Ausdrucksweise jeder Figur etwas mehr individualisieren. Zweitens kann man darüber nachdenken, ob die Figuren eigenständige, glaubhafte Charaktere sind oder nur die Funktion besitzen, zu erklären, was sich der Leser vorstellen soll. Werde ich drüber nachdenken.

So geschieht hier alles mehr oder weniger aus Zufall, also der Auslöser ist ein Zufall - das finde ich auch gut und angemessen, aber dann würde ich mir mehr, keine Ahnung, ich sage mal Detektivarbeit wünschen.

Ehrlich gesagt hatte ich das ursprünglich auch geplant. Als ich dann merkte, wie umfangreich ein solches Puzzle wird, musste ich mich nach anderen Optionen umsehen, denn das hätte den Rahmen einer Kurzgeschichte wahrscheinlich gesprengt. Ich war ohnehin heilfroh, dass der Text trotz der Länge gelesen wurde. Zumindest vom Spannungsbogen hat es, wie Du ja auch schreibst, für viele funktioniert.

Ja, mal was ganz anderes für mich, muss ich sagen. Hat mir Spaß gemacht. Ich kann nicht sagen, ob mein feedback dir was bringt, da ich sonst wenig in dieser Richtung lese, aber ich fand es sehr gut gemacht und auch wirklich spannend.

Auf jeden Fall bringt mir Dein Feedback etwas. Ich kenne ja Deinen eigenen Stil ganz gut und kann Deinen Argumenten folgen. Vielen Dank für Deine Zeit und Deine Mühe.

Wir lesen uns, Jimmy.

Beste Grüße
Achillus

 

Hallo Albatros,

vielen Dank für Deine Hinweise. Ich werde mir diese Geschichte mit dem Flossenschlag und dem Sinken durch den Kopf gehen lassen. Bei dem langen Text, sind mir ein paar schwache Formulierungen reingerutscht. Deshalb sind solche Hinweise sehr hilfreich. Danke.

Gruß Achillus

 

Hallo Achillus,

ich habe Deine Geschichte heute früh über einen der Empfehlungs-Threads gefunden. Eigentlich wollte ich gar nicht kommentieren, weil der Beitrag schon etwas älter ist und ich wenig bahnbrechend Neues zu sagen habe. Aber da mir die Geschichte acht Stunden nach dem Lesen immer noch im Kopf herumspukt, muss ich einfach anmerken, wie gut sie mir gefallen hat.

Bei den ersten Absätzen dachte ich noch, da möchte einer gerne sein Fachwissen und seine Taucherfahrungen raushängen lassen. Vielleicht stimmt das ja sogar zu einem gewissen Grad. Aber bei Schätzings "Schwarm" habe ich das damals auch gedacht und dann doch fast tausend Seiten mit Begeisterung gelesen. Ich denke, das Thema und die Protagonisten sind einfach technisch-wissenschaftlich-militärisch geprägt, da muss man sich (als Autor wie als Leser) auf die entsprechenden Schilderungen einlassen, um die richtigen Bilder und Stimmungen zu erzeugen. Also muss ich denjenigen Kritikern widersprechen, die meinten, Du hättest da zu viel beschrieben. Ich find's super!

Dein Schreibstil ist im übrigen ziemlich genau der, den ich anstrebe, nur deutlich reifer. Wahrscheinlich hat es mir auch deshalb so gut gefallen. Junge, da kann ich mir einiges abgucken...

Inhaltlich und stimmungsmäßig fühlte ich mich neben dem Schwarm auch an "Outland - Planet der Verdammten" erinnert (den Film mit Sean Connery - falls es dazu eine Buchvorlage gibt, kenne ich sie nicht).

Die kleinen Logiklücken und das etwas abrupte Ende wurden ja schon ausführlich besprochen, darauf gehe ich jetzt nicht im Detail ein. Vielleicht kann man (das bist Du) das Material ja doch zu einem Roman erweitern.

Dann noch ein kleiner Fehler, der anscheinend keinem anderen aufgefallen ist: Der Unfall ist gegen halb sieben abends passiert. Kurz vorher gab es einen Funkspruch, und zwar um "Schlag nullsechshundert". Auch wenn man im englischen Alltagssprachgebrauch meist mit AM und PM hantiert, bin ich ziemlich sicher, dass die militärischen Typen in Deiner Geschichte hier "Schlag achtzehnhundert" sagen müssten.

Und in naher Zukunft werde ich mir "Tiefraumflug T77 Galateia" zu Gemüte führen müssen. Wenn das die anderen Kommentatoren noch besser finden...

Grüße vom Holg...

 

Hallo Holg,

vielen Dank für Deinen Kommentar zur Geschichte. Ich habe mich sehr gefreut, dass jemand meine Unterwasserstory noch mal aus der Versenkung geholt hat und habe bei der Gelegenheit selbst noch mal den Text gelesen. Mit dem Abstand von mehreren Monaten schaut man schon ein bisschen anders auf so einen Text, das ist auf jeden Fall eine gute Erfahrung.

Aber da mir die Geschichte acht Stunden nach dem Lesen immer noch im Kopf herumspukt, muss ich einfach anmerken, wie gut sie mir gefallen hat.

Vielen Dank für das Lob.

Ich denke, das Thema und die Protagonisten sind einfach technisch-wissenschaftlich-militärisch geprägt, da muss man sich (als Autor wie als Leser) auf die entsprechenden Schilderungen einlassen, um die richtigen Bilder und Stimmungen zu erzeugen. Also muss ich denjenigen Kritikern widersprechen, die meinten, Du hättest da zu viel beschrieben. Ich find's super!

Ja, das ist so eine Gratwanderung, über die ich mir auch so meine Gedanken gemacht habe. Ab wann werden die Erläuterungen in einer Geschichte zu einem Exkurs, der die Story nicht weiterbringt und die Wirkung des Textes nicht steigert? Mir ist das besonders bei Umberto Ecos "Der Name der Rose" aufgefallen, wo der Mann seitenlang über Kirchengeschichte referiert. Schön, wenn es für Dich im Fall meiner Tauchgeschichte nicht zu viel war.

Dein Schreibstil ist im übrigen ziemlich genau der, den ich anstrebe, nur deutlich reifer. Wahrscheinlich hat es mir auch deshalb so gut gefallen. Junge, da kann ich mir einiges abgucken...

Vielen Dank für das Kompliment. Wie in dem anderen Thread besprochen, lerne ich von Autoren, die meiner Ansicht nach einen besonders klaren und dabei – für mein Empfinden - eleganten Stil haben, zumindest versuche ich das. Ich nutze dazu bei fremdsprachigen Autoren immer die deutsche Übersetzung, was natürlich kein Lernen aus erster Hand ist.

Inhaltlich und stimmungsmäßig fühlte ich mich neben dem Schwarm auch an "Outland - Planet der Verdammten" erinnert (den Film mit Sean Connery - falls es dazu eine Buchvorlage gibt, kenne ich sie nicht).

Danke für den Tipp zu Outland. Den werde ich mir anschauen.

Die kleinen Logiklücken und das etwas abrupte Ende wurden ja schon ausführlich besprochen, darauf gehe ich jetzt nicht im Detail ein. Vielleicht kann man (das bist Du) das Material ja doch zu einem Roman erweitern.

Ja, ein Roman, das ist so die große Feuerprobe. Das wäre toll. Im Augenblick schaffe ich das nicht. Aber wer weiß, eines Tages ...

Dann noch ein kleiner Fehler, der anscheinend keinem anderen aufgefallen ist: Der Unfall ist gegen halb sieben abends passiert. Kurz vorher gab es einen Funkspruch, und zwar um "Schlag nullsechshundert". Auch wenn man im englischen Alltagssprachgebrauch meist mit AM und PM hantiert, bin ich ziemlich sicher, dass die militärischen Typen in Deiner Geschichte hier "Schlag achtzehnhundert" sagen müssten.

Das stimmt. Habe ich geändert. Militär-Zeitangaben beziehen sich immer auf die 24-Stunden-Zählung, glaube ich. Vielen Dank für diese wertvolle Fehlerkorrektur.

Und in naher Zukunft werde ich mir "Tiefraumflug T77 Galateia" zu Gemüte führen müssen. Wenn das die anderen Kommentatoren noch besser finden...

Darüber würde ich mich sehr freuen.

Vielen Dank, Holg, fürs Lesen und Kommentieren.

Gruß Achillus

 

Danke für den Tipp zu Outland. Den werde ich mir anschauen.

Disclaimer: Ich weiß echt nicht mehr, wie gut der war. Mit Filmen aus den Achtzigern ist das manchmal so eine Sache, wenn man sie heutzutage nochmal ansieht (ein "Vakanzspiel", wie eine Exlehrerin meines Sohnes immer gesagt hat). Andererseits machen mir die Zitate in der IMDb glatt Lust, ihn mal wieder zu sehen.

Aber das Ausgangsszenario war ähnlich: Cop kommt in entlegene (Raum-)Station, muss Todesfälle aufklären und hat dabei mehr Feinde als Freunde. Erinnert auch an manche Western, aber da fallen mir keine konkreten Titel ein. Connery ist jedenfalls immer cool.

Also: Anschauen auf eigene Gefahr!

Grüße vom Holg...

 

Andererseits machen mir die Zitate in der IMDb glatt Lust, ihn mal wieder zu sehen.

Aber das Ausgangsszenario war ähnlich: Cop kommt in entlegene (Raum-)Station, muss Todesfälle aufklären und hat dabei mehr Feinde als Freunde. Erinnert auch an manche Western, aber da fallen mir keine konkreten Titel ein. Connery ist jedenfalls immer cool.


Sehe ich auch so. Der Film ist jedenfalls vorgemerkt.

Gruß Achillus

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom