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Papa zieht aus

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23.07.2003
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Papa zieht aus

„Nele, Julia, kommt ihr bitte mal ins Wohnzimmer. Mama und ich haben etwas mit euch zu besprechen.“
Während Nele ihrer kleinen Schwester die Treppe hinunter folgte, überlegte sie, was die Eltern wohl von ihnen wollten. Papas Stimme hatte so ernst geklungen. Ob es wegen ihrer Vier minus im Diktat war? Aber Mama hatte sich die Arbeit doch schon angesehen und gesagt, dass sie mit ihr mehr Rechtschreibung üben wolle. Und angestellt hatte sie doch auch nichts. Und überhaupt – wenn ihre Eltern sie ausschimpfen wollten, warum hatte Papa dann auch Julia ins Wohnzimmer gerufen?
Ihr Vater stand am Wohnzimmerfenster und sah hinaus. Ihre Mutter saß auf dem Sofa, und Julia kletterte sofort auf ihren Schoß. Sie war ja auch erst vier. Nele dagegen wurde im September schon elf, war also viel zu alt, um sich bei ihrer Mutter anzukuscheln.
Ihr Vater drehte sich um. „Also“, begann er. Dann begegnete er Neles gespanntem Blick und stockte. „Vielleicht kannst du das besser“, meinte er zu seiner Frau.
Die schüttelte zwar den Kopf, sagte dann aber: „Ihr habt ja sicher gemerkt, dass Papa und ich uns nicht mehr so gut verstehen.“
Nele starrte sie an. Dieser Anfang gefiel ihr nicht. Noch weniger gefiel ihr, was die Mutter dann sagte: „Daher haben wir beschlossen, dass es besser ist, wenn wir uns trennen. Ihr bleibt natürlich hier im Haus, bei mir. Aber Papa wird ausziehen. Er hat schon eine Wohnung gefunden.“
„Natürlich wird sich für euch“, begann nun ihr Vater zu sprechen.
Den Rest des Satzes hörte Nele schon nicht mehr, denn sie rannte aus dem Wohnzimmer, die Treppe hinauf, in ihr Zimmer. Wütend knallte sie die Tür zu und warf sich auf ihr Bett. Sie konnte nur noch an den einen Satz denken: Papa wird ausziehen. Leise sagte Nele die Worte vor sich hin: Papa wird ausziehen. Doch auch, indem sie sie aussprach, wurden sie nicht wirklicher. Denn Papa konnte doch nicht einfach so ausziehen. Sie waren eine Familie, Mama und Papa und Nele und Julia. Die konnte er doch nicht einfach so kaputtmachen.

Neles Gedanken wurden unterbrochen durch ihren Vater, der leise an die Tür klopfte und fragte: „Darf ich hereinkommen?“
„Nein“, sagte Nele unwirsch, aber er öffnete dennoch die Zimmertür und trat an ihr Bett. Klar: ein ‚Nein’ von ihr zählte für ihn nicht. Er war ja erwachsen, und Erwachsene bestimmten sowieso immer alles. Und wenn sie wegziehen wollten, dann taten sie das einfach, und kümmerten sich gar nicht darum, was ihre Kinder wollten.
Nele drehte ihrem Vater den Rücken zu. Er setzte sich auf die Bettkante und strich ihr übers Haar: „Ach, meine Große, ich verstehe ja, dass das für dich ein richtiger Schock war. Aber so viel wird sich doch gar nicht ändern. In der Woche war ich doch sowieso meistens arbeiten. Und an den Wochenenden könnt ihr mich doch besuchen. Und du kannst mich jederzeit anrufen.“
Nele hielt sich die Ohren zu. Sie wollte das alles gar nicht hören. Sie wollte einfach nur, dass alles so blieb, wie es bisher war.
Sie spürte, wie ihr Vater nochmals zärtlich ihren Kopf streichelte und dann das Zimmer verließ. Sie war wieder allein. Zunächst war sie froh, dass die anderen sie in Ruhe ließen, aber dann trug auch das noch zu ihrer schlechten Laune bei. „Keiner kümmert sich um mich“, dachte sie missmutig, „ich bin ihnen allen egal.“
In trüber Stimmung verbrachte sie den ganzen Nachmittag in ihrem Zimmer. Als Julia kam und rief: „Abendbrot ist fertig“, überlegte Nele kurz, auch nicht zum Abendessen hinunterzugehen. Aber langsam wurde ihr langweilig, und außerdem hatte sie Hunger. Still saß sie am Esstisch, und jeden Versuch, sie in ein Gespräch zu verwickeln, wehrte sie mit ihrer bitterbösen Miene ab.
Als sie fertig gegessen hatten, sagte ihr Vater: „Morgen fahre ich in meine neue Wohnung. Ich muss noch einiges ausmessen und so. Wollt ihr beide nicht mitkommen und sie euch ansehen?“
Julia rief: „Au ja“, aber Nele schüttelte heftig mit dem Kopf. Ihre kleine Schwester guckte sie etwas zweifelnd an, entschied jedoch: „Ich will aber trotzdem mit.“
Am nächsten Morgen blieb Nele wieder so lange in ihrem Zimmer, bis sie ihren Vater und Julia wegfahren hörte. Kurz vor Mittag kamen die beiden zurück. Julia stürmte ins Wohnzimmer, wo Nele vor dem Fernseher saß. „Papas Wohnung ist toll“, rief sie, „die Zimmer haben keine richtigen Türen, sondern welche, die man auf- und zuschieben kann. Und es gibt einen ganz kleinen Balkon. Und es gibt ein Zimmer extra für uns. Papa hat mich gefragt, wie er das Zimmer anmalen soll. Und ich habe gesagt, Blau, weil Blau doch deine Lieblingsfarbe ist.“
„Meinetwegen kann er es grün-lila-gestreift streichen“, knurrte Nele, „ich werde es mir sowieso nie ansehen.“

Die nächsten zwei Wochen tat Nele so, als ob sie die Anzeichen des bevorstehenden Auszugs des Vaters nicht bemerkte. Dabei waren diese unübersehbar: Es tauchten große Umzugskartons auf, die sich nach und nach mit Büchern, Geschirr, Kleidung und sonstigen Gegenständen füllten. Und je voller die Kartons wurden, desto mehr Lücken gab es in den Regalen und Schränken.
Als Nele eines Nachmittags von der Schule kam, fand sie ihre Mutter an der Nähmaschine sitzend. Sie war damit beschäftigt, aus hellgelbem Stoff Vorhänge zu nähen. „Für welches Zimmer sind die denn?“, fragte Nele neugierig.
„Für Papas neue Wohnung“, antwortete ihre Mutter.
Nele starrte sie mit offenem Mund an. Dann platzte sie heraus: „Das kann doch wohl nicht wahr sein. Papa zieht weg, und du hilfst ihm noch dabei.“
Sie wollte aus dem Zimmer stürmen, aber ihre Mutter, die schnell aufgestanden war, hielt sie am Arm fest: „Jetzt reicht es aber wirklich, Nele. Seit zwei Wochen rennst du mit einem langen Gesicht herum, aber du weigerst dich, mit uns darüber zu sprechen. Ich weiß, dass es dir wehtut, dass wir uns trennen, aber du wirst dich an den Gedanken gewöhnen müssen.“
„Aber ich will nicht, dass Papa weggeht“, rief Nele wütend, „alles soll so bleiben, wie es ist.“
Ihre Mutter nahm sie sanft in den Arm und zog sie zum Sofa. „Ich weiß, dass du dir das wünschst, aber Dinge ändern sich nun mal.“ Mit einem Lächeln fuhr sie fort: „Kinder werden größer, obwohl wir Eltern uns immer wünschen, ihr bliebet so klein und abhängig von uns wie als Babys. Und irgendwann wirst auch du ausziehen und dir ein eigenes Leben aufbauen.“
„Das ist doch ganz was anderes“, sagte Nele, „ihr seid doch verheiratet.“
„Stimmt“, räumte ihre Mutter ein, „aber eine Ehe heißt nicht unbedingt, dass man das ganze Leben zusammenbleibt. Natürlich, wenn man sich verliebt und wenn man heiratet, glaubt man, dass es für immer ist. Doch auch Menschen verändern sich im Laufe ihres Lebens, und auf einmal merkt man, dass man gar nicht mehr zusammenpasst.“
„Aber ihr habt doch Kinder“, warf Nele ein.
Wieder lächelte ihre Mutter. „Klar, aber deshalb muss man doch nicht zusammenbleiben. Außerdem bleibt ihr doch unsere Kinder und wir eure Eltern, ob wir nun zusammenleben oder in zwei getrennten Wohnungen.“
Nele hatte das Gefühl, dass sie über all das erst mal nachdenken musste. Aber eine Frage hatte sie doch noch: „Hast du Papa denn überhaupt nicht mehr lieb?“
Ihre Mutter antwortete nicht sofort, sondern musste einige Zeit überlegen. Dann sagte sie: „Doch, irgendwie schon. Aber anders als früher. Jedenfalls bedauere ich nicht, dass ich ihn mal geheiratet habe. Und ich bin froh, dass wir uns auch jetzt nicht streiten, sondern vernünftig miteinander umgehen. Allein schon wegen euch beiden.“
Sie drückte Nele nochmals fest an sich und stand dann auf. „Jetzt muss ich aber dringend weitermachen. Sonst werden die Vorhänge für Papas Wohnung nie fertig.“
Nele erhob sich ebenfalls und stieg langsam und nachdenklich die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. Sie legte sich auf ihr Bett und starrte an die Decke. So richtig verstehen konnte sie zwar nicht, warum die Eltern nicht mehr zusammenbleiben wollten. Aber sie verstand jetzt, dass diese Entscheidung nichts mit ihr oder mit Julia zu tun hatte. Und sie verstand, dass sie nichts dagegen machen konnte.

Am nächsten Tag sollte der Umzug ihres Vaters sein. Beim gemeinsamen Abendessen schlug er vor: „Wollt ihr mich nicht gleich am nächsten Wochenende mal besuchen? Ich werde versuchen, dass ich bis dahin alles halbwegs vernünftig eingerichtet habe.“
Julia nickte begeistert. Nele stocherte mit ihrer Gabel im Kartoffelsalat herum und sagte dann, ohne den Vater anzusehen: „Klar, warum nicht? Ich habe deine Wohnung ja noch nicht einmal gesehen.“
Erstaunt sah ihr Vater sie an. Dann erschien ein dankbares Lächeln auf seinem Gesicht, und Nele, die nun den Kopf gehoben hatte, lächelte ihn ebenfalls an.
Julia fragte: „Mama, kommst du auch mit?“
Ihre Mutter meinte: „Nein, das ist keine gute Idee. Macht ihr das mal lieber mit Papa alleine.“
„Wir drei werden es uns in meiner neuen Wohnung richtig gemütlich machen“, sagte ihr Vater und versprach: „Ich backe euch auch einen Kuchen.“
Diesmal war es Nele, die verwundert aussah: „Aber du kannst doch gar nicht backen, Papa.“
„Hast du eine Ahnung“, lachte ihr Vater, „du wirst an mir jetzt ganz neue Seiten kennen lernen.“

 

Hallo Andrea!

ein wichtiges Thema. In manchem machst Du es noch sehr einfach - dass die kleine Schwester so schnell begeistgert ist, dass es bei einem Gesprächsversuch des Vaters bleibt ... aber andereseist wäre es sonst keine kg mehr, sondern ein ganzer Roman. :shy:

Schön finde ich den Schluss, happy end für Kinder ist wichtig - du zeigst, wie es Deine Prot dann doch irgendwei schafft, etwas versöhnter zu sein, und wie es für alle etwas neues ist.

"Am nächsten Morgen blieb Tanja wieder so lange in ihrem Zimmer, bis sie ihren Vater und Julia wegfahren hörte." Tanja?? ;)

schöne Grüße
Anne

 

Hallo Anne,

ich habe an dieser kg ziemlich lange geschrieben, und es gab mehrere Versionen (in einer hieß die Hauptfigur Tanja; die ist mir daher an einer Stelle nochmal "reingerutscht" :Pfeif: ). So richtig zufrieden bin ich mit der Geschichte eigentlich noch nicht. Ich habe sie daher einfach mal hier reingestellt, um zu sehen, was für Reaktionen kommen, und bin (angenehm) überrascht, dass du keine wesentlichen Kritikpunkte findest (kann ja von den anderen noch kommen.....).

Auch ich halte es für wichtig, dass Kindergeschichten, auch wenn sie ernste und traurige Themen behandeln, mit einem positiven Ausblick enden. Um es mir dabei etwas leichter zu machen, habe ich die Trennung der Eltern hier auch recht konfliktfrei dargestellt. Dass Ehegatten so fair wie Neles Eltern miteinander umgehen, kommt zwar vor; ist aber sicherlich eher die Ausnahme. Ich habe vor, zu dem Themenbereich Trennung/Scheidung weitere Kinder-kg zu schreiben und habe auch schon ein paar Ideen. Aber es ist richtig schwer, die belastenden Erfahrungen, die Kinder dabei machen, so darzustellen, dass es doch noch so etwas wie ein "Happy End" gibt.

Liebe Grüße

Andrea

 

Hallo Wossibär,
du hast dich auf das wohl schwierigste Thema überhaupt eingelassen.
Schön wäre es, wenn es so ablaufen würde , wie du es beschreibst.
Es ist richtig, Kinder brauchen auch literarisch eine Stütze bei Trennungen.
Es ist dir gelungen, das Ende einigermaßen positiv zu gestalten.
Da es so viele Scheidungen gibt, muß mehr Literatur für die betroffenen Kinder her.
Aber wie soll man es anfangen? Ich bin kein Scheidungskind und auch meine Söhne sind glücklich verheiratet (toi,toi,toi).
Wenn ich mir vorstelle, wie eine Trennung meine 4 Enkelkinder belasten würde!
Nicht auszudenken! Versucht Euch an dieser Literatur. Ich kann es nicht!
Liebe Grüße
staunebär

 

Hallo Stauni,

ich denke, dass es immer schwierig ist, ernste oder traurige Problematiken "kindgerecht" darzustellen. Das gilt nicht nur für den Bereich Trennung/Scheidung, sondern auch für solche Themen wie Tod, Krieg oder Gewalt (leider ja alles Erfahrungen, die man manchmal von den Kindern nicht fernhalten kann). Dass ich mit dieser Geschichte das Thema Trennung/Scheidung aufgegriffen habe (und auch noch weitere Geschichten dazu schreiben möchte), hängt mit meinem beruflichen Hintergrund zusammen. Ich bin Anwältin, mache schwerpunktmäßig Familienrecht und werde daher immer wieder (auch) mit den Folgen von Trennungen/Scheidungen für Kinder konfrontiert. Und ich muss dir recht geben: es gibt, obwohl so viele Kinder irgendwann davon betroffen sind, kaum Literatur dazu. Ich werde also sicherlich an dem Thema "dranbleiben" (und wünsche deinen Enkelkindern, dass sie diese Gechichten nie interessieren werden...).

Liebe Grüße

Andrea

 

Hey Wossibär
Also ich finde die Geschichte ebenfalls gelungen. Sie ist gut geschrieben und realitätsecht. Besser als eine von mir, die ich mal zu diesem Thema geschrieben habe. Vor allem der letzte Satz gefällt mir gut. Nele und Julia können den Vater nun von einer ganz neuen Seite kennenlernen und sehen, was er vielleicht auch alles kann, was nur früher die Mutter gemacht hat. Ein schöner Schluss.

„Papas Wohnung ist toll“, rief sie, „die Zimmer haben keine richtigen Türen, sondern welche, die man auf- und zuschieben kann. Und es gibt einen ganz kleinen Balkon. Und es gibt ein Zimmer extra für uns. Papa hat mich gefragt, wie er das Zimmer anmalen soll. Und ich habe gesagt, Blau, weil Blau doch deine Lieblingsfarbe ist.“Ich weiß nicht, spricht ein vierjähriges Kind schon so gut? Ich weiß nicht genau, vielleicht bin ich da auch ein wenig zu pingelig.
:Pfeif:

Also gelungen und gut :thumbsup: :thumbsup:
MfG Leana

 

Hallo Wossibär,

ich fand deine Geschichte gut, denn du hast ein sehr schwieriges Thema gut rüber gebracht.
Ob alles in dieser Form realistisch ist, das heißt, ob sich die Kinder wirklich so schnell damit abfinden etc. sei dahingestellt - aber ich kann mir gut vorstellen, dass ein Kind, dass in einer solchen Situation steckt, in deiner Geschichte Hilfe findet!

Einzige Anmerkung: Der Vater sagt die Kinder könnten ihn am Wochenende besuchen. Wenn sie wollten auch öfter als jedes zweite Wochenende.

Das mit dem "öfter als jedes zweite Wochenende" hat mich gestört. Ich denke du zielst damit auf die Besuchsregelung ab. Passt mir aber nicht, weil das Kind nicht weiß, dass es eine solche Regel gibt.

Schöne Geschichte!

Bella

 

Hallo Leana,

danke für das Lob. Deine Geschichte zu dem Thema würde mich schon interessieren (besser oder nicht, ist doch sowieso nur ein subjektiver Eindruck...). Aber in deiner Geschichtenliste habe ich sie nicht gefunden?!

Sprachfähigkeit und Ausdrucksfähigkeit von Kindern ist, glaube ich, ein ständiges Thema auf kg.de (jedenfalls bei den Kindergeschichten). Da ist jedes Kind sowieso unterschiedlich, und Julia ist da schon etwas weiter (außerdem ist sie 4 Jahre und 11 Monate alt ;) ).

Liebe Grüße

Andrea

 

Hallo Bella,

danke für deinen Hinweis. Für mich war es natürlich ganz logisch, dass das Umgangsrecht (wie es halt so üblich ist) grundsätzlich alle zwei Wochenenden stattfindet. Aber das weiß weder Nele, noch wissen es die meisten anderen Kinder. Habe ich deshalb sofort geändert.

Liebe Grüße

Andrea

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Andrea

Ah ja klar, kein Wunder das sie dann schon sooooo gut sprechen kann, wenn sie fast schon fünf ist. :D Das es schon öfter Thema ist wusste ich nit, lese noch nit lange die Geschichten hier. Ich habe sie ja auch nicht reingestellt. Sie ist nur eine Seite, also elend kurz. :Pfeif: Aber wenn du sie unbedint lesen magst, kann ich ja mal gucken ob sie gut genug ist für diese Seite hier und ob sie den Kritiken zumindest ein wenig standhält. ;) ;)

MfG
Lea

 

Buddel, Buddel
Hi Andrea,
ich weiß nicht ob du das Geschichtchen hier schon eher als Meisterwerk ansiehst?
Aber ich mag die Geschichte nicht so sehr wie die anderen Kritiker in der Kommentlieste.:(
Zum einen muss ich natürlich ein Lob aussprechen das du dich hier an ein Thema herangewagt hast bei dem mir die Füße doch zu heiß werden würden aber ich finde sie nicht gelungen.
Ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass ein Alltagsthema, die Scheidung von Eltern, aus der Sicht eines Kindes beschrieben wurde und war erstmal verdutzt warum ich so was nicht unter der Rubrik Alltag finde.
Die Geschichte ist von der Sprache zwar Kindgerecht gehalten aber ich weiß nicht ob das Thema passt. Es gibt Themen die ich nur äußerst schwer mit einer Kindergeschichte verbinden kann, die Scheidung der Eltern gehört zu diesen Themen.
Nach meiner Meinung ist es bei Scheidungskindern hilfreicher, dass sich die Eltern weiterhin ganz natürlich unterhalten, dass zusammen mit den Kindern was unternommen wird und das den Kindern in einer solchen Situation erhöhte Aufmerksamkeit von Seiten der Eltern zukommt.

Na ja, langer schwaffel kurzer Sinn, die Frage, warum Pappa und Mama nicht mehr miteinander können, kann ein Geschichte nicht beantworten, sie ist individuel und ein wichtiger Teil eines Verarbeitungsprozesses, welchen das Kind durchmachen muss.
Ich kann nicht erkennen wie diese Geschichte einem Kind hilft, das sieht: Mama und Papa haben sich nicht mehr lieb.
Ich kann mich den Meinungen der anderen also nicht anschließen und muss sagen als Kindergeschichte gefällt mir das ganze nicht.
Als Sozialstudie über das Thema Scheidung aus der Sicht eines Kindes, finde ich das ganze sehr gelungen aber wenn ich mir vorstelle einem Scheidungskind diese Geschichte vorzulesen oder lesen zu lassen kann ich mir nicht vorstellen, dass dies dem Kind weiterhilft zu verstehen oder zu akzeptieren.
Meine persöhnliche Meinung zu diesem Thema ist, dass eine Geschichte über Scheidung in einem späteren Alter mehr Sinn macht. Für Scheidungskinder in der Pubertät kann ich mir eine solche Stoy eher vorstellen, da hilft eine solche Geschichte dann vielleicht auch bei der Verarbeitung. Dann müsste eine solche Geschichte aber vom Stil her ganz anders gechrieben werden.

Na, ja, man liest sich
Nice

 

Hallo Nice,

heftiger Widerspruch! Ob die Geschichte gelungen ist oder nicht, das kann ich bei dieser kg. am wenigsten beurteilen, aber deinen Vorschlag, das Thema Trennung/Scheidung gar nicht in einer Geschichte für diese Altersgruppe zu "verarbeiten", kann ich nicht akzeptieren. Angesichts der Häufigkeit von Scheidungen sind eine Vielzahl von Kindern von dieser Problematik betroffen, und in sehr vielen Fällen läuft das bei weitem nicht so harmonisch ab wie in meiner kg. Was ich dabei immer wieder beobachte, ist dass weder die Eltern miteinander noch mit dem Kind/den Kindern reden können, und das führt dann auch bei Kindern dazu, dass sie ihre Ängste nicht "rauslassen" können, dass sie niemanden haben, mit denen sie drüber reden können (die Eltern und oft auch das sonstige familiäre Umfeld sind ja mit den eigenen Problemen beschäftigt) und dass dadurch Konflikte entstehen, die eigentlich zu vermeiden wären.

Ich kann mir schon vorstellen (bzw. hoffe es), dass gerade wenn Kinder und ein Elternteil solche Geschichten wie meine gemeinsam lesen, sich darüber ein Gespräch entwickelt: zunächst über die Situation bei Nele und ihrer Familie, und dann vielleicht auch über die eigene Situation.

Außerdem bin ich grundsätzlich der Meinung, dass Kinder über das Lesen/Vorlesen auch (altersentsprechend) die Möglichkeit haben sollten, sich mit "Problemthemen" auseinanderzusetzen - jedenfalls dann, wenn sie selbst diese Probleme erleben (müssen). Was das Thema Tod angeht, gibt es interessanterweise auch etliche Kinderbücher, zum Thema Trennung/Scheidung dagegen nur sehr wenig.

Du merkst, mir liegt das Thema sehr am Herzen!

Liebe Grüße

Andrea

 

Hallo Wossibär!

Ich finde Deine Geschichte zu konfliktfrei. So, wie sie ist, würde ich sie eher für Erwachsene empfehlen - als gutes Beispiel, wie man es machen kann.
Aber wenn Kinder diese Geschichte lesen, die selbst gerade in so einer Situation stecken, wird ihnen Deine Geschichte keine Hilfe sein - eben deshalb, weil, wie Du schon sagst, es im wirklichen Leben oft nicht so harmonisch abläuft. Was fängt ein Kind, dessen Eltern sich wüst beschimpfen, damit an? Es wird sich höchstens Leid sehen, weil es ihm nicht so gut geht, wie den Kindern in Deiner Geschichte. Es weiß dann zwar, daß es auch anders gehen könnte, wünscht sich vielleicht sehnsüchtig ein Zimmer in Papas Wohnung, aber seine Situation ändert sich dadurch nicht. Die Kinder können ja nicht beeinflussen, wie die Erwachsenen damit umgehen - deshalb fände ich Deine Geschichte in Alltag passender.

Eine in meinen Augen gute Kindergeschichte zu dem Thema würde den Kindern zum Beispiel aufzeigen, wie sie damit umgehen können, wenn der Papa über die Mama schimpft und umgekehrt, wenn es zum Telefon zwischen den Eltern wird, die kein Wort miteinander reden, sich höchstens feindselige Blicke zuwerfen, usw.

Vom Stil her finde ich sie gut gelungen, allerdings finde ich die Dialoge teilweise recht unnatürlich.

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hi Andrea,

ich stimme Susi in weiten Teilen zu. Kinder, bei denen eine Scheidung derart harmonisch abläuft und nach zwei Wochen heiter Sonnenschein herrscht, wie es in der Geschichte der Fall ist, brauchen gerade derart problemorientierte Geschichten nicht so dringend. NAtürlich müssen auch sie mit der Situation klar kommen, aber die beiden Mädchen in der Geschichte haben ja Mama und Papa, die sich sehr intensiv um die Kinder kümmern, mit ihnen sprechen und sich trotz allem ja noch lieb haben, wenn auch 'anders als früher'.
Das heißt jedoch nicht, dass die Geschichte nicht gelesen werden soll. Ich finde aber, dass sich Eltern den Inhalt im Vergleich zu ihrer eigenen Situation sehr genau anschauen müssen, ob die Geschichte für sie geeignet ist.
Während ich das schreibe, fällt mir jedoch auf, dass das ja im Grunde für alle konflikt- und problemverarbeitenden Geschichten zutrifft.
Deine Geschichte gefällt mir vom kindgerechten Stil über eine durchdachte Handlungsstruktur bis hin zu deinem Mut, ein solches Thema aufzugreifen sehr gut.
Vielleicht solltest du einfach noch ein paar Teile schreiben, in denen dann Familiensituationen beschrieben werden, die nicht so harmonisch ablaufen. ;)
Die Fünfjährige (oder fast fünf ;)) ist ja im Grunde von Anfang an begeistert, was ich sehr unglaubwürdig finde, auch wenn die Kinder merken, dass sie nicht schuld sind und weder Mama noch Papa verlieren werden. Trotzdem wird das, was für sie bis jetzt die Welt war, zerstört, verändert. Und Fünfjährige verstehen das auf jeden Fall schon bei der ersten Erklärung, dass sich gravierende Veränderungen anbahnen, wenn der Papa eine eigene Wohnung hat und ohne die drei Frauen umzieht.

Eigentlich wollte ich nicht, dass daraus eine negative Kritik wird, sollte es sich so anhören, denn ich habe die GEschichte sehr gern gelesen und bin begeistert davon zu merken, wie viele Gedanken du dir gemacht und wie genau du geschrieben hast.
Es ist eben eine Geschichte für 'glückliche' Scheidungskinder. Die Kinder, die wirklich heftig darunter leiden, deren Eltern nur schreien und die Kinder gegeneinander ausspielen, sollten diese Geschihcte eher nicht hören.

Kitana

 

Hallo Susi, hallo Kitana,

eure Kritik, dass in meiner kg. alles viel zu harmonisch abläuft, ist genau das, was auch ich schon beim Schreiben empfunden habe. Ich glaube, ich habe noch keine kg. so oft umgeschrieben und geändert wie diese. Irgendwann habe ich sie dann einfach mal hier reingestellt, um eine Resonanz zu bekommen.

Geschichten, die die Thematik "realistischer" darstellen, sind einfach furchtbar schwierig, zum einen, weil man in einer kg. ja nur begrenzt "Platz" hat, zum anderen, weil mir schon wichtig ist, eine Kindergeschichte mit einer positiven Botschaft enden zu lassen. Diese kg. war jetzt erstmal ein "Einstieg". Ich arbeite schon an zwei weiteren (mit denen ich mich aber auch ziemlich herumquäle, außerdem habe ich derzeit kaum Zeit zum Schreiben). mal sehen, wie euch die dann gefallen werden....

Liebe Grüße

Andrea

 

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