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Paul
Paul
Piep-Piep...Piep-Piep! Gut, dass ich gerade allein bin, so weiß ich jedenfalls, dass es mein Handy ist, das dieses allgegenwärtige Geräusch von sich gibt.
-->Paul
steht auf dem Display. Es gibt nur einen Paul, dessen Nummer in meinem Telefon eingetragen ist. -->Paul, dieser Name stand schon lange nicht mehr, wohl schon etwa drei oder vielleicht sogar vier Monate auf dem Minibildschirm.
„Würde mich freuen, dich bald einmal wieder zu sehen. Liebe Grüße, Paul“
„Ja, darüber würde ich mich auch freuen! d;-)“
4 Minuten später:
Piep-Piep...Piep-Piep!
--> Paul
„Wie wäre es Donnerstag – wieder in der Nachtgalerie?“
„Gern, wie wäre es mit 22.00 h?“
3 Minuten später:
Piep-Piep...Piep-Piep!
--> Paul
„22.00 h, Nachtgalerie am Donnerstag. Ich freu mich auf dich, lieber Gruß, Paul“
Die wie zufällig wirkenden Berührungen an meinen Schenkeln, die freundschaftlichen Umarmungen, die uns damals zum ersten Mal haben näher kommen lassen, steigen als Erinnerung in mir auf. Das wohlige Kribbeln in meinem Bauch wird wieder stärker. Die ganze Zeit, seit wir das letzte Mal zusammen waren, ist mir dieses Gefühl mehr stärker als schwächer präsent. Und nun, da wir uns endlich wieder sehen, ist es fast unerträglich diese Sehnsucht auszuhalten. Noch 51 Stunden bis zum Augenblick, an dem wir uns wieder anlächeln, wir wieder reden und uns endlich wieder küssen werden. So wie an dem Wochenende im Mai. Wir gingen zusammen aus, er und ich – für alle Anwesenden ein wohl merkwürdiges Paar. Prosecco auf Eis zum Anstoßen auf einen schönen Abend. Es war ein schöner Abend. Der Blick in das mir so gut bekannte Gesicht, da ich es schon zuvor immer ansah, wenn ich Gelegenheit dazu hatte. Die Grübchen, der Drei-Tage-Bart, der Blick...die schmalen roten Lippen.
Am Morgen sah ich ihm zu, wie er schlief, friedlich und entspannt einfach dalag. Ich ließ den Abend, diese eine Nacht Revue passieren.
Etwas beschwippst vom Prosecco und von einander, waren wir durch die Haustür gestolpert, lachten und küssten uns. Immer und immer wieder. Immer und immer weiter. Seine warme und weiche Haut unter dem Hemd und seine sanften Lippen forderten mehr. In Zeitlupe zogen wir einander aus um den ersehnten Moment, obwohl er kaum abzuwarten war, hinaus zu zögern. Seine Hände glitten über meinen zitternden Körper, sein Mund berührte jeden Millimeter meiner Haut, meines Schoßes. Unsere Körper bebten vor Erregung, schwitzten vor liebender Anstrengung und waren einander so nah. Ich bewegte mich zuerst ganz langsam, dann immer schneller auf ihm, beobachtete, wie sich seine Hände in Ekstase ins Laken vergruben bis auch ich schließlich im Rausch meiner Sinne erschöpft und glücklich auf ihm zusammensank, um dann ganz dicht neben ihm ein zu schlafen.
Mit diesen Erinnerungen sah ich ihn damals an. Ich wollte ihn nicht wecken und schlich mich hinaus. Auf einem Blatt Papier versprach ich, mich zu melden, tat es aber schließlich nicht sondern dachte nur: Das hätte nie passieren dürfen! Es ist leichtsinnig und unvernünftig, aber... es ist auch was es ist. Und jetzt, vor wenigen Minuten stand --> Paul auf meinem Display.
„Kommst du mit ins Wasser? Sarah?“ Binnen weniger Sekunden fand ich mich zurück am Ufer des kleinen Sees in meiner Stadt. Ich war eingeschlafen. Ich sah in Svens Gesicht. Nichts. Da war nichts. „Nein, nicht jetzt.“
„Hallo Paul! Wie geht´s dir? Was machst du gerade? Es wäre schön, dich bald einmal wieder zu sehen! Liebe Grüße, Sarah“
Piep-Piep...Piep-Piep!
--> Paul
„Korrigiere gerade Klausuren. Dachte schon, du hast mich vergessen, ich würde mich auch freuen, dich wieder zu sehen!“