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Pickelcréme

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09.02.2004
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Pickelcréme

Samstagnachmittag. Ich freue mich auf meine Wellness-Stunde die ich mir jedes Mal gönne, wenn der Stress seine Zähne zeigt. Schliesslich will man ja nicht, dass der Stress irgendwann sein pralles Bäuchlein reibt und zufrieden drein guckt.

Ich drücke die Tür zur Apotheke auf, ding-dong, steuere direkt auf meine Lieblingscreme zu, sehe sie nicht gleich auf den ersten Blick, ach doch, da ist sie, neue Verpackung. Gerade krame ich sie aus dem Regal, als schon eine Verkäuferin auf mich zukommt. ALLE Menschen die in einem pharmazeutischen Haus arbeiten, sehen irgendwie jeden Tag aus, wie frisch aus dem Ei gepellt. «Kann ich Ihnen helfen?», fragt sie mich mit ihrem Odol-Med3-Lächeln und strahlt bis über beide Ohren. Ach, was bin ich doch Schoßkind des Glücks. Einmal habe ich es geschafft, schneller als eine Verkäuferin zu sein und diesmal wirklich nur das zu kaufen, was ich auch brauche.

Ich strahle zurück und sage: «Ne, lieben Dank, hab schon gefunden was ich brauche». Triumph. Triumph. Sie beäugt mich von oben bis unten und dann die Packung in meiner Hand. Sie frisst mich gleich auf mit ihrem Colgate-Zahnseiden-Gebiss. Ich werde verlegen und spüre, wie mir das Blut in die Wangen schiesst. «Wo bitteschön haben Sie denn Pickel?», blafft sie mich an. Nun sag schon irgendwas. Irgendwie fällt dir doch sicher was ein. Komm schon… Ich sage: «Keine mehr, aber wenn sie wieder einmal kommen sollten, dann bin ich bereit. Auf in den Kampf gegen Eiter und Poren!» Wieder einmal typisch. Ich versuche witzig zu sein und mein Gegenüber zieht nicht mal den Mundwinkel hoch. Aber vielleicht kann diese Tante das nicht mal mehr. Oil-of-Olaz-Nebenwirkungen sozusagen.

Ich versuche sachlich zu bleiben und erkläre ihr, dass ich wirklich nur diese eine Creme brauche und gleich wieder verschwinde. Ich bin ihr anscheinend aber alles andere als lästig, denn sie hält eine Predigt über Hauthygiene. «Was du brauchst, ist etwas vorbeugendes. Um die Poren zu reinigen und anschliessend zu verengen. Hierzu empfehle ich dir diese Lotion», sie zieht ein Mittel aus der Schublade und hält es mir unter die Nase.

Ich tue so, als ob ich die Tube studieren würde und lehne dann enttäuscht ab: «Sorry. Zu teuer.» Clever, dieser Schachzug, denke ich mir, und sehe mich schon auf meinem Fahrrad nach Hause düsen. «Was benutzt du denn für eine Tagescréme?», fragt sie mich und ich entdecke ein Fliegenbein an ihren Wimpern. Wie heisst es? Gewagter dreissig-Grad-Schwung? «Nivea», sage ich. Und was dann kommt, ist für gewöhnlich die Reaktion auf einen heftigen Gruselfilm; sie reisst die Augen so weit auf, dass glatt zwei Smarts darin parken könnten und kreischt: «Sind Sie wahnsinnig??!?». Ne du, in Ordnung. Eine Firma die bestimmt schon hundert Jahre existiert, die wird doch sicher nur Scheisse produzieren. Haste recht. Dagegen ist ein Mittel auf dem «neu» steht garantiert viel viel besser. Zimtzicke.

Ich stelle mir vor, dass ich keinen Widerstand mehr leiste und einfach sage: «Auf Wiedersehen», meinen Po zusammenkneife (ich würde ja nicht wollen, dass sie auch noch auf die Idee kommt, mir Cellulite-Créme aufzuschwatzen. Zwar bin ich erst zwanzig, was für diese Frau jedoch bestimmt kein Hindernis wäre. Ich würde Gott danken, dass ich nicht barfuss bin – sonst bräuchte ich nachher bestimmt noch einen Bimstein zu kaufen. Und dazu die passenden Bama-Schuhe-wie-Barfuss-Galoschen) – und gehen würde.

In Wirklichkeit könnte ich heulen, als ich nach einer halben Stunde immer noch in dieser blöden Apotheke stehe. Frau Frisch-aus-dem-Ei-gepellt hat mir mittlerweile von ihren Eiterbeulen und Hühneraugen erzählt, davon, dass sie es nicht mag wenn ihr Freund die Zahnpastatube nicht zuschraubt und Urinstein doch so furchtbar hartnäckig ist. Gleich wird sie mich an ihren Busen ziehen und losflennen und sich über diese gemeinen Bakterien beschweren die überall rumschwirren. Es ist ein Albtraum. Damit sie endlich Ruhe gibt, lasse ich mich breitschlagen und kaufe wenigstens eine Créme.

Das war das erste Mal in meinem Leben dass ich froh gewesen wäre, kein Geld und ein paar Pickel zu haben. Der Stress reibt sich jetzt die Wampe und ich habe Pickel, weil ich die Créme nicht vertrage.

 

Hi Sternenkatze,

Eigentlich wundere ich mich, dass es bis jetzt noch keine Rückmeldung auf deine Geschichte gegeben hat. Nun jaa, jetzt hat sich das ja geändert.

Ich habe deine sehr gut und pointiert geschrieben. Viele kleine versteckte Gags sind eingebaut, nur leider finde ich das Ende etwas überhastet. Ich glaube dass hättest du noch besser lösen können. Es ist etwas, naja unglaubwürdig, wenn die Apothekerin der Kundin ihr Seelenleid beichtet und dann auch noch zu flennen beginnt. Vielleicht fällt dir noch etwas ein, um die Geschichte noch besser abzurunden.

Aber im Großen und Ganzen hat mir die Geschichte gut gefallen.

mfg stille Feder

 

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