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Pizzataxi

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12.05.2004
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Pizzataxi

Seit drei Jahren fahre ich jetzt schon Pizza aus. Trotzdem ist mir so was noch nicht passiert. Dabei hat Achmed eben noch rumgeflachst, als er mir die Bestellung in die Hand gedrückt hat: „Viel Spaß! Die hat eine total sexy Stimme!“

Die hat sie wirklich. Vor allem aber hat sie so eine Wäsche-Negligé-Kombination an, die ich bisher nur aus irgendwelchen Katalogen kannte. Sie steht in der Wohnungstür und lächelt mich an. Ich stelle mich ein bisschen blöd an, als ich die zwei Pizzakartons aus der Warmhaltebox herausklaube und fast wäre mir eine der Pizzen aus der Hand gerutscht.

„Komm doch einen Moment rein“, sagt sie und tritt einen Schritt zur Seite, „ich muss erst noch mein Geld suchen.“
Na, kein Problem. Mach ich doch gerne.

Ich stehe dumm im Flur und schaue ihr zu, wie sie in einer riesengroßen Handtasche herumwühlt. Sie beugt sich dabei vor und lange blonde Haare fallen ihr vors Gesicht. Andere Teile ihres Körpers sind dafür umso besser zu sehen. Wenn ich jetzt einen Fotoapparat hätte, könnte ich die Bilder wahrscheinlich problemlos an den Playboy verkaufen.

Das Telefon klingelt. Die Schöne unterbricht ihre Wühlarbeiten und lächelt entschuldigend. Das Gespräch ist kurz.
„Ja…die Pizza ist gerade gekommen…wie? wieso?...na dann eben nicht“
Sie seufzt, als sie den Hörer wieder auflegt.
„Stimmt was nicht?“, frage ich, wohl eher, um überhaupt was zu sagen.
Sie macht eine hilflose Geste, die irgendwie ein Nicken und ein Kopfschütteln und ein Achselzucken gleichzeitig ist. Dabei stülpt sie die Unterlippe vor und bläst gegen ihren Pony. Süß!
„Mein Date hat mich gerade versetzt. Jetzt hab ich eine Pizza übrig.“
„Das tut mir leid. Aber wenn du magst, nehme ich sie wieder mit. Ich könnte sagen, die Zutaten waren falsch oder sie sei zu kalt gewesen.“ Mein Chef würde mich erwürgen, wenn er das jetzt gehört hätte. Aber was soll’s. Besondere Situation, besondere Maßnahmen.
„Ich dachte eher … Hast Du nicht vielleicht Lust mir beim Essen Gesellschaft zu leisten? Oder magst Du keine Artischocken?“

Mag ich wirklich nicht. Genaugenommen sind Artischocken so ziemlich das widerlichste Gemüse, das ich kenne. Aber das werde ich ihr jetzt bestimmt nicht sagen. Eigentlich bin ich gerade gar nicht recht in der Lage, überhaupt was zu sagen, sondern grinse nur blöd und nicke heftig.

„Dann komm doch rein und setz Dich. Entschuldige, dass es so unordentlich ist.“
Ich lasse mich auf eine Couch im Wohnzimmer fallen. Sie räumt ein paar Kissen und eine aufgeschlagene Zeitung neben mir zur Seite. Dabei kommt sie mir verdammt nahe. Sie riecht nach Vanille und irgendetwas Blumigem. Einerseits wage ich kaum zu atmen, andererseits möchte ich möglichst viel von diesem Geruch in mich aufsaugen.

Sie verschwindet in der Küche, um Teller und Besteck zu holen. Dann schleppt sie von irgendwo noch eine Flasche Rotwein und einen Korkenzieher an.
„Möchtest Du?“
Und ob ich möchte. Sie holt Gläser, während ich mich daran mache, den Wein fachmännisch zu entkorken und darum bete, dabei nichts über den hellen Teppich oder die Couch zu kippen. Das Schicksal meint es ausnahmsweise einmal gut mit mir. Gerade noch rechtzeitig fällt mir ein, dass man nicht am Weinkorken schnüffeln soll, wenn man sowieso nichts davon versteht und ich lasse es.

Dann sitzen wir da, essen Pizza und trinken Rotwein. Reden tun wir nicht viel. Lächeln dafür umso mehr. Sie sitzt ziemlich weit weg, mindestens einen halben Meter. Ich hätte sie gerne etwas näher bei mir, weiß aber nicht so genau, wie ich das anstellen soll. Kurze Zeit später hat sich mein Problem erledigt, als sie zu mir auf die Couch rutscht. Angeblich, weil sie von da den Fernseher besser sehen kann. Der Ton ist abgestellt. Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass wirklich die politische Talkrunde der Grund für ihr Näherkommen ist.

Vorsichtig greife ich fürs Erste nach dem Saum ihres erdbraunen Negligés. Der Stoff ist glatt und kühl. Satin, glaube ich, würde es jetzt aber nicht riskieren, das laut auszusprechen, aus Angst, dass das doch nicht der richtige Name dafür ist.
„Ich wusste nicht, dass es Leute gibt, die so etwas wirklich tragen“, spreche ich das Erste aus, was mir in den Sinn kommt. Im gleichen Moment könnte ich mich dafür ohrfeigen. Das war ja wohl mal der Welt dümmste Bemerkung.

Überraschenderweise scheint sie das nicht so zu sehen.
„Ich trage total gerne schöne Wäsche“, sagt sie.
„Steht Dir auch gut!“, wage ich einen weiteren Vorstoß.
Mein Gott, warum muss das so kompliziert sein. Sie will doch offensichtlich. Ich auch. Müssen wir uns da durch dieses Minenfeld verbaler Kommunikation hangeln? Trotzdem, für den Griff nach ihrem Knie oder anderen körperlichen Annäherungen scheint es mir noch etwas früh. Aber verlockend ist die glatte Haut ihrer Beine schon. Ich greife nach meinem Weinglas und streife dabei ganz zufällig ihren Schenkel. Sie lässt es geschehen. Ich spüre deutlich, wie sie sich leicht an mich lehnt.

Dann steht sie auf, ihre Hand stützt sich dabei sanft auf meine Schulter. Sie geht zum Fenster und sieht nachdenklich hinaus in die Nacht.
„Vielleicht ist es besser, wenn Du jetzt gehst“, sagt sie plötzlich.
„Hab ich was falsch gemacht?“
„Nein, aber es könnte sein, dass mein Freund doch noch kommt. Ich meine, da wäre es blöd…“
Ja, das wäre zugegebenermaßen ziemlich blöd. Ihr plötzlicher Sinneswandel trifft mich wie eine kalte Dusche. Es kommt mir gar nicht in den Sinn, zu protestieren. Ich stehe auf und lasse mich von ihr in den Flur und zur Wohnungstür begleiten.
„Tut mir leid…“, flüstert sie und sieht mich aus ihren großen grünen Augen an.
Mir tut es auch ziemlich leid. Vor allem tut mir leid, dass ich erst im Treppenhaus merke, dass ich vergessen habe, die Rechnung zu kassieren. Aber was soll’s. Immerhin habe ich gerade das erste Mal in meinem Leben eine Pizza mit Artischocken genossen.

Ich fühle mich leer und sexuell frustriert, als ich in die Nacht hinaustrete. Vielleicht sollte ich mir vor der nächsten Auslieferung noch schnell eine Toilette oder einen dunklen Parkplatz suchen. Doch im nächsten Moment hat sich das erledigt. Als ich zu meinem Auto komme, ist es nicht da.

Später, auf der Polizeiwache versuche ich dem Beamten zu erklären, warum ich das Auto unverschlossen und mit steckendem Zündschlüssel für eine halbe Stunde unbeaufsichtigt gelassen habe, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Er stutzt.
„War die Pizza für Marianne Braun, Schillerstraße 17?“, fragt er nach. Ich bejahe erstaunt.
„Es scheint, wir müssen uns mit dieser Dame mal ernsthaft unterhalten“, sagt der Beamte, „Sie sind der dritte Pizzabote in vier Tagen, dem da das Auto gestohlen wurde.“
Ich denke an ihre samtweiche Haut und komme mir vor wie ein totaler Idiot.

 

*schmunzel*

Hallo Missy

Tolle Geschichte! Guter Spannungsbogen und tolle Pointe. Ich hab sehr gelacht am Schluss. (für mich würde diese KG eher in die Rubrik "Humor" gehören, aber sie macht sich auch sehr gut in Erotik).

Du baust eine gute erotische Stimmung auf, ziehst sie auch durch die KG durch.
Bei der telefonischen Date-Absage, kam bei mir schon einwenig der Verdacht auf "hier ist was faul", aber ich lies mich einfach überraschen. Und der Schluss find ich einfach 'geil'! :D

:thumbsup:

Lieber Gruss
Muchel

 

Hej Missie,

ja, witzig geschrieben, sehr unterhaltsam und auch erotisch - besonders die ironischen Brüche durch die Gedanken des Prot ("Sie will doch offensichtlich. Ich auch. Müssen wir uns da durch dieses Minenfeld verbaler Kommunikation hangeln?") sind großartig! :thumbsup:

Das Ende ist gemein und überraschend, auch wenn ich durch die Absage auch geahnt hab, das da noch was kommen wird, war aber eher auf eine Menage a trois oder Vergleichbares gefasst. :D

Zugegeben, es ist unwahrscheinlich, dass ein Pizzakurier sein Auti unverschlossen und mit steckendem Schlüssel stehen lässt (das mache ich nicht mal beim Tanken), aber wirklich dramatisch ist es nicht. Movies Idee würds allerdings runder machen! ;)

LG
chaosqueen

 

Hej Predator,

sei doch bitte so gut und erkläre, warum Du die Geschichte nicht so passend für die Rubrik findest und was Dir gefallen hat. Ansonsten ist Deine Kritik leider nicht hilfreich.

LG
chaosqueen

 

Ich schließe mich den lobenden Posts an. Wirklich schön und spannend geschrieben und ein bisschen perfide, indem du zu Anfang voll in die Klischeekiste langst, so dass der Leser schon in Gedanken seinen Verriss formuliert. Und dann schlägt die Geschichte einen Haken. Gute Idee, gut realisiert.

Einen Verbesserungsvorschlag hab ich noch:

„Es scheint, wir müssen uns mit dieser Dame mal ernsthaft unterhalten“, sagt der Beamte, „Sie sind der dritte Pizzabote in vier Tagen, dem da das Auto gestohlen wurde.“

Real wäre die Polizei schon beim zweiten Boten hellhörig geworden. Der Plot würde glaubwürdiger, wenn die Dame (wie es wahrscheinlicher ist) unter diversen Aliasnamen ihre Schandtaten begeht, so dass der Polizist nur ganz allgemein seine Verwunderung über die Häufung der Fälle äußern würde.

LG, Chica

 

naja, ich finde, es ist an einigen stellen sehr spannend, aber leider an noch mehr stellen dem klischee nach geschrieben...
ich finde diese geschichte passt mehr zu humor oder spannung.... ich erkenne nur minimal erotik...

 

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