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Rückwärts gehen

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21.07.2004
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Rückwärts gehen

Eine Fläche, eine rein persönliche halbe Stunde, nicht endend. Sehe die Umrisse von nach oben gestreckten Armen, Händen, als dunkle Silhouetten. Eine einsame High Hat schlägt, langsam, schleppend, Rhythmus erzeugend. Weiße Scheinwerfer, langsam und unruhig über der Menge, streifend, suchend, nicht findend. Die High Hat verstummt. Für einen kurzen Moment Stille. Mir wird kalt. Nackenhaare sträuben sich. Die fläche kommt zurück, erst ganz leise, unter der Oberfläche, lauernd, dann ansteigend, sie legt sich über die Menge wie ein Netz, mit dem Start der Basslinie abrupt zugezogen. Ein rollendes, treibendes Wummern, Schreien und Kreischen und Pfeifen und Jubeln. Ich sehe mich um, sehe die weit aufgerissenen Augen, in Erwartung der Basedrum. Der DJ steht hinter dem Pult und grinst breit. Spannung. Erwartung. Dann schaltet er aus. Mit dem Ton erlischt das Licht. Verwirrte Stille. Dunkel. Schmecke die verbrauchte Luft. Höre etwas zischen, laut, unvermittelt. Dann kriecht es mir eiskalt den Rücken herauf. Der Raum füllt sich binnen Sekunden mit kaltem Kunstnebel. Die Menge pfeift. Aus den Boxen eine leise, hämische Stimme:
„jeden Tag beginnt der Verfall ein bisschen früher
damals wusste ich nicht warum dies mit mir geschieht
doch jetzt wo ich hier bin weiß ich wo ich hingehöre
ich gehöre zum Verfall
und der Verfall gehört zu mir
wie das Tageslicht zur Sonne
wir werden sehen wo die ganze Fahrt hin führt
doch ich bin mir ziemlich sicher dass ihr bald nachkommt...“
Die Fläche kommt zeitgleich mit dem Bass zurück, drei oder vier oder zwanzig Laser zerschneiden den Nebel. Die Welt ist Musik und blaues Licht. Der DJ versteht sein Handwerk. Die Pillen erledigen den Rest. Ich bin hier und nirgendwo anders.
Auf meine Pillen waren Smilys geprägt. "Willkommen zurück", mit einem zynischen und doch irgendwie väterlichen Lächeln.


(Zitat ist aus: "Der Verfall - Der Verfall#2, Nothing Records, 1999)
Hoffe jetzt keine Rechte verletzt zu haben...
j.

 

Hallo james,

und erstmal ein herzliches Willkommen hier auf kg.de :)

Du beschreibst die Situation sehr schön - die Diskothek, die Musik, die Menschen. Mir ist es nur ein wenig zu viel "Lebensgefühl", zu bruchstückhaft (wozu deine fetzenartige Sprache übrigens gut passt), zu wenig wirkliche Geschichte, Handlung. Die Idee gefällt mir wirklich gut, der Ort für die Geschichte ist interessant, aber ich glaube, du könntest mehr daraus machen. Wie wirkt sich die Atmosphäre z.B. auf die Menschen, auf die Gespräche, die Kontakte untereinander aus? Wie sieht das Leben des Prots aus, wie sieht er aus, mit wem ist er da, warum ist er da? Ich glaube, ich bin eifnach zu neugierig ;) Trotzdem: wenn ich es als das nehme was es ist, nämlich als Beschreibung eines Moments, eines Gefühls, dann gefällt es mir sehr gut.

Eine Sache ist mir aufgefallen:

Die Fläche kommt zurück, erst ganz leise, unter der Oberfläche, lauernd, dann ansteigend, sie legt sich über die Menge wie ein Netz, mit dem Start der Basslinie abrupt zugezogen.

Liebe Grüße
Juschi

 

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