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revolution in paradise

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03.01.2004
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revolution in paradise

Blut in trockenem Sand. Danach Dissoziation. Eine Weile nichts im Kopf. Dann ein euphorischer Schwall, wie ein Gesang. Als würde ein Engel schreien. Kribbeln, eine Druckwelle, die den ganzen Körper durchfährt. Der Blick wird schärfer, das Gehör präziser, der Atem schneller und man fühlt einen Augenblick wie tausend. So mussten sich die Samurai im Zweikampf gefühlt haben. Das Schwert über dem Kopf oder vor dem Körper, den Blick starr auf den Gegner fixiert. Seine Augen blitzen wie poliertes Metall. Das Leben macht sich bemerkbar wie nie zuvor. Es zeigt einem, wie wertvoll es eigentlich ist.

Langsam ebbte die Bewusstheit ab und alles stellte sich wieder auf die weltlichen Ereignisse ein. Blut in trockenem Sand. Ich wollte es nicht tun, ich wollte es nie mehr tun. Ein Schnitt auf meinem Arm, der so flach war, das er als der Kratzer eines Zweiges hätte durchgehen können, den man beim durchqueren des Waldes davongetragen hatte. Und doch verkrampfte sich meine rechte Hand, die das Taschenmesser hielt, in einem Anfall an Unbegreifen. Ich brauchte das nicht mehr. Mir ging es doch so gut. Doch ich konnte nicht genug von dem Gefühl des Lebens bekommen. Eine kranke Abhängigkeit von mir und diesem kleinen Stück Metall. Sah man ganz genau hin, so erkannte man die dünnen Narben auf dem Arm. Links dreizehn und rechts sieben. Pfurchen, in denen man Energie anpflanzte.

Ich lächelte und sah dabei zu, wie das Wasser immer näher kam. Man bemerkte die Flut in dieser kleinen Bucht nicht so stark, aber dennoch glitten die Wellen unaufhaltsam auf mich zu. Resignierend legte ich das Messer neben mich und beobachtete, wie sich die Ausläufer der dünnen Blutspur bereits wieder mit den Wellen vermengten. Der Sand wurde nass. Wieder dieses Gefühl.
Der nächtliche Strand verschwamm in tranceartigen Impressionen, die nicht von dieser Welt zu stammen schienen. So fühlte es sich an, wenn man an den Reglern des Zufalls spielte. Diese ganze Szenerie hatte etwas untypisches für mich, was ihr gerade diese Besonderheit gab. Letztendlich war ich doch nur für die Anderen ein verrückter. Physische Existenz kreiert sich aus Gedanken. Und wenn man keinen anderen Gedanken ausgeliefert war, dann bestimmte man selbst die Existenz. Oder nicht?

Heute Nacht durfte ich nicht zweifeln. Ich hatte das ganze Leben lang an dem gezweifelt, was ich war. Als ein kleiner Wolkenfetzen die Sterne über mir verdeckte, begann ich mich schwach zu fühlen. Dies war nicht die Nacht, um sich schwach zu fühlen. Ich würde genug Zeit haben, wenn ich im Flieger nach Hause sitze. Man kann das Paradies immer nur kurz berühren, wenn man sich in dieser Existenz befindet. Ich wusste nicht, wann es wieder so weit sein würde. Das war so etwas wie eine letzte Chance. Ein Mensch konnte sehr oft aufstehen, nur begrenzte sich diese Anzahl, wenn er dabei gezwungen wurde seine Luft anzuhalten ... und die Augen zu schließen. Ich hatte nie gesehen wer ich war, nur wer ich für die anderen sein sollte. Und langsam verlor ich den letzten Rest an Kraft.

Der Wind brachte das Blattwerk der Palmen zum rauschen. Der Strand war so einsam, so herrlich einsam. Es war ein kleiner Streifen, zu dem man nur auf dem Wasser gelangen konnte. Sachte pendelte das Jetski in den Wellen. Ich hatte es an einer weit nach draußen ragenden Palme angebracht, deren Blätter fast im Wasser hingen. Was war das doch für ein herrlicher Ort.
Es brannte an meinem Arm, als das Salzwasser die Wunde umspülte. Desinfektion.

Hatte ich wirklich so viel Mut? Wovor hatte ich Angst? War Melancholie denn so süß? Dieser einsame Strandabschnitt, die funkelnden blauen Feuer am Himmel? Und diese Tränen, die niemand sah. Es tat weh allein zu sein. Sein ganzes Leben lang allein zu sein. Wie in einem Gefängnis. Am Anfang versuchte man auszubrechen, danach kam Resignation und letzten Endes begann man die Gitter und die Stacheldrähte um einen herum zu lieben. Manchmal nimmt man sich dann ein Stück dieses Drahtes und zieht ihn sich durchs Herz, um die Endgültigkeit für sich zu bestätigen. Um zu bestätigen, dass es ok ist, wenn man aufgibt. Eine paradoxe Liebe zum nicht-existieren, die jedoch die Wahre niemals ersetzen konnte. Es trennte einen, anstatt zu verbinden. Dieser Abend hatte nichts von Endgültigkeit. Die Sterne schienen mich das Licht erahnen zu lassen. Nur stand da eine Armee in meinem Wege. Und diese Armee war ich selbst.

Das Rappeln des Motors durchbrach die majestätische Stille. Es würde enden. Heute Nacht. Und zwar für immer. Das Wasser lag warm und Still unter mir und die Himmelskörper erhellten den Weg. Hatten sich die Augen einmal an die Dunkelheit gewöhnt, so konnte man jedes Licht als einen Scheinwerfer wahrnehmen. Meine Eltern wussten, dass ich noch ein wenig mit dem Jetski fahren wollte. Wir kamen oft in das Hotel auf dieser Insel, aber dennoch war mir das Fahren immer wieder eine Freude. Eine Freude, die ich anderswo schrecklich vermissen würde.

Was war meine Heimat schon? Es war ein toter Ort, voller determinierter Rollenverteilungen. Jemand musste eben den Versager spielen, so funktionierte ihre Welt. Irgendwann identifizierte man sich dann mit den übermächtigen Gedanken der anderen. Man selbst konnte dem Strom selten standhalten. Man konnte nur hoffen, abgespült zu werden. Konnte es anders aussehen, wenn man sich an einem anderen Ort befand? Hatte man sich selbst in der Hand? War ihr verletzendes Verhalten berechtigt? Ich durfte keine Angst vor den Konsequenzen dieser Fragen haben. Unwissenheit mag oft ein Segen sein, nur bestimmten diese Fragen über mein Leben oder über einen lebenden Tod. Es würde keinen Sinn mehr machen, dieses Leben weiterzuleben, wenn sich ein bestimmter Ausgang ergäbe. Das war nicht vorschnell. Zu viele versuche, zu viel Scheitern und die Angst davor, dass ich mich irgendwann damit abfinden würde.

Ich kannte sie nun seit gut zwei Wochen. Meine Eindrücke belogen mich nicht, sie logen nie. Lina, eigentlich Angelina, war eine dieser Personen. Man sah ihnen ins Gesicht und Gedanken türmten sich zu Gedichtversen. Die Zeit lief langsamer in ihrer Nähe. Personen wie sie waren Menschen, die mich oft näher an den Tod gebracht haben, als es jede bedrohende Waffe hätte tun können. Ich hatte tausende Tränen geweint und unzählige Schnitte getätigt, bis ich sie, eine nach der anderen, wieder aus meinen Gedanken gerissen hatte, da ich es nicht mehr ertragen konnte. Mit ihnen war auch immer ein Stück meines Lebens gegangen. Heute konnte ich alles wiederholen. Oder ein für allemal alles verlieren. Es ging hier nicht um ein Mädchen, es ging um meine Welt, meine Realität.

Sanft und stetig wogen die Wellen mein dahinrasendes Gefährt. Wie ein Puls. Ein Herzschlag dieser Welt. Ein Leben, was ich nie gefühlt habe. Oder nicht?

Ich ließ einfach los. Ich ließ den Gashebel los und und lies das Jetski austreiben. Ich war nicht sehr weit draußen, aber so weit, dass man mich nicht mehr vom Land aus erkennen konnte. Mit dem letzten Schwung trieb ich weiter und bewegte mich schließlich in eine Kurve. Die kleinen Leuchtfeuer der Inseln drehten sich um mich. Lichter der Hotels und der kleineren Siedlungen. So viele Lichter auch über mir. Ich befeuchtete meine Lippen und vernahm den salzigen Geschmack des Wassers. Meine Augen schlossen sich. Es war so still und doch so laut. Das Rauschen der Palmen und der Wellen klang wie ein ferner Gesang. Wenn man sich konzentrierte, dann fühlte es sich fast so an, als würde man schwerelos im Raum schweben. Warmer Wind, warmes Wasser. Fast erschrocken nahm ich die Bewegung der Welt auf und gab Vollgas. Es rief mich. Das Wasser teilte sich und spritze hoch in die Luft. Ich schnitt durch die Wellen.

Immer mehr ertappte ich mich dabei, dass ich die Ankunft an der Anlegestellte hinauszögerte. Es ging unaufhaltsam auf das Ziel zu. Ich hatte keine Wahl. Mit ausgestreckter Hand und knapp am umfallen, bekam ich den Steg zu fassen. Mit dem Seil aus der Satteltasche befestigte ich das Jetski. Die Wunde am Arm blutete mittlerweile überhaupt nicht mehr. Noch einmal setzte ich mich auf den Steg und blickte auf das Meer hinaus. Der Mond war zu einer kleinen Sichel geschrumpft. So fand ich ihn am schönsten. Aber auch das hatte ich nur genutzt, um das Unaufhaltsame zu verzögern.

Ich kannte mich mittlerweile schon ziemlich gut in der Gegend aus und wusste, dass fast niemand diese Anlegestelle kannte. Nur ein kleines Stück durch den Palmenwald und ich würde da sein. Dieses Land hier glich einem Traum.
War das Leben etwas anderes als ein Traum? Machte es Sinn eine Trennung zu machen? Träume waren zwar oft wirr und undurchsichtig, aber sie konnten auch schärfer und intensiver als alles sein, was diese Welt sonst kannte. Man konnte sie kontrollieren, man konnte Bewusstsein erlangen und sie tatsächlich kontrollieren. Funktionierte dies hier auch? Mit Sicherheit war es schwerer, weil so viele Gedanken diese Welt zusammenhielten, aber eigentlich müsste es gehen. Eine Trennung machte keinen Sinn.

Es war ein langer und breiter Strand. Mit Sicherheit schön aber schon reichlich bevölkert, da er nahe an einigen Hotels lag. Trotzdem keinesfalls überbevölkert. Wenn man an ihm entlang lief, so kam man an etlichen Restaurants vorbei, die direkt am Rand des Strandes gebaut waren. Hie und da wandelte ein kleines Grüppchen, um eine Gelegenheit für ihr Abendessen zu suchen. Es kostete hier nicht viel, war aber trotzdem oft vom feinsten. Ein kleines Motorboot legte weiter hinten am Strand an und brachte frisch gefangenen Fisch in eines der Restaurants. Die Bauwerke waren allesamt hölzern und traditionell thailändisch anmutend. Eines der faszinierendsten Völker dieser Welt. Eines der vorbildlichsten.

Das letzte Restaurant war das beste. Es lag ganz hinten am Strand, am Rande eines dichten Palmenwaldes. Der Sand knirschte leise unter den Füßen und das Wasser beruhigte meinen aufgewühlten Geist. Ich war aufgeregt. Leise Stimmen sprachen Fremdländische Gespräche.
Das letzte Restaurant. Es gehörte einem belgischen Aussteiger, der ein wenig Deutsch und Englisch sprach. Mittlerweile kannte er mich schon gut. Man konnte auf mehreren hölzernen Terrassen sitzen und auf das Wasser hinaus blicken. Es schien wie eingebettet in die Natur.

In Gedanken versunken starrte ich auf die Reflexionen in dem scheinbar schwarzen Ozean. Vorerst hatte ich mir nur einen Milchshake bestellt. Ich hatte Lina diesen Platz empfohlen. Sie hatte gemeint, dass sie eventuell heute Abend vorbeikommen würde. Zwar war ich zu früh, doch wurde ich bereits jetzt ungeduldig. Das Aroma einer Räucherkerze, die Mosquitos abschreckte stieg in meine Nase. Meine Furcht verstärkte sich immer und immer mehr.

Hatte ich zu lange gewartet? Vorher war doch niemals die Zeit gewesen, es ihr zu sagen. Zu spät? Es konnte doch unmöglich zu spät sein. Ich wollte doch heute nicht auf die Art nach Hause gehen, die ich sonst immer praktizierte. Es war weniger der Weg an sich, sondern eher die Stimmen in meinem Kopf. Sie hallten bereits jetzt in den tiefsten Winkeln meiner Erinnerung. Machten mich nieder, deklassierten mich. Ich war nun einmal ein Versager. Es war vorbei. Wie dämlich war dieses Unterfangen eigentlich? Hatte ich denn tatsächlich geglaubt sie heute hier zu sehen? Würde es nicht so schmerzen, so hätte ich selbst über meine Dummheit gelacht.

Doch heute war nicht der Tag um die Hoffnung zu verlieren. Ich musste auf den Stein einprügeln, auch wenn meine Knöchel zersplitterten. Weinen konnte ich morgen. Und es war egal, was morgen sonst noch passierte. Der Zufall hatte kein Mitleid, er kannte nur den blanken Willen. Die pure Energie. Ich musste weiterlaufen, auch wenn meine Füße bereits blutige Spuren hinter sich herzogen. So deutlich hatte ich die Schizophränie nie in mir gespürt. Und sie würde nie wieder so stark sein können. All or nothing.

Ich bezahlte und ging auf den Strand hinaus. Zwischen einigen Palmen bemerkte ich eine sehr dunkle Stelle. An einem freien Platz setzte ich mich in den warmen Sand und versuchte den Klang der Wellen wieder in meinen Kopf zu schleifen. Der Stamm einer Palme war sehr glatt, man konnte sich gut anlehnen. Als hätte sie nur für mich dort gestanden.
Ihr Gesicht vor mein Inneres Auge holend, konzentrierte ich mich auf nichts anderes als den Moment. Ich rekapitulierte alles, was ich über sie wusste. Ihre dunkelbraunen, glatten Haare, ihre grünen Augen und ihre braune Haut. Sie roch nach Kokosmilch. Ihr Gesicht war fein geschnitten. Wie eine komplexe Zeichnung. Und ihre Stimme ... für den Bruchteil einer Sekunde stand sie vor mir. Realer hätte sie nicht sein können. Sie lief den Strand hinauf, mir entgegen. Lächelte und verschlang alles um uns herum.

War ich jetzt total durchgedreht? Ich stand auf und ging in Richtung meines Hotels. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, ihr jetzt über den Weg zu laufen? Zählte das denn? Es zählte doch nur, dass diese Wahrscheinlichkeit existierte, damit man sich in sie begeben konnte. Der Zufall steuerte den Rest. Ich musste einfach daran glauben, dass mir der Zufall folgte. Diese Nacht musste ich verrückt sein. Sei es nur, um nicht durchzudrehen. Es musste sein, denn alle Mittel mussten ausgespielt werden.

Zombiehaft wandelte ich über den Strand. Die sanften Wellen erschienen wie Wogen, die an Felsklippen schlugen. Mir war, als spürte ich Platzregen auf meiner Haut. Donner grollte im sanften Wind und die Sterne wurden zu blitzen.

Es ging so schnell. Wie ein himmlischer Chor manifestierte sich ein einziges Wort in meinen Gedanken:
Gewonnen.
Gedanken gingen viele Wege. Sie lagen übereinander, flogen nebeneinander her und kreuzten sich. In diesem Moment existierte nur dieses eine Wort. Mit zwei Freundinnen sah ich sie den Strand entlang gehen. Direkt auf mich zu. Ihr Blick umschloss mich und ihr lächeln hob mein Denken in eine höhere Frequenz. Ich fühlte mich anders, als es jemals vorher war. Ich hatte gewonnen, zum ersten mal. Es konnte eigentlich noch so viel schiefgehen, aber mir war klar, dass sich dies relativiert hatte. Mein Leben war so mächtig. Die hektischen Assoziationsketten bremsten und alles in meinem Kopf wurde ruhiger.

Trotz der Räucherkerze hatte ich einen Stich abbekommen. Sie verscheuchte eben doch nicht alle. Und erst recht nicht endgültig. Ein paar gute Shrimps waren eine gekonnte Wahl für dieses letzte Mahl. Nichts hatte je so befreiend geschmeckt.
Lina sah mich an. »Du kennst doch die Insel hier gut, oder?«, fragte sie.
»Ja, ich war schon oft hier. Gibt wirklich viele schöne Plätze, die man zu Fuß nicht erreicht«, antwortete ich. Hoffnung machte sich in mir breit. »Warum?«
»Du musst mich unbedingt mal mitnehmen«, sprach sie und lächelte. Ihre Blicke schienen mich zu streicheln. Plötzlich schaute sie jedoch ein bischen traurig. »Oh Mist, ist ja heute dein letzter Tag, oder?«
Jetzt kam es darauf an, der entscheidende Moment. Die Geschehnisse hatten meine Zweifel paralysiert. Ich betrachtete mich nur noch von außen. Auf diesen Moment hatte ich gelauert.
»Ja, aber wenn du willst, dann kann ich dir noch schnell 'nen schönen Strand zeigen« Angestrengt versuchte ich mit einem Lächeln von meiner Anspannung abzulenken.
Der Moment schien sich endlos auszudehnen. Eine ihrer Freundinnen grinste wissend. Ich war wohl wie ein offenes Buch. Und dann ein Aufatmen.
»Hey, cool«, sagte sie. »Aber du musst mich dann nachher auch wieder mit zurück nehmen«
Lina tätigte noch einen hastigen Blick zu ihren Freundinnen. »Ist doch ok für euch, oder?«
Überrascht nickten diese nur abrupt und gaben ihre Zusagen. Das Zittern in meinen Händen wurde stärker. Ich hätte am liebsten laut vor Freude aufgeschrien.

Die Gedanken bremsten immer weiter. Jede Sekunde schien jetzt in Zeitlupe abzulaufen. Das waren jene Momente, die sich in die Erinnerung gruben. Vor etwa fünf Minuten hatten sich die Wege getrennt und ich lief mit Lina durch den kleinen Palmenwald in Richtung des Stegs. Sie nahm meine Hand. Ich war froh, dass mir der nervige Handschweiß heute erspart blieb. Es schien wie die natürlichste Sache der Welt, auch wenn ich so etwas noch nie getan hatte. Ich lächelte aus Freude und atmete tief ein. Atmete ganz tief ein. Durch die stabartigen Palmenstämme kamen immer wieder das Meer und die unzähligen Lichter zum Vorschein. Der weg zog sich breit in die falsche Dunkelheit dahin.

»Ok?« fragte ich und sie legte sie Arme um mich. Bettete ihren Kopf an meinen Rücken. Sanftes wiegen. Ihr Atem auf meiner Haut. Ich startete den Motor und fuhr gemächlich in die Nacht hinaus. Selbst als der Motor begann zu Rumoren, schien ich noch ihren Herzschlag zu hören. Langsam und stetig. Als ich weit genug draußen war, schaltete ich den Motor aus. Sie zog die Luft ein, um eine Frage zu stellen, doch ich unterbrach sie, bevor sie begann.
»Schhhh, schließ' deine Augen«, flüsterte ich.
Es war noch intensiver als vorhin. Man spürte das Wasser und man wurde zum Wind, der das Land streichelte. Es war wie ein Stück Ewigkeit. Ich würde es brauchen, wenn ich in die Dunkelheit zurück musste. Dieser Moment würde mein Leben auf ewig umdefinieren. Das Wasser plätscherte leicht an die Aussenwand des Jetskis.
Sie hielt sich noch fester an mir. So warm. Auch ich schloss meine Augen und spürte, wie ihr Atem immer ruhiger wurde. Ich streichelte ihre Hände. Doch dann beschleunigte ihr Herzschlag leicht. Ein Windhauch spielte einige ihrer Haare an meinem Gesicht vorbei. Sie kitzelten leicht. Ihr Atem verschob sich weiter nach vorn. Weiche Lippen berührten meine Wange. Wie ihr Haar duftete! Wie herrlich sich ihre Lippen anfühlten!

Mit einem heftigen Ruck zurrte ich den Knoten ganz fest. Es war die selbe Palme wie vorhin. Langsam wendete ich mich um. Lina stand mit ihrem engen weißen Kleid knietief im Wasser. Sie sah mich einfach nur an. Ich trat näher, nahm ihre warmen Hände. Sie drückte sanft zu. Unsere Gesichter waren ganz nahe beieinander. Eine Welle zwang uns ein wenig auf das Ufer zu und um ein Haar hätte sie das Gleichgewicht verloren. Doch ich hielt sie, legte eine Hand um ihre Hüfte. Sie stützte sich nach oben und streichelte meinen Arm. Immernoch sah sie mir direkt in die Augen. Ein druchdringendes Grün. Und wie es sich mit ihren Haaren kombinierte! Sie waren seidenglatt und sehr lang. Fast schwarz. Eine Strähne hing ihr ins Gesicht und ich strich sie heraus. In der gleichen Bewegung streichelte ich über ihren Kopf, ihre Wange. Die Haut war heiß und ihr Gesicht ganz leicht rötlich verfärbt. Ich legte beide Arme um ihre Schultern und unsere Köpfe berührten einander. Das Wassser weichte unsere Beine auf. sie schmiegte ihren warmen Körper an meinen. Sie schien durch und durch fast zu brennen, klammerte, als habe sie ebenso lange auf mich gewartet, wie ich auf sie. Ich schien sie in mich zu ziehen, konnte jede Einzelheit von ihr spüren. Ein letztes flüchtiges aufschauen, bevor sie die Augen schloss. Das Stück Ewigkeit trat vollends in mein Leben, als sie ihre Lippen auf meine presste. Sie atmete schnell.

Ich spürte Schmerz in jeder Berührung, da ich sie nie wiedersehen würde. Doch was war dieser Schmerz, wenn man ihn mit dem verglich, was geschehen wäre, wenn es nicht so geendet hätte. Ihr Bild würde bei mir sein, wenn es kalt wurde. Ihre singende Stimme, würde immer einen Rat und einen Trost für mich haben. Und sei sie nur in meinem Kopf. Es war vorbei, endgültig, das wusste ich.

 

In der Story habe ich versucht, viele meiner Gedanken und vor allem gewisse Erlebnisse zu verarbeiten. Mir schien es reizvoll, es mit dem tropischen Scenario zu verfemden. Ich hoffe, dass es euch nicht schon zu abgehoben ist.

 

Hallo Xion,

von der Anlage her sicherlich eine schöne Liebesgeschichte. Allerdings stören mich persönlich manchmal die Längen, die durch pseudophilosophisches Geschwafel des Prot in völlig unromantischen Fremdworttermini stattfinden Auch viele Sätze gehen leider nach meinem Gefühl ins Leere oder sind so formuliert, dass sie schlichtweg unsinnig werden. Da hättest du mit weniger Formulierungslust sicherlich mehr erreicht. Ich finde es grundsätzlich gut, wenn man in Liebesgeschichten auch über solche Nebengedanken etwas über den Prot erfährt. Deiner scheint ein recht unsicherer fast suizid gefährdeter zu sein. Jedenfalls lasen sich die "letzte Mal" Formulierungen immer so, als wüsste er, dass er sich in jener Nacht umbringen würde. Dabei wusste er nur, dass er am nächsten Morgen nach Hause flog.
Für meinen Geschmack hast du aber zu viele dieser depressiven Welt-Selbstbetrachtungen in die Geschichte gepackt.
Die Liste meiner Detailkritik ist nicht vollständig. Je weiter ich gelesen habe, bin ich auch gern mal einige Stilblüten übergangen. Es ginbt leider reichlich davon.

und man fühlt einen Augenblick wie tausend.
Ich würde hier tausende schreiben, da man sich sonst unwillkürlich fragt: Wie tausend was?
Seine Augen blitzen wie poliertes Metall.
Seine ist das einzige Fürwort mit direktem Personenbezug. Das irritiert ein bisschen.
Langsam ebbte die Bewusstheit ab und alles stellte sich wieder auf die weltlichen Ereignisse ein.
Wenn du schreibst: Langsam stellte sich das Bewusstsein wieder auf die weltlichen Ereignisse ein drückst du das Gleiche fmG schlichter und besser aus.
Ein Schnitt auf meinem Arm,
Selbst wenn der Schnitt flach ist, ist es einer in seinen Arm.
der so flach war, das er als der Kratzer eines Zweiges hätte durchgehen können,
war, dass
den man beim durchqueren des Waldes davongetragen hatte
In diesem Falle Durchqueren
Und doch verkrampfte sich meine rechte Hand, die das Taschenmesser hielt, in einem Anfall an Unbegreifen.
Dieser Satz sagt mE nicht aus, was du aussagen möchtest. Die Hand verkrampft sich ja höchstens, weil der Verstand etwas nicht begreift. So wie du es schreibst, begreift die Hand selbst etwas nicht, und das wo sie doch das Messer hält (greift).
Ich brauchte das nicht mehr. Mir ging es doch so gut. Doch ich konnte nicht genug von dem Gefühl des Lebens bekommen
Hier möchtest du wahrscheinlich die Widersprüche in deinem Prot deutlich machen, der das Ritzen vom Verstand her nicht mehr braucht, aber es trotzdem nicht lassen kann. Für mein Gefühl wirkt aber lediglich die Erzählung unentschlossen, ohne dass das Gefühl dabei rüberkommt. Die emotionale Leere, die der Prot sich auszureden versucht (Mir ging es doch so gut), scheint nicht ohne auszukommen. Vorschlag:
Wozu brauchte ich das noch? Mir ging es doch gut. Aber ich konnte nciht genug von dem ...
Links dreizehn und rechts sieben.
Erscheint mir fast ein bisschen wenig, vor allem, wenn das Verhalten als Sucht dargestellt wird.
Pfurchen, in denen man Energie anpflanzte.
Schöner Satz.
Letztendlich war ich doch nur für die Anderen ein verrückter.
Letzlich war ich für die anderen doch nur ein Verrückter
die funkelnden blauen Feuer am Himmel?
blaue Feuer? Meinst du die Sterne?
Was war meine Heimat schon? Es war Ein toter Ort,
Anderenfalls war sie ein toter Ort, da es sich noch auf die Heimat bezieht.
Es würde keinen Sinn mehr machen, dieses Leben weiterzuleben, wenn sich ein bestimmter Ausgang ergäbe.
"keinen Sinn mehr machen" hat sich zwar leider ins Sprachdeutsch eingeschlichen, aber selbst da ist diese Formulierung definitiv falsch. Etwas kann Sinn haben, Sinn ergeben, sinnvoll sein, aber niemals den Sinn aus sich selbst heraus herstellen (wie es machen ausdrücken würde). Das gibt es einfach nicht.
und Gedanken türmten sich zu Gedichtversen
... zu Gedichten (oder) zu Versen
Eines von beiden reicht und ist mE ausdrucksstärker
Dieses Land hier glich einem Traum.
War das Leben etwas anderes als ein Traum? Machte es Sinn eine Trennung zu machen? Träume waren zwar oft wirr und undurchsichtig, aber sie konnten auch schärfer und intensiver als alles sein, was diese Welt sonst kannte. Man konnte sie kontrollieren, man konnte Bewusstsein erlangen und sie tatsächlich kontrollieren. Funktionierte dies hier auch? Mit Sicherheit war es schwerer, weil so viele Gedanken diese Welt zusammenhielten, aber eigentlich müsste es gehen. Eine Trennung machte keinen Sinn.
Abgesehen von dem vielen "machen" in dieser Passage (auch wieder in dem unsinnigen Zusammenhang mit "Sinn") empfinde ich sie einfach als unklar. Wenn ich sie richtig verstanden habe, philosophiert der Prot lediglich darüber, ob es sinnvoll ist, zwischen Traum und Leben zu unterscheiden.
Wenn man an ihm entlang lief,
Wenn man ihn entlang lief (sonst geht man ja irgendwo neben dem Strand)
Eines der vorbildlichsten.
Eine Wertung, die durch nichts belegt oder begrüdnet wird
Leise Stimmen sprachen Fremdländische Gespräche.
Wenn du unbedingt auf diesem Satz bestehst wird fremdlädisch klein geschrieben. Der Satz ist liest sich allerdings auch schon auf Grund von sprachen Gespräche nicht schön. Gespräche führt man ja eher, als dass man sie spricht.
So deutlich hatte ich die Schizophränie nie in mir gespürt.
abgesehen davon, dass es Schizophrenie geschrieben wird, frage ich mich, welche Bedeutung dieser Begriff in diesem Zusammenhang hat. Medizinisch scheint er mir falsch verwendet zu sein. Dein Prot wirkt nicht dissoziiert oder in irgendeiner Form gespalten.
und ihr lächeln hob mein Denken in eine höhere Frequenz.
ihr Lächeln
Auch dieses Bild erscheint mir merkwürdig, denn eher sind es doch das Gefühl oder der Puls, die in eine höhere Frequenz gehoben werden. Aber das Denken?
Ich fühlte mich anders, als es jemals vorher war.
Würde mich wundern, wenn die RS Prüfung dir da keinen Bezugsfehler angekreidet hätte. Der erste Halbsatz ist ichbezogen, der zweite geht in irgendein "Es," von dem vorher nicht die Rede war. Entweder fühlte es sich anders an, als jemansl zuvor oder er Prot fühlte sich anders als jemals zuvor.
Es konnte eigentlich noch so viel schiefgehen, aber mir war klar, dass sich dies relativiert hatte. Mein Leben war so mächtig. Die hektischen Assoziationsketten bremsten und alles in meinem Kopf wurde ruhiger.
Durch das Warten oder suchen erscheint das fast plausibel, geht es nicht aber den meisten so, dass die Unruhe steigt, wenn sie immer näher an den Punkt kommen, handeln zu müssen und dabei Niederlagen einstecken zu können?
Der weg zog sich breit in die falsche Dunkelheit dahin
Der Weg
was ist "falsche" Dunkelheit im Gegensatz zur richtigen?

Lieben Gruß, sim

 

Danke für deine Mühe sim:) Ich werde mir die Vorschläge für die nächsten Male zu Herzen nehmen. Leider neige ich dazu, nur in zweiter Linie an meine Leser zu denken:)

 

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