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Rollerblades
Rollerblades
Ich habe mir am Mittwoch den 25.08.2004, und ich betone dieses Datum nicht grundlos, denn man könnte den Anfang vom Ende in genau diesen Tag des Kalenders eintragen.., also ich kaufte mir im Karstadt Rollerblades (auch Inlineskates genannt). Sie waren nagelneu und somit frei von jeder Sünde. Naja fast, wenn man die Gore-tex Jacke in der Sportabteilung, die mir beim Halten des Gleichgewichts ganz behilflich war, mal außer Acht lässt. Ich dachte immer, Jacken dieser Preislage hätten solidere Nähte.
Die Skates haben mich 140 Euro gekostet und dem Deppen, der das gleiche Modell vor cirka vier Jahren gekauft hat, 399 Euro. Dieser horrende Preis hatte eine magische Wirkung auf mich, wie das Fliegenband auf eine Fliege, beide wussten wir, es ist ein Köder, und beide klebten wir zwei Stunden später in dem selbigen bzw. die Schuhe an meinen Beinen.
Meine ersten Schritte mit den, unter Insidern als Speedskates bezeichneten Rollerblades, machte ich auf der Fußgänger - Passage in der Nähe von dem Laden, wo ich die Dinger gekauft hatte. „Erste Schritte“ ist keineswegs übertrieben, denn ich hangelte ich mich mit der Eleganz eines Dreijährigen von Papierkorb zu Papierkorb und umklammerte diesen jedes Mal wie ein Matrose den Masten im Ausguck. Für die Passanten war ich der coole Skater, der mit seinen ferrariroten Inlinern lässig über den Asphalt fegt, aber in Wahrheit waren meine Füße in den Todesdingern so verkrampft, dass ich mich wunderte, wie ich damit noch zittern konnte. Nichtsdestotrotz gab ich mir aber redlich Mühe, an dem in den Köpfen der Leute festgesetzten Bild des Inlinermythos nicht allzu sehr zu rütteln und überfuhr ein paar kleine Nebenstrassen, ohne jedoch eine realistische Chance gehabt zu haben, diesen auszuweichen oder gar zu bremsen. Bremsen konnte ich nicht, und mir war es auch ein Rätsel, wie das physikalisch zu bewerkstelligen ist, wenn man den Vollkörperkontakt mit der Strasse mal außer Betracht lässt. Meine Skates hatten keine Bremse. Alles, was sich in Reichweite des Straßenbelags befand, waren zehn Rollen. Und jedesmal, wenn der Reibungswiderstand genau dieser zehn Rollen nicht ausreichte, um an der nächsten Kreuzung stehen zu bleiben, und auch kein Laternenpfahl meine Einflugschneise kreuzte, kreuzte ich die Hände und danach die Fahrbahn.
Seitdem sind einige Wochen vergangen, ich lebe noch und die anderen auch. Jedenfalls starb keiner durch mein Zutun, das hoffe ich jedenfalls - ich drehe mich nämlich prinzipiell nicht um. Mittlerweile kann ich auch bremsen, sogar mit einer Hand. Mein neues Fahrrad hat aber auch Rücktritt.