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Salia Muerte
Schwarz lackiertes Metall glänzt in der Sonne, als Salia Muerte ihr Präzisionsgewehr reinigt. Das tut sie regelmäßig bevor sie ihren Job erledigt. Auf ihren Visitenkarten steht: „Mein Name ist ihr Ziel.“ Muerte= Tod. Salia ist Auftragskiller. Natürlich kann sie diese Visitenkarten nur in bestimmten Kreisen aushändigen. Obwohl sich viele Leute wundern würden, wer sie schon alles angeheuert hat. Als bestes Beispiel dafür, wäre der Polizeipräsident. Er hatte sie beauftragt seinen Schwager zu erledigen. Ebenfalls Polizist, allerdings auf Abwegen. Wenn das an die Öffentlichkeit gelangt wäre, wäre es vorbei gewesen mit der tollen Karriere des Präsidenten. Aber so wurde ihm von allen Seiten Bedauern über diese „schreckliche Tat“ ausgedrückt und niemand kam auf die Idee, dass er dahinter stecken könnte.
Aber dieses blutige Gewerbe ist nicht der einzige Beruf den Salia hat. Normalerweise ist sie eine einfache, unauffällige Sekretärin in einer riesigen Firma. Die typische graue Maus, die niemanden auffällt, höchstens, wenn sie einem den heißen Kaffee über die Kleidung kippt. Wer sie privat oder gar in ihrem „Nebenjob“ sehen würde, käme niemals auf die Idee, dass es ein und dieselbe Frau ist, wie die, die täglich im Büro sitzt. Sie weiß sich zu verstellen und zu verkleiden. Salia hat tiefschwarze Haare und grüne Augen und ist eigentlich bildhübsch. Eine gesunde, etwas dunkler als normale Hautfarbe aufgrund ihrer spanischen Abstammung. Doch morgens schminkt sie sich wesentlich heller, setzt die fast grauen Kontaktlinsen ein und eine unförmige Brille auf, steckt sich das Haar etwas unordentlich hoch, so dass einige Strähnen runterfallen und kleidet sich in gedeckten, meist Grautönen. Weder modisch noch altmodisch, einfach unauffällig. Ein perfektes Image. Eiskalt und berechnend. Eigenschaften, die sie sich seit ihrem 20. Lebensjahr angeeignet hat. Seit sie ins Gefängnis kam. Urteil: Mord.
Es war an dem Abend vor ihrem 20. Geburtstag gewesen. Sie hatte sich wegen einer Kleinigkeit mit ihrem Vater gestritten, als er anfing das Thema zu einer Grundsatzdiskussion auszuweiten. Salia war irgendwann wutentbrannt aus dem Zimmer gerannt, mit den Worten: „Am liebsten würde ich dich umbringen!“ Doch das sollte jemand anderes in jener Nacht für sie tun. Lautlos und unbemerkt wurde ihr Vater erschossen. Am nächsten Morgen wurde sie von einem Schrei geweckt, der von der Haushälterin kam, als jene die Leiche entdeckte. Salias Mutter, die in einem anderen Schlafzimmer genächtigt hatte, beschuldigte Salia des Mordes.
„Sie spielte erst gut die Trauernde Ehefrau,“ denkt Salia, als sie auf dem Hochhausdach ihr Gewehr in Position bringt. „Hat erst die tolle Show abgezogen, dass sie nichts weiß, um dann auf der Wache den Ich-kann-dieses-Wissen-nicht-ertragen-Nervenzusammenbruch zu kriegen. Sie hat mich eiskalt beschuldigt meinen Vater erschossen zu haben, weil ich mich mit ihm gestritten habe,“ flüstert sie leise mit zusammengebissenen Zähnen vor sich hin. „Hätte mich aus seinem Schlafzimmer kommen sehen, kurz nach der Tatzeit und beobachtet wie ich die Tatwaffe entsorgt habe. Dieses geldgeile Miststück, opfert ihre eigene und einzige Tochter, damit sie nicht selbst für den Mord in den Knast muss und keinen Cent von dem Geld sieht.“
Salia lächelt, da eine Limousine vorfährt. Heute, das ist kein Job. Heute, das ist Rache. Für diesen Tag hat sie die 10 Jahre Gefängnis ausgehalten und weitere 5 Jahre um das nötige Know-how, was sie im Knast mitbekommen hat, in der Praxis zu üben. Sie zielt auf die linke hintere Autotür. Die Tür geht auf und eine Frau steigt aus, die Salia wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Sie sieht ein wenig älter aus, was sie auch ist, es ist Salias Mutter. Salia wartet noch ein, zwei Sekunden. Genießt diesen Augenblick, den sie sich so lange gewünscht hat, dann drückt sie ab. Ein gezielter Schuss in den Kopf. Immer noch lächelnd steht sie auf, packt ihre Sachen zusammen. Schaut noch einmal vom Dach runter. Auf der Straße versammeln sich die Menschen um die Leiche. In der Ferne hört man schon einen Krankenwagen, der den Weg allerdings umsonst macht. Sie dreht sich um und geht nach Hause, überlegend wo sie heute Abend essen geht.