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Schatten

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01.10.2019
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Anmerkungen zum Text

Der Text soll zum Nachdenken anregen und die Fantasie spielen lassen.
Vorsicht, beim Durchlesen können Emotionen aufwühlen.

Schatten

Wie bin ich hierhergekommen? Gerade noch war der Boden unter mir weich und es roch nach nasser Erde. Jetzt tut alles weh, der Boden ist so hart geworden. Mein Kopf liegt unbequem auf nassem harten Untergrund. Ich kann ihn nicht heben, etwas Warmes sickert neben meinem Ohr herunter. Es ist dunkel; doch ab und an rauschen die hellen Lichter vorbei, dann sind sie wieder weg mit Lärm und der Boden vibriert.
Wie war ich hierhergekommen? Gerade noch bin ich Mama hinterher gelaufen, wo ist sie? Wir sind durch Büsche und Wald gelaufen, mussten uns beeilen.

Wieder wird es hell und gleich darauf schon wieder dunkel, der Untergrund vibriert.

Wir sind auf neuen Boden gekommen. Ich kannte es nicht. Er stank und schmerzte, wenn man darauf lief. Wir sind stehen geblieben, da waren auch schon diese fiesen, schnellen Lichter.
Mama meinte, hier muss man aufpassen, aber es gibt keinen anderen Weg mehr hinüber. Menschen brauchen Platz, sagte sie.
Ist es diese Menschen? Das helle Licht?

Eine ganze Weile standen wir und schauten den hellen Lichtern zu. Dann zog mich meine Mutter mit. Schnell, schnell und nicht anhalten, nicht zurücksehen. Lauf!
Ich lief so schnell mich meine Beine trugen. Mama war so schnell, na sie war ja auch schon größer.
Ich versuchte sie zu verfolgen. Ich stolperte und fiel. Ich sah Mama nicht mehr. Ich blickte mich um, stand auf und spitzte die Ohren. Mama, wo bist du?
Ein Hupen und Licht, ganz nah. Ich sah hinein. Ist das Menschen? Ich blieb stehen. Es quietschte, es tat weh in den Ohren. Es kam immer näher, ich konnte mich nicht bewegen. Dann berührte ich das Licht, es war hart. Es knackte bei mir und Menschen, ich flog und kam unsanft auf dem Boden auf. Das Licht blieb stehen.
Mein Körper schien nicht mehr zu mir zu gehören. Das Menschen sprach. Es knallte zweimal. Die Lichter wurden von zwei Schatten bedeckt, eines der Schatten kam mir so nah. Ich hatte Angst, konnte mich nicht bewegen, kaum atmen. Das Menschen sprach, ich verstand es nicht. Meine Augen waren so schwer. Mama!
Dann entfernte sich der Schatten wieder, er roch komisch. Es knallte wieder zweimal und die Lichter verschwanden, wieder mit einem Vibrieren.

Ja, so war ich hierhergekommen.
Ich kann mich immer noch nicht bewegen. Das Warme läuft in mein Maul und in die Nase. Oder kommt es gar daraus? Mein Atem wird flacher, weniger. Das Warme gurgelt bei jedem Atemzug. Meine Beine spüre ich nicht. Es ist kalt, so unfassbar kalt. Mein Herz tut sich schwer, unregelmäßig wird das Gu-gong. Lange kamen keine Lichter mehr vorbei; wie lange liege ich schon hier? Mama?!
Ich bin so müde, aber es tut alles so weh und mir ist kalt.
Gu-gong. Mit Mühe atme ich noch, langsamer, flacher. Das Warme in Mund und Nase wird mehr. Es hindert mich immer mehr Luft zu holen.
Gu-gong. In meiner Brust tut es weh. Da kommen wieder Lichter, aber ich sehe sie kaum noch. Mein Blick wird trüb. Der Schmerz scheint langsam zu verschwinden. Gu-gong.
Ich kann nicht mehr atmen, meine Lungen ziehen sich zusammen. Es ist beängstigend, unangenehm. Mir ist schlecht. Gu-gong. Noch einmal bekomme ich etwas Luft. Dann verkrampft meine Lunge wieder. Das Warme hat sich zu einem dicken Brei geformt. Es schmeckt widerlich. Gu......-gong.
Mir ist schwindelig und übel.

Entschuldige Mama, denke ich, bevor ich in eine Ohnmacht falle, aus der ich nie wieder aufwache.

 

Ich bin beeindruckt von diesem Text, denn er schafft es mich mitfühlen zu lassen. Schon gegen Mitte kam mir etwas an dem Text komisch vor und dann fiel bei mir der Groschen, dass es sich bei dem Erzähler nicht um einen Menschen, sondern um ein Rehkitz handelt. Es ist so packend und subtil brutal geschrieben, dass ich die Szenerie vor Augen hatte.
Besonders gut finde ich, dass das Rehkitz immer nur das Wort „Menschen“ verwendet, da es keine Wortvariation kennt und die Mutter nur von „Menschen“ gesprochen hat. Das finde ich sehr gelungen.

Ich bewundere diesen Schreibstil, bei dem sich in meinem Kopf alles bildlich abspielt. Du hast diesen Schreibstil.

 
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Vielen lieben Dank für die gute Kritik Linagami. Tatsächlich wollte ich dem Leser überlassen, welches Tier in der Geschichte vorkommt. Als ich es unter Tränen geschrieben hatte, war es auch ein Rehkitz, das ich vor Augen hatte.
Es freut mich sehr, daß die Kurzgeschichte bei dir so gut angekommen ist.

 

Liebe Kelly,
es ist eine interessante Idee, aus der Perspektive eines Rehkitzes zu schreiben. Literatur ist natürlich Geschmackssache, deshalb habe ich etwas Kritik für dich, dafür bist du ja hier :-)

Wie war ich hierhergekommen? Gerade noch bin ich Mama hinterher gelaufen, wo ist sie? Wir sind durch Büsche und Wald gelaufen, mussten uns beeilen.

Wieder wird es hell und gleich darauf schon wieder dunkel, der Untergrund vibriert.

Warum genau hast du diesen riesigen Zeilenumbruch eingebaut? Es ist kein Satz, den man unbedingt im Vordergrund des Textes platzieren muss. Wenn man ihn mit in den Fließtext einbaut, hat das eine bestimmte Wirkung von Nebensächlichkeit und kann dem Leser so zeigen, wie normal Autos mitten im Wald doch für uns sind. Du wiederholst das mit den vorbeifahrenden Lichtern immer wieder, was diese Dramatik schon ausreichend akzentuiert.

Wir sind stehen geblieben, da waren auch schon diese fiesen, schnellen Lichter.
Dein Text lässt sich an einigen Stellen nicht so flüssig lesen, wie du es wahrscheinlich hättest. Du kannst unnötige Füllwörter wie "auch schon" gerne weglassen. Füllwörter dieser Art gibt es viele im Text, kannst ja nochmals drüber schauen :-)

Deinen letzten großen Absatz zitiere ich jetzt nicht, das wäre zu lang. Du versuchst hier deutlich den Rezipienten zu emotionalisieren. Das schaffst du leider nur bedingt. Ich benutze selbst den Stil, in dem Wörter, bzw. Satzfragmente immer wiederkehren. Das gelingt dir mit dem Herzschlag gut. Leider aber wiederholst du dich sehr oft, was in einem Poetry-Slam besser aufgehoben wäre, als in einer Kurzgeschichte. Wenn man Emotionen einen zu großen Stellenwert gibt und unbedingt will, dass der Leser mitfühlt, dann muss man das nicht ausdreschen. Der Leser soll selbst entscheiden, wie nah er die Geschichte an sich heran lässt. Du musst "das Warme" nicht überstrapazieren.
Du darfst auch gerne zwei Sätze mit einem Komma verbinden, das wäre an manchen Stellen ebenso angemessen.

Wir sind auf neuen Boden gekommen. Ich kannte es nicht. Er stank und schmerzte, wenn man darauf lief. Wir sind stehen geblieben, da waren auch schon diese fiesen, schnellen Lichter.
Du benutzt drei Zeiten in drei Sätzen. Du solltest lieber bei einer bleiben :-)

Ja, so war ich hierhergekommen.
Du musst dich fragen, ob der Platz dieses Satzes gerechtfertigt ist. Braucht man den überhaupt in der Geschichte? Oft sind kurze, prägnante Texte um Längen besser als lange, mit viel Füllmaterial.

Sonst gibt es noch kleinere Fehler, die ich hier nicht erwähne, manchmal schneidet es sich mit den Punkten, die ich erwähnt habe. Subjektiv betrachtet z.B. kannst du den Menschen abstraktere Namen, etwa wie "dunkle Gestalten" oder "Dämonen" geben. Den Namen "Mensch haben wir uns selbst gegeben.
Wie gesagt, versuche Füllwörter und-sätze wegzulassen. Das Ausschlachten von Gefühlen solltest du auch vermeiden - versuche hier das Mittelmaß zu finden.

Ansonsten eine gute Idee, die wahrscheinlich zum Nachdenken anregen soll. Viel Erfolg dir weiterhin. es ist noch kein Kafka vom Himmel gefallen, außer Kafka selbst und das bleibt vorerst so.

Grüße und frohes Schaffen

Achim :-)

 

Hallo Kelly!
Ich musste deine Geschichte zwei Mal lesen, bevor ich verstanden habe, worum es wirklich geht.
Beim ersten Lesen warfen sich viele Fragen auf.
Beim zweiten war ich aber dann so gerührt und ich konnte diese Situation durch deine einfühlsame, anschauliche Beschreibung so gut nachempfinden, dass ich im Glauben war, mich am Rande des Geschehens zu befinden.
Ganz toll!

 
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@Achim02
Ich freue mich sehr über deine ausführliche Kritik. ich glaube ich hab es noch nicht richtig verstanden, wie ich hier ordnungsgemäß antworten und zitieren kann.

"Warum genau hast du diesen riesigen Zeilenumbruch eingebaut? Es ist kein Satz, den man unbedingt im Vordergrund des Textes platzieren muss. Wenn man ihn mit in den Fließtext einbaut, hat das eine bestimmte Wirkung von Nebensächlichkeit und kann dem Leser so zeigen, wie normal Autos mitten im Wald doch für uns sind. Du wiederholst das mit den vorbeifahrenden Lichtern immer wieder, was diese Dramatik schon ausreichend akzentuie

Der Zeilenumbruch rührt daher, weil es im Jetzt geschrieben ist. Das Nachdenken meiner Figur wird quasi von den Lichtern unterbrochen.


"Dein Text lässt sich an einigen Stellen nicht so flüssig lesen, wie du es wahrscheinlich hättest. Du kannst unnötige Füllwörter wie "auch schon" gerne weglassen. Füllwörter dieser Art gibt es viele im Text, kannst ja nochmals drüber schauen :-)"

Die Figur ist ein Jungtier und ich hab versucht das kindhafte Denken wiederzugeben. Im Prinzip ein Primitiveres, als das eines Erwachsenen.


"Deinen letzten großen Absatz zitiere ich jetzt nicht, das wäre zu lang. Du versuchst hier deutlich den Rezipienten zu emotionalisieren. Das schaffst du leider nur bedingt. Ich benutze selbst den Stil, in dem Wörter, bzw. Satzfragmente immer wiederkehren. Das gelingt dir mit dem Herzschlag gut. Leider aber wiederholst du dich sehr oft, was in einem Poetry-Slam besser aufgehoben wäre, als in einer Kurzgeschichte. Wenn man Emotionen einen zu großen Stellenwert gibt und unbedingt will, dass der Leser mitfühlt, dann muss man das nicht ausdreschen. Der Leser soll selbst entscheiden, wie nah er die Geschichte an sich heran lässt. Du musst "das Warme" nicht überstrapazieren.
Du darfst auch gerne zwei Sätze mit einem Komma verbinden, das wäre an manchen Stellen ebenso angemessen."

Das werde ich mir annehmen, dankeschön.


"Du benutzt drei Zeiten in drei Sätzen. Du solltest lieber bei einer bleiben :-)"

Zeitformen fallen mir tatsächlich schwer.


Eine sehr konstruktive Kritik über die ich mich sehr freue. Ich war als Neuling etwas überfordert und ich glaube auch das ich hier die falsche Form des Antwortens genommen hab?!
Aber man lernt nie aus.^^

@Sperare
Lieben Dank für die Kritik.
Das es Fragen aufwirft ist in gewisser Hinsicht gewollt, soll aber eigentlich am Ende der Geschichte Auflösung geben. Findest du es gelungen oder ist es doch schwerer zu verstehen, als ich es gewollt habe?

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey KellyLange,

und Willkommen bei uns!

ich glaube ich hab es noch nicht richtig verstanden, wie ich hier ordnungsgemäß antworten und zitieren kann.

Kein Beinbruch, das wird ;). Wenn Du die Stelle, auf die Du gern Bezug nehmen möchtest, im Beitrag markierst, dann blendet sich ein kleines schwarzes Fenster ein, da drückst Du "zitieren +" und sammelst all die von Dir gewünschten Textschnipsel ein. Später drückst Du dann antworten, und siehe da ... tada! Probiere es ruhig aus, kaputt kannst Du nix machen.
Noch ein kleiner Hinweis, zeitnahe Antworten an mehrere Leute pack ruhig in einen post, das entlastet den Server auf Dauer und sorgt auch für mehr Übersicht.

Hab weiter Freude hier!
Beste Grüße, Fliege

 

Wenn Du die Stelle, auf die Du gern Bezug nehmen möchtest, im Beitrag markierst, dann blendet sich ein kleines schwarzes Fenster ein, da drückst Du "zitieren +" und sammelst all die von Dir gewünschten Textschnipsel ein.
AHHHHH geil danke. Super Tipp, ich hab mich hier dumm und dusselig gesucht.
Wunderbar, lieben Dank für die Erleuchtung ?.

 

Hallo @Therinhin,
deine Worte haben meinen Abend gerettet. Ich bin hoch erfreut zu hören das die Emotionen, die ich reingesteckt habe auch so rüberkamen. Und es ehrt mich sehr, dass es dir ein Bedürfnis war mir eine Kritik zu schreiben.

Tatsächlich ist es mir nicht aufgefallen, dass ich "Ich" zu häufig verwendet habe. Das klingt echt ein bisschen doof. Ich danke dir sehr und hoffe bald wieder Lesestoff hochzuladen.

 

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