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Schnickschnack

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21.03.2021
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Schnickschnack

Janosch verriegelte das Gartentor und kehrte zum Zustellwagen zurück, als die Sonne durch die Wolken stieß. Er legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Die Frühlingswärme streichelte sein Gesicht.
Janosch lächelte. So kann es bleiben, dachte er. Eine Sendung noch, dann ab nach Hause! Er würde in die Schlabberhose schlüpfen, auf dem Balkon den Liegestuhl aufklappen, eine Platte von Muddy Waters auflegen und zum Nachmittag einen Mariacron einschenken. Einen Doppelten, auf das Wochenende! Bis zum Abendessen konnte er Wolkenbilder betrachten oder seinen Schmöker weiterlesen oder …
»Ah, der Herr Bondinski, tach auch!«, rief ihm eine heisere Männerstimme aus kurzer Entfernung zu.
Selbst ohne Sehvermögen wusste Janosch, wer da sprach: Am Petersberg Sechs, Hartmut Bredensiek. 70 Jahre alt und verheiratet mit Barbara (»Das letzte ›a‹ ist stumm«, pflegte der Rentner zu scherzen). Die beiden Senioren bekamen niemals Mahnungen, bestellten nicht online und zeigten keinerlei Interesse am Glasfaserausbau, bitte keine Werbung. Dafür besaßen sie ein Wochenendabo der Süddeutschen und luden schriftlich zur Tagung des Nachbarschaftsverbandes, ›Ordentlicher Petersberg e.V.‹. Niemand in Janoschs Bezirk gab zur Weihnachtszeit ein mickrigeres Trinkgeld. Ihr dicker Dackel, ›Willi‹ (der II.), war so harmlos, wie er alt war.
Janosch öffnete die Augen. »Guten Morgen, Herr Bredensiek!« Er nahm die Zeitung aus dem Wagen.
Der Ältere lugte neugierig in das Behältnis, sah die wenigen Rückläufer und zog eine Grimasse. »Kehr, wenn ich mal Ihren Job gehabt hätte!«
»Ja, das wäre was«, sagte Janosch. Hättest du nicht gepackt, dachte er, und überreichte die Süddeutsche. Es entstand eine Pause. Bloß keinen Small Talk starten! Brächte er ihn ins Plaudern, rückten Blues und Liegestuhl in weite Ferne.
»Wetter spielt auch mit«, sagte sein Gegenüber und schaute gen Himmel.
»Jau«, antwortete Janosch. Er klappte die Lasche des Wagens zu und überprüfte demonstrativ den Verschluss.
»Na ja, ich will Sie nicht vom Feierabend abhalten, wa’? Noch schnell bei der Bekloppten vorbei?«
Janosch sah die Straße hinunter zum letzten Haus links. Im wuchernden Vorgarten stachen Warnschilder hervor, wie rote Blumen auf einer Mülldeponie.
Herr Bredensiek redete sich warm: »Hab’ ich Sie das eigentlich schon mal gefragt: Bekommt Madame Wunderlich viele Briefe?«
»Ja«, antwortete Janosch.
»Echt? Wie viele denn genau?«
»Nein, Sie haben schon mal gefragt.«
»Ach so. Und?«
Janoschs Miene fror ein. »Postgeheimnis!«, sagte er ernst und sah ihm in die Augen. »Ich könnte es Ihnen sagen, aber dann müsste ich Sie töten.« (Der Name ist Bondinski. Janosch Bondinski) Herr Bredensieks Gesichtsausdruck war einmalig, Janosch löste das Starren und zwinkerte ihm zu. Spaß war wichtig.
Der Rentner setzte ein Verschwörerlächeln auf und wackelte mit dem Zeigefinger. »Sie sind mir einer. Na denn, machen Sie’s mal gut.«
»Schönes Wochenende, Herr Bredensiek. Grüße an die Gattin!« Er schob den Zustellwagen an.
»Schnüffeln’se mal an der Tür von der Irren!«, rief der Senior ihm hinterher, »Hab’ die seit Wochen nicht gesehen. Nachher is’ die noch über die Wupper!«
Janosch hob die Hand zum Gruß und ging weiter.
Er erreichte das Unkraut und die Warnschilder: ›Privatgrundstück‹, ›Betreten verboten‹, ›Vorsicht! Bissiger Hund‹. Das Wort Hund war durchgestrichen und darunter in krakeliger Schrift Naschbär geschmiert. Bissiger Naschbär. Als Janosch das Schild zum ersten Mal sah, hatte er das Tier gegoogelt. Bis auf den Link eines bayrischen Lebensmittel- und Getränkelieferanten fand er nichts.
Hinter dem Gestrüpp ragte das Gebäude empor: Die verwitterte Fassade trug die Farbe von Asche, die Fensterscheiben zerschlagen und von innen mit Pappe verdeckt. Verandatreppe und Geländer – früher wohl weiß lackiert – waren rissig wie die Lippen eines Verdurstenden. Am Boden hatten Rankengewächse längst mit der Eroberung begonnen. Wäre dies ein Gruselfilm, würde hier ein Serienkiller mit dem Skelett seiner Mutter hausen. Oder es wäre das Versteck eines missgestalteten Zwillings, der nur nachts herauskäme, um schrittweise Rache an seiner Familie zu nehmen.
Doch dies war kein Film, sondern die Realität. Und Am Petersberg sechs A war die postalische Anschrift von Frau Adelheid Vunderbrich. Janosch wusste nichts über sie, auch nicht, wie sie aussah (Insgeheim nannte er sie den »weißen Wal«). Die beiden einzigen Hinweise hatte er selbst zugestellt, doch er konnte sich keinen Reim darauf machen. Zwei Briefe, in acht Jahren!
Der erste war ein fensterloser C7 aus Leinenpapier, mit Goldverzierungen am Rand. Absender war das Institut für Tropenmedizin in Antwerpen. Der zweite kam vier Jahre später, eine schlichte, fensterlose C3-Versandtasche, mit Papprückwand. Farbton Manila. Kein Absender. Aufgegeben in Australien. Mehr nicht. Keine Werbung, Rechnungen, Mahnungen, Briefe oder Päckchen.
Die Nachbarn (über die er alles wusste), tratschten, dass Frau Wunderlich nur selten ins Freie trat. Und wenn, dann tat sie dies barfuß, trug einen verlotterten Bademantel aus Frottee und rauchte Pfeife! So stand sie auf der Veranda, die Arme in die Hüften gestemmt, die blonden Locken unfrisiert. Und zurückgrüßen tat sie nie (»Eine Frechheit«, schimpfte Barbar Bredensiek)! Die Meinung des Petersbergs stand fest: Diese Person besaß keinen Anstand und hatte noch dazu nicht alle Tassen im Schrank!
Was Janosch anging, so steckte er damals die Sendungen in den verrosteten, amerikanischen Briefkasten und klappte das Fähnchen hoch. Am nächsten Tag war das Fähnchen unten und der Kasten leer. Mit der Zeit gab er es auf, über die Frau zu grübeln (Er war Zusteller, nicht Batman). Doch ein neugieriges Ritual hatte die Zeit überdauert:
Er ging in die Hocke, sodass er unter das Dach der Veranda schauen konnte und zählte die an der Türzarge festgenagelten Gegenstände, von links nach rechts: ein Tischtennisschläger, ein Knoblauchzopf, ein Hufeisen, ein verdorrter Blumenstrauß, ein Fledermauskadaver, ein Traumfänger und ein Büschel blonder Haare. Nichts Neues. Janosch richtete sich auf. Enttäuscht wollte er gehen, doch dann stutzte er. Was war das? Die Haustür stand einen Spalt offen! Das war noch nie passiert. Er kniff die Augen zusammen. Stand jemand im Flur? Nein, da war niemand.
»Schnüffeln’se mal an der Tür von der Irren! Nachher is’ die noch über die Wupper!« Unschlüssig sah er zum Zustellwagen (Imaginär ploppte sein Liegestuhl auf, der lässige Slide einer Bluesgitarre erklang und der Duft von Mariacron lag in der Luft). Janosch schüttelte den Kopf. Er würde nicht die Chance verpassen, das finale Puzzleteil seines Bezirks zu finden! Und was, wenn Herr Bredensiek recht hatte und ihr etwas zugestoßen war?
Er wendete den Wagen und bugsierte ihn an den Schildern vorbei auf das Grundstück. Abwechselnd behielt er die Seitenwände und auch die Tür im Blick. Er hatte genug bissige Hunde erlebt, die aus dem Nichts angeschossen kamen (In seiner Fantasie bog ein wilder Bär um die Ecke, das Maul mit Honig verschmiert). Doch es passierte nichts.
Er parkte den Wagen und nahm die Stufen, sie ächzten bei jedem Schritt. Von hier bekam er bei Traumfänger, Haarbüschel und der gekreuzigt wirkenden Fledermaus eine Gänsehaut, es muffelte schwach nach verdorbenem Fleisch. Unsicherheit krabbelte vom Magen in die Kehle wie eine fette Spinne, doch Janosch schluckte sie hinunter.
»Hallo?«, rief er durch den Spalt. »Frau Vunderbrich?« Er schob die Tür weiter auf. Im Zwielicht lag ein Flur, linksseitig standen Vitrinen aufgereiht. Rechts führte eine steile Treppe ins obere Stockwerk. Das Innere des Hauses erschien nicht abgenutzt oder verlottert. »Hallo-ho!«, rief er lauter. »Ist hier jemand?«
»Hie …« Ganz leise im Gebäude piepste eine helle Stimme.
Janoschs Nackenhaare sträubten sich, unter der gelb-schwarzen Jacke war ihm schlagartig warm. »Frau Vunderbrich?«
»… eller
Er betrat das Haus, die Bodendielen knarzten. »Hallo!«, schrie er.
»Im Keller! Hilfe!«, folgte als deutlich hörbare Antwort.
Sie war tatsächlich in Not! Raschen Schrittes passierte er die Vitrinen (Steine, Pflanzenreste und mit Tinte beschriebene Schildchen) und drang tiefer in das Gebäude vor. Mehrere Türen zur Wahl vertraute Janosch seinem Instinkt und drehte einen Knauf. Die Tür schwang auf und offenbarte eine steinerne Kellertreppe, schummriges Licht drang hinter einer Linksbiegung hervor.
»Schnell! Kommen Sie runter und machen Sie um Hymmellinis Willen die Tür zu!«, rief die Frauenstimme.
»Frau Vunderbrich?«
»… nein, hier spricht die Kaiserin von Schuna!«, fauchte die Stimme. »Wer sollte es sonst sein? Jetzt sputen Sie sich, bevor noch ein Unglück geschieht!«
Sie scheint nicht schwer verletzt zu sein, dachte Janosch und nahm Stufe für Stufe. Als er um die Biegung kam, präsentierte sich ein Bild, mit dem er nicht gerechnet hatte:
In dem großen Kellerraum drängten sich dutzende Terrarien an- und übereinander, gefüllt mit Sand, Grünzeug und Holz, dazu sah er Käfige und schillernde Aquarien unterschiedlichster Größe. Sie waren überall: In den Regalen, aufgereiht an Wänden, gestapelt auf Tischinseln, sogar unter der Decke hingen sie! Und in all den Behältern tummelten sich Tiere, so vielfältig wie Farben auf einer Malerpalette. Dazwischen gab es vielfältige Vegetation: Palmwedel, Blumen, Sträucher, Pilzbeete und Farne. Für den Moment verlor Janosch alle Gedanken, überwältigt vom Ersteindruck. Da waren Fische und Echsen und Vögel und Spinnen und Schlangen und …
»Hätten Sie wohl die Güte, Ihre Kinnlade aufzuheben! Sie sabbern noch auf meinen fleischfressenden Löwenzahn!«, holte ihn die Frauenstimme zurück.
Janosch blinzelte. Neben einer Tischinsel lag eine blond gelockte Frau (er schätzte sie auf älter als 30, aber jünger als 50, also etwa in seinem Alter) im lila Bademantel. Ein großer Vogelkäfig aus Metall verdeckte die Füße.
Sie stützte sich auf den Ellenbogen ab. »Wertester Hornbläser, wir vergeuden kostbare Zeit! Kommen Sie herum und heben dieses Monstrum von meinem Knöchel«, befahl sie, zeigte auf den Käfig und pustete eine widerspenstige Locke aus der Stirn.
»Äh … ja, na klar … Moment.«
Ein Schwarm Goldfische verfolgte seine Bewegungen, dicht hinter der Scheibe, wie bei einem Tennisspiel.
»Hübsche … äh … Fische«, murmelte er.
»Das sind Vergissmeinnicht-Schleierschwänze«, erklärte sie. »Aus der Familie der Memorabilia. Hervorragendes Gedächtnis, aber auch sehr neugierig. Die werden sich fortan für immer an Sie erinnern. So wie ich, wenn Sie endlich diesen Käfig von mir heben!«
Er ging in die Knie, stemmte den schweren Eisenkörper nach oben und hielt ihn dort. Frau Vunderbrich kroch barfüßig hervor (ihr Knöchel sah schlimm aus, so lila wie ihr Bademantel). Janosch legte das Gewicht behutsam zu Boden. Er klopfte die Hände ab und reichte ihr eine, denn sie war im Begriff aufzustehen.
»Sehr galant«, murmelte sie und nahm die Geste an. Sie stand wieder und suchte an der Tischkante Halt. Es entstand eine Pause. Erneut pustete sie die Locke fort und schenkte ihm ein kurzes Lächeln.
Sie hat Grübchen, dachte Janosch und lächelte zurück (War es hier unten gerade heller geworden?). Er streckte erneut die Hand aus. »Mein Name ist Bond...« »Ah!«, kreischte sie und Janosch zuckte unweigerlich zurück.
»Haben Sie etwa die Tür offengelassen?« Mit panischer Miene zeigte sie die Treppe empor.
»Ich … äh …«, setzte er an.
»Wissen Sie, was Sie getan haben? Herbert!«
Er runzelte die Stirn. »Ich heiße Janosch, nicht …«
Genervt wedelte sie den Einwand weg, als handle es sich um ein lästiges Insekt. »Nicht Sie! Mein Assistent und Steuermann.« Sie reckte den Kopf gen Kellertreppe. »Herbert!«, schrie sie erneut.
Schade, dachte er und ließ die Hand sinken. Vielleicht hatten die Nachbarn recht. Die Frau schien nicht alle Latten am … noch bevor er das Wort ›Zaun‹ denken konnte, passierten drei Dinge in so rascher Abfolge, dass man sie einfach zusammenfassen muss:
Direkt neben ihm, am Fuße der Treppe, ploppte aus dem Nichts ein aufrecht stehendes rosa Schwein im Tropenanzug auf, inklusive Helm und Schmetterlingskescher.
Das Schwein salutierte und sprach im Bariton: »Alles unter Kontrolle, Madame! Die Haustür ist gesichert und der Anker gelichtet! Wir haben abgelegt.«
Janosch fiel in Ohnmacht und schlug mit dem Kopf gegen die Kante der Tischinsel.

Er träumte wild. Von lebendigen Häusern, die ihre Besucher verschluckten, von sprechenden Schweinen und von Herrn Bredensiek, der einen besseren Zustellerjob machte als er, dessen Stimme sich jedoch allmählich in ein sirrendes Pfeifen verwandelte.
»Der Tee ist fertig. Herbert, wären Sie so freundlich? Oh, ich glaube, er wacht auf! Geben Sie mir den Kessel. Besser, Sie verschieben sich fürs Erste!«
Das Pfeifen erlosch, Janosch hörte ein Klappern. Dann kratzte Metall auf Keramik. Er öffnete die Augen und sah, dass er auf einem marineblauen Sofa lag, in einem von zahlreichen Kerzen erleuchteten, aufgeräumten Wohnzimmer. Seine Multifunktionsjacke hing am Haken neben einer Tür. Es roch, als hätte erst kürzlich jemand gekokelt.
»Ah, da sind Sie ja wieder. Gelobt sei Xerubilax! Trinken Sie das«, sagte Frau Vunderbrich und stellte eine Tasse voll dampfender Flüssigkeit auf den Couchtisch. Sie trug noch immer den Bademantel. Ihr Knöchel schien wieder in Ordnung, sie humpelte nicht und schien auch keine Schmerzen zu leiden. Ganz anders als er.
Janosch stemmte den Oberkörper vom Sofa, das Gehirn protestierte mit einer heftigen Welle, deren Brandung Übelkeit anschwemmte.
»Immer langsam, Sie haben da eine beträchtliche Beule. Wenn ich gewusst hätte, dass Herberts Erscheinen Sie so aus der Bahn wirft, hätte ich ihn gebeten, sich nicht zu verschieben.«
»Herbert …?«, murmelte Janosch, betastete zaghaft die Schwellung unter den Haaren und besah die Finger. Kein Blut.
»Mein erster Assistent. Herbert Leopold von Ringelnatz. Er ist ein Phasenschwein, wissen Sie? Einzigartige Wesen, außerordentlich intelligent. Man könnte sagen …«
»Phrasenschwein?« Ihm war, als hätte er eine Flasche Mariacron ›auf ex‹ getrunken. Nicht, dass er das jemals probiert hatte. Aber so musste man sich dann bestimmt fühlen. Wovon faselte die Frau?
»Phase, ohne ›r‹! Ein nicht zu vernachlässigender Unterschied. Die oberste Hautschicht besteht aus klitzekleinen Borsten und ist bloß 80 Nanometer dünn, sie wirkt wie ein Mantel aus Nano-Antennen, wodurch die Schweine die Fähigkeit haben, durch Phasenverschiebung bei Bedarf unsichtbar für das menschliche Auge zu werden. Als würden sie eine Tarnkappe aufsetzen. Faszinierend, nicht wahr?«, fragte sie und lachte glockenhell. »Phrasenschweine hingegen sind furchtbar langweilig und meist überfüttert. Sie trinken ja gar nicht!«
Geistesabwesend griff Janosch zur Tasse. Ich ›Herz‹ Naschbären stand darauf. Der Inhalt roch angenehm, nach Minze und Zitrone. Er nahm einen Schluck in den Mund. Phasenschwein. Tarnkappe. Die Wörter sickerten durch den lädierten Verstand. Er prustete eine Teefontäne aus! »Das war kein Traum!«, röchelte er.
Frau Vunderbrich sah ihn abschätzig an, griff unter den Bademantel, zog ein Spitzentuch hervor und tupfte über ihr Gesicht. »Natürlich nicht. Träume sind Schäume, wie mein Ex-Mann zu sagen pflegte. Er ist ein chinesischer Gott, müssen Sie wissen. Die haben …«
»Wo ist das unsichtbare Schwein jetzt?«, rief Janosch erregt.
Ihre Augen wanderten zur freien Sofahälfte. »Es sitzt direkt neben Ihnen.«
Janosch sprang auf, der Tee schwappte über. Kopfschmerz stach zu, als steckte ein Dolch im Schädel. Schwarze Flecken tanzten in seinem Blickfeld umher! Er fluchte derb.
»Na, na, nicht solche Worte unter meinem Dach! Trinken Sie, dann geht es Ihnen besser. Und wenn Sie sich damit wohler fühlen, bitte ich Herbert fürs Erste aus dem Zimmer«, sagte sie und schob ein gemurmeltes »auch wenn Sie sich ganz schön anstellen«, hinterher.
Janoschs Kehle fühlte sich trocken an und so trank er einen großen Schluck. Wärme flutete den Körper wie ein Quell der Behaglichkeit. Die Flecken verschwanden augenblicklich und ihm war, als würde eine machtvolle Ruhe die Aufregung fortspülen. Was war so schlimm an unsichtbaren Schweinen? Er nahm noch einen Schluck. Verdammt, der Tee war lecker! »Ist schon gut«, sagte er, trank die Tasse leer und leckte die Lippen. »Aber könnten Sie ihn bitten, sich … äh … sichtbar zu machen?«
»Es heißt verschieben«, korrigierte Frau Vunderbrich. »Und er kann Sie hören. Er ist unsichtbar, nicht taub.«
Erneut ploppte das Tier auf, wie sie gesagt hatte, saß es auf der rechten Sofahälfte. Noch immer trug es kakifarbene Kleidung und den Tropenhelm, zwischen den Hufen hielt es den Schmetterlingskescher. Es beäugte ihn sichtlich interessiert.
»Hallo«, sagte Janosch. Ein unsichtbares Schwein. Faszinierend. Er setzte sich wieder hin.
»Ich grüße Sie, Herr Hornbläser«, sprach es vornehm, mit tiefer Stimme, »es freut mich außerordentlich, Ihre Bekanntschaft zu machen. Sie sind der zweite Mensch dieser Realität, mit dem ich das Glück habe, parlieren zu dürfen. Sollte ich Sie erschreckt haben, bitte ich um Entschuldigung.«
»Ist schon okay«, antwortete Janosch gelassen. »Sie sind das erste Schwein, mit dem ich rede.« Passierte das hier gerade wirklich? Er kniff sich in den Arm. Es tat weh.
»Herbert«, mischte sich Frau Vunderbrich ein, »seien Sie ein Schatz und lösen Sie Maja am Steuer ab. Und richten Sie ihr aus, sie erhält Unterstützung bei der Suche, sobald ich unseren Passagier unterwiesen habe.«
»Zu Befehl, Madame!« Es salutierte, hüpfte vom Sofa und verließ den Raum.
Janosch sah ihm nach, erst als es aus der Tür war, nahm er von der Einrichtung Notiz. Eine Standuhr mit Glasfront und fremdartigen Symbolen anstelle der Ziffern grenzte an eine weitere Vitrine, in der zahlreiche Tierschädel lagen. Hinter dem Schaukasten führte eine andere Tür linksseitig aus dem Raum heraus. Rechts davon, vor einem mit Karton verdeckten Fenster, thronte ein gewaltiges Buch auf einem Ständer aus Gusseisen, umrahmt von Kerzen. Ein zum Bersten gefülltes Bücherregal aus dunklem Holz nahm die gesamte rechte Seite des Raumes ein. Über allem hing der latente Kokelgeruch.
Frau Vunderbrich räusperte sich. »Nun, werter Herr Hornbläser …«
»Mein Name ist Bondinski. Janosch Bondinski. Wie kommen Sie darauf, dass ich Hornbläser heiße?«
Sie sah zur Jacke an der Tür und wieder zurück. »Das Symbol … ich dachte …«
»Ich bin ihr Zusteller.«
»Ah, ich verstehe«, sagte sie und nickte. »Mein Zuhälter. Soso.«
»Zusteller! Ein Briefträger. Ein Postbote. Ihr Postbote. Also, wäre ich, wenn Sie die Post mal nutzen würden!«
»Ach, ein Boh-Tey! Warum sagen Sie das nicht gleich? Wie geht es Ihrer Präsidentin?«
»Was? Nein, das ist meine Arbeit! Damit verdiene ich mein Geld. Was – wenn ich fragen darf – machen Sie beruflich, Frau Vunderbrich?«
»Sie dürfen. Ich bin metaspekulative Zoologin, außer Dienst, wohlgemerkt. Tatsächlich sehe ich meine Berufung eher als Autorin, auch wenn eins das andere bedingt.«
In Janoschs Kopf flatterten die Gedanken wie Schmetterlinge. Die wohlige Teewärme schwand, der Kopfschmerz kehrte zurück (Meta-was?). »Sie schreiben?«, fragte er und massierte die Schläfen.
»Mein Magnum Opus!«, verkündete sie stolz und zeigte zum aufgebahrten Buch. »Die ›Große Enzyklopädie der Flora und Fauna aller ungezählten Parallelrealitäten‹! Was mich …«, sie beugte sich vornüber, »zu Ihrem Fauxpas sondergleichen bringt. Sie haben die Kellertür offengelassen! Er ist entkommen!«
Je näher sie kam, umso mehr wich Janosch zurück. Ihrem Gesichtsausdruck nach war das eine ernste Sache. »Er?«
»Der Schmierfink!«
Janoschs Fantasie schuf Bilder von Kindern mit dreckigen Händen sowie ruchlose Reporter, die wild auf Schreibmaschinen tippten, doch er besann sich auf die Leidenschaft der seltsamen Frau. »Sie meinen … einen Vogel?«
»Haben Sie Klöxgewölle in den Ohren? Nicht irgendein Vogel! Ein ausgewachsenes Exemplar, ein Männchen! Wahrscheinlich einer der letzten seiner Art, unfassbar selten. Meine Erzfeinde würden dafür morden, nur um ihn als Trophäe auszustopfen!«
»Ihre … Erzfeinde? Also gleich mehrere?«
Sie sah ihn an, als bezweifle sie seine Zurechnungsfähigkeit, dann verengten sich ihre Augenlider zu Schlitzen. »Lenken Sie nicht vom Thema ab! Das ursprüngliche Habitat des Schmierfink ist die Realität #47-Gluba-Elf! Sie wissen, was das bedeutet!«
»Tut mir leid, weiß ich nicht.« Er schielte zu der Tür, durch die das sprechende Schwein verschwunden war. Dort musste der Flur liegen. Zeit, zu verschwinden, ihr wirres Gerede war nicht geheuer, so interessant (und attraktiv!) er sie auch fand.
Frau Vunderbrich kam seinem Gesicht ganz nahe und sah ihm tief in die Augen. »In Gluba-Elf«, raunte sie, »ist in Kürze Paarungszeit!«
Das war zu viel! Er sprang auf, hastete um den Tisch, schnappte die Jacke vom Haken und stieß die Tür auf! Der Flur. Dort hinten, die Haustür! Er sprintete. Im Eingangsbereich stoppte er, da stand sein Zustellwagen am Fuße der Treppe. Was machte der hier? Janosch packte mit einer Hand den Wagen und mit der anderen den Türknauf. Nichts wie raus hier!
»Das würde ich lassen!«, rief Frau Vunderbrich vom Türrahmen her. »Es sei denn, Sie wollen wissen, wie es ist zu implodieren!«
Janosch hielt inne, die Hand am Türknauf. »Was?«
»Wir machen gut sieben Minkowski-Knoten Fahrt. Wenn Sie jetzt die Luke öffnen, reißt es Sie in den realitätslosen Raum! Der Druckausgleich zertrümmert Ihren Körper, was übrig bleibt, wird vom Quantenschaum zersetzt. Kein schöner Anblick, das können Sie mir glauben.« Sie lehnte lässig am Rahmen und pustete eine Locke fort.
»Sie sind verrückt«, murmelte Janosch, »wir sind am Petersberg Sechs A!«, rief er. »Wenn ich die Haustür öffne, sehe ich die Straße … meinen Bezirk! Ich will doch nur nach Hause, auf meinen Balkon!«
»Sie sind weit weg von zu Hause, Zuhälter!« Sie kam auf ihn zu. »Darf ich?«, fragte sie und löste vorsichtig seine Hand vom Knauf. Ihre Finger fühlten sich angenehm warm an. Und sie roch gut. »Das war überaus knapp. Fast hätten Sie uns alle umgebracht«, sagte sie und tätschelte die Hand. Setzen Sie sich!«, bat sie sanft und wies auf die Treppenstufen. »Nicht, dass Sie erneut umkippen.« Da waren sie wieder, die Grübchen.
Janosch tat, wie geheißen.
Frau Vunderbrich sah ihn prüfend an und nickte. »Ich verrate Ihnen jetzt ein Geheimnis: Dieses ›Haus‹ ist in Wahrheit ein ›Absolutistisch-Universell-Transzendentales-Objekt‹ oder kurz … A.U.T.O.! Ein Hochzeitsgeschenk meines Ex-Mannes, Jum sum.«
»Dem chinesischen Gott?«, fragte er (sarkastisch).
»Sie haben zugehört, hervorragend. «
Janosch las in ihren Augen, sie meinte das alles todernst. Aber sie gab auch einem unsichtbaren Schwein Befehle. Oder waren das in Wahrheit Nachwirkungen der Kopfverletzung, in Kombination mit diesem seltsamen Tee? Wo war er hier hineingeraten? »Beweisen Sie es!«, forderte er.
Frau Vunderbrich nickte, trat ein Stück zur Seite und fasste eine der Kartonagen vor dem Fenster am Eckzipfel. »Nicht umkippen!«, bat sie und riss die Pappe weg.
Es fühlte sich an, als ob eine fremde Macht Janosch unter die Arme griff und zum Fenster zog.
Da war keine Straße. Kein Bezirk. Bloß die allumfassende, schwärzeste Leere aller Zeiten, durchbrochen von lumineszierenden Strudeln, blitzartigen Kaskaden und Funkenregen sowie einer Art Himmelsglimmen, das ihn an die Aurora Boreales erinnerte, nur dass dieses hier in jeder Farbe glomm, die er zu kennen glaubte. All diese Lichter zogen Schlieren, ganz so, als ob er sich tatsächlich an ihnen vorbei oder durch sie hindurch bewegte. »Der … Wahnsinn …!«, hauchte er. Für einen Moment betrachteten beide stumm die Aussicht. Da war ihre Hand auf seiner Schulter.
»Mir scheint, Sie könnten etwas Stärkeres als sedhativischen Tee vertragen. Was halten Sie von einem Gläschen Hochprozentigem?«
Er wandte den Blick nicht vom Schauspiel ab. »Haben Sie Mariacron?«

Hatte sie nicht. Doch nach dem zweiten Glas des fremden, cremig-gelben Likörs war er merklich entspannt. Sie saßen wieder im Wohnzimmer. »Ich fasse zusammen«, sagte er und trank einen Schluck. »In diesem Moment fahren wir in einer Art transportablen Taschenrealität, die es Ihnen, Ihren zwei Assistenten, Herbert und …?«
»Maja.«
Er nickte. »Herbert und Maja sowie allen Geschöpfen, deren Leben Sie studieren …«
»Und beschützen!«, warf sie mit erhobenem Zeigefinger ein.
»Deren Leben Sie studieren und beschützen, ermöglicht, für eine begrenzte Dauer an Parallelrealitäten anzudocken, um Ihre Forschung vorantreiben zu können. War das so korrekt?«
»Absolut. Und fragen Sie nicht, wie diese Reisen technisch funktionieren! Ich weiß nur, dass die Zahl Pi eine wichtige Rolle spielt.«
»Hm.« Technische Erklärungen waren ihm gerade schnurzegal. Schon in der Schule konnte er Physik nicht leiden. Und verdammt, dieser Likör war lecker! Er trank einen Schluck. »Was noch? Ach ja, Herbert ist Ihr Steuermann und ein Phasenschwein. Maja ist Leichtmatrose und so etwas wie das ›Mädchen für alles‹. Was war sie noch gleich?«
»Sie ist ein Fleißtier.« Frau Vunderbrich nippte an ihrem Getränk. »Damals erforschte ich in Realität #79Kuddelmuddel-Blarf das Balzverhalten der Mamageien. Unfassbar mutige Vögel, wenn es um den Schutz des eigenen Nachwuchses geht. Egal, Maja schlich als blinder Passagier an Bord. Wissen Sie, Fleißtierweibchen sind hyperaktiv. Wenn sie keine Aufgabe haben, gehen sie ein. Wahrscheinlich gefällt ihr dieses A.U.T.O. deshalb so gut, hier gibt es immer etwas zu tun. Und da sie nie schläft, ist das für alle eine Gewinnsituation. Ha!« Ihr glockenhelles Lachen erklang.
»Win-Win«, sagte Janosch und trank aus.
Ihre Augen weiteten sich. »Oh, Sie sprechen Wamponesisch? Win-Sala-baku-meri-besch, we Bondinski-win
»Äh … nein.«
Sie kräuselte die Augenbrauen. »Sie sind ein seltsamer Mann. Nun, gut, haben Sie ausgetrunken? Wunderbar.« Sie klatschte in die Hände. »Dann wollen wir mal! Wäre doch gelacht, wenn wir diesen Schmierfink nicht wieder einfangen!« Voller Elan stand sie auf.
Janosch hingegen sank tiefer in das gemütliche Sofa. Mit dem Zeigefinger wischte er die Innenseite des Glases aus und lutschte den Rest der cremigen Substanz herunter.
»Herr Bondinski?« Sie sah ihn auffordernd an.
»Hm?«
»Es freut mich, dass Ihnen der Wollmilchsau-Eierlikör mundet, aber nun ist Tatendrang gefragt. Hier, nehmen Sie dies!« Sie hielt einen Kescher und eine Schlaufe samt Trillerpfeife in den Händen.
Er stand mit wackeligen Beinen auf und nahm beides entgegen, die Schlaufe hängte er sich um den Hals. »Frau Vunderbrich?«
»Ja?«
»Bitte, seien Sie ehrlich … wird das gefährlich? Ich habe keine Erfahrung auf diesem Gebiet und …«
Sie winkte ab. »Schnickschnack! Ein Zuhälter von Ihrem Format? Der lacht der Gefahr doch ins Gesicht! Seien Sie unbesorgt, ich passe auf Sie auf. Am besten beginnen Sie mit der Suche im oberen Stockwerk. Ah, da können Sie auch gleich Futter mitnehmen.« Sie zeigte auf die zurückliegende Tür hinter der Vitrine, »im oberen Kühlschrankfach liegt eine Flasche Wacholderschnaps. Seien Sie ein Schatz und bringen Sie sie her.«
»Wacholder?«
Sie nickte. »Für die Ginchillas. Etwas anderes trinken die nicht.«
Janosch zuckte mit den Schultern, legte den Kescher auf das Sofa und schlurfte zur Schwingtür. Vielleicht lag es am Schwips, aber er war zuversichtlich, diesen Vogel zu fangen. Er würde es auf seinen Balkon schaffen, Parallelrealitäten hin oder her. Und wieder Zuhause würde er Frau Vunderbrich einladen. Sie würden gemeinsam Blues hören und Wolkenbilder betrachten und dann würde er Nudeln mit Pesto für sie kochen. Ob sie Parmesan mag? Der Gedanke gefiel ihm sehr. Er verpasste der Tür einen Schubs und betrat die Küche.
Der Raum sah aus, als hätte ein Katalogblatt aus den Fünfzigerjahren Modell gestanden. Da war der mintfarbene Kühlschrank mit Griffen aus Chrom. Janosch öffnete ihn. Vier Fächer, jedes einzelne prall gefüllt mit Schlangengurken.
»Hier ist kein Schnaps!«, rief er.
»Haben Sie ganz hinten nachgesehen?«
Er räumte das Gemüse aus dem obersten Fach.
»Aber passen Sie auf mit den Gurkenschlangen! Die mögen es nicht, geweckt zu werden!«
Erneut passierten mehrere Dinge, im zeitlich kurzen Rahmen: Die Gurke in seiner Hand wurde lebendig, bekam Augen und ein Maul, eine Schlangenzunge stieß hervor.
Janosch schrie auf und schleuderte das Reptil gegen den Toaster.
Das weckte die restlichen Gurken auf, die zischelnd ihre Häupter hoben.
Janosch stolperte rückwärts durch die Schwingtür, stieß mit Frau Vunderbrich zusammen und sie gingen zu Boden, er landete auf ihr. Für einen Moment lagen sie da, die Gesichter ganz nah.
Die Grübchen erschienen.
Janosch wollte keinen Schmierfink mehr suchen. Er wollte so liegen bleiben.
»Haben Sie die Flasche gefunden?«, fragte Frau Vunderbrich.
Er schüttelte den Kopf.
»Sie haben die Schlangen geweckt, habe ich recht?«
Er nickte.
»Spüren Sie ein Kribbeln in der Bauchgegend und einen Anflug von Euphorie?«
Ihm wurde warm. Er löste sich von ihr und sie standen auf. »Ähm … wieso?«
Sie seufzte, »meine letzte Amputation ist Jahre her. Machen Sie sich schon mal frei, ich hole die Säge. Wir überprüfen Ihre Extremitäten.«
Er hielt sie am Bademantel fest. »Ich wurde nicht gebissen!«
»Sind Sie sicher? Sehen Sie alles rosarot?«
»Nein«, sagte er und biss auf die Zunge, um das ›Und Sie?‹, aufzuhalten.
»Dann ist es ja gut. Gurkenschlangen sind empfindlich, wenn es um ihren Kälteschlaf geht. Mit deren Gift ist nicht zu spaßen.« Sie griff unter den Bademantel, kramte in der Nähe ihrer Achsel und förderte zwei blaue Mäuse zutage, deren Fell metallisch glänzte. »Hier nehmen Sie«, forderte sie ihn auf und überreichte eines der seltsamen Tiere, »so wie Sie sich anstellen, bleiben wir lieber in Kontakt.«
Unbeholfen hielt er die Maus in den Händen, das kleine Ding verharrte ganz ruhig. »Was …?«
»Das ist eine Funkmaus«, erklärte Frau Vunderbrich und klemmte den Nager hinter die eigene Ohrmuschel, das Mauseschwänzchen bog sie vor die Lippen wie bei einem Headsetmikrofon. »Die funktionieren auch im realitätslosen Raum.«
Janosch starrte sie an.
Sie lächelte auffordernd.
Er seufzte und fummelte das Tier hinter sein Ohr (auch wenn alles in ihm protestierte), dort krallte es sich fest. »Hm«, entfuhr es Janosch. Es fühlte sich gut an. Warm und flauschig.
Sie bog sein fleischfarbenes Mikrofon zurecht und drückte auf ihre Maus, die quiekte. »Hören Sie mich?«, fragte Frau Vunderbrich.
Vorsichtig aktivierte er ebenfalls die Verbindung. »Klar und deutlich.«

Mit der Maus hinter dem Ohr, der Pfeife um den Hals und dem Kescher bewaffnet schlich Janosch durch den schummrigen Flur. Er hatte seine Jacke angezogen, mehr denn je fühlte sich das Gelb-Schwarz wie eine Rüstung an.
Frau Vunderbrich hatte versprochen, mit dem Gin nachzukommen, doch zuerst wollte sie nach den Schlangen sehen. Gleichzeitig referierte sie über Funk: »Der gemeine Schmierfink zeigt zur Balz einen ausgeprägten Nestbautrieb, ganz im Gegensatz zu seinen Artverwandten, dem Dreckspatz und dem Schmutzfink. Dabei pickt er Buchstaben aus der Realität, wie andere Vögel, Halme. Es entsteht das sogenannte Letternest, dieses dient als Einladung für die Weibchen.«
Janosch passierte den Zustellwagen. Winzige Spuren führten über das gelbe Plastik. Als hätte der Vogel Druckerschwärze an den Krallen. Janosch drückte auf die Maus. »Er war hier! An meinem Wagen. Ich sehe die Spur.«
»Fremdartige Buchstaben ziehen den Finken an. Zum Glück ist das Wohnzimmer geschützt, ich habe dort zur Vorsorge wabbeligen Papyrus verbrannt, als Sie im Reich der Träume schlummerten. Aber der Geruch hält ihn nicht ewig ab. Eine Katastrophe, wenn der Fink es unbemerkt zu meinem Magnum Opus schafft!«
Einem Instinkt folgend, öffnete Janosch die Postwagentasche. Die unzustellbaren Einschreiben waren doch da. Er seufzte und steckte die Briefe in die Jackeninnentasche. »Das hättest du wohl gerne«, murmelte er, »niemand mopst meine Arbeit und baut sein Nest daraus!« Voller Tatendrang nahm er die Treppe.

Eine Stunde später saß er wieder auf dem Sofa, froh, noch am Leben zu sein und doch frustriert, aufgrund des anhaltenden Misserfolgs.
Frau Vunderbrich ermahnte ihn, stillzusitzen, damit sie die verbrannte Haut seiner Hände behandeln konnte.
Nachdem im oberen Stock die Funkverbindung aus mysteriösen Gründen ausgefallen war, wurde er im ersten Raum von einem Beet aggressiver Sonnenblumen geblendet. Im zweiten Zimmer bekam er von drei sprechenden Muscheln im schnoddrigen Berliner Jargon den „Tipp“, der Schmierfink befände sich hinter der Tür am Ende des Ganges (»Det kam reinjeflattert, drehte ’ne Runde und is’ wieder wech. wa? Aba Trienchen hier, die hat jekiekt wo der Stänkafritze hin is!«).
Dankbar für die Hilfe betrat er besagten Raum … und sah sich dutzenden Katzenbabys gegenüber, die ihn neugierig beäugten und sich umgehend anpirschten. Keine Spur von dem Vogel, doch die flauschigen Fellknäuel – nah genug – gingen in Flammen auf, sprangen ihn an … und explodierten! Gerade noch rechtzeitig konnte Janosch die Hände schützend vors Gesicht halten.
Frau Vunderbrich trug eine Salbe, die nach Popcorn roch, auf die geschundenen Finger. »Sie sind die erste Person, die einen Rat der miesen Muscheln befolgt«, sagte sie. »Und auch die erste, die es ohne Schutz mit einem Rudel Kamikätzchen aufnimmt.« Sie massierte die Salbe ein. »Das war sehr mutig von Ihnen!«
Das Einreiben spürte er bis in den Unterleib und rutschte unruhig auf dem Sofa hin und her. »Mut gehört zu den grundlegenden Eigenschaften eines Zustellers. Das liegt uns im Blut«, trug er dick auf.
»Kühnheit hin oder her, hätte Mr. Snickers Sie nicht gerettet, wäre vermutlich Schlimmeres passiert.«
Janosch sah zum Buchständer. Auf dem Teppich davor lag ein Wesen von der Größe eines Koala, mit ebensolchen Ohren und Leopardenfellzeichnung. Der Naschbär besaß zwei Reihen nadelspitzer Zähne, gleich denen eines weißen Hais, mit denen er gerade eine große Menge Schokoriegel verputzte. Nachdem die Kamikätzchen Janosch angegriffen hatten, war es Mr. Snickers, der ihm zu Hilfe eilte, die suizidalen Katzen in die Flucht schlug und ihm den Rückzug ermöglichte.
»Ja, ich bin ihm auch sehr dankbar«, sagte Janosch. »Ähm … frisst er nur Schokolade?«
»Tatsächlich. Seine Spezies riecht den Duft der Kakaobohne über mehrere Kilometer. Es ist für sie so etwas wie ein natürlicher Lockstoff.« Sie lachte. »Wenn ich mal nicht weiß, wo er ist, brauche ich bloß ein Stück Schoki auszulegen, schon kommt er angeflitzt.« Sie sah dem Wesen beim Fressen zu und seufzte. »Schwer missverstandene Geschöpfe, diese Naschbären.«
»Das ist es!«, rief Janosch. »Ein Lockstoff! Damit fangen wir den Fink!«
»Jetzt geht aber die Fantasie mit Ihnen durch, mein Lieber. Schmierfinken interessieren sich kein Stück für Schokolade.«
Janosch griff in die Innentasche der Zustellerjacke und zückte die Einschreiben. »Und was ist damit?«

Sie lauerten unter einer Plane, Seite an Seite im schummrigen Hausflur und warteten auf die Ankunft des Vogels. Die Briefe hatten sie am Fuße der Treppe aufgestapelt. Es war zwar Janoschs Idee, doch Frau Vunderbrich musste ihm versichern, dass er die Briefe unversehrt zurückbekam.
»Und er kann uns wirklich nicht sehen?«, flüsterte Janosch.
»Seien Sie unbesorgt«, wisperte sie mit der Pfeife zwischen den Lippen, »ich habe diese Decke mit Herberts Ausscheidungen beschmiert. Die Exkremente von Phasenschweinen sind …«
»Schon gut, ich glaube Ihnen«, antwortete Janosch hastig.
Frau Vunderbrich hatte dem Steuermann zuvor den Befehl zum Anlegen erteilt. Den Namen der Realität, an der sie andockten, hatte Janosch wieder vergessen. Herbert sollte den betäubten Vogel mit speziellen Handschuhen schnappen und einsperren, gemeinsam mit dem Schwein hatte Janosch dafür den schweren Eisenkäfig aus dem Keller getragen.
»Herr Bondinski?«, flüsterte Frau Vunderbrich.
»Ja?«
»Ich … wollte mich noch bedanken.«
Janosch runzelte die Stirn. »Wofür?«
»Dass Sie mich nicht einfach im Keller haben liegen lassen. Das war überaus ehrenwert von Ihnen.«
Wärme stieg in ihm auf. »Das habe ich gerne gemacht.« Er überlegte kurz. Jetzt oder nie. »Ähm, Frau Vunderbrich?«
»Ja?«
»Mögen Sie Blues?«
Sie überlegte kurz. Dann antwortete sie: »Habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr gegessen. Aber ich glaube, gegrillt würde es mir schmecken.«
Janosch versuchte im Dunkeln unter der Kot-Decke zu erkennen, ob sie ihn bloß auf den Arm nahm. Gerade wollte er etwas erwidern, da stupste sie ihn aufgeregt an.
»Da! Da ist er!«
Ein blauschwarzer Vogel mit leuchtend weißem Schnabel, dessen Gefieder aussah, als würde flüssige Tinte heruntertropfen, hüpfte vom Treppengeländer auf den Fußboden, nahe der Einschreiben.
Janosch hielt die Luft an.
Der Schmierfink kam näher. Er sah sich um, als ahnte er, beobachtet zu werden. Vorsichtig trippelte er ganz nah an die Umschläge heran.
Janoschs Aufmerksamkeit war zum Zerreißen gespannt.
Frau Vunderbrich holte tief Luft.
Janosch steckte die Finger in die Ohren.
Der Fink zupfte am obersten Umschlag, bekam ihn nicht zu fassen und versuchte es erneut.
Frau Vunderbrich blies mit voller Kraft und es kreischte, als ob hunderte Fingernägel über eine Schiefertafel kratzen würden. Janosch biss die Zähne zusammen.
Sie warf die Decke ab und sprang auf. »Ha-Ha! Nimm dies, Schurke!«, rief sie.
Janosch sah auf. Der Vogel lag auf dem Boden, die Krallen von sich gestreckt. Frau Vunderbrich streckte triumphierend die Faust empor und neben ihr kam auch schon Herbert mit den Handschuhen durch die Tür.
Die nächsten drei Ereignisse liefen für Janosch in Zeitlupe ab:
Frau Vunderbrich zeigte ihm lächelnd den ausgestreckten Daumen.
Hinter ihr flog die Haustür auf. Eine Gestalt im kanariengelben Gummianzug, aus dem geriffelte Plastikschläuche wuchsen und in einer Art Gasmaske verschwanden, stand breitbeinig auf der Schwelle. Der Eindringling richtete etwas, das wie eine martialische Tuba aussah wie eine Waffe auf sie. »Cheerio Adelheid! Danke, für den kostbaren Fang!« Die Stimme ertönte blechern und kratzig. »Und jetzt gute Nacht!«, rief der Maskenmann. Die Luft um das Schallstück der Tuba knisterte bedrohlich.
Frau Vunderbrich warf den Kopf zu Janosch herum, ihre aufgerissenen Augen fanden ihn, ihr Mund formte ein ungläubiges ›O‹!
Dann riss eine unsichtbare Macht die Zoologin und das Phasenschwein von den Füßen und schleuderte ihre Körper gegen die Wand. Sie krachten zu Boden und rührten sich nicht mehr.
Unter der Decke zog Janosch den Kopf ein, er wagte es kaum zu atmen.
Der Maskenmann hob den betäubten Schmierfink mit zwei Fingern an einer Kralle hoch und schüttelte ihn prüfend. Das Tier regte sich nicht, doch Tintenspritzer benetzten den Flur und die weißen Einschreiben am Boden. »Was haben wir denn hier?«, tönte es neugierig aus der Maske. Die Gestalt hob die Briefe auf.
Nein! Hitze schoss in Janosch auf. Nicht die Rückläufer! Fieberhaft suchte er einen Ausweg.
Der Schurke war im Begriff, die Sendungen einzustecken! Janosch sprang auf, warf die Decke ab und zeigte theatralisch mit ausgestrecktem Finger. »Das würde ich nicht tun, wenn ich Sie wäre!«
Der Maskenmann zuckte zurück und verharrte dann in der Bewegung.
»Wissen Sie, was das ist?«, fragte Janosch und wies auf die Umschläge.
»Wer bist du denn?«, fuhr der Mann ihn an.
»Bondinski. Janosch Bondinski. Ich bin im Auftrag der Post unterwegs und besitze die Lizenz zum Zustellen! Ich frage erneut: Wissen Sie eigentlich, wie gefährlich die sind?«
Die Maske sah auf die Briefe. »Gefährlich? Die Dinger hier?«
»Dinger?«, rief Janosch empört. »Diese Dinger gehören zur … seltenen Gattung der, äh, … Weißflunder-Giftbrandblüten!«
»Was?«
»Ja, genau. Hochgradig gefährlich! Je länger man sie berührt, umso heftiger ist die, ähm, … brennende Vergiftung!« Wie zum Beweis zeigte er seine geröteten Hände.
Der Schurke antwortete nicht, er legte den Kopf leicht schief. Dann fragte er: »Aus welcher Realität sind die?« Er machte einen Schritt auf Janosch zu.
»Aus welcher … ? Ähm … Realität … #06-Bredensiek!«, stammelte Janosch.
»Du lügst!« Er ließ die Umschläge fallen, warf den Vogel achtlos neben den Eisenkäfig und brachte die Tuba in Anschlag. Wie zuvor britzelte die Luft um das Schallstück. »Und jetzt, sag gute …«
Janosch (der seine Stunde bereits geschlagen sah) nahm eine Bewegung aus dem Augenwinkel wahr, dann sausten von der Treppe mehrere Katzenbabys auf den Maskierten hinab, trafen, fingen Feuer und explodierten in einer Kettenreaktion. Der Mann schrie auf, ließ die Tuba fallen und taumelte rückwärts.
Ohne nachzudenken, stürmte Janosch vor, senkte den Kopf wie ein Stier, der den Torero erfasst. Ein animalischer Wutschrei entfuhr seiner Kehle, er rammte den Fremden und schleuderte ihn aus der Öffnung hinaus. Hastig schloss er die Tür und drehte sich um. Wo waren die Kamikätzchen hergekommen?
Auf der Treppe bewegte sich ein Wesen so schnell, dass Janosch es nur verschwommen wahrnahm. Auf den ersten Blick war es eine Kreuzung aus Schimpanse und Faultier. Es raste heran, wirbelte um die bewusstlose Frau Vunderbrich und Herbert herum und kam zurück.
»GutgemachtHerrHornbläserdochesistnochnichtvorbeihaltenSiedieTürzuwährendichdenAnkerlichteichbinübrigensMajafreutmichSiekennenzulernenKüsschen!« Die weibliche Stimme ratterte ohne Punkt und Komma um ihn herum, raste zurück, von wo sie herkam, die Treppe hinauf und schon war sie weg.
Janosch stand alleine und als Einziger aufrecht. Er streckte die Arme zu beiden Seiten aus, drückte den Rücken fest gegen das Holz und suchte breitbeinig sicheren Stand. Keine Sekunde zu spät, denn die Tür erzitterte unter dem ersten Stoß.
»Mach auf, Postmann!«, schrie der Unbekannte.
»Verschwinden Sie in Ihre eigene Realität!«
»Nicht ohne meine Trophäe! Gib mir den Vogel!« Erneut zitterte die Tür.
»Den kriegen Sie nicht!« (Was brauchte das Fleißtier denn so lange?)
»Zum letzten Mal: Mach! Auf!«
»Wer immer Sie sind: Ich will nur auf meinen Balkon! Das alles lässt sich doch friedlich lösen!« Janosch hielt Ausschau nach dem Wirbelwind. Doch da war nur Herbert auf dem Boden. Moment mal. Wo war Frau …
Ein gewaltiger Stoß ließ ihn taumeln, ein weiterer stieß ihn in den Flur hinein. Er strauchelte und drehte sich im Fallen um. Da war der gelbe Maskenmann, erneut stand er im Rahmen, zog einen Metallknüppel hinter der Schulter hervor und drückte einen Knopf daran. Kleine Blitze umspielten die Waffe.
»Jetzt bist du fällig! Ich werde dich ausstopf...«
»Hey, Ulisses!« Frau Vunderbrich stand im Türrahmen des Wohnzimmers, in den Händen hielt sie die Tuba auf ihren Gegner gerichtet, zu ihren Füßen lag die sichtbare Seite der unsichtbaren Decke. »Finger weg von meinem Zuhälter!«
»Warte …«, rief der Maskenmann.
Sie drückte ab und die Schallwelle fetzte über Janoschs Kopf hinweg, traf den Widersacher und schleuderte ihn durch die Tür nach draußen. Mit einem lang gezogenen Schrei flog er ins Dunkel.
Janosch verpasste der Haustür einen Tritt, sie fiel ins Schloss und just in diesem Moment ging ein Rumpeln durchs Gebäude.
Frau Vunderbrich ließ die Waffe fallen. »Die Gefahr ist vorüber. Wir haben abgelegt.«

Janosch schloss die Wohnungstür auf. Das Gefühl, aus dem Urlaub in die eigenen vier Wände heimzukehren, war nichts gegen das, was er in diesem Augenblick empfand.
Maja hatte nach dem Sieg gegen Dr. Ulisses Villainidis (der einer der vier erklärten Erzeinde von Frau Vunderbrich war) das A.U.T.O. in einer nahen Querstraße geparkt und als Müllcontainer getarnt, der Erklärung nach konnte es jede beliebige Form für das menschliche Auge annehmen.
Adelheid hatte ihm das Du angeboten und versprochen, das Prinzip der Post einmal auszuprobieren.
Er hatte geantwortet, dass er gespannt sei, wann er den nächsten Brief bei ihr zustellen dürfte. Zum Abschied hatten sie sich die Hände gereicht. Ihre Grübchen waren das letzte, was er sah, bevor er aus dem Müllcontainer kletterte.
Er zog die Jacke aus, ging ins Schlafzimmer und schlüpfte in die Schlabberjogginghose.
Draußen schien die Sonne. Er klappte den Liegestuhl auf, kam wieder herein und schaltete den Plattenspieler ein. Behutsam nahm er Trouble no more aus der Hülle, inspizierte die Oberfläche, legte sie auf und setzte die Nadel an die richtige Position. Er ließ Muddys Stimme für einen Moment wirken, schloss die Augen und atmete tief durch. Dann erst ging er zum Barschrank, nahm die Flasche sowie ein Glas heraus und schraubte den Deckel ab. Gerade wollte er einschenken, da läutete die Türschelle.
Er stellte die Flasche ab und öffnete.
Ein Kollege in Gelb-Schwarz mühte sich die Stufen hinauf und schnaufte durch, als er ihn erreichte.
»Tach, Georg«, sagte Janosch.
»Hmpf«, machte der wie üblich wortkarge Mittfünfziger, griff in seine Tasche und überreichte zwei Briefe, die Janosch als klassische C4-mit-Fenster identifizierte. »Ah«, machte Georg, anscheinend hatte er etwas vergessen. Er kramte, wurde fündig und hielt einen zerknitterten grasgrünen Umschlag entgegen, der mit krakeliger Schrift beschrieben war. Dabei zog Georg fragend die Augenbrauen hoch.
Janosch nahm die Sendung entgegen und las die Empfängerzeile.
An: Janosch Bondinski (Mein Zuhälter).
Er zwang sich zu lächeln. »Lange Geschichte. Würdest du mir eh’ nicht glauben.«
»Hmpf«, machte Georg, hob die Hand zum Gruß und ging.
Janosch schloss die Wohnungstür, kehrte zur Musik zurück und öffnete den Umschlag. Das Briefpapier war ebenfalls grün, ein schwacher Geruch nach faulen Eiern stieg auf. Die Schrift war eine echte Sauklaue:

Sehr geehrter Herr Bondinski,

wie empfohlen nutze ich die Pest, um mit Ihnen Kontakt aufzunehmen.

Wenn dieser Brief Sie erreicht, bedeutet das, bei meiner Expedition in #66Tempus-Malum ist etwas gewaltig schiefgelaufen und ich benötige erneut Ihre Hilfe. Ihr Mut und mein Genie könnten eine weitere Spezies vor der sicheren Ausrottung bewahren.
Sollten wir Erfolg haben, wäre es mir eine Freude, im Anschluss Blues mit Ihnen zu essen.
Das A.U.T.O. ankert am Ihnen bekannten Ort.

Hochachtungsvoll

Adelheid Hyazintha Vunderbrich
P.S.: Seien Sie ein Schatz und bringen Sonnencreme, Konfetti und eine Kettensäge mit.

Er faltete den Brief zusammen und dachte nach. Ihr Mut und mein Genie.
Der nächste Song setzte ein.
Janoschs Blick lag auf der Flasche Mariacron.

 

Hallo @Seth Gecko,

ja, was soll ich sagen? Vielleicht: :thumbsup::anstoss::bounce:

Es ist richtig erfrischend, mal so eine gekonnte Blödelei zu lesen, wobei 'Blödelei' überhaupt nicht geringschätzig gemeint ist.
Gekonnt ist es, weil viele originelle Ideen in ein gutes Plot-Konzept eingegliedert sind: Da ist der Rahmen der Geschichte, die mit einem Kreisschluss endet, und die angesprochenen feinen humoristischen Kleinigkeiten, nur mal wenige Beispiele:

Janoschs Miene fror ein. »Postgeheimnis!«, sagte er ernst und sah ihm in die Augen. »Ich könnte es Ihnen sagen, aber dann müsste ich Sie töten.« (Der Name ist Bondinski. Janosch Bondinski) Herr Bredensieks Gesichtsausdruck war einmalig, Janosch löste das Starren und zwinkerte ihm zu. Spaß war wichtig.
Schöne Anspielung an Spionage-Filme.
Hinter dem Gestrüpp ragte das Gebäude empor, wie einem Gruselfilm entwachsen:
Dann diese schön beschriebene Gebäudeszenerie ...
Der Erste war ein fensterloser C7 aus Leinenpapier, mit Goldverzierungen am Rand. Absender war das Institut für Tropenmedizin in Antwerpen. Der zweite kam vier Jahre später, eine schlichte, fensterlose C3-Versandtasche, mit Papprückwand. Farbton Manila. Kein Absender. Aufgegeben in Australien.
Hier wird gut vorbereitet, dass da noch Einiges auf den Leser zukommt.
Unsicherheit krabbelte vom Magen in die Kehle wie eine fette Spinne, doch Janosch schluckte sie hinunter.
Erstaunlich: Obwohl man so etwas sicher noch nicht erlebt hat, kann man sich genau vorstellen, was gemeint ist.
Und er kann Sie hören. Er ist unsichtbar, nicht taub.«
Eine so menschliche Reaktion - erinnert daran, dass, wenn ein Ausländer nichts versteht, er oft immer lauter angesprochen wird.
Absolutistisch-Universell-Transzendentales-Objekt‹ oder kurz … A.U.T.O.! Ein Hochzeitsgeschenk meines Ex-Mannes, Jum sum.«
Genau, eigentlich nichts besonderes, ein AUTO halt.

Bei "Mamageien" und der "Wollmilchsau" dachte ich, du hast das nicht nötig - so viel gute eigene Ideen! Bei "Ginchillas" warst du wieder 'im Tritt', ich kannte diese alkohohlaffinen Tierchen zumindest noch nicht.
Man kann durchaus sagen, die Geschichte wendet sich gegen Vorurteile, propagiert Weltoffenheit, also ist es sogar nicht nur Blödelei. Jedenfalls ist der Text unterhaltsamer, einfallsreicher, als so manches, was man sonst liest.


Kehr, wenn ich mal Ihren Job gehabt hätte!«
Kehr? Verstehe ich nicht.

»Echt? Wie viele denn genau?«
»Nein, Sie haben schon mal gefragt.«
»Ach so. Und?«

Auf "Wie viele genau?" Antwortet man eigentlich nicht mit "Nein". (Das darf ich nicht sagen ...)

Beste Grüße,

Woltochinon

 

Hallo Seth,
auch ich habe mich gut amüsiert. Die Fülle der Einfälle, die schrägen Figuren, der unbeholfene Held, das liest sich fluffig und ich bin da gerne mitgegangen. Mir kommt die Geschichte nicht ganz so "böse" vor, wie die Weihnachtsgeschichte, auch wenn da ein paar schwarze Stellen drin sind, was mir gut gefällt. Am Ende geht mir die Auflösung irgendwie zu schnell.

70 Jahre alt und verheiratet mit Barbara (»Das letzte ›a‹ ist stumm«, pflegte der Rentner zu scherzen).
Und sofort habe ich ihn vor Augen. Diese Art Humor, diese Art Ehepaar.
»Ja, das wäre was«, sagte Janosch. Hättest du nicht gepackt, dachte er, und überreichte die Süddeutsche.
:lol:
Janoschs Miene fror ein. »Postgeheimnis!«, sagte er ernst und sah ihm in die Augen. »Ich könnte es Ihnen sagen, aber dann müsste ich Sie töten.« (Der Name ist Bondinski. Janosch Bondinski)
auch schön
»Schnüffeln'se mal an der Haustür der Irren! Nicht, dass die schon über die Wupper is’!«
Ja, und das ist später gut wieder aufgegriffen. Du hast hier jetzt schon gut die Neugier auf die Frau geweckt. Seltsamerweise hatte ich jetzt aber so eine ganz alte Frau im Kopf.
Hinter dem Gestrüpp ragte das Gebäude empor, wie einem Gruselfilm entwachsen
Ja, du greifst das ja noch einmal auf, aber eigentlich finde ich den erklärenden Halbsatz nicht so elegant, gerade weil du da ja so eine farbige Beschreibung nachschiebst.
Der Erste war ein fensterloser C7 aus Leinenpapier,
eine schlichte, fensterlose C3-Versandtasche, mit Papprückwand. Farbton Manila
sehr schön, sein Spezialwissen
Ein großer Vogelkäfig aus Metall verdeckte die Füße.
Das habe ich erst beim zweiten Lesen kapiert, dass aus diesem Käfig der Schmierfink entkommen ist.
»Das sind Vergissmeinnicht-Schleierschwänze«, erklärte sie. »Aus der Familie der Memorabilia. Hervorragendes Gedächtnis, aber auch sehr neugierig. Die werden sich fortan für immer an Sie erinnern. So wie ich, wenn Sie endlich diesen Käfig von mir heben!«
Süß!
»Sehr galant«, murmelte sie und nahm die Geste an. Sie stand wieder und suchte an der Tischkante Halt. Es entstand eine Pause. Erneut pustete sie die Locke fort und lächelte schüchtern.
"Schüchtern" passt aber so gar nicht dazu, wie ich sie bisher erlebt habe.
»Phase, ohne ›r‹! Ein nicht zu vernachlässigender Unterschied. Die oberste Hautschicht besteht aus klitzekleinen Borsten und ist bloß 80 Nanometer dünn, sie wirkt wie ein Mantel aus Nano-Antennen, wodurch die Schweine die Fähigkeit haben, durch Phasenverschiebung bei Bedarf unsichtbar für das menschliche Auge zu werden. Als würden sie eine Tarnkappe aufsetzen. Faszinierend, nicht wahr?«, fragte sie und lachte glockenhell. »Phrasenschweine hingegen sind furchtbar langweilig und meist überfüttert.
Hat auch alles was von Harry Potter. Schöner Sprachwitz.
»Ach, ein Boh-Tey! Warum sagen Sie das nicht gleich? Wie geht es Ihrer Präsidentin?«
Da steh ich auf der Leitung. Was meint sie da?
Erneut passierten mehrere Dinge, im zeitlich kurzen Rahmen: Die Gurke in seiner Hand wurde lebendig, bekam Augen und ein Maul, eine Schlangenzunge stieß hervor.
Janosch schrie auf und schleuderte das Reptil gegen den Toaster.
Das weckte die restlichen Gurken auf, die zischelnd ihre Häupter hoben.
Oh, was für ein cooles Bild!
»Sie haben die Schlangen geweckt, habe ich recht?«
Er nickte.
»Spüren Sie ein Kribbeln in der Bauchgegend und einen Anflug von Euphorie?«
Ihm wurde warm. Er löste sich von ihr und sie standen auf. »Ähm … wieso?«
Sie seufzte, »meine letzte Amputation ist Jahre her. Machen Sie sich schon mal frei, ich hole die Säge. Wir überprüfen Ihre Extremitäten.«
Er hielt sie am Bademantel fest. »Ich wurde nicht gebissen!«
»Sind Sie sicher? Sehen Sie alles rosarot?«
Gefällt mir auch sehr gut. Liebesgefühle oder erste Anzeichen einer Vergiftung, so schön zusammengebracht und dann der Knall mit der Amputation, toll!

Also, da sind wirklich superschöne Ideen drin, die miesen Muscheln und die Kamikätzchen, echt hübsch. Nur mit dem Plot habe ich am Ende ein Problem.

Herbert hat mir berichtet, dass er Sie gut nach Hause und den Pestwagen vor Ihre Dunststelle gebracht hat.
Wenn dieser Brief Sie erreicht, befinde ich mich auf der Rückfahrt aus Realität #13Felixi-Wumpe und habe den Schmierfink erfolgreich aus den Fängen meines Erzfeindes, Dr. Ulisses Villainidis, befreien können.
Also der Plan ging nicht auf, sie haben den Schmierfink zwar angelockt, aber dann erschien der Erzfeind, der vorher noch gar nicht aufgetaucht ist und hat alle plattgemacht, aber auf irgendeine Weise sind dann alle gerettet worden, bzw. Frau Vunderbrich hat dann alle gerettet?

Wolltest du schnell fertig werden?

Also, wie gesagt, ansonsten habe ich deine Geschichte sehr genossen. Hut ab vor deiner Phantasie und deinem Wortwitz!

Einen schönen Sonntag dir,
Gruß, Chutney

 

Moin @Woltochinon und @Chutney,

vielen Dank für eure Kommentare, euer Lob und eure Zeit.
Dass die Geschichte für euch funktioniert und euch amüsieren konnte, freut mich sehr, denn mit Humor ist das ja so ’ne Sache.

Gerne gehe ich kurz durch eure Anmerkungen:

Man kann durchaus sagen, die Geschichte wendet sich gegen Vorurteile, propagiert Weltoffenheit, also ist es sogar nicht nur Blödelei. Jedenfalls ist der Text unterhaltsamer, einfallsreicher, als so manches, was man sonst liest.
:)
Blödelei passt schon. Manchmal müssen Geschichten albern, verrückt und durchgeknallt sein. Die echte Welt ist oft schon ernst genug.
Auf jeden Fall hat sie ein Herz für Außenseiter.

Kehr? Verstehe ich nicht.
Sagt man so in Ostwestfalen, wo die Story spielt. Ist wohl am ehesten als Ausruf der Verwunderung oder auch Verärgerung zu betrachten. "Kehr noch eins" bedeutet übersetzt so viel wie: Verdammt noch mal, wenn auch in abgeschwächter Form (kein Fluch).

Auf "Wie viele genau?" Antwortet man eigentlich nicht mit "Nein". (Das darf ich nicht sagen ...)
Da gebe ich Dir recht. Aber ich wollte Janosch hier authentisch sprechen lassen. Mal schauen, wenn die Stelle hier bei anderen ebenfalls aneckt, setze ich mich erneut ran.


Die Fülle der Einfälle, die schrägen Figuren, der unbeholfene Held, das liest sich fluffig und ich bin da gerne mitgegangen.
Das freut mich sehr. :herz:

Mir kommt die Geschichte nicht ganz so "böse" vor, wie die Weihnachtsgeschichte, auch wenn da ein paar schwarze Stellen drin sind, was mir gut gefällt.
Nee, böse sollte sie nun wirklich nicht sein. Im ersten Entwurf war sie sogar als waschechte Kindergeschichte gedacht. Aber da tue ich mich (noch) schwer mit, da ich selbst keine Kinder habe und mich nach kurzer Zeit beim Schreiben eingeengt fühle, aufgrund der limitierten Ausdrucksweise (Kinder wissen doch z.B. nicht, was Mariacron oder wer Muddy Waters ist). So ist es eine Geschichte für Träumer, ein kleiner "Schmunzel-Happen", wenn man so will.

Ja, und das ist später gut wieder aufgegriffen. Du hast hier jetzt schon gut die Neugier auf die Frau geweckt. Seltsamerweise hatte ich jetzt aber so eine ganz alte Frau im Kopf.
Jetzt, wo Du es schreibst, sehe ich es auch. Ich werde Herrn Bredensiek einen Halbsatz spendieren, dass er sie bereits lange nicht mehr draußen gesehen hat, dann sollte das klar sein. Ich könnte natürlich auch ihr Alter bereits beim Klatsch & Tratsch der Nachbarschaft erwähnen, das sollte das Bild ebenfalls zurechtrücken. Eins von beiden wird es werden.

Ja, du greifst das ja noch einmal auf, aber eigentlich finde ich den erklärenden Halbsatz nicht so elegant, gerade weil du da ja so eine farbige Beschreibung nachschiebst.
Recht hast Du. Fliegt raus. Danke fürs aufzeigen.

sehr schön, sein Spezialwissen
Der Teil war in der ersten Fassung um einiges länger. Da waren es vier Briefe, die er in den Jahren zustellt. Hab zwei Darlings unbarmherzig gekillt, da selbst gemerkt, wie der Flow gedrosselt wurde.

"Schüchtern" passt aber so gar nicht dazu, wie ich sie bisher erlebt habe.
Sehr gut gesehen und recht haste. Fliegt raus. Schüchtern ist die gute Frau Vunderbrich nämlich wirklich nicht. Thx.

Da steh ich auf der Leitung. Was meint sie da?
:) Das weiß nur Frau Vunderbrich. Ich wollte ein paar Stellen drin haben, wo die Leserschaft sich gleichwohl mit Janosch fragen sollte: Wovon zur Hölle redet die? Also völliges Unverständnis (zur weiteren Identifikation mit dem Prota?).
Wenn das nicht funktioniert, nehme ich es raus. Ich warte mal ab, ob/was da noch an Stimmen zu kommen.

Also der Plan ging nicht auf, sie haben den Schmierfink zwar angelockt, aber dann erschien der Erzfeind, der vorher noch gar nicht aufgetaucht ist und hat alle plattgemacht, aber auf irgendeine Weise sind dann alle gerettet worden, bzw. Frau Vunderbrich hat dann alle gerettet? Wolltest du schnell fertig werden?
Erwischt. Ich habe diese Schwäche, dass ich ab einem gewissen Punkt beim Schreiben denke, die Geschichten werden zu lang. Und da ich Frau Vunderbrich auf jeden Fall einen Erzfeind verpassen wollte und die Geschichte ja von unvorhersehbaren Wendungen lebt, dachte ich, das passt relativ gut. Aber vielleicht war das zu schnell/zu wenig?
Auch hier werde ich mal abwarten, was da an Feedback kommt. Ich könnte mir auch vorstellen, Janosch im halb wachen Zustand miterleben zu lassen, wie Dr. Villainidis den Vogel erbeutet und Frau Vunderbrich dann gemeinsam mit Herbert gegen ihn kämpft (oder so) ..., da fehlt mir momentan die zündende Idee. :fluch:

Am Ende soll Janosch auf jeden Fall wieder in seiner Wohnung sein und vor die Wahl gestellt werden, der Ausgang soll also offen bleiben.

Ihr zwei, nochmals vielen herzlichen Dank für eure Anregungen und euer Lob,
ich wünsche euch einen entspannten Sonntagabend.

Beste Grüße
Seth

 

Ich könnte mir auch vorstellen, Janosch im halb wachen Zustand miterleben zu lassen, wie Dr. Villainidis den Vogel erbeutet und Frau Vunderbrich dann gemeinsam mit Herbert gegen ihn kämpft (oder so) ..., da fehlt mir momentan die zündende Idee. :fluch:
Ich nochmal. :)

Also ich finde ja, Janosch sollt schon irgendwie an der Rettung beteiligt sein und nicht nur zugucken. Er ist ja so der Typ "unfreiwilliger Held".

Sein Ziel ist ja zunächst Mariacron auf dem Balkon, außerdem ist er voll mit seinem Job identifiziert und dann erfasst ihn das Interesse an Frau Vunderbrich. Der Schmierfink ist ihm eigentlich egal. Frau Vunderbrich hat ihre Mission und sie findet auch Gefallen an Janosch.
Janoschs Beitrag zur Rettung müsste was mit seiner speziellen Weltsicht zu tun haben. Eine Idee wäre, dass er z.B. seine Einschreiben echt in Gefahr sieht (das hast du schon so schön vorbereitet) und irgendeinen skurrilen Dreh findet um die zu retten und die anderen gleich mit. Welchen, keine Ahnung, du bist der mit der ausufernden Phantasie. :D
Aber ich finde, dass du in der Gewichtung mehr Aufwand mit dem finalen Kampf treiben solltest und eher vorher ein bisschen kürzen, wenn es um Erklärungen geht. Den Ex-Mann von ihr z.B. könnte ich mir auch in einem späteren Kapitel vorstellen.
(Da sind doch noch weitere geplant?;))

Liebe Grüße von Chutney (die die Salatgurke in ihrem Kühlschrank jetzt mit anderen Augen sieht)

 

The crazy world of Seth (ohne tea äitsch, aber mit Mariacron ) Gecko - sag ich da mal passend zum Wochenende – eigentlich, wenn die Bude hier „voll“ ist wegen Kinderkarnevals und eigentlich nur noch ein Enkel das Alter für den hat. Auf jeden Fall hat mir dieses Schnickschnack sehr gefallen,

lieber Seth,

das wär noch was, statt Humpta Täterä und Emscherromantik den Mississiπ Delta Blues zu pflegen …

Aber bevor’s hier überschäumt … zunächst die Frage hierzu

Bis zum Abendessen konnte er Wolkenbilder betrachten, oder seinen Schmöker weiterlesen, oder …
warum Komma bei bloßen Vergleichen

Janosch öffnete die Augen. »Guten Morgen, Herr Bredensiek.«
Warum der schlichte Punkt statt eines Ausrufezeichens? (Immerhin verwendestu es!)

Die beiden einzigen Hinweise hatte er selbst zugestellt, doch er konnte sich keinen Reim darauf machen. Zwei Briefe, in acht Jahren!
Der Erste war ein fensterloser C7 …
Warum die Substantivierung, wenn „der erste“ Attribut des „ersten (Briefes)“ meint?

Und zurückgrüßen tat sie niemals (»Eine Frechheit«, schimpfte Barbar Bredensiek)!
Warum so kompliziert, wenn es auch schlicht geht als ein „Zurück grüßte sie nie(mals)

Janoschs Nackenhaare sträubten [sich], unter der gelb-schwarzen Jacke war ihm schlagartig warm. »Frau Vunderbrich?«

Er klopfte die Hände ab und reichte ihr eine, denn sie war im Begriff, aufzustehen.
Komma weg!

»Mein Name ist Bond[...]...«
Direkt am Wort behaupten Auslassungspunkte, dass da was fehle und wär es nur ein Buchstabe

Die Frau schien nicht alle Latten am … noch bevor er das Wort ›Zaun‹ denken konnte, passierten drei Dinge, in so rascher Abfolge, dass man sie einfach zusammenfassen muss:
vorletztes Komma weg!

Die Flecken verschwanden augenblicklich und ihm war, als spüle eine machtvolle Ruhe die Aufregung fort.
Besser Konjunktiv II, das „als“ weist doch auf den Unterschied zum Prät. und eine als-ob-Situation hin

Rechts davon, vor einem mit Karton verdecktem* Fenster, thronte ein gewaltiges Buch …
„verdeckten“

Setzen Sie sich[!]«, bat sie sanft und wies auf die Treppenstufen. »Nicht, dass Sie erneut umkippen.« Da waren sie wieder, die Grübchen.

Da war ihre Hand, auf seiner Schulter.
Warum das Komma?
Weg mit ihm!

Für einen Moment lagen sie dar, die Gesichter ganz nah.
Warum das „r“? am da ...

»Die funktionieren auch im Realitätslosen Raum.«
„realitätslos...“

Sehr gern gelesen vom

Friedel

 

Moin @Chutney und @Friedrichard,

Also ich finde ja, Janosch sollt schon irgendwie an der Rettung beteiligt sein und nicht nur zugucken. Er ist ja so der Typ "unfreiwilliger Held".
Danke, das war ein kleiner Augenöffner für mich. Du hast natürlich vollkommen recht, dass ich ihn zum Zuschauer degradiere, macht es nicht besser und das hat die Figur auch nicht verdient.
Ich habe schon damit angefangen, das Ende auszubauen. Die zuvor aufgezeigten Änderungen wurden umgesetzt.

Janoschs Beitrag zur Rettung müsste was mit seiner speziellen Weltsicht zu tun haben. Eine Idee wäre, dass er z.B. seine Einschreiben echt in Gefahr sieht (das hast du schon so schön vorbereitet) und irgendeinen skurrilen Dreh findet um die zu retten und die anderen gleich mit. Welchen, keine Ahnung, du bist der mit der ausufernden Phantasie. :D
Aber ich finde, dass du in der Gewichtung mehr Aufwand mit dem finalen Kampf treiben solltest und eher vorher ein bisschen kürzen, wenn es um Erklärungen geht.
Yep, das greife ich dankbar auf. Es werden die Einschreiben, die den notwendigen Heldenmut in ihm aktivieren. Und ich weiß auch schon, wer ihm hilft, denn die gute Maja (Fleißtier/Leichtmatrose/Mädchen für alles) hatte zuvor im 1.OG eine kurze Szene, die ich aus Pacing-Gründen hinausgeschmissen habe, jetzt bekommt sie im Finale ihren Auftritt! :-)

Den Ex-Mann von ihr z.B. könnte ich mir auch in einem späteren Kapitel vorstellen.
(Da sind doch noch weitere geplant?;))
Könnte mir durchaus eine Serie vorstellen. Genug Parallelrealitäten sind vorhanden. Mal schauen.

Liebe Grüße von Chutney (die die Salatgurke in ihrem Kühlschrank jetzt mit anderen Augen sieht)
Solange du sie nicht zu grob anpackst, würde ich mir keine Sorgen machen. :D


das wär noch was, statt Humpta Täterä und Emscherromantik den Mississiπ Delta Blues zu pflegen
Lieber Friedel, da musste ich zweimal hinschauen. Absolut fantastisch. Chapeau. :)


»Mein Name ist Bond[...]...«
Direkt am Wort behaupten Auslassungspunkte, dass da was fehle und wär es nur ein Buchstabe
Jawoll, das habe ich von euch gelernt. Tatsächlich will die Figur hier ihren Nachnamen sagen (Bondinski), wird aber durch den Aufschrei des Gegenübers unterbrochen.
Falsch?

Besser Konjunktiv II, das „als“ weist doch auf den Unterschied zum Prät. und eine als-ob-Situation hin
Bei solchen Hinweisen muss ich immer räscherschieren, was Du mir sagen möchtest ... :bonk:
Ich hab doch von dieser ganzen Grammatik/Zeiten/Deutsch-LK-Kiste keine Ahnung! :fluch:
Aber die Textstelle wurde abgeändert, in der Hoffnung, dass es jetzt passt. Auch alle anderen Flusen wurden aufgelesen und der Text um sie bereinigt.

Großen Dank, für die Hilfe, Zeit und die Aufmerksamkeit.

Beste Grüße und einen guten Start in die Woche
Seth

 

Hallo @Seth Gecko ,

also mir gefällt das Ende so viel besser. Janosch hat an der Rettung nun einen entscheidenden Anteil und schön, wie Maja da noch ihre Rolle bekommt, die ist vorher schon gut anmoderiert und sehr witzig gestaltet.
Ich habe noch einmal den ganzen Text gelesen und bin manchmal etwas unsicher, ob er mir nicht noch ein bisschen zu vollgestopft ist. Aber das ist Geschmackssache, man kann sich ja auch einfach an diesem Feuerwerk von Ideen erfreuen und das habe ich auf jeden Fall wieder getan.
Auch am Ende weiß ich nicht ob es die letzte weitere Umdrehung ("Es ist noch nicht vorbei") noch braucht. Dass der Maskenmann nochmal wieder hereinkommt, hm.

Aufgefallen ist es mir z.B. auch bei den Erzfeinden:

Meine Erzfeinde würden dafür morden, nur um ihn als Trophäe auszustopfen!«
»Ihre … Erzfeinde? Also gleich mehrere?«
Am Ende wird das nochmal erläutert:
Maja hatte nach dem Sieg gegen Dr. Ulisses Villainidis (der einer der vier erklärten Erzeinde von Frau Vunderbrich war)
Ich glaube, es würde hier einfach für Klarheit sorgen, wenn erstmal nur von dem Erzfeind die Rede ist. Für diese Geschichte hier ist es ja irrelevant, dass es noch mehrere gibt. Und wenn du weitere Geschichten schreibst, kann Frau Vunderbrich dem verdatterten Janosch immer noch beibringen, dass da noch mehr sind.

Maja hatte nach dem Sieg gegen Dr. Ulisses Villainidis (der einer der vier erklärten Erzeinde von Frau Vunderbrich war) das A.U.T.O. in einer nahen Querstraße geparkt und als Müllcontainer getarnt, der Erklärung nach konnte es jede beliebige Form für das menschliche Auge annehmen.
Adelheid hatte ihm das Du angeboten und versprochen, das Prinzip der Post einmal auszuprobieren.
Er hatte geantwortet, dass er gespannt sei, wann er den nächsten Brief bei ihr zustellen dürfte. Zum Abschied hatten sie sich die Hände gereicht. Ihre Grübchen waren das letzte, was er sah, bevor er aus dem Müllcontainer kletterte.
Im Grunde würde mir dieser ganze erklärende Abschnitt nicht fehlen. Du bist so schön in der Wohnung angekommen und dann kommt nochmal ein Rückblick, der mir nicht so viel Neues oder Wichtiges sagt.

Aber du hast in mir auch wirklich eine Leserin, die es auch gerne reduziert mag und dieser Text schöpft ja nun einmal aus der Fülle und der Verspieltheit. Dennoch glaube ich, je mehr Klarheit in einem Text ist, desto mehr können deine Ideen auch leuchten.

Und apropos Ideen:

An: Janosch Bondinski (Mein Zuhälter).
schöner running gag
Ihr Mut und mein Genie könnten eine weitere Spezies vor der sicheren Ausrottung bewahren.
Sollten wir Erfolg haben, wäre es mir eine Freude, im Anschluss Blues mit Ihnen zu essen.
:lol:
P.S.: Seien Sie ein Schatz und bringen Sonnencreme, Konfetti und eine Kettensäge mit.
Gut Fragezeichen erzeugt
Janoschs Blick lag auf der Flasche Mariacron.
Und ein wunderbares Ende.

Bin gespannt, wie es weitergeht.

Liebe Grüße von Chutney

 

Moin @Chutney,

danke, für Deine erneute Sichtung und den Anmerkungen zum ausgebauten Ende.

also mir gefällt das Ende so viel besser. Janosch hat an der Rettung nun einen entscheidenden Anteil und schön, wie Maja da noch ihre Rolle bekommt, die ist vorher schon gut anmoderiert und sehr witzig gestaltet.
Mir auch, danke Dir.
Majas Stakkato-Sprech hat bei meiner Frau als erster Testleserin auch hervorragend funktioniert.:thumbsup:

Auch am Ende weiß ich nicht ob es die letzte weitere Umdrehung ("Es ist noch nicht vorbei") noch braucht. Dass der Maskenmann nochmal wieder hereinkommt, hm.
Ich weiß, was Du meinst, es droht Gefahr, dass es sich zieht.
Aber ich wollte Frau Vunderbrich den finalen Schlag setzen lassen, denn eigentlich ist sie ja von den beiden die Fähigere, so richtig stark sind sie im Duo.
Ich lasse es erst mal so und klopfe die Story nach der morgigen Vorlese-Session (siehe unten) noch mal generell auf Kürzungspotenzial ab.

Ich glaube, es würde hier einfach für Klarheit sorgen, wenn erstmal nur von dem Erzfeind die Rede ist. Für diese Geschichte hier ist es ja irrelevant, dass es noch mehrere gibt.
Recht hast Du. Ich werde die Feinde von vier auf einen reduzieren.

Im Grunde würde mir dieser ganze erklärende Abschnitt nicht fehlen. Du bist so schön in der Wohnung angekommen und dann kommt nochmal ein Rückblick, der mir nicht so viel Neues oder Wichtiges sagt.
Hm. Würde ich gerne, aber dann habe ich das Gefühl, ich schulde den Leser:innen eine Erklärung, bzgl. der Verabschiedung/Rückkehr.
Ich lese die Story morgen vor einer kleineren Gruppe, mal schauen, was die dazu sagen.

Danke, dass Du Dich erneut mit dem Text auseinandergesetzt hast, Deine Aufmerksamkeit und Deine Zeit.

Beste Grüße
Seth

 

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