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Schrecksekunde

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17.08.2014
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Schrecksekunde

Ein Anruf:
„Herr Müller, kommen Sie bitte in mein Büro!“
Herr Müller kommt ins Büro.
„Herr Müller, bitte setzen Sie sich! Ich möchte Ihnen mitteilen, dass Ihre Anwesenheit inzwischen überflüssig geworden ist. Zur Entlastung des Unternehmens und der Gesellschaft werden Sie nun erschossen.“
Herr Müller sieht den Chef mit entsetzten Augen an.
„Was, ich, aber …?!“
„Tut mir wirklich sehr leid, Herr Müller!“
Der Chef macht eine routinierte Handbewegung. Durch den Seiteneingang betritt ein schwarz gekleideter Unbekannter den Raum. Er zielt auf Herrn Müller und drückt ab. Herr Müller stirbt mit offenem Mund. Hinter dem schwarzen Mann warten bereits die weiß gekleideten Herren mit der Bahre, zuständig für die Entsorgung. Draußen im Büro wird fieberhaft weitergearbeitet. Man stellt keine Fragen.

 

Tagchen BlueNote

Also ich wollte diese Geschichte ursprünglich nicht kommentieren, weil ich aus vielen - teilweise schon oben genannten - Gründen nichts damit anfangen kann. Was nicht heißen soll, dass sie schlecht ist, oder so was. Mir gibt sie lediglich nichts. In den Kommentaren wurden wiederum einige interessante Dinge gesagt und da irgendwo von "konkreten Verbesserungsvorschlägen" geredet wurde, melde ich mich nun trotzdem mal zu Wort.
Alles rein subjektiv natürlich...

Im Grunde gibt es wenige Themen, die uns in literarischen Texten berühren: Liebe und Tod sind beispielsweise solche immer wieder aufgegriffenen Themen, mit den immer gleichartigen Motiven. Du schreibst, das Thema "Entlassung" sei "ausgelutscht". Aber glaube mir, wenn es für dich selbst einmal aktuell wird, ist es alles andere als ausgelutscht. Themen sind also vor allen Dingen dann ausgelutscht, wenn sie dich nicht interessieren oder betreffen.

Damit gebe ich dir vollkommen recht, aber anderseits kommts mMn nicht wirklich darauf an, ob ein Thema ausgelutscht ist, oder nicht. Es gibt abertausende Geschichten über Liebe. Person X verliebt sich in Person Y, aber es funktioniert aus Grund Z nicht, dass die beiden glücklich in den Sonnenuntergang reiten können. Klar. Aber ausgelutscht ist das Thema dann noch lange nicht. Ich finde, dass es immer darauf ankommt, welche Steine du diesem Szenario in den Weg legst, und wenn diese Steine originell sind, dann wirkt die Geschichte mit dem ausgelutschten Thema auch wieder sehr originell.
Jetzt sagst du, dass Themen dann ausgelutscht sind, wenn sie einen nicht betreffen. Ich wurde noch nie entlassen in meinem Leben. Vielleicht kann ich deswegen mit deiner kurzen Geschichte nichts anfangen. Ich kann unmöglich alle Gefühle in den Entlassenen hineininterpretieren, weil ich sie noch nie gehabt habe. Was deine Geschichte nun in meinen Augen zu einer guten Geschichte machen würde, wäre, wenn du, als Autor, mich diese Gefühle trotzdem fühlen lassen könntest. Was geht dem Entlassenen durch den Kopf? Weiß er evtl schon vorher, was passieren wird, weil er es schon mal bei einem Kollegen mitbekommen hat? Wie geht es dem Chef dabei? Ist es für ihn wirklich kalte Routine, oder spielt er sie nur vor, weil er als Chef eben hart drauf sein muss? Alles Dinge, die deine Geschichte, deren Idee wirklich ganz nett ist, sehr viel interessanter für mich gemacht hätten.
Hoffe du kannst damit etwas anfangen.

lg
zash

 

Hallo BlueNote,

ich bin ja ein großer Fan von Texten, die nicht akurat nach Regeln geschrieben werden und kann nur sagen: Ich finde deinen Text geil! Egal, ob er nun seltsam ist oder viele ihn als zu kurz oder unvollständig empfinden. Ich mag ihn! Erinnert mich ein bisschen an den letzten Mann auf Erden, der in einem Raum sitzt und plötzlich klopft es an der Tür (a.k.a. Die kürzeste Gruselgeschichte der Welt). Das hier ist dann wohl der kürzeste Bürothriller, den ich je gelesen habe :) Ich bin begeistert. Wirklich!

Viele Grüße
RinaWu

 

Wenn der Hofhund seinerzeit zu nichts mehr taugte und seinem Herrn ein nichtsnutziger Fresser wurde, knallte dieser seinem besten Freund Schüppe oder Spaten vor’n Schädel. Der Kadaver wurd an den Abdecker verkauft zur weiteren Verarbeitung. So war der Köter noch als Seife oder Lampenschirm (wie nachgerade die Haut des vergasten Juden) dem pegidaischen Abendländler nützlich. (Es kommt ja selten zu Bündnissen wie dem der Bremer Stadtmusikanten) Und

[d]raußen im Büro wird fieberhaft weitergearbeitet. Man stellt keine Fragen
sind damit der bedeutendsten Sätze in diesem schlaglichthaften Dramolett aus der schönen Neuen Arbeitswelt des heuern und feuern,

lieber BlueNote,
und, da bin ich mir sicher, Herr Müller hat einen Dackelblick. (Jetzt natürlich nicht mehr) Treu doof halt. Da lob ich mir den Spitz, dem eine gewisse Hinterhältigkeit nachgesagt wird. Allein zur Selbstverteidigung.

Gleichwohl – die Auslassungspunkte hier

„Was, ich, aber …?!“
behaupten (wenn auch verschwiegen), dass am „aber“ wenigstens ein Buchstabe fehle, den ich freilich nicht zu erkennen vermag. Darum besser eine Leertaste nach dem letzten Buchstaben …

Ansonsten – was soll einer dazu sagen, der Geschichten in einem Satz zu erzählen weiß? Schön getroffen ist vor allem diese schleimige Formel „Ich möchte Ihnen mitteilen …“ Konjunktiv! All diese Chefs gehörten verklagt wegen Verstoßes gegen die Grammatik! Alle diese Lumpen gehören vor die Sprachgerichtsbarkeit, denn dass es ihnen leid täte, glaubt doch nicht einmal der Bürobote …

Gruß

Friedel

 

Tagchen zash

Damit gebe ich dir vollkommen recht, aber anderseits kommts mMn nicht wirklich darauf an, ob ein Thema ausgelutscht ist, oder nicht. Es gibt abertausende Geschichten über Liebe.

Genau das wollte ich ausdrücken: Über Liebe wird einfach immer geschrieben, weil dieses Thema immer eine Relevanz hat.

Jetzt sagst du, dass Themen dann ausgelutscht sind, wenn sie einen nicht betreffen.

Wenn es einen nicht betrifft (auch nicht potentiell), hat es keine Relevanz.

Was deine Geschichte nun in meinen Augen zu einer guten Geschichte machen würde, wäre, wenn du, als Autor, mich diese Gefühle trotzdem fühlen lassen könntest. Was geht dem Entlassenen durch den Kopf? Weiß er evtl schon vorher, was passieren wird, weil er es schon mal bei einem Kollegen mitbekommen hat? Wie geht es dem Chef dabei? Ist es für ihn wirklich kalte Routine, oder spielt er sie nur vor, weil er als Chef eben hart drauf sein muss? Alles Dinge, die deine Geschichte, deren Idee wirklich ganz nett ist, sehr viel interessanter für mich gemacht hätten.

Genau das halte ich allerdings für grundverkehrt. Das wäre, die Geschichte gegen den Strich bürsten. Freilich kann man eine Geschichte über dieses Thema schreiben, nur ganz anders als diese. Die üblichen Ratschläge "man soll die Gefühle fühlen" greifen bei diesem Text nicht, denn die Entscheidung, die Geschichte so "gefühllos" und (fast) anonym (d.h. mit beliebigen, austauschbaren Personen) zu schreiben, hat ja einen Sinn. Dass du damit nichts anfangen kannst, wenn du nichts über die Gefühle der Menschen in der Geschichte erfährst, ist die bedauerliche Konsequenz. Nicht aber, dass die Geschichte umgeschrieben werden müsste, so dass die Gefühle erkennbar wären (ich fürchte, ich wiederhole mich).

Hoffe du kannst damit etwas anfangen.

Ja, sicher!


Hallo RinaWu!

ich bin ja ein großer Fan von Texten, die nicht akurat nach Regeln geschrieben werden

Ich finde auch: Regeln sind was für Anfänger! *g* Eigene Regeln erfinden, das ist's!

Ich bin begeistert.

ich auch! Rina, ich liebe dich!


Hi Friedel, mein Lieblingskrieger!

[d]raußen im Büro wird fieberhaft weitergearbeitet. Man stellt keine Fragen
sind damit der bedeutendsten Sätze in diesem schlaglichthaften Dramolett aus der schönen Neuen Arbeitswelt des heuern und feuern

Das sehe ich genauso. Schön, dass du darauf hingewiesen hast!

Ansonsten – was soll einer dazu sagen, der Geschichten in einem Satz zu erzählen weiß?

Ja, aber sicherlich mit einem sehr langen, wenn ich dich richtig einschätze (bzw. mich richtig erinnere).

Vielen Dank für die Rückmeldung!

BN

 

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